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Globales
Präsident Trump: Eine Bewertung
Trump, der Große?
Von Paul Craig Roberts / LUFTPOST

Trumps Präsidentschaftskandidatur habe ich aus drei Gründen unterstützt: Trump war der einzige Kandidat, der die Beziehungen zu Russland normalisieren und das verantwortungslose Anheizen eines Konfliktes mit einer großen Atommacht stoppen wollte. Trump war der einzige Kandidat, der Produktionsbetriebe und hochwertige Jobs für US-Beschäftigte in die USA zurückzuholen wollte. Trump war der einzige Kandidat, der sich direkt an die US-Bevölkerung und nicht an die organisierten Interessengruppen der herrschenden Elite wandte. Von Anfang an war ich aber besorgt darüber, dass sich Trump in Washington nicht auskannte und nicht wusste, wer ihm helfen könnte, diese Ziele durchzusetzen.

Trump unterschätzte die Bedrohung, die seine Agenda für den militärisch-sicherheitstechnischen Komplex, die global agierenden US-Konzerne und die herrschende Oligarchie darstellte. Die Normalisierung der Beziehungen zu Russland würde den jährlichen Militärhaushalt von 1.000 Milliarden Dollar und damit die Macht des militärisch-sicherheitstechnischen Komplexes gefährden. Durch das Zurückholen ins Ausland verlagerter Jobs würden die Arbeitskosten der global kalkulierenden US-Konzerne steigen und die "Leistungsboni" der Managerkaste sinken. Und die direkte Ansprache an die US-Bevölkerung hat das Gespenst eines Volksaufstandes gegen die herrschende Oligarchie heraufbeschworen. Dieser Präsident hat sich also zu viele Feinde gemacht und nicht gewusst, wen er (zur Durchsetzung seiner Vorhaben) in seine Regierung hätte berufen müssen. Dafür muss er jetzt bezahlen.

(Der damalige) CIA Direktor John Brennan hat mit unbegründeten Vorwürfen die Voraussetzung für "Russiagate" geschaffen, der Demokratischen Partei angehörende FBI-Beamte und der Stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein, den Trump selbst berufen hat, haben es in Gang gesetzt, und führende Demokraten halten es mit Unterstützung sich prostituierender Medien bis heute am Laufen, um eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland zu torpedieren.

Schlechte Nachrichten aus der Wirtschaft, die vermutlich absichtlich gestreut wurden, um Trumps Aufmerksamkeit von der beabsichtigten Rückholung von Jobs aus dem Ausland auf die Verhängung von Strafzöllen abzulenken, haben einen Handelskrieg ausgelöst, der den US-Arbeitslosen keine neuen Jobs bringt, aber die Preise in den USA steigen lässt.

Die herrschenden Oligarchen haben sich dafür entschieden, an Trump ein Exempel zu statuieren, damit künftige Präsidentschaftskandidaten nicht noch einmal versuchen, sich direkt an die US-Bevölkerung zu wenden.

Trump war unsere letzte Chance, und sie scheint schon vertan zu sein.

Trumps Politik für den Nahen und Mittleren Osten wird von seinem zionistischen Schwiegersohn (Jared Kushner) und (dem israelischen Premierminister) Netanjahu gemacht. Ihr Ergebnis ist eine Eskalation der Spannungen zwischen Russland und Israel, die zum Abschuss eines russischen Militärflugzeuges über Syrien geführt hat. Außerdem droht das Trump-Regime mit einem Angriff auf syrische und russische Streitkräfte, falls diese versuchen sollten, Idlib zu befreien – die letzte Provinz Syriens, die noch von terroristischen Hilfstruppen Washingtons gehalten wird. Außerdem hat Trump den Atom-Deal mit dem Iran einseitig aufgekündigt und seine Absicht, die US-Truppen aus dem Mittleren Osten abzuziehen, aufgegeben. John Bolton, Trumps verrückter neokonservativer Nationaler Sicherheitsberater, stößt wüste Drohungen gegen den Iran und Russland aus. Trump selbst hat nicht nur die Verlegung der US-Botschaft in Israel nach Jerusalem veranlasst, sondern auch alle Hilfen für die von einem Genozid bedrohten Palästinenser gekappt, den Israel mit Unterstützung der USA vor unser aller Augen begeht.

Ich könnte so weitermachen, aber Sie haben sicher schon verstanden, worauf ich hinaus will.

Das Trump-Regime ist entweder so unfähig oder so wild zu einem Krieg entschlossen, dass es die Folgen seiner (konfrontativen) Politik nicht begreift: Russland wird weder zulassen, dass die USA und Israel den Iran destabilisieren, noch wird es zulassen, dass Syrien zerschlagen wird. Die Drohungen des wahnsinnigen Herrn Bolton gegen den Iran sind direkt gegen Russlands nationale Interessen gerichtet. Trump, der versprochen hatte, die Beziehungen zu Russland zu verbessern, hat mehr zu deren Verschlechterung beigetragen, als Obama mit Unterstützung Hillary Clintons und Victoria Nulands.

Ich werde jetzt den Advocatus Diaboli spielen: Als Trump erkannt hat, dass er nicht gegen die materiellen Interessen der herrschenden Oligarchie ankommen kann, hat er sich dazu entschlossen, den ohnehin schwindenden Einfluss Washingtons ganz zu zerschlagen. Er hat Nikki Haley zur US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen ernannt und sie dort einen exzellenten Job machen lassen – sie hat nämlich nahezu jedes Land auf der Welt gegen die USA aufgebracht. Trump selbst hat Europa mit der Androhung von Strafzöllen und Sanktionen in Wut versetzt und Deutschland aufgefordert, den Bau der deutsch-russischen Gas-Pipeline Nord Stream 2 einzustellen. Den UN-Sicherheitsrat hat er am 26. September wie einen Fußabtreter Washingtons behandelt. Mit seinen Drohungen und Sanktionen treibt Trump die Türkei, den Iran, Indien, China und Nordkorea in die Arme Russlands und Europa in die Unabhängigkeit. Trump ist gerade dabei, in einem Anfall von Genialität und unter Ausnutzung seiner durch und durch neokonservativen Helfershelfer die Hegemonie Washingtons Schritt für Schritt die zerstören.

Wir werden niemals erfahren, ob diese Entwicklung eine unbeabsichtigte Folge seiner Arroganz und Hybris oder eine raffinierte Strategie ist. Wenn Trump aber so weitermacht wie bisher, wird er als der Große in die Geschichte eingehen – als der US-Präsident, der die Welt vor der Hegemonie der USA bewahrt hat.


Erstveröffentlichung der deutschen Übersetzung am 05.10.2018 bei LUFTPOST – Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein (dort mit zusätzlichen Hinweisen)
http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP13518_051018.pdf

Englischsprachiger Originalartikel:
Paul Craig Roberts: "Trump: An Assessment - Trump the Great?", Institute for Political Economy, 27.09.2018
https://www.paulcraigroberts.org/2018/09/27/trump-an-assessment/


Online-Flyer Nr. 677  vom 10.10.2018



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