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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Literatur
Ein Gedicht mit Anmerkungen von Hartmut Barth-Engelbart
Sie haben mir einen Stern gestohlen
Von Giuseppe Zambon

Sie haben mir einen Stern gestohlen
durch Täuschung haben sie ihn mir entwendet

Sie haben ihn an einen Gewehrkolben geklebt
und schießen auf mich mit diesem Gewehr

Sie haben mir einen Stern gestohlen
Sie haben ihn mir vom Leib gerissen

Jetzt haben sie ihn an einen Panzer geklebt
fahren mit ihm herum und zeichnen ihre Blutbäder damit

Sie haben mir den Stern gestohlen, der meiner Mutter gehörte
und haben ihn unter die Flügel eines amerikanischen Flugzeugs gemalt

jetzt vergnügen sie sich, die Ghettos jener Flüchtlinge,
die ihre Gewehre und Panzer überlebt hatten, als Zielscheibe zu benutzen

Sie haben mir einen Stern gestohlen
es war ein Stern mit sechs Zacken
und mit diesen Zacken stechen sie den Kindern von Sabra jetzt die Augen aus
nachdem sie sie in die Körper meiner Brüder gerammt haben

Wer hat meinen Stern gestohlen?
Wer hat ihn verkauft, um damit Parteien und Regierungen zu bestechen?
Wer benutzt ihn jetzt, um Zeitungen und Fernsehsender zur Lüge zu zwingen?

Manche sagen, es waren die Juden
Nein, es waren nicht die Juden
Es war eine zionistische Bande von wilden Mördern
Aber wenn es einen Gott gibt, werden sie seiner Strafe nicht entkommen
und wenn es keinen Gott gibt, dann müssen eben die Menschen das in die Hand nehmen


Anmerkungen von Hartmut Barth-Engelbart:

“Sie haben mir einen Stern gestohlen” … Dieses Gedicht des Frankfurter Verlegers Dr. Giuseppe Zambon habe ich bei der Kundgebung zum 70. NAKBA-Jahrestag an der Frankfurter Hauptwache vorgetragen … neben Gedichten von Mahmud Darwisch, Erich Fried und einigen meiner Palästina-Gedichte. Giuseppe greift ein, als ein Räuber- und Mörderfreund Netanjahus vor der Katharinenkirche die Massenerschießungen an der Grenze von GAZA als “Selbstverteidigung Israels gegen die Hamas-Terroristen” lauthals propagiert. Der Schreihals wird kleinlaut und zieht von dannen.

70 Jahre Vertreibung, Ermordung, Besatzung, Landraub, Wasserdiebstahl, Olivenhain-Vernichtung, Attentate gegen Wissenschaftler, gezielte Schüsse in die Beine hoffnungsvoller palästinensischer Fußballer … massenhafte Einkerkerung von Kindern … gezielte Erschießung von Schwangeren …

500 Trauerluftballons stiegen vor der Katharinen-Kirche auf, ein jeder für ein durch die Zionisten 1948 zerstörtes Dorf, eine gebrandschatzte Kleinstadt und für die über 800.000 Opfer: Tote, Verstümmelte, Millionen von Vertriebenen.

19. Mai 2018. Pfingsten. Alles Gute kommt von Oben? Der Heilige Geist? Israelische Bomben, Raketen, Scharfschützen gegen unbewaffnete Demonstranten. Der deutsche Außenminister Heiko Maas ließ sich in einem israelischen Flugzeug über die besetzten Gebiete und illegalen Zionisten-Siedlungen fliegen, um das Schlachtfeld von oben zu beobachten.

Auch mit deutschen Waffen wird hier Frieden geschaffen. Über 200 Atomwaffen sind auch von israelischen U-Booten aus deutschen Werften (hart wie Kruppstahl, beflissen wie Thyssen und ohne Gewissen) auf den Iran gerichtet. Geschenke aus Deutschland. Von der Kanzlerin persönlich getauft und beschleift. Israel baut ununterbrochen seine Atomwaffen weiter. Es ist fünf vor 12. Ein Tag vor Pfingsten.

Während der Störversuche einer Handvoll “antideutscher” Israel-Fans und Propagandisten der ethnischen Säuberung Palästinas, sagt in älteres palästinensisches Ehepaar: “Wir sind die Opfer des Rassismus der europäischen Staaten, die den Rassismus nicht bekämpft haben. Die Heimat deutscher Juden ist Deutschland, so wie es die Heimat deutsche Protestanten oder Katholiken ist. Palästina ist die Heimat der Palästinenser, der muslimischen wie der christlichen und der jüdischen Palästinenser … Die Heimat eriträischer Juden ist Eritrea, die der iranischen Juden Iran. …”

Es ist 12 Uhr, die Glocken der Katharinen-Kirche beginnen zu läuten – “wie zur Bestätigung”, hoffen die beiden Alten umgeben von Kindern, Jungen, Mädchen, Jugendlichen und ihren Kundgebungsbeiträgen. Von Liedern und Solidaritätserklärungen deutscher jüdischer, christlicher und nichtgläubiger, freidenkender Unterstützerinnen.

Die deutsch-palästinensischen Jugendlichen schützen die Kundgebung. Das macht Hoffnung. Die herbeigerufene Polizei erteilt den “antideutschen” Störern Platzverweis. Auch das macht Hoffnung, wenn auch vielleicht nur trügerische. Ja, man weiß ja … Nein, man weiß nicht, was sich in den Köpfen der Uniformierten tut … Die wissen auch, dass sie Kriegsopfer werden, wenn die USA Netanjahu losschlagen lassen ….

Wenn Giuseppe Zambon schreibt und fragt “Wer hat meinen Stern gestohlen?”, dann meint er den seiner Mutter, die in Triest vor ihren faschistischen Häschern flieht und sich und ihr Kind - in einem Karton versteckt - retten kann. Umzingelt von italienischen, kroatischen und österreichisch-deutschen Faschisten. Doch gerettet von Schleusern aus dem Widerstand.

Online-Flyer Nr. 663  vom 13.06.2018



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