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Globales
Zerstörte internationale Ordnung von US-Präsident Obama übernommen
Wie ein behindertes Kind, das ohne Stütze nicht laufen kann
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Der Jammer von Stefan Kornelius in seinem Leitartikel „USA-Selbstentmachtung“ (SZ 7.11.2017) über das Ende der Nachkriegszeit ist Indiz seines fehlenden persönlichen Urteilsvermögens, um eine eigenständige Außenpolitik Deutschlands zu konzipieren und zu fördern, wie es zu freien demokratischen Staaten und Personen gehört. Welche Weltordnung hat US-Präsident Donald Trump zerstört? "Die USA haben die erste spektakuläre Niederlage ihrer Geschichte in Vietnam erlitten. Psychologisch hat sich die 'Superpower' von dieser Demütigung bis heute nicht erholt, vielmehr ist dieser Koloss, dessen Potential und technologischer Vorsprung zur Stunde noch unerreicht sind, seitdem von einem militärischen Fehlschlag zum anderen gestolpert." („Der Tod im Reisfeld – Dreißig Jahre Krieg in Indochina“ von Peter Scholl-Latour, Ullstein Verlag, 6. Auflage 2016). Gehen nicht der Überfall auf Jugoslawien, der Angriffskrieg gegen den Irak, der Einmarsch in Afghanistan auf das Konto vorhergehender US-Präsidenten? Geht nicht der Putsch und Krieg in der Ukraine, in Libyen und in Syrien auf das Konto Obamas? Hat Obama nicht als Terror-Pate in Libyen, Syrien und in der Ukraine Rebellen und militante Banden unterstützt, um Chaos zu schüren und die jeweiligen Regierungen zu stürzen? Hat Stefan Kornelius jemals gegen diese barbarische US/NATO-Außenpolitik, gegen diesen eklatanten wiederholten Bruch der internationalen Ordnung Position bezogen? Sind ihm die internationalen Regeln bekannt? US-Präsident Donald Trump kann man fehlende Finesse ankreiden, aber er hat keine Weltordnung zerstört. Er hat eben eine zerstörte internationale Ordnung von seinem Vorgänger Obama übernommen. Und leider konnte er den Zerfall bisher nicht reparieren.

Gleichberechtigung aller Staaten eine fundamentale Grundlage


Die Emanzipation Europas von den USA ist längst fällig. So sieht es auch der Gründer und Direktor des European Council on Foreign Relations in Berlin und London in seinem Artikel „Die letzte Bastion des Westens“ (SZ 7.11.2017) Die US-Regierung von Donald Trump hat lediglich diese Notwendigkeit vor Augen der ganzen Öffentlichkeit geführt. Dass deswegen Außenpolitiker in Berlin und deutsche Redaktionen in Unsicherheit, ja womöglich in Angst verfallen, ist erbärmlich und lächerlich. Bundeskanzlerin Angela Merkel erkannte eine Selbstverständlichkeit, als sie sagte: „Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen.“ Aber von ihr gibt es bisher keine Anzeichen von Souveränität für eine Außenpolitik Deutschlands in Einklang mit der internationalen Ordnung. Der Unterschied oder die Diversität von Systemen und Regierungsformen unter Staaten darf keine Irritation verursachen. Dass jedes Land sein eigenes wirtschaftlich-politisches System wählt, ist das normalste der Welt. Stefan Kornelius verliert den persönlichen Kompass hinsichtlich dieser normalen Diversität. Er sollte sich mit den Regeln der Weltordnung anfreunden und sie ernst nehmen: Alle Regierungen verdienen für eine zivilisierte Außenpolitik als partnerschaftlich zu gelten. Entsprechend sind alle ausländischen Regierungen ohne Ansehen ihrer verfassungsmäßigen Form als Partner anzusehen. Die Gleichberechtigung aller Staaten ist eine fundamentale Grundlage, die in der Charta der Vereinten Nationen (UN) festgeschrieben ist. Folglich hat auch die Beziehung zwischen deutscher und US-amerikanischer Regierung auf gleicher Ebene zu erfolgen. Wenn sich die deutsche Bundesregierung aber gegenüber der US-Regierung als Satellit und Sekundant verhält, bereit, dem hegemonialen Diktat zu folgen, sei es unter Druck oder Erpressung, verschwindet die Gleichberechtigung, und damit wird die Beziehung erheblich gestört und behindert. Als US-Protektorat oder -Vasall ist Deutschland kein Subjekt in der Weltpolitik. Dieser prekäre Zustand der Nachkriegszeit ist zu überwinden.

Verheerendes Nachkriegszeit-Szenarium muss verschwinden

Die fundamentalen menschlichen Werte und Vorstellungen sind nicht mit der Kontingenz eines Szenariums der Nachkriegszeit zu verwechseln. Das verheerende Nachkriegszeit-Szenarium hätte schon vor langem aus Europa verschwinden müssen. Menschenrechte und demokratische Rechte sind schon von allen europäischen Staaten anerkannt. Die angebliche Nachkriegsordnung ist bereits durch zerstörerische anmaßende US- und NATO-Kriegsangriffe (gegen Jugoslawien, gegen Irak, gegen Afghanistan, gegen Libyen und Syrien) brutal zerbrochen. Aber bisher hat Europa nicht reagiert und nicht die Chance genutzt, endlich eine eigenständige Ordnung zu schaffen, eine europäische Friedens- und Sicherheitsordnung, die aber seit der Wende 1990 noch ausbleibt errichtet zu werden. Dazu sind reife selbstbewusste Regierungen vonnöten, die die europäische Friedenslogik tatsächlich verinnerlicht haben und anerkennen. Konflikte werden verschärft, wenn sie nicht gemäß den Regeln der UN gelöst werden. Die UN-Charta schreibt als Grundsatz fest, wie ein zwischenstaatlicher Konflikt anzugehen ist (Art.2/3): „Alle Mitglieder legen ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel so bei, dass der Weltfriede, die internationale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden.“ Druck schafft keinen Frieden, Druck hat niemals Frieden geschaffen, sondern führt nur zur Eskalation und Zuspitzung eines Konflikts. Sanktionen ebenso. Frieden durch Stärke ist deshalb ein sehr gefährlicher Selbstbetrug, der zu schlimmsten Konsequenzen führen kann. Das „European Council on Foreign Relations“ in Berlin bestätigt diese Ansicht. („Der Tag“, Phönix 8.11.2017) Die Welt hat jahrzehntelang viele Schurken-Staaten erlebt und toleriert, sogar die USA, das einzige Land, das nicht nur mit nuklearer Zerstörung droht, sondern grausame nukleare Zerstörung verursacht hat, wie Hiroshima und Nagasaki historisch abscheulich bezeugen. Die US-Regierung muss erkennen, dass die nuklearen Waffen, das übermächtige militärische Potential, das sie hat, keine Sicherheit für ihr Land ist. Die alleinige Sicherheit, die das ständige Drohen mit militärischen Mitteln und Aufrüstung bietet, ist der Absturz in das vollständige Desaster. Diplomatie und Abrüstung sind die vernünftige Alernative, allgemeine Abrüstung mit der US/NATO an erster Stelle. Der US-NATO-Block stellt die höchste Gefahr für den Weltfrieden dar, denn ohne Existenzberechtigung und völlig illegal instrumentalisiert der US-NATO-Block die Gewalt-Androhung wie in Jugoslawien 1999 geschehen und ist mit Abstand die am höchsten aufgerüstete Region der Welt. Die US-Regierung muss endlich Schluss mit weiteren Aggressionen machen.

Interessen Deutschlands in den Mittelpunkt
Europas, Deutschlands „Desinteresse an Diplomatie“ ist zu thematisieren. Nicht, was die US-Regierung macht, ist wichtig, sondern zuerst, was die deutsche Regierung tut oder unterlässt zu tun. Diese eigene Sache ist anzugehen. Die Interessen Deutschlands sollten im Mittelpunkt stehen. Die krankhafte Abhängigkeit Deutschlands bis hin zu einer Vasallen-Attitude vor den USA ist zu beenden. Wenn Ressortleiter der Außenpolitik wie Stefan Kornelius diese miese Realität nicht erkennen können, ist das besorgniserregend, tristes Indiz für eine einfache Null an außenpolitischem Kriterium. Journalisten sind dringend besser auszubilden.

Neue NATO-Propaganda-Masche

Stefan Kornelius sollte sich mit der vergeudeten und trügerischen Zeit des Kalten Krieges befassen. Gerade im Schatten der penetranten US-Propaganda anullierte sich die Bonner Regierung vollständig. In dieser Nichtigkeit der Nachkriegszeit ist Kornelius wie ein behindertes Kind geblieben, das ohne Stütze nicht laufen kann. Die neue NATO-Propagandamasche besteht darin, Russland als „Angreifer“ darzustellen. Umso verleumderischer und lügnerischer Agenturen diese Propaganda verbreiten, desto ungebildeter und wehrloser erscheinen deutsche Redaktionen vor der neuen ungeheuerlichen Gefahr, die sich mit der NATO mitten in Europa anbahnt. Diesbezüglich leiden deutsche Außenpolitiker und Journalisten wie Stefan Kornelius an erbärmlichem Infantilismus. Solche Leute schrecken nicht einmal vor Geschichtsfälschung zurück, aber es muss klar bleiben: Deutschland war der Angreifer Russlands, als Russland in der damaligen Sowjetunion von Nazi-Deutschland überfallen wurde. Als wäre das nicht geschehen, ist die Berliner Regierung heute dabei, mit einer aggressiven US/NATO gegen Russland mobil zu machen. Dabei hat es auch schon genug US-Verbrechen in der Nachkriegszeit gegeben.

"Es war auch die Zeit, als die USA in den Korea-Krieg verstrickt waren und die Deutschen als beständiges Bollwerk im Kalten Krieges benutzt und gebraucht wurden, was sich bis zum heutigen Tag nicht geändert hat." („Es gibt nichts zu feiern“ von Evelyn Hecht-Galinski, Sicht vom Hochblauen, 8.11.2017, http://sicht-vom-hochblauen.de/es-gibt-nichts-zu-feiern-von-evelyn-hecht-galinski/).

Ein wahrer „Witz“ war infolgedessen die so genannte Politik des Kalten Krieges, wie sie ein großer FDP-Staatsmann im Bundestag schilderte: Thomas Dehler. Es ist zu hoffen, dass Christian Lindner (FDP) die deutsche Außenpolitik revidiert und entsprechend dem Vermächtnis von Thomas Dehler profiliert zur Stabilität und Frieden in der Welt. Deutschland zusammen mit Russland können die Motoren einer konstruktiven Außenpolitik Europas werden. Die friedliebende Welt wird es von ganzem Herzen begrüßen.

Europäische Sicherheitsarchitektur von Lissabon bis Wladiwostok schaffen

Die großen Mehrheiten in Europa wollen keinen Krieg und keine Zuspitzung der Kriegsgefahr. Sie wollten auch keinen Krieg gegen Jugoslawien, nicht im Irak, nicht in Afghanistan, nicht in der Ukraine, nicht in Libyen und auch nicht in Syrien. Schon die Bejahung einer Auflösung des Warschauer Paktes bei gleichzeitiger Ablehnung der Auflösung der NATO verhinderte den Aufbau eines gemeinsamen Hauses Europa und damit die Errichtung einer europäischen Sicherheitsarchitektur von Lissabon bis Wladiwostok unter Einschluss Russlands. Dieses Sicherheitsprojekt war Vision und Vorhaben Deutschlands unter CDU-Kanzler Helmut Kohl und FDP-Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Ein Vorhaben, das dringend zu vollenden ist.


Verfasst am 9.11.2017 unter Bezugnahme auf Süddeutsche Zeitung (SZ), Rubrik Außenansicht vom 7.11.2017: „Die letzte Bastion des Westens“ von Mark Leonard, Gründer und Direktor des European Council on Foreign Relations in Berlin und London und SZ-Leitartikel vom 8.11.2017: „USA-Selbstentmachtung“ von Stefan Kornelius


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 637  vom 15.11.2017

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