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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Kommentar
Kommentar vom Hochblauen zum Bundestagsgedenken an die Befreiung von Auschwitz vor 75 Jahren
Das Gift des Zionismus über dem Bundestag
Von Evelyn Hecht-Galinski

Die "Sonderveranstaltung" des Bundestags am 29. Januar 2020 hat uns eins bewiesen: die Idee, einen Staatspräsidenten des "Jüdischen Staats" die Gedenkrede halten zu lassen, der dieses Gedenken so schamlos missbrauchte, war ein nicht wieder gutzumachender Fehler. Es war die Sternstunde der Hasbara-Propaganda, die dort abgespult wurde, und bei der sich kein anderer deutscher Redner dagegen verwahrte. Das Land, wo die Endlösung der Judenfrage beschlossen wurde, ist heute der "Wertepartner" des "Jüdischen Staats", der die Endlösung der Palästinenserfrage mit der Judaisierung beschlossen hat und tatkräftig verwirklicht.

Wenn Rivlin davon sprach, dass die Geister der Vergangenheit wie „Rassenreinheit, Nationalismus, Antisemitismus und Fremdenhass“ nach Europa zurückkämen, dann vergisst er anzusprechen, dass diese Begriffe mit dem Land, das er vertritt, in Verbindung stehen. Tauscht man nur ein Wort aus, nämlich den Antisemitismus in Palästinenser-Hass und -Vertreibung, dann passt es. Dieses „zionistische Gift des Nationalismus“ mischt sich mit dem europäischen Gift des Nationalismus und geht nahtlos ineinander über. Kennt es doch nur den gemeinsamen Fremdenhass.

Tatsächlich ist die AfD ein Grundübel der deutschen Demokratie. Aber was ist mit dem ganzen Parteienspektrum im „Jüdischen Staat“? Ist es nicht nochmals „rechts“ von der AfD und so rassistisch, dass diese Parteien in Deutschland als Volksverhetzer unter Beobachtung stünden und keiner mit ihnen koalieren würde?

Wenn also Rivlin und Steinmeier die große Freundschaft zwischen den beiden großen „Wertedemokratien“ Deutschland und „Jüdischer Staat“ preisen, dann ist das eine Schande für jeden deutschen aufrechten demokratischen Bürger.

Steinmeier erwähnte in seiner Rede und Aufzählung jüdischer Personen in Deutschland, die maßgeblich daran beteiligt waren, dass jüdisches Leben nach Auschwitz in Deutschland möglich war, den Mann nicht, der seit 1949 diesen Aufbau erst ermöglichte. Es war der Ehrenbürger der Stadt Berlin, Heinz Galinski, der mit seinem Ausspruch „Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen“ eine Aufgabe erfüllte, die ihn sein ganzes Leben nicht losließ und mich bis heute prägt. Dass dieser Mann vom deutschen Bundespräsidenten verschwiegen wird, nur weil er durch das Eintreten der Tochter für Palästina zur Unperson wurde, in Sippenhaft genommen wurde, ist schändlich. Mich bestärkt es, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde!

Wie kann es Bundespräsident Steinmeier zulassen, dass der israelische Präsident Rivlin dieses Gedenken so umfunktionierte in eine politische Hasskampagne gegen den Iran und die Hisbollah?

Nein, nicht der Iran ist die Gefahr für den Weltfrieden, sondern es ist der „Jüdische Staat“, der seit Staatsgründung ohne Rücksicht den Holocaust instrumentalisiert. Nicht der Iran muss isoliert und ausgestoßen werden aus der Weltgemeinschaft, wie Rivlin fordert, sondern es ist der „Jüdische Staat“, bis die Besatzung ein Ende findet. Bei so einer „Sonderveranstaltung“ die Tagespolitik zu missbrauchen, zu fordern, dass die Hisbollah insgesamt als Terrororganisation verboten werden müsse und den Iran als „Vernichter“ des „Jüdischen Staats“ zu diffamieren, ist so perfide, dass der Bundestag sich dagegen hätte wehren müssen, ebenso wie Steinmeier und Bundestagspräsident Schäuble als Gastgeber und Hausherr des Bundestags.

Rivlin vergaß auch nicht, den „Friss oder Stirb“-Plan von Trump und Schwiegersohn Kushner als große Hoffnung mit Lösungen für Sicherheit und Stabilität darzustellen. Eine Ohrfeige für jeden Palästinenser - die übrigens auch bei dieser Veranstaltung ebenso wie im Weißen Haus fehlten. Wozu auch? Um sich so viel Lug und Trug anzuhören?

Als Rivlin auch noch zwei israelische Militärs erwähnte und Deutschland darum bat, auf die Hamas einzuwirken, deren Leichname herauszugeben, da war das Maß des Erträglichen überschritten. Vergaß Rivlin eigentlich, dass in seinem Staat Leichname von „Attentätern“ (Widerständlern) willkürlich einbehalten und den Familien nicht übergeben werden?

Nein Präsident Rivlin, die jüdische „Verteidigungsarmee“ ist nicht die moralischste der Welt, eben so wenig, wie der „Jüdische Apartheidstaat“ die „einzige“ Demokratie im Nahen Osten ist! Tatsächlich scheint es, als ob Deutschland und seine Politiker nichts aus der Geschichte gelernt haben!


Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (http://sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten "Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik" ausgezeichnet.

Online-Flyer Nr. 733  vom 30.01.2020



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