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Aktueller Online-Flyer vom 24. April 2024  

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Kommentar
Das Imperium ruft nach deutschen Soldaten in Syrien
Politiker und Journalisten, schickt ihr als erste eure Söhne an die Front!
Von Rudolf Hänsel

Seit ein paar Tagen wird unter deutschen Politikern und Journalisten die Frage diskutiert, ob deutsche Soldaten US-amerikanische Bodentruppen in Syrien ersetzen sollten. Das Ganze auf Wunsch des Hegemons. Es wäre ja nur eine Aufstockung des bisherigen Engagements der Bundesregierung, die sich bereits seit Jahren mit Aufklärungs-Tornados und Ausbildungsoffizieren an diesem verheerenden Stellvertreterkrieg in Syrien beteiligt. Kampfeinsätze der deutschen Bodentruppen seien nur für den Ernstfall vorgesehen. Es ginge vor allem um ein sichtbares Zeichen militärischer Solidarität mit der US-Kriegsmaschinerie.

Nun werden sich die deutschen Politiker nicht allzu schwer tun, dieses verlockende „Angebot“ des Imperiums anzunehmen und solidarisches Handeln unter Beweis zu stellen. Die taumelnden Sozis und regierungsgeilen Grünen haben bereits im Jahr 1999 in Ex-Jugoslawien und auch später als „Mitglieder der Koalition der Willigen“ ihre „Kameradschaftlichkeit“ hinreichend unter Beweis gestellt. Die so genannten christlichen Unionisten werden sicher auch keine Gewissensbisse plagen, wie die Beteiligung am imperialen Krieg und Völkermord der USA im Jemen, der von einer saudi-arabischen Kriegskoalition geführt wird, zeigt.

Jetzt hätte ich einen Vorschlag, der vielleicht so manchem Politiker und Journalisten als Entscheidungshilfe dient:

„Ihr Politiker und Journalisten, die ihr diesem unsäglichen Wunsch des Imperiums gerne nachkommen und euch dem Hegemon andienen wollt und die ihr immer wieder bereit seid, euch an der Schaffung von Feindbildern, an Kriegshetze und Kriegen zu beteiligen, geht ihr voran und schickt als erste eure Söhne und Enkelkinder an die Front in Syrien!

Stimmt ihr auch dann noch für einen Kriegseinsatz im souveränen Syrien oder in Mali oder Afghanistan oder sonst wo in der Welt, wenn eure Söhne und Enkelkinder nach Monaten oder Jahren im Zinksarg oder schwer verwundet im Lazarettflugzeug in die Heimat zurückkommen und an unerträglichen Kriegs-Traumata leiden, dann bin auch ich bereit, darüber nachzudenken, ob ich meinem Sohn oder meinem Enkel empfehle, sich an diesem Wahnsinn zu beteiligen.“

Natürlich weiß ich, dass viele Politiker aus der ersten Reihe gar keine Kinder mehr in die Welt setzen. Vielleicht deshalb, weil sie nicht erleben wollen, dass ihre Söhne und mittlerweile auch Töchter sowie ihre Enkelkinder einmal auf dem „Feld der Ehre“, beziehungsweise den Schlachtfeldern der Welt, hingeschlachtet werden. Für alle diejenigen, die nicht wissen, was Krieg bedeutet, wäre es eine einzigartige Gelegenheit, das in Erfahrung zu bringen. Falls sie selbst noch jung genug sind, könnten sie sich auch selbst an die Syrien-Front melden. Dieses Modell empfehle ich ebenso anderen Regierungen. Hat nicht Präsident Trump auch stramme Söhne und einen Schwiegersohn?

Der Dichter und Idealist Agénor Clerambault, Protagonist im Anti-Kriegsroman des französischen Literatur-Nobelpreisträgers Roman Rolland, war vor dem Großen Krieg 1914 zunächst auch Kriegsbefürworter. Er wandelte sich erst dann zum entschiedenen Kriegsgegner, als sein Sohn, den er zuvor begeistert in die mörderischen Schlachten schickte, auf diesem Feld der Ehre fiel.

Das war vor über 100 Jahren. Es lohnt sich – gerade auch für viele Politiker und Journalisten – sich noch einmal in aller Ruhe in die damalige Zeit der Kriegshysterie, einem „Phänomen kollektiver Pathologie“ (Roman Rolland) einzulesen, und sie mit der heutigen zu vergleichen. (Siehe auch: NRhZ Nr. 513 vom 03.06.2015)


Dr. Rudolf Hänsel ist Erziehungswissenschaftler und Diplom-Psychologe.




Online-Flyer Nr. 713  vom 17.07.2019



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