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Globales
Präsident von Chile verstößt gegen die Rechtsstaatlichkeit
Strafanzeige gegen Sebastián Piñera zugelassen
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Der chilenische Präsident Sebastián Piñera zeigt wiederholt, dass er von der bedrohlichen Realität, die das Land durchlebt, völlig entfernt ist. Er verstößt gegen die Rechtsstaatlichkeit, indem er einen Gesetzentwurf unterzeichnet, der die Polizei in ihrem aggressiven Vorgehen gegen Demonstranten schützt. Viele Berichte nationaler und internationaler Gremien bestätigen Aggressionen der Polizeikräfte, ihren übermäßigen Einsatz von Gewalt als Mittel, um Demonstrationen zu unterbinden oder aufzulösen. Die polizeiliche Gewalt hat unzählige Verletzungen und sogar Todesfälle verursacht. Unter diesen höchst verwerflichen Umständen hat Präsident Piñera keine Skrupel, seine Dankbarkeit gegenüber der Polizei, den Carabineros zum Ausdruck zu bringen, ohne ein Zeichen von Sensibilität und Solidarität mit seinen verletzten Landsleuten zu zeigen: 3.500 Verletzte, mehr als 350 Fälle von Augenverletzungen mit Verlust des Sehvermögens, Misshandlungen, Folter und Vergewaltigung von Frauen in Gefängnissen. Der amtierende Präsident unterlässt, Maßnahmen anzuordnen, um den missbräuchlichen Handlungen der Polizei, der Carabineros, ein Ende zu setzen.

Grausam und rücksichtslos

Der Chef der Polizei (Carabineros), General Mario Alberto Rozas Córdova, hat eine interne Untersuchung angeordnet, um die Polizisten, die rechtswidrig gehandelt haben, der Justiz zuzuführen. In diesem Zusammenhang ist das genannte Gesetzesprojekt des Präsidenten, das die Straffreiheit für die Polizei garantiert, eine Provokation, ein Hohn für die Verletzten und gleichzeitig eine Missachtung der Menschenrechte, von denen er weiß, dass sie verletzt wurden. Grausam und rücksichtslos manifestiert sich so Piñera vor seinen verwundeten Landsleuten.

Verwurzelt im Pinochetismus - Nährboden für einen unerwünschten Bürgerkrieg

Was will Sebastián Piñera? Es scheint, dass sein tief verwurzelter Pinochetismus ihn mehr auf Stärke und Gewalt als auf Vernunft angewiesen macht. Sein ganzer präsidialer Ansatz setzt Chile einer politisch ausweglosen Lage aus, denn er zeigt keine Anzeichen dafür, dass er den Kurs der Unvernunft und Ungerechtigkeit, den das neoliberale Modell ständig verschärft, ändern will. Unverhältnismäßige Repression ist völlig unangebracht, erst recht nicht, um den Unsinn einer amtierenden Regierung durchzusetzen. Solches Vorgehen schafft neben den bereits zu beklagenden Opfern auch noch einen Nährboden für einen unerwünschten Bürgerkrieg.

Ethischer Imperativ: Sebastián Piñera nicht unbestraft lassen

Parallel zur gescheiterten Verfassungsanklage des Frente Amplio (gescheitert wegen fehlender Stimmen der Christdemokraten im Parlament!), reichte der Senator Alejandro Navarro Brain (Movimiento Amplio Social) der Region Bío-Bío eine Strafanzeige gegen Sebastián Piñera wegen Menschenrechtsverletzungen ein, die vom 7. Garantiegericht am Dienstag, den 17.12.2019, zugelassen wurde. "Der Präsident wird strafrechtlich verfolgt und bleibt nicht ungestraft", erklärte Senator Navarro. Die Beschwerde wird durch die Zeugenaussagen der Verletzten und durch mehrere Berichte über Menschenrechtsverletzungen gestützt. Hier ist es notwendig, etwas zu wiederholen, was alle Chilenen wissen, aber niemand hat es Sebastián Piñera gegenüber vorgebracht, er ist für die brutalen Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, die heutzutage in Chile stattgefunden haben. Er muss sich für seine Taten verantworten. Dies wurde auch von Daniel Ignacio Núñez Arancibia, einem chilenischen Soziologen, Politiker und Aktivisten der Kommunistischen Partei (PC), deutlich gesagt. Der ethische Imperativ verlangt, dass die Parlamentarier der Frente Amplio vereint mit der Sozialistischen Partei, der PPD, der PC und Regionalisten diese Verfassungsbeschuldigung unterstützen. Es ist ein breites Spektrum durch alle Reihen der rechtsstaatlich-demokratisch orientierten Parteien, das hinter diesem ethisch-konstitutionellen Imperativ steht. Wichtig ist sicherlich, die Strafanzeige gegen Piñera im Justizsystem zu beschleunigen, um seine strafrechtliche Verantwortung in jedem Fall wirksam zu machen und seine Entlassung zu erreichen. Die chilenische Menschenrechtskommission wollte eine Strafanzeige gegen Präsident Piñera, den ehemaligen Innenminister Andrés Chadwick und ausführende Täter einreichen, die schon identifiziert sind, sagte der Präsident der Organisation, Carlos Margotta. Die Verteidigerin Minderjähriger Patricia Muñoz sagte, sie erwarte weiterhin eine starke, kategorische und unmissverständliche Verurteilung der Handlungen von Polizisten (Carabineros) durch die politischen Behörden. Es gab üble Tatbestände sowohl von Polizisten als auch von Angehörigen der Streitkräfte, die die Rechte der Menschen verletzt haben. Diese Beschwerde wird noch verschärft durch Sebastián Piñeras Versuch, die Untersuchung und faire Bestrafung von Gewaltmissbrauch durch Carabineros durch sein unverschämtes Gesetz zu verhindern, mit dem er das fragliche Verhalten der Polizei schützen will.

Parlamentarischer und rechtlicher Weg zur Auflösung der gegenwärtigen Regierung


Eine neue Anklage wegen Verfassungsbruch, die vereint von allen Oppositionellen begründet und vereinbart zu sein hat, bleibt der parlamentarische und rechtliche Weg, um gegen eine völlig verlorene und von ihren Verpflichtungen abweichende Regierung vorzugehen und sie zu entfernen.

Die Medien sollten sich darauf konzentrieren, umfassend über dieses wichtige konstitutionelle und rechtliche Thema zu berichten, das den amtierenden Präsidenten Sebastián Piñera politisch und strafrechtlich in Schach hält.


Verfasst am 19.12.2019

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


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