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Medien
Eine lockere Folge von Leserbriefen und Kommentaren
Hajos Einwürfe
Von Hajo Kahlke

Darf eine linke Zeitung falsch Zeugnis reden, wenn es um die AfD geht? Und darf sie bei den Regime-Change-Versuchen in Nicaragua ein Helferchen des "Koloss aus dem Norden" gewähren lassen? Ist ihr Sprach- und Begriffsverständnis, mit dem die Herrschaften in Berlin und Brüssel sein können, eher zum Lachen oder zum Weinen? Ist sie in Zusammenhang mit der "Linken in Serbien" einem Sprach-Trick des Imperialismus aufgesessen? Das sind Fragen, die in "Hajos Einwürfen" zum Thema gemacht sind. Die Neue Rheinische Zeitung versteht sich im Verbund mit der Vierteljahresschrift DAS KROKODIL als ein Forum, das zum Nachdenken anregen, eingefahrene, verkrustete Denkstrukturen aufbrechen bzw. der bewusst lancierten Desorientierung des Denkapparats – besonders der Linken – entgegenwirken will. Hajos kurze Texte sollen dazu ihren Beitrag leisten. Die Neue Rheinische Zeitung bringt deshalb in loser Folge von ihm verfasste Leserbriefe und Kommentare, die bei den Angeschriebenen nur selten das Licht der Öffentlichkeit erblicken.


Falsch Zeugnis reden

Man mag ja die Tragödie von damals als Farce von heute neu inszenieren, und irrgeisternd die AfD als eine Art neue NSdAP denunzieren. Das gibt einem aber nicht das Recht, hierfür falsch Zeugnis zu reden: Zu behaupten, die AfD sei "hochgeschrieben" und "hochgesendet" worden, wie es (nicht nur) Andre Scheer tut, ist krasse Unwahrheit. Tatsächlich taten und tun mindestens 99% der Printmedien und der Radio- und Fernsehsender alles, die AfD niederzuschreiben und niederzusenden. Ohne dieses ständige Niederschreiben, Niedersenden und (so muss man in Anbetracht des einschlägigen 'Elite-Mob-Bündnisses' ergänzen) auch Niederschreien, ohne solche extreme Stigmatisierung, würde die AfD mit großer Wahrscheinlichkeit noch deutlich mehr Stimmen bekommen. Statt ihnen also wahrheitswidrig publizistische Hilfe für die AfD vorzuwerfen, sollte Scheer seinen KollegInnen von den Mainstreammedien für ihren unermüdlichen Anti-AfD-Einsatz danken.

Leserbrief zum Artikel "Neue Rechte", Kommentar von Andre Scheer in "junge Welt" vom 4.12.2018, Seite 8


Helferchen des "Koloss aus dem Norden"

Als einen derjenigen, die auf dem von Die Linke.SDS für den 7. bis 9. Dezember anberaumten Kongress "68/18: Geschichte wird gemacht" von damals berichten soll, nennt Interviewpartner Koch neben Frank Deppe und Gisela Notz dann auch noch Klaus Meschkat. Meschkat hat zusammen mit einer ganzen Reihe einschlägig ausgerichteter ehemaliger Solidaritätsarbeiter in einer Erklärung "Für ein demokratisches und sozial gerechtes Nicaragua" den im Frühjahr/Sommer diesen Jahres mit blutiger Gewalt dort durchgeführten Regime-Change-Versuch expressis verbis als "Volksaufstand" begrüßt und den Sturz von Präsident Ortega und seiner Regierung verlangt. Die in der Kongress-Einladung Meschkats zum Ausdruck kommende Wertschätzung für solch ein ausgewiesenes Helferchen des 'Koloss aus dem Norden' wirft kein gutes Licht auf diesen Studierendenverband - der sich ansonsten prioritär nicht etwa mit der imperialistischen Kriegshetze, sondern vielmehr mit sowas Wichtigem wie "Linkspopulismus" auseinandersetzen will, und der den von Regierungsseite befürworteten #Unteilbar-Massen-Aufmarsch einschließlich jener Adopt-a-Revolution- und ähnlicher Teilnehmer vorbehaltlos als "emanzipatorischen Kampf" preist. Dass aber der jW-Interviewer dann nicht wenigstens in Bezug auf Meschkat kritisch nachfragte, spricht nicht gerade für die sich als Krone linker Zeitungskunst wähnende junge Welt.

Leserbrief zum Artikel "Es gibt viele Kämpfe, und es werden mehr", Interview mit Jary Koch in "junge Welt" vom 7.12.2018, Seite 8


Sprach- und Begriffsverständnis zur Zufriedenheit der Herrschaften in Berlin und Brüssel


Es ist schon bemerkenswert, was für die junge Welt alles "Hassparolen und rassistische Slogans" sind, nämlich hier nicht nur 'Italien erhebt
sein Haupt' (unverschämt, kuck nach unten, Itakker!) oder 'Italiener zuerst' (Was, ihr Staat solle sich zuerst um sie kümmern!?), sondern auch 'Sechs Monate Vernunft' (wo doch gerade Vernunft so ausgrenzt und irgendwie rassistisch ist!). Man könnte über das Sprach- und Begriffsverständnis der jungen Welt lachen, aber eher ist es zum Weinen. Die Herrschaften in Berlin und Brüssel jedoch, die das widerspenstige Italien auf die Knie zwingen wollen, dürften hier mit diesem Verständnis von "Hass" und "Rassismus" sehr zufrieden sein.

Leserbrief zum Artikel "Rechter Aufmarsch in Rom" in "junge Welt" vom 10.12.2018, Seite 3, gekennzeichnet mit AFP/jW, in dem es heißt: "Tausende Anhänger von Innenminister Matteo Salvini feierten in Rom den Regierungsantritt seiner rechtsextremen Lega-Partei vor einem halben Jahr. Es war eine Kundgebung, auf der ungeniert Hassparolen und rassistische Slogans skandiert wurden. 'Italien erhebt sein Haupt', 'Italiener zuerst' oder 'Sechs Monate Vernunft in der Regierung', stand auf Transparenten. Die Lega hatte drei Sonderzüge und über 200 Busse gemietet, um ihre Anhänger zu der Veranstaltung in die Hauptstadt zu bringen."


Sprach-Trick des Imperialismus aufgesessen?

Anders als die junge Welt mit der Überschrift glauben machen will, geht es in Wirklichkeit nicht darum, dass in Serbien nun mehrere oder gar zahlreiche Linke Opfer von Gewalt geworden seien. Es geht hier vielmehr um die Verletzung eines einzigen Politikers, Borko Stefanovic, dessen politische Karriere nach der Machtergreifung des Westens vom 5. Oktober 2000 begann, und der zwölf Jahre lang Mitglied und Spitzenfunktionär der Demokratischen Partei (DS) von Zoran Djindjic selig war, also der langjährigen Zentral-Partei des Imperialismus in Serbien. Aufgrund interner Querelen verließ Stefanovic 2015 die - mittlerweile nicht mehr die Regierung stellende - DS, und gründete eine neue Mini-Partei, die er in der Tat absurder Weise die "Linke Serbiens" taufte.

Mit links in irgendeiner Form jedoch hat dieser gestandene Gelbe (so nennt man in Serbien die der westlichen Oberherrschaft zu 100% folgsamen Kräfte) nichts gemein. Möglicherweise haben die ausländischen Mentoren Stefanovic diese Bezeichnung als Abdeckung einer 'Marktlücke' empfohlen, tatsächlich aber wohl um auch in Serbien den Begriff "links" noch mehr zu verfälschen und zu desavouieren. Und dementsprechend waren es natürlich auch überhaupt keine Linken, sondern die sich in einer sogenannten Allianz für Serbien wieder zusammen raufenden Gelben, die jetzt den fragwürdgen Protest veranstaltet haben. Denn die Gelben wollen wieder an ihre gewohnten Futtertröge, wollen dazu den dem Westen zwar überwiegend gehorsamen, aber dann doch mitunter patriotische Ansätze verfolgenden serbischen Präsidenten Vucic im jeden Preis weghaben.

Wenn die junge Welt in ihrer Meldung Vucic nun als "rechtsnational" bezeichnet, ist das in zweifacher Hinsicht falsch. Zum einen übernimmt sie damit den Sprach-Trick des Mainstream, in West-dominierten Ländern patriotische, antiimperialistische Kräfte, soweit sie nicht explizit links sind, dann als "rechts" zu stigmatisieren. Zum anderen aber kann man Vucic diesen Kräften, egal ob in imperialistischer Perspektive als negativ, oder aber in antiimperialistischer als positiv zu werten, beim besten Willen nicht zuordnen. Leider.

Leserbrief zur Meldung "Protest wegen Gewalt gegen Linke in Serbien" in "junge Welt" vom 10.12.2018, Seite 4, gekennzeichnet mit dpa/jW, in dem es heißt: "Mehrere tausend Menschen haben am Samstag abend in Belgrad gegen Gewaltakte protestiert, denen Oppositionelle zum Opfer fielen... Zu der Kundgebung hatte das Oppositionsbündnis »Allianz für Serbien« aufgerufen. Die Teilnehmer... skandierten Losungen gegen die rechtsnationale Führung unter Präsident Aleksandar Vucic. Anlass war der brutale Angriff auf den Vorsitzenden der Serbischen Linken, Borko Stefanovic, Ende November in der südserbischen Stadt Krusevac. Unbekannte in schwarzen Hemden hatten den Politiker der kleinen Oppositionspartei mit einer Eisenstange zusammengeschlagen und verletzt."

Online-Flyer Nr. 686  vom 12.12.2018



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