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Globales
Bevorstehende Wahlen zum Europäischen Parlament
Feigheit und um sich greifende Unmenschlichkeit – Selbstermächtigung ist angesagt
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Für welche menschlichen, für welche anständigen Werte die EU wirklich steht, bleibt völlig unklar, wenn man beobachtet, wie sie und ihre Mitgliedsregierungen in Krisen handeln. Sieht man ihr illegales Verhalten, dann gibt es für die EU und ihre Mitgliedsstaaten offensichtlich keine menschlichen Werte. Wo liegen dann ihre Maßstäbe, um menschliche und politische Handlungen sachlich zu beurteilen? Die Zeit des Nationalsozialismus, in der der persönliche Schwur zum Führer über alles stand und sogar über das eigene und andere Leben bestimmte bis nach der bedingungslosen Kapitulation, ist lange vorbei. Der militärische Sieg hat gewiss die in ganz Europa inthronisierte Tendenz und Begeisterung für den Nazi-Faschismus ungelöst gelassen. Trotzdem konnte in West-Deutschland dank der USA ein Grundgesetz verabschiedet werden, das einen Rechtsstaat festlegte. Die USA versuchten damit 1949, die Teilung Deutschlands weiter zu zementieren und den von ihnen kontrollierten Teil nach ihrem politischen Verständnis festzulegen, aber die Bonner Republik machte keine eigenständigen Schritte in eine selbstbestimmte Richtung.

Tief verankerter Irrsinn

Anders als im sowjetisch kontrollierten Teil Deutschlands gab es keine allgemeine Beteiligung der deutschen Bevölkerung an der Erarbeitung der westdeutschen Verfassung. Der amerikanische Sieg in West-Europa war nicht mehr als ein Sieg der alliierten Armeen. Dahinter gab es keinen breiten politischen Willen zur Abkehr von der Nazi-Faschismus-Ideologie. Derartiges wurde auch nicht von den Westalliierten erzwungen. Vielmehr bauten angelsächsische Regierungen darauf, diesen tief verankerten Irrsinn möglicherweise zu nutzen, um gegen die Sowjetunion Stalins vorzugehen. Dazu war es günstig, die weiter vorherrschende antirussische Stimmung, den allgemein verbreiteten, von den Kirchen mitgetragenen Anti-Kommunismus propagandistisch zu benutzen.

Verfassung als oberstes Gesetz

Zivilisierte Nationen, zivilisierte Menschen erkennen die Verfassung als oberstes Gesetz an, erkennen und respektieren die Verfassungsrechte. Kein Führer darf über der Verfassung stehen. Mindestens nicht in einer rechtstaatlichen Demokratie. Aber die USA haben sich über Recht und Gesetz gestellt und in ihrem Schlepptau so auch Deutschland. Gerade das hat der junge Amerikaner Edward Snowden im Jahr 2013 ins öffentliche Bewusstsein gerufen und die massiven Verstöße der USA gegen Grundwerte offengelegt, mit der Hoffnung, seinem Land, den USA, zu dienen, damit es sich nicht länger von dem richtigen Weg seiner Verfassung abbringen lässt.

Mangel an Bewusstsein über Rechtsstaatlichkeit

Der Fall Snowden belegt einmal mehr den Mangel an Bewusstsein über Rechtsstaatlichkeit bei deutschen Redaktionen und Politikern. Bis heute ist diese fehlende Bildung, dieses Handicap bemerkenswert auffällig. Haben Deutschland und die EU einer fremden Macht, nämlich den USA, totale Ergebenheit geschworen? Wenn ja, dann offensichtlich nicht dem Staat USA mit seiner US-Verfassung, sondern irgendeiner jener dubiosen primitiven US-Kommandofiguren, die den Radikalismus und Verfall der USA in einen Unrechtsstaat mit Oligarchen an der Spitze zu verantworten haben. Edward Snowden ist ein selbstbewusster intelligenter junger Mann, der mit unvergleichlicher Zivilcourage für die edelsten Verfassungsrechte Amerikas einsteht. Das amerikanische Volk kann nur stolz auf seinen Landsmann sein. Viele andere sind ihm gefolgt, viele werden ihm folgen. Schon die ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ am 11.7.2013 um 22.15 Uhr: „US-Allmächtig - Kalter Krieg um unsere Daten?" machte das sichtbar und erkennbar.

USA und EU-Staaten gemeinsam als Komplizen

Ein US-amerikanischer Kollege von Snowden hatte einen brillanten Auftritt, der unabhängige Journalist und Computer-Sicherheitsforscher, Künstler und Whistle-Blower, Jacob Appelbaum, der an der Washington University beschäftigt war. Er packte die Sache im Kern an, nämlich die groben Verstöße gegen Verfassungsgrundrechte und sprach deshalb die richtigen Reaktionen und Konsequenzen an, die in einem Rechtsstaat daraus folgen müssen, nämlich Institutionen, Gerichte einzuschalten. Das gilt nicht nur für die USA, sondern auch für europäische Länder, die sich ebenso zynisch inkonsistent, undemokratisch und skrupellos verhalten. Gemeinsam handeln sie in Unrecht als Komplizen ohne Grenzen. Jacob Appelbaum und Sascha Lobo, der Dissidenten-Teilnehmer in der Sendung, drängten mit ihrer Stellungnahme und Argumentation das alte deutsche Establishment in die Ecke. Sinngemäß sagte Appelbaum: "Es gibt viel Propaganda, um Angst zu erzeugen, und das kommt von den amerikanischen Geheimdiensten, die natürlich ihre Rechtsverstöße verdecken wollen. Würden Sie dafür eintreten, dass Snowden hier Asyl erhält? (Applaus). Das ist eine Frage der Freiheit und Würde, das hat gar nichts mit Technologie zu tun, sondern das hat mit Rechtsstaatlichkeit zu tun. Deutschland ist ein Land mit einer umfangreichen Verfassung, mit der besten Verfassung, warum ist es dann nicht in der Lage zu unterbinden, dass parallele Systeme existieren? Warum gibt man Snowden nicht Asyl?" (Applaus)

Parteien unwählbar, die Deutschland und die EU zum Grundgesetzbruch bzw. EU-Vertragsbruch genötigt haben


Leider war die Maybrit-Illner-Redaktion in der zitierten Sendung von 2013 auf diese grundsätzlichen Fragen nicht ausreichend vorbereitet, so dass Maybrit Illner sie peinlicherweise fallen ließ. Wie sieht das wohl heute aus? Im Namen der Verfassung und ihrer strapazierten Werte darf die deutsche Wählerschaft bei den Wahlen zum Europaparlament im Mai keineswegs die Parteien wählen, die Deutschland und die EU zum Grundgesetzbruch bzw. EU-Vertragsbruch genötigt haben, d.h. CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne sind abzuwählen.

Servilität gegenüber einem allmächtigen Führer

Bezeichnenderweise gewährte der Kreml Edward Snowden ohne jede Bedingung Asyl. Der couragierte junge Mann ist ein Gewinn für jedes Land, auch für Russland, das sich im Gegensatz zu Deutschland und anderen europäischen Ländern an die Werte der Zivilisation hält. Für deutsche Reaktionäre war der Fall Snowden eine zu große Herausforderung. Solchen Ungeister fehlt nicht nur die Überzeugung, das Zivil-Ideal, sondern auch die Courage. Sie waren dem jungen aufgeklärten Amerikaner nicht gewachsen und konnten deshalb nicht angemessen und gerecht auf seine Sache reagieren. Dazu fehlen ihnen sowohl die persönlichen Überzeugungen als auch jede humane Formation. Sie bleiben bei der tradierten Servilität gegenüber einem allmächtigen Führer. Gestern das faschistische Nazi-Deutschland mit seinem Führer Adolf Hitler, heute das faschistische oligarchische US-Regime mit seinen modernen Kommandos. Solche rückständigen undemokratischen Ungeister können nur einem Führer folgen, ohne jede rechtliche Abwägung. So bleiben sie dabei, die US-propagandistischen Maschen, Diffamierung und Finten zu verbreiten.

Wahre Verräter einer Republik

Mit ihrer Diffamierung lenken Demokraten, Republikaner und Gefolgsleute durch ihre Mainstream-Medien von ihrem eigenen Rechtsbruch ab und versuchen, ihn zu vertuschen, nämlich den Verfassungsbruch, den sie eigentlich zu verantworten haben. Solche Leute gehören vor Gericht. Sie sind in der Tat die wahren Verräter einer freien Republik, weil sie deren Rechtsordnung demolieren. Präsident Wladimir Putin ist die angemessene europäische Persönlichkeit, sich mit einem US-Präsidenten gleichberechtigt in einem heiklen Fall wie die Sache „Snowden“ zu verständigen, auf der Grundlage des Rechts.

Auf die deutsche Geschichte zurückblicken

Und Deutschland? Die mediale Kommentierung des Falls Snowden gibt Anlass, auf die deutsche Geschichte zurückzublicken: Nach dem militärischen Sieg über das Dritte Reich gab es keine politische Basis in Deutschland, keine Politik- und Rechtskultur, um eine eigenständige souveräne Regierung zu bilden. Es herrschte ein allgemeiner Pessimismus, der an einer grundsätzlichen Änderung nicht glauben ließ und einen Defätismus mit sich brachte, der einem Neuanfang im Wege stand. Es waren sehr wenige Persönlichkeiten, die bewusst einen anderen Weg beschritten. Das heutige politische Medien-Panorama zeigt, dass der psychische Zustand des Landes nicht viel anders ist als jener, der nach der Kapitulation Deutschlands 1945 vorherrschte mit seinem breit verankerten Nazi-Faschismus. Die rückständigen undemokratischen Kommentare der deutschen Medien belegen diesen erbärmlichen Zustand.

Andauernder Geistesverfall im Post-Nazi-Deutschland und –Europa

Sie sind Zeugnis für den andauernden Geistesverfall im Post-Nazi-Deutschland und -Europa: Ressentiments, Missgunst, Diffamierung, Servilität sind die vorherrschenden, sichtbar werdenden Geisteshaltungen, nicht Bewunderung, Wertschätzung, Lob, Nacheifern, Widerstand gegen Machtmissbrauch im Zusammenhang mit einem politisch verfolgten Menschen, der nur aktiv für Menschenrechte eintritt. In Europa, in Deutschland kein Plädoyer aus den Reihen der Regierungsparteien, nichts aus den großen Oppositionsparteien, um Edward Snowden aufzunehmen. Ein sehr ernüchterndes, ja ein erschütterndes Bild von Feigheit gegenüber den USA und um sich greifender Unmenschlichkeit.

EU-Staaten törrichterweise völlig in den Händen der USA in der falschen schäbigen Hoffnung, davon zu profitieren

Dass in Deutschland angemessene normale Reaktionen zum Fall Snowden fehlen, ist symptomatisch für die mangelhafte Berliner Außenpolitik. Stattdessen kamen aus Lateinamerika angebrachte Antworten: Auf dem Sondergipfel der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Washington am 9.7.2013 mussten sich die USA und Kanada die größte Schlappe ihrer Geschichte in den Beziehungen zu allen anderen amerikanischen Staaten einstecken. Eine Resolution verurteilte die USA mit 32 von 34 Stimmen. Nur die USA und Kanada waren die Gegenstimmen. Weitere Resolutionen einer US-Verurteilung verabschiedeten die lateinamerikanischen Staatenorganisationen UNASUR (Union Südamerikanischer Nationen) und CELAC (Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten), die sich wegen der damaligen Flugverbote der bolivianischen Präsidentenmaschine auch gegen europäische Länder richteten. Zudem verurteilten damals mehr als 100 UN-Mitgliedsstaaten bei den Vereinten Nationen den „Angriff auf den Präsidenten eines souveränen Landes“.

Feigheit und eine beschämende Gleichgültigkeit kennzeichnen ein unbewegliches, geistig erstarrtes, krisengeschütteltes Europa, das sich törichterweise völlig in die Hände der USA begibt in der falschen schäbigen Hoffnung, davon zu profitieren.

US-gelenkte Demokratien Europas

Solche generellen starken diplomatischen Maßnahmen wegen der völkerrechtswidrigen Luftraumsperrung mehrerer europäischer Länder für einen Präsidentenflugzeug sind aktuelle eindeutige Beweise des Verfalls der US-gelenkten Demokratien Europas, die sich einer hegemonialen Macht unterordnen, ja unterwerfen und nicht in der Lage sind, sich selbst nach Recht und Gesetz zu verorten.

Vertreter Italiens, Frankreichs, Spaniens und Portugals waren bei dem Sondergipfel der OAS in Washington am 9.7.2013 als Beobachter anwesend. Sie bestritten dort, die Lufträume über ihren Territorien für das Flugzeug mit dem Präsidenten Boliviens, Evo Morales, gesperrt zu haben. ("Akt des Staatsterrorismus", junge Welt,11.7.2013)

Die Affäre schlug in Spanien hohe Wellen und brachte die unpopuläre, rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy in weiteren Misskredit. "Unser Land steht international als Vasall der USA am Pranger", hieß es in spanischen Medien-Kommentaren. ("Keine Angst vor den USA" von Volker Hermsdorf, junge Welt, 8.7.2013) Aber deutsche Medien reagieren nicht. Sie fühlen sich in ihrer Lakaien-Unterwürfigkeit offensichtlich wohl.

Europa bleibt der Hinterhof der USA

Lateinamerika hat sich vom US-Hegemon befreit. Europa nicht. Im Gegenteil: Es bleibt der Hinterhof der USA. Die Sache der geistigen Werte mit der eines bestimmten Staates gleichzusetzen, ist falsch. Journalisten und Politiker teilen die Tugenden und Fehler ihrer Völker und ihrer sozialen Umgebung. Oft ist es für sie schwerer, gegen den Strom zu schwimmen und Unpopularität auf sich zu nehmen, als sich nicht für eine gerechte Sache zu engagieren. Um populär zu sein, muss man mittelmäßig sein. Umso bewundernswerter sind die Ausnahmen, die Kulturmenschen, die der Wahrheit und Gerechtigkeit die Treue halten, sich nicht um den materiellen Schaden kümmern und sich, wenn nötig, gegen ihr eigenes Land, ihr eigenes Milieu, gegen ihre eigene Partei wenden. Edward Snowden, Julien Assange und Jacob Appelbaum gehören zu diesen wertvollen Ausnahmen und verdienen höchsten Respekt als vorbildliche zivilisierte Persönlichkeiten, die jede rechtsstaatliche Demokratie ehren.

Auch Europäer müssen die Regeln des internationalen Rechts einhalten

"Der (damalige) Präsident des Europaparlaments, der deutsche Sozialdemokrat Martin Schulz, kritisierte am 5.7.2013 vor einer Zusammenkunft mit Rajoy in Madrid, das 'Verhalten einiger EU-Länder' gegenüber dem bolivianischen Präsidenten Evo Morales als 'beschämend und inakzeptabel'. Er forderte eine sofortige Aufklärung darüber, 'von welcher Stelle die Informationen kamen' und betonte, dass 'auch wir Europäer die Regeln des internationalen Rechts einhalten müssen'." ("Keine Angst vor den USA" von Volker Hermsdorf, junge Welt, 8.7.2013)

Ein weiterer Grund, sich vom US-Moloch NATO zu befreien und aus ihr auszutreten

Die Dementi der betroffenen Regierungsvertreter Italiens, Frankreichs, Spaniens und Portugals über die besagte Luftraumsperrung lassen die Frage offen, wer sich so anmaßend einmischen konnte, dass es in der Tat zu jener Luftraumblockade kam und der bolivianische Präsident deshalb mit seinem Flugzeug in Wien landen musste. Es war sehr gut möglich, dass sich die NATO-Organisation als Instrument der Obama-Regierung und Ultras anmaßte, über europäischen Luftraum zu verfügen. Dagegen müssten sich die betroffenen europäischen Länder wehren. Wahrscheinlich kam auch die seltsame Warnung, Edward Snowden wäre in dem Flugzeug des bolivianischen Präsidenten, aus dem NATO-Generalsekretariat, eine Warnung, die den damaligen spanischen Außenminister José Manuel García-Margallo erreichte. Ein weiterer Grund für die Europäer, sich von diesem US-Moloch NATO zu befreien. Deutschland sollte umgehend, von seinem Recht Gebrauch machen, aus der NATO auszutreten.

Mit allen zivilisierten Regeln gebrochen

Der historisch eingeschlagene Weg der ältesten Partei Deutschlands, der SPD, war von Anfang an inkonsistent, inkongruent mit ihren Richtlinien zur Sozial- und Friedenspolitik. Statt gegen die Kriegsverherrlichung und laufende Propaganda vor dem Ersten Weltkrieg anzugehen, wirkte sie unterstützend, indem sie den Kriegskrediten zustimmte; sie begünstigte den Aufstieg des Nazi-Faschismus und seine Machtergreifung, indem sie versäumte, die richtige, starke politische Allianz zu bilden; schließlich ließ sie sich im Post-Nazi-Deutschland von ihren britischen Genossen in der Labour-Party zur asozialen Politik des Neoliberalismus hinreißen. Und noch schlimmer, die SPD hat sich im 21. Jahrhundert in die terroristischen Kriege der USA einbinden lassen und damit mit allen zivilisierten Regeln gebrochen.

SPD endlich nach sieben Jahren Krieg gegen Syrien unter deutscher Beteiligung für eine deutsche Außenpolitik gemäß Völkerrecht und Grundgesetz

Andrea Nahles und Martin Schulz müssen sich mit ihren gewichtigen treffenden Worten dagegen durchsetzen. SPD-Vorsitzende Andrea Nahles: „Die SPD wird weder in der Bundesregierung noch im Parlament einer Beteiligung Deutschlands am Krieg in Syrien zustimmen.“ Dies solle wissen, „wer auch immer heimlich an solchen Plänen arbeitet oder auch nicht heimlich“. Zum ersten Mal hat die SPD „jedweder militärischen Beteiligung“ an einem möglichen Vergeltungsschlag in Syrien eine klare Absage erteilt. („SPD lehnt Militäreinsatz gegen Assad ab“, Titel-Seite der Süddeutsche Zeitung am 11.9.2018) Damit positionierte sich die SPD endlich nach sieben Jahren Krieg gegen Syrien unter deutscher Beteiligung für eine deutsche Außenpolitik gemäß Völkerrecht und Grundgesetz. Die impertinente tendenziöse Frage „unter welchen Voraussetzungen sich Deutschland in der Pflicht sehen würde, Schläge nicht nur zu begrüßen, sondern sich an ihnen zu beteiligen“, beantwortete die SPD-Vorsitzende gereizt klar: „Unter gar keinen.“

Deutschland, eine reaktionär geprägte Republik

Europa leidet an seiner mangelnden historischen Entwicklung von Demokratie, was besonders in Deutschland auffällt. Dieses industriell hoch entwickelte Land bleibt eine stark reaktionär geprägte Republik, wo fortschrittliche politische Kräfte ausgeschlossen sind. Dieses reaktionäre Merkmal und Tendenz geht auf die SPD zurück. Das SPD-Mitglied Friedrich Ebert und die Mehrheitssozialisten verstanden sich Anfang des 20. Jahrhunderts nicht als Gründerväter der Demokratie, sondern als "Konkursverwalter des alten Regimes". Somit konnte keine echte Demokratie in Deutschland entstehen. Schwarmgeister und Träumer wie Heribert Prantl irren sich gewaltig, wenn sie das Gegenteil behaupten (SZ-Kommentar am 9.11.18). Kein Beginn einer Demokratie war möglich aus einem verankerten alten willhelminischen Regime heraus mit pseudo-sozialdemokratischen Kräften, die mit willhelminischen Imperialisten gemeinsame Sache machten. Der damalige niederträchtige Mord an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg geht auf das Konto der SPD, ein verräterisches Gebilde. Journalisten wie Prantl versäumen, realistisch und nüchtern die konsistenten und konsequenten Schlussfolgerungen aus der fatalen Geschichte Deutschlands zu ziehen.

Mit SPD soziale Gerechtigkeit auf der Strecke geblieben

Die SPD ist seitdem bis heute reaktionär geblieben und weigert sich weiterhin, ein aktuelles gemeinsames sozialdemokratisches Regierungsprogramm für eine nächste Regierung mit der Partei DIE LINKE abzustimmen. Bezeichnenderweise koalieren sie dagegen mit der CDU-Partei, eine post-Nazi-Partei und lassen die soziale Gerechtigkeit auf der Strecke. Nicht nur die neoliberale Politik der SPD ist verwerflich und undemokratisch reaktionär, sondern auch ihre tradierte Bereitschaft zum Krieg und zur Aggression machen diese Partei unwählbar als dieselbe Clique, die Anfang des 20. Jahrhunderts mitmachte, Deutschland in die erste große europäische Katastrophe zu stürzen! Niemals hat sich die SPD aufrichtig mit diesem dunklen verräterischen Kapitel konfrontiert und daraus die Konsequenzen gezogen.

SPD bleibt im Umfrage-Tief

In aktuellen Umfragen bleiben die Umfragewerte der Volkspartei SPD fast unverändert auf ihrem Tiefstand. Bei einem Zustimmungswert bei der berühmten Sonntagsfrage von nur 15% (ZDF-Politbarometer 22.2.2019) muss diese Partei wohl noch weiter an Bedeutung verlieren, denn die deutsche Wählerschaft lässt sich nicht länger täuschen und belügen. Dasselbe gilt für die CDU, die als größte Volkspartei die größte politische Verantwortung trägt.

Krisen in Europa ohne Lernerfolg

Europa hat Krisen erlebt. Aber diese Krisen bleiben ohne Lernerfolg, ohne Konsequenzen, weil es keine wirklich kontroversen Debatten gibt, sondern immer nur soviel getan wird, um den eigenen Machterhalt nicht zu gefährden. Auf diese Weise überwindet Europa seine Krisen nicht und bleibt ein instabiles, stagnierendes Gebilde. Die nächste Krise wird wirtschaftlich sicherlich derart schwerwiegend sein, dass sich die Menschen endlich einer Debatte stellen werden müssen, um klarzustellen, in was für einem Europa sie zukünftig leben wollen, und dass es ein stabiles Banken- und Finanzsystem mit einheitlicher Währung nur unter dem Dach einer europäischen Regierung geben kann.

Für die Zukunft Europas auf die Charta von Paris zurückgreifen

Überlegungen über die Zukunft Europas sollten auf die Charta von Paris zurückgreifen, die seit ihrer Verabschiedung 1990 völlig aus dem Blickfeld geraten ist, da sie ignoriert wird. Sie passt offenbar nicht in die neoliberale und neokoloniale Politik-Agenda, auf die man sich in den europäischen Führungszirkeln der Konsortien und machthabenden Parteien verständigt hat. Die Charta von Paris hat die sozialen Rechte der Menschen anerkannt, aber keine Regierung hat sich darum gekümmert, diese Rechte in nationale Verfassungen und Gesetze einzubringen. Ein Blick auf die Volksrepublik China zeigt, wo die sozialen Rechte Grundlage der gesellschaftlichen Ordnung bilden, dass diese Basis dem wirtschaftlichen Erfolg des Landes nicht entgegensteht, sondern das Gegenteil der Fall ist: Die sozialen Rechte bilden die solide Grundlage einer nachhaltigen Entwicklung der Wirtschaft.

Europa als glaubwürdige Referenz für die Länder des Südens

Ein Europa, das das Recht auf Leben in all seinen impliziten menschlichen Facetten anerkennt und garantiert, könnte eine glaubwürdige Referenz für die Länder des Südens und eine wichtige Rolle in den Kräfteverhältnissen sowohl auf regionaler als auch auf weltweiter Ebene spielen. An der SPD liegt es, diese Richtlinien klarzustellen und aufzuzeigen.

Neues Europa aufbauen ohne Übermacht des Marktes, ohne Imperialismus und Krieg


Europa muss die Fähigkeit dafür aufbringen, ein anderes soziales Modell zu gestalten, eine andere Konzeption der Beziehungen zwischen der Wirtschaft und den sozialen Bedürfnissen, zwischen dem Norden und dem Süden, eine Konzeption, die weder auf der Übermacht des Marktes und der transnationalen Konsortien beruht, noch auf privatem Profit, noch auf der Übermacht des Imperialismus und Kriegs. Die Menschen in Europa, traditionell gesagt die europäischen Völker - nicht die EU-Regierungen - sind aufgerufen, dieses neue Europa aufzubauen.

Besorgniserregend: Bereitschaft zum Krieg in EU weiterhin präsent


Bei vielen, wenn nicht bei den meisten EU-Regierungen ist das Ende des Ersten Weltkrieges ohne ernsthafte Folgen geblieben, vom Zweiten Weltkrieg ganz zu schweigen: Ihre Bereitschaft zum Krieg ist blamabel weiterhin präsent und besorgniserregend offenkundig seit dem NATO-Überfall auf Jugoslawien 1999 und den Aggressionen gegen Afghanistan (2001), Irak (1991 u. 2003), Libyen (2011) und Syrien seit 2011.
 
Berlin hat mit keiner einzigen Friedensinitiative kooperiert

Die zahllosen Konflikte der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts bis hinein ins zweite Jahrzehnt des 21.Jahrhunderts entlarven diese aggressive Kriegsbereitschaft, an erster Stelle Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens. Diese Kumpanei sagt alles über die verheerende Außenpolitik Merkels: Ihre Freunde lassen erkennen, wer sie ist. Der grausame terroristische Krieg in Syrien seit 2011 geht auf das Konto dieser europäischen Regierungen, die hinter dem aggressiven US-Koloss marschieren und nichts für den Frieden tun wollen. Berlin hat mit keinem einzigen Friedensprojekt, mit keiner einzigen Friedensinitiative zu Syrien kooperiert. Weil die deutsche Regierung von Anfang an ein schmutziges Spiel mit Terroristen und arabischen Reaktionären gegen Syrien trieb, wurde Berlin zur ersten Genfer Friedenskonferenz am 30. Juni 2012 gar nicht erst eingeladen.

Vergebliche Versuche von UN-Persönlichkeiten, Berlin für den Frieden zu gewinnen

Trotzdem versuchte der damalige UN-Vermittler zu Syrien, Kofi Annan, die deutsche Regierung in den Friedensprozess einzubeziehen und reiste deshalb am 12. Dezember 2012 nach Berlin. Vergeblich! Am 13. September 2016 waren nicht weniger als drei ehemalige hohe UN-Persönlichkeiten in Berlin zu Besuch, die sich für den Frieden in Syrien engagieren, nämlich der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, als erster UN-Beauftragter für Frieden in Syrien (März 2012 – August 2012), der zweite UN-Vermittler für Syrien, Lakhdar Brahimi (September 2012 – Mai 2014) und Martti Ahtisaari, ehemaliger Präsident Finnlands, ehemaliger hoher UN-Amtsträger, internationaler Vermittler und Friedensnobelpreisträger. Alle drei repräsentierten dasselbe Anliegen im Bundeskanzleramt (13.9.2016), nämlich die deutsche Regierung zur Unterstützung der Syrien-Gespräche für den Frieden zu bewegen. Auch vergeblich! Ist es dann nicht völlig daneben und heuchlerisch, wenn die Bundeskanzlerin in Paris, ihre Sorge für den Frieden in Syrien äußerte? (11.11.2018)

Merkels Unterstützung für europäische Armee völlig deplatziert

Außerdem ist Merkels Unterstützung von Macrons Initiative, eine europäische Armee zu gestalten, völlig deplatziert, da es keine institutionelle politische Union Europas gibt, keine politische Vision und nicht einmal klar ist, welchen Feind Europa zu fürchten hat. (Merkels Rede vor dem Europäischen Parlament am 13.11.2018) Nicht unzutreffend erklärte deshalb der US-Präsident Trump diesbezüglich sinngemäß, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen: „Emmanuel Macron suggeriert eine Armee, um Europa vor den Vereinigten Staaten, China und Russland zu schützen, aber der Angreifer war Deutschland im Ersten und im Zweiten Weltkrieg. Die Franzosen waren dabei, Deutsch in Paris zu lernen, bevor die USA dort ankamen.“ („Nuevo enfrentamiento entre los aliados EE.UU. y la Unión Europea“, El Mercurio, Santiago de Chile 14.11.2018)

Groteske und völlig geschmacklose Äußerungen der deutschen Kanzlerin am Tag der Gedenkveranstaltung zum Ende des Ersten Weltkriegs
In Anbetracht der historisch wiederholten aggressiven Rolle Deutschlands in zwei Weltkriegen, wie sie Donald Trump wahrhaft darstellt, war es grotesk und völlig geschmacklos seitens der deutschen Kanzlerin bei einer Gedenkveranstaltung zum Ende des Ersten Weltkriegs das militärische Profil Europas zu betonen. Auch ist es schädlich für das vertrauensvolle gute Miteinander der europäischen Länder und besorgniserregend, wenn Merkel sich nicht bemüht, die politische Integration Europas zusammen mit Russland institutionell zu betreiben und im Dienst einer gemeinsamen europäischen Friedenssicherheit zustande zu bringen. Ohne politische Vision wirkt die militärische Initiative Macrons und Merkels erst recht seltsam und ist Motiv für großes Misstrauen innerhalb der friedfertigen europäischen Länder, wie schon die ablehnende Position der österreichischen Regierung eindeutig zu verstehen gibt. Hier muss sich auch die SPD einschalten, und zwar gegen die militärische Außenpolitik Macron-Merkel, die in keinem der beiden Länder mehrheitliche Unterstützung findet.

Im Gegensatz zum Frieden

Genauso verlogen und im Widerspruch zur völkerrechtswidrigen getriebenen EU-Außenpolitik war der Aufruf zum Frieden und für eine bessere Welt zu kämpfen. Die deutsch-französische Freundschaft beider Regierungen und die Europäische Union unterstützen Kampfgruppen aller Art und Dschihadisten in Syrien im Kampf gegen die legitime Regierung, gegen die friedliche syrische Bevölkerung, ein flagranter Verstoß gegen die Grundsätze der Vereinten Nationen. Die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten weigern sich, sich am Aufbau dieses von ihnen verwüstete Land auf verantwortungsvolle Weise zu beteiligen. Auch die unberechtigte illegitime aggressive NATO, die niemals gerechtfertigt war und nicht zu rechtfertigen ist, steht im Gegensatz zum Frieden mit ihrer inakzeptablen Expansion und erklärten Feindseligkeit gegenüber Russland. Was sagt die Regierung Merkel dazu? Aus der SPD war die Stellungnahme vom ehemaligen Außenminister Sigmar Gabriel völlig zutreffend und von großer Bedeutung, um die dumme anti-russische Stimmung zu desavouieren. US-Präsident Donald Trump täte nicht nur seinem eigenen Land, sondern auch Europa einen großen Gefallen, sollte er die NATO schließen und damit den Europäern das mörderische Kriegsinstrument aus der Hand nehmen.

Problem inkompetenter Regierungen

Ein anderes Phänomen wird irrtümlicherweise als Problem gesehen, nämlich der „nationalistische Populismus“, wie es führende Medien hoch hinaus posaunen, obwohl dieses Phänomen nur die Reaktion auf inkompetente Regierungen ist, die seit geraumer Zeit in verschiedenen Ländern aufgrund des Monopols ihrer Oligarchien vorherrschen, Oligarchien im Hintergrund der machthabenden Parteien, die mittels durch sie kontrollierte Massenmedien auf die eine oder andere manipulative Weise die Wählerschaft überzeugen konnten, sie zu wählen, aber die sozialen und wirtschaftlichen Probleme der großen Mehrheiten nicht zu lösen vermochten, weil sie sich lediglich auf ihre Interessen zentrierten, und zwar auf ihre partikuläre Vorteilsnahme. Das ist das reale Problem, das die Europäische Union unterminiert und ihre angebliche Demokratie zu Recht unzulässig, ja unglaubwürdig macht.

Freiheit, Gleichheit, solidarisches Miteinander müssen Europa bestimmen

In diesem Zusammenhang ist die Rede von Sahra Wagenknecht im Bundestag am Donnerstag 21.3.2019 als Reaktion auf die Regierungserklärung von Kanzlerin Merkel zu Europa sehr treffend: "Wenn die vielen immer weniger Euros haben und die wenigen immer mehr, wenn die großen Ideen der Aufklärung - Freiheit, Gleichheit, solidarisches Miteinander - nicht mehr die Politik bestimmen, dann stirbt Europa. Wir als Linke wollen nicht, dass Europa stirbt. Deswegen sind wir überzeugt: Wir brauchen eine andere Politik in Europa, und dafür brauchen wir allerdings wirklich eine andere Bundesregierung; denn dass Sie das nicht hinkriegen, merkt man sehr deutlich." (Auszug aus der Bundestagsrede von Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende DIE LINKE, 21.3.2019)

Es ist deshalb an der Zeit, dass sich die Menschen in Deutschland und in ganz Europa in neuen Formationen selbst aufmachen, damit sie in Selbstermächtigung selber bestimmen, wie ihre Zukunft aussehen soll.


Verfasst am 20. und 26.3.2019

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 698  vom 29.03.2019



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