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Kommentar
Von der Leyen tradiert Kriegsverbrechen
Gleiwitz-Kaserne
Von Ulrich Gellermann

Immer noch tragen Bundeswehr-Kasernen die Namen von Nazi-Soldaten. Immer noch steht die Armee der Bundesrepublik in der Tradition der Wehrmacht. Als wäre der deutsche Krieg, den man den Zweiten Weltkrieg nennt, kein Verbrechen gewesen. Aber jetzt soll alles ganz anders werden. Frau von der Leyen hat einen neuen Traditionserlass unterzeichnet: "Zentraler Bezugspunkt der Tradition der Bundeswehr sind ihre eigene, lange Geschichte und die Leistungen ihrer Soldatinnen und Soldaten." Zwar bleibt zum Beispiel der Name des Nazi-Generals Rommel der Bundeswehr erhalten. Aber die Emmich-Cambrai-Kaserne – höchst geschmackvoll benannt nach der während des Ersten Weltkriegs von deutschen Truppen besetzten und in Brand gesetzten französischen Stadt Cambrai – wird umbenannt.

Die Brandstifter-Kaserne soll ab sofort den Namen von Tobias Lagenstein tragen. Der Hauptfeldwebel starb im Mai 2011 in Taloqan. Seine Anwesenheit in Afghanistan war Teil des von den USA geführten Krieges in Afghanistan. Immer noch behaupten die US-Regierung und ihre Freunde, dieser Krieg sei Teil eines Kampfes gegen den Terror. Ausgelöst von den Anschlägen am 11. September 2001 auf wichtige zivile und militärische Gebäude in den Vereinigten Staaten von Amerika. Immer noch werden Osama Bin Laden und die Taliban für diese Anschläge verantwortlich gemacht. Und immer noch gibt es dafür keinen Beweis. Nach wie vor trägt die afghanische Bevölkerung die Lasten eines Vergeltungskrieges für ein Verbrechen, von dem eines ganz sicher ist: Afghanistan war dafür nicht verantwortlich.

Was in Afghanistan seit dem Herbst 2001 von den USA und ihren Verbündeten verübt wurde und wird, ist nach nationalen und internationalen Definitionen ein Angriffskrieg: Das militärische Eindringen eines oder mehrerer Staaten in fremdes Territorium, ohne dass der Angreifer vom angegriffenen Staat vorher selbst angegriffen worden wäre. Die Begründung für dieses Verbrechen ist eine Lüge. Kriegsverbrechen und Kriegslüge tragen in der deutschen Geschichte einen Namen: Gleiwitz. Benannt nach jenem Ort, in dem ein erlogener polnischer Überfall auf einen deutschen Sender als Vorwand für einen kriegerischen Überfall auf Polen herhalten musste.

Wäre Frau von der Leyen ehrlich, sollte sie die bisherige Emmich-Cambrai-Kaserne doch Gleiwitz-Kaserne nennen. Doch wer behauptet, Frau von der Leyen sei ehrlich? Also nennt sie die Kaserne nach einem deutschen Afghanistan-Kriegsteilnehmer. Das verschafft der Bundeswehr eine scheinbar neue Tradition: Raus aus den Kriegsverbrechen der Wehrmacht zu den neuen Verbrechen der Bundeswehr. Der Namensgeber "Tobias Lagenstein bleibt in der Bundeswehr, bleibt im Kreise seiner Kameradinnen und Kameraden", sagt die Kriegs-Ministerin. Diese neue Tradition soll die Perspektive der deutschen Armee grundieren: Mehr Kriege im Ausland. Mehr Angriffe auf andere Länder und andere Völker. An den neuen Lügen wird parallel gearbeitet. Angebliche russische Anschläge in England werden bisher nur mit Sanktionen vergolten. Aber der Propagandakrieg, die plump formulierte Lüge in deutschen Medien klingt wie Gleiwitz, fühlt sich an wie Gleiwitz und dient dem selben Zweck. Nicht heute. Aber morgen? Um welche Uhrzeit 'wird zurück geschossen' werden?


Erstveröffentlichung am 31. März 2018 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer

Top-Foto:
Ulrich Gellermann (aus Video-Interview: deutsch.rt.com)


Online-Flyer Nr. 653  vom 04.04.2018



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