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Medien
Eine lockere Folge von Leserbriefen und Kommentaren
Hajos Einwürfe
Von Hajo Kahlke

Es ist der Umstand, dass die "junge Welt" nicht die Fahne Syriens supergroß auf ihre Titelseite platziert, sondern die der Verfügungstruppe der US-Aggressoren im Norden und Osten Syriens; dass die "junge Welt" einem Autor zwei Seiten zur Verfügung stellt, der im Sinne der westlichen Regime-Change-Intervention gegen "den Schlächter Assad" und gegen "Putins Massenmord in Aleppo" hetzt; dass die "junge Welt" verkennt, dass eine Gesellschaft sich in besonderem Maße um ihre bedürftigen Bürger zu kümmern hat; dass die Rhein-Neckar-Zeitung in Sachen Serbien ein Zerr- und Feindbild entstehen lässt; was in "Hajos Einwürfen" zum Thema gemacht ist. Die Neue Rheinische Zeitung versteht sich im Verbund mit der Vierteljahresschrift DAS KROKODIL als ein Forum, das zum Nachdenken anregen, eingefahrene, verkrustete Denkstrukturen aufbrechen bzw. der bewusst lancierten Desorientierung des Denkapparats – besonders der Linken – entgegenwirken will. Hajos kurze Texte sollen dazu ihren Beitrag leisten. Die Neue Rheinische Zeitung bringt deshalb in loser Folge von ihm verfasste Leserbriefe und Kommentare, die bei den Angeschriebenen nur selten das Licht der Öffentlichkeit erblicken.


Hauptfeind im Türkenland


junge Welt, 3.3.2018, Titelseite

Nein, es ist nicht Fahne Syriens, die die junge Welt da supergroß auf ihre Titelseite platziert. Und die dazugehörige Überschrift fordert auch nicht etwa Flagge zeigen gegen NATO-Kriegstreiber, gegen Regime-Change-Intervention, gegen westliche Aggression. Nein, dies bedürfte es ja der Einsicht, dass man als Linke, als Gegner des Völkerrechtsnihilismus, mit dem vom Imperialismus seit sieben Jahren mit Krieg überzogenen, doch sich wehrenden Syrien selbstverständlich solidarisch sein muss.

Aber Pustekuchen, für die junge Welt unter Dietmar Koschmieders Führung steht der Hauptfeind im Türkenland, und heisst Erdogan, und gegen den ist "Flagge zu zeigen". Wer gegen Erdogan ist, bekommt von Koschmieders Truppe blind und uneingeschränkt Solidarität. Insbesondere natürlich die kurdisch-separatische YPG, selbst wenn die nun als Verfügungstruppe der US-Aggressoren im Norden und Osten Syriens dient und quasi als Türöffner diesen das Eindringen und die Einrichtung von Militärbasen dort überhaupt erst ermöglicht hat. Und dann tut man auch noch so, als wedele da der Schwanz mit dem Hund!

Selbst dass nun die Demonstration FRIEDEN FÜR AFRIN (für Syrien natürlich nicht!) als zentrale Forderung von der Bundesregierung "die Anerkennung der Demokratischen Förderation Nordsyrien" verlangt, und damit nicht bloß faktisch (und dies dann immer wieder gerne abgestritten), sondern expressis verbis die von den Imperialisten betriebene Aufspaltung Syriens befürwortet, hindert Koschmieder und seinen Rojava-Kämpfer Pseudonymus Schaber nicht daran, zu dieser Demonstration aufzurufen und so an Seite von "Adopt a Revolution" zu treten.

Leserbrief zum Artikel "Flagge zeigen gegen Erdogan" von "Peter Schaber", junge Welt vom 03./04.03.2018, Seite 1


Wie sehr will sich die junge Welt noch mit Kriegshetzern gemein machen?


junge Welt, 3.3.2018, Beilage Seite 6/7

Eine bereits am 19.12.2017 gehaltene Grabrede des Herrn Christoph Hein für den verstorbenen früheren Leiter des Aufbauverlags Elmar Faber druckt die junge Welt jetzt über fast zwei Seiten hinweg ab. Nun war der Verstorbene ja offenbar eine bedeutende Persönlichkeit im Verlagswesen der DDR. Ist dies aber für eine sich als links bezeichnende Zeitung ein Grund, diesem Herrn Hein, der - zusammen mit anderen willigen Helfern aus dem Literatur-, Kultur- und Politik-Betrieb - im Sinne der westlichen Regime-Change-Intervention gegen "den Schlächter Assad" und gegen "Putins Massenmord in Aleppo" abhetzt, auch nur eine Zeile zur Verfügung zu stellen? Wie sehr will sich die junge Welt noch mit Kriegshetzern gemein machen?

PS: Nachfolgend der von Herrn Hein unterzeichnete niederträchtige Aufruf vom 5.12.2016 gegen Syrien, und die Liste der Unterzeichner, soweit sie "Germany" als ihr Land angaben: "Schluss mit dem Massenmord in Aleppo! Ungeheuerliches geschieht in Syrien. Für seinen Traum von neuer imperialer Größe überzieht Präsident Putin die Stadt Aleppo mit einem mörderischen Bombenkrieg. Ganze Stadtteile liegen in Schutt und Asche, gezielt werden Krankenhäuser und Schulen bombardiert und die Lebensadern der Stadt blockiert. Für Putin und den Schlächter Assad sind Hunderttausende von Menschen, die noch im Ostteil Aleppos leben – Frauen, Kinder, Alte, Schwerverletzte und auch Rebellen, die einmal friedlich für mehr Freiheit und Demokratie in Syrien demonstrierten – nichts als Terroristen und Isis-Kämpfer. Ganz offen werden sie jetzt mit „Vernichtung“ bedroht, falls sie sich nicht fügen und die Stadt verlassen. Die Welt schaut entsetzt und tatenlos zu. Friedensfreunde aller Fraktionen, wo bleibt ihr? Warum redet ihr nicht von Putins Schande? Wo ist die Linke, die den Pazifismus wie eine Monstranz vor sich herträgt und jeden Kriegseinsatz der NATO scharf verurteilt? Wie erträgt die AfD, die inzwischen ihr Herz für den 'großen Führer' Putin entdeckt hat, ihre Blindheit? Verbrechen gegen die Menschlichkeit bleiben Verbrechen gegen die Menschlichkeit, auch wenn sie von russischer Seite begangen werden. Putins Vernichtungskrieg gegen Aleppo ist „lupenreiner“ Massenmord! Bürger Europas! Tragt eure Empörung vor die russischen Botschaften, bevor Aleppo endgültig dem Erdboden gleichgemacht ist."

Leserbrief zum Artikel "Erinnerung an einen Husaren" von Christoph Hein, junge Welt vom 03./04.03.2018, Beilage Seite 6/7


Wenn Empathie ganz normales Denken verdrängt

Es kommt im jW-Gespräch durchaus zur Sprache, dass bei dem inszenierten Essener Skandal die Notwendigkeit derart vieler Essens-Tafeln in Deutschland das wirkliche Problem ist. Aber gleichzeitig spult die junge Welt durch dieses Gespräch mit Diplomsozialpädagogin Julia von Lindern die "Rassismus"-Platte gegen die Essener Tafel ein weiteres Mal ab: Wer nicht im Sinne der Immigrations-Maximierung die "Geflüchteten" - eine Sprachregelung zur Ausblendung der Realität, dass Asylbewerber mehrheitlich wegen erhoffter wirtschaftlicher Besserstellung kommen - mit den Bürgern einer Gesellschaft versorgungsmäßig gleichstellt, und sei dies nur in Bezug auf die armutsmäßige Tafel-Versorgung, ist eben Rassist. Verkannt wird dabei völlig, dass eine Gesellschaft sich um ihre bedürftigen Bürger, und dazu gehören neben den Staatsbürgern auch Menschen, die langjährig im Land leben und dort Wurzeln geschlagen haben, in besonderem Maße zu kümmern hat - wie gut oder schlecht sie das dann macht, ist eine andere Frage -, mehr als um sonstige bedürftige ausländische Personen, die sich gerade im Land aufhalten, ob nun Touristen, Stationierungsangehörige oder auch Asylbewerber. Eigentlich eine selbstverständliche Feststellung, denn der allgemeine Grundsatz, dass alle Menschen gleich sind, erfordert ja immer seine situations- und rollen-gemäße Konkretisierung. Niemand würde etwa auf die Idee kommen zu sagen: Wenn Polizisten bewaffnet durch die Stadt gehen dürfen, steht mir - ich bin genauso Mensch - das auch zu. Aber wenn es um "Geflüchtete" geht, verdrängt Empathie bei vielen leider ganz normales Denken. Notabene: Natürlich können und sollen Asylbewerber zu - zeitweiligen, und in Einzelfällen dann auch dauerhaften - Bürgern einer Gesellschaft werden, aber nur und erst dann, wenn die Berechtigung ihres Asylbegehrens tatsächlich festgestellt ist.

Leserbrief zum Artikel "Ursächlich ist eine völlig verfehlte Sozialpolitik", Gespräch von Markus Bernhardt mit Julia von Lindern, junge Welt, 27.2.2018


Zerr- und Feindbild Serbien

Sehr geehrte Damen und Herren, Abschiebung ist für manche gutmeinenden ZeitgenossInnen immer etwas ganz Böses - auch wenn die abgeschobenen Personen, die notabene nach Recht und Gesetz längst von sich aus hätten ausreisen müssen, in keiner Weise asylberechtigt sind , dennoch aber die Vergünstigung einer jahrelangen Duldung mit entsprechender Versorgung in Deutschland erhielten. Schlimm wird dieses rechtsblinde Engagement gegen Abschiebungen dann, wenn es mit Hetze gegen andere Länder und Völker einher geht. So wie es leider im Leserbrief von Frau Maria Kühn-Ludewig der Fall ist, wo verkündet wird, der abgeschobenen serbischen Roma-Familie R. drohe in ihrem Heimatland "rassistische Verfolgung". Serbien also ein Land der rassistischen Verfolgung - welch ungeheure Ignoranz und Arroganz kommt in diesem Zerrbild zum Ausdruck! Ein Zerrbild, das dann nicht allein da steht, sondern sich einfügt in ein notorisches antiserbisches Feindbild, vom "Serbien muss sterbien" vor dem ersten Weltkrieg bis zu Klaus Kinkels "Die Serben müssen in die Knie" der 1990er Jahre - ein Feindbild, das im Nazi-besetzten Jugoslawien mit einem in die Hunderttausende gehenden Genozid (Stichwort Jasenovac) an den Serben auf seine fürchterlichste Weise ausgelebt wurde.

Kommentar zum Leserbrief "Abschiebung nach Belgrad: Empörung, Trauer" von Maria Kühn-Ludewig, Rhein-Neckar-Zeitung vom 27.2.2018

Online-Flyer Nr. 650  vom 07.03.2018



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