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Aktueller Online-Flyer vom 16. April 2024  

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Globales
Brief des ehemaligen Präsidenten der Ukraine an US-Präsident Trump
Den von westlichen Politikern begonnenen Krieg beenden!
Von Viktor Janukowitsch

In seinem Brief "an seine Exzellenz Herrn Donald Trump, den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika" skizziert Viktor Janukowitsch seine Sicht auf die Ereignisse des Maidan 2014 und schlägt Wege zur Lösung des Konflikts in der Ukraine vor. Er beendet seinen Brief mit dem Appell: "Herr Präsident, die dargelegten Fakten sind eine objektive Reflexion der bisherigen Ereignisse in der Ukraine. Sie sind leicht prüf- und beweisbar. Es müssen dringend allumfassende Maßnahmen zur Beendigung des Krieges unternommen werden, der infolge der unüberlegten und unverantwortlichen Handlungen der ukrainischen und westlichen Politiker begonnen hat.

Sehr geehrter Herr Präsident, Mit diesen Brief spreche ich Ihnen meine Hochachtung aus. Ich gratuliere ihnen zur offiziellen Amtsübernahme als des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und ich wünsche Ihnen Erfolg auf diesem neuen hohen Posten.

Ich wende mich an Sie mit diesem Brief im Zusammenhang mit dem Jahrestag der Ereignisse von 2013-2014 in der Ukraine, nach denen 46 Millionen Ukrainer in Chaos, Gesetzlosigkeit und Armut stürzten.

Solche Ereignisse und die Teilnahme von Vertretern der USA daran, bedarf einer objektiv rechtlichen und politischen Beurteilung sowohl in der Ukraine als auch auf internationaler Ebene.

Die Proteste in der Ukraine und die Teilnahme von Vertretern der USA daran

Um die Ursachen der aktuellen Situation in der Ukraine zu verstehen, muss man die Chronologie der Entwicklung aller Ereignisse die ihr vorausgingen analysieren und bewerten.

Seit 2007 wurden zwischen der Ukraine und der Europäischen Union Beratungen über den Abschluss eines Assoziationsabkommens geführt (im weiteren Text kurz als „Assoziation“ genannt). Seit meinem Eintritt in das Amt des Präsidenten der Ukraine im Jahr 2010 hatte ich mir viel Mühe für die Annäherung der Ukraine zu einer engeren Partnerschaft mit der Europäischen Union gemacht.

Am 21. November 2013 hat das Ministerkabinett der Ukraine beschlossen, den Prozess der Vorbereitung auf Abschluss der Assoziation anzuhalten.

Ukrainische Beamte haben betont, dass die Ukraine nichts an der strategischen Ausrichtung in der Entwicklung der europäischen Integration ändern würde und der Hauptgrund für die Aussetzung der Unterzeichnung der ungleiche Charakter der Assoziation sei, ihre Diskrepanz zu nationalen Interessen der Ukraine und eine reale Bedrohungen der Entstehung einer tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise in der Ukraine.

Später wurde klar, dass diese Aussetzungs-Entscheidung richtig gewesen war. Nach der Unterzeichnung der Assoziation durch die neuen Behörden, erlitt die ukrainische Wirtschaft nämlich bereits schwere Schäden.

Aber damals, im November 2013, löste unsere Entscheidung sofort eine starke Gegenreaktion unter der ukrainischen Opposition und den Vertretern der EU und den USA aus.

Am 21. November 2013 begann im Zentrum von Kiew der monatelange Protest, der rasch drastisch einen Anti-Präsidenten- und Anti-Regierungs-Charakter annahm.

In der Zeit vom 30. November bis 19. Januar 2014 wurden die Anti-Regierungs-Proteste verstärkt und erreichten ihren Höhepunkt. Sie waren begleitet von weit verbreiteter Einnahme von Bürogebäuden und Behörden, von Pogromen, Brandstiftungen, Zerstörungen von Eigentum, sowie des bewaffneten Widerstands gegen die Behördenvertretern. Gegen die Polizei und Ordnungskräfte wurden Gasflaschen, Stahl-Stangen, harte Knüppel, Schlagstöcke, Sprengkörper, Feuerwerk und Molotow-Cocktails verwendet. Die meisten Demonstranten trugen Masken oder Helme, um nicht erkannt zu werden.

Um den Konflikt zu lösen, versuchte die Staatsmacht alles Mögliche und gab zwei Gesetze über die Amnestie von Teilnehmern des Massenaufruhrs (vom 19. Dezember 2013 und vom 29. Januar 2014) im Austausch für das Versprechen, die massiven Ausschreitungen zu beenden heraus.

Doch selbst nach diesen beispiellosen Zugeständnissen seitens der Behörden erklärten die Vertreter der Opposition, dass sie "nicht vorhaben, das Gesetz über die Amnestie zu befolgen" und weiterhin protestieren würden.

Trotz der offenen Missachtung des Gesetzes seitens der Demonstranten, leisteten die offiziellen Vertreter der USA ihnen in jeder Hinsicht ihre Unterstützung und ermutigten die Fortsetzung der Anti-Regierungs-Kundgebungen.

Nach den Informationen, die ich von einem Vertreter des Sicherheitsdienstes der Ukraine in diesen Tagen bekam, wurde auf der Basis der US-Botschaft ein informelles Hauptquartier zur Unterstützung der Mitglieder der Opposition und die Förderung der Koordination ihrer Handlungen eingerichtet.

Für die ganze Zeit der Anti-Regierungs-Kundgebungen und Ausschreitungen in Kiew und anderen Städten der Ukraine, unternahmen die Vertreter der USA keine aktiven Maßnahmen dagegen und trafen keine Aussagen bezüglich der Unzulässigkeit von solchen Handlungen seitens der Opposition.

Die Vertreter der Vereinigten Staaten griffen auf der Seite der Demonstranten aktiv in den Verlauf ein. So, als am 6. Dezember 2013 Victoria Nuland, die US Assistant Secretary of State auf einer Pressekonferenz in Tiflis, Georgien, sagte "...seit langem ist für die Führung der Ukraine die Zeit gekommen, auf die Stimme ihres Volkes zu zuhören und den Weg zur europäischen Integration und der wirtschaftlichen Gesundung wieder aufzunehmen... Die Stimme des ukrainischen Volkes soll gehört werden. Es fordert für sich eine Europäische Zukunft..."

Am 11. Dezember 2013, führten Victoria Nuland und der US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey Pyatt ein geschlossenes Treffen mit Demonstranten im Haus der Gewerkschaften (das ein paar Tage zuvor von diesen Demonstranten illegal eingenommen wurde) durch.

Danach kamen Victoria Nuland und Geoffrey Pyatt auf den Platz der Unabhängigkeit in Kiew (Maidan), wo sie die Demonstranten aktiv unterstützten. Auf dem Maidan erklärte Victoria Nuland: "Seit der Ausrufung der ukrainischen Unabhängigkeit im Jahre 1991 unterstützten die Vereinigten Staaten die Ukrainer bei der Förderung... von allem Möglichen, was notwendig ist, damit die Ukraine ihre europäischen Ziele  erreichen kann. Wir investierten mehr als 5 Milliarden US-Dollar, um der Ukraine bei der Erreichung dieser und anderer Ziele zu helfen".

Am selben Tag, nach einem Treffen mit mir sagte Victoria Nuland,, dass "nach unserem Gespräch Präsident Janukowitsch weiß, was er zu tun hat" und verurteilte Versuche die Unruhen zu niederschlagen, was ihrer Meinung nach "absolut inakzeptabel in der modernen, demokratischen, europäischen Gesellschaft und ihrer Staaten" sei.

Auch verurteilte US-Außenminister John Kerry am 11. Dezember 2013 in scharfer Form die die Handlungen der ukrainischen Strafverfolgungsbehörden gegen die Teilnehmer an den Massenprotesten mit folgenden Worten: "die Vereinigten Staaten äußern Ekel im Zusammenhang mit der Entscheidung der ukrainischen Behörden, friedlichen Proteste auf dem Platz der Unabhängigkeit in Kiew mit Spezialeinheiten, Bulldozern und Schlagstöcken zu begegnen, anstatt demokratische Rechte und Menschenwürde mit Respekt zu behandeln". Der Außenminister der USA versicherte die Demonstranten in der Ukraine, sie zu unterstützen. "Wann im Rauch auf den Straßen von Kiew ein kirchliches Läuten ertönt, stehen die USA neben dem ukrainischen Volk. Es verdient Besseres".

Auf seiner offiziellen Seite im Internet veröffentlichte der amerikanische Republikanische Senator John McCain einen Aufruf an die Behörden der Ukraine, den Einsatz von Gewalt gegen friedliche Demonstranten in Kiew abzulehnen. Er nannte alle Vertreter der Opposition "tapfere Menschen", wandte sich an sie und sagte, dass "sie nicht allein sind" und sie "viele Freunde auf der ganzen Welt, die mit ihnen solidarisch sind" haben.

"Wir werden den Kampf der Ukrainer für ihre Freiheit und Gerechtigkeit aufmerksam beobachten. Wir werden Antworten für alle Verbrechen gegen die Ukrainer fordern, die auf friedliche Weise für die Erfüllung ihrer grundlegenden Rechte kämpfen", - schrieb der Senator.

Diese Unterstützung der USA im Rücken, hörten die Vertreter der Opposition nicht auf. Zwischen dem 23. Dezember 2013 und dem 2. Januar 2014 wurden elf regionale Verwaltungen belagert und besetzt, das heißt, sie sperrten die Funktion der Verwaltungen fast in der Hälfte der ukrainischen Gebiete.

Am 7. Februar 2014 wurde eine Audioaufnahme des Telefongespräches Geoffrey Pyatt und Victoria Nuland ins Netz gestellt, wo sie offen über zukünftige Ernennung von Vertretern der Opposition für die offizielle Posten in der Ukraine und über die Verteilung der Funktionen unter den Oppositionellen diskutieren. In der Diskussion, sagt Victoria Nuland: "Klitschko darf nicht in die Regierung" und Jazenjuk sei eine "geeignete Person". Geoffrey Pyatt sagte, dass Tyagnibok "und seine Jungs" "Probleme" bereiten würden.

Verständlich, dass sobald die Proteste sich abschwächten, die Führer der Opposition die Situation auf dem Maidan ständig zuspitzten. Im Februar flammten die Unruhen neuer Kraft auf und die Vertreter der USA bekräftigten ihre Einmischung in die politischen Fragen der Ukraine.

Am 18. Februar 2014 organisierten die Vertreter der Opposition eine so genannte "Friedensoffensive" auf das Parlament der Ukraine. In dessen Verlauf griffen die Demonstranten die Polizei- Absperrungen an, zerschlugen und zündeten mehrere Autos und Lastwagen an, womit sie den Sicherheitskräfte die Zufahrt blockierten, drangen in die Gebäuden ein, verbrannten Autoreifen, bewarfen die Polizei mit Steinen und Flaschen mit Molotow-Cocktails. Radikale zündeten das Büro der "Partei der Regionen" an, wodurch ein Mitarbeiter des Büros im Feuer starb.

Als Antwort benutzten die Sicherheitskräfte Tränengas und Wasserwerfer. In der Nacht vom 18. auf 19. Februar im Lvov Gebiet übernahmen Demonstranten illegal mehr als 1170 Schusswaffen (fast Tausend Pistolen, mehr als 170 Kalaschnikow- Gewehren und Maschinengewehren, Scharfschützengewehren, mehr als 18 Tausend Schuss Munition verschiedener Kaliber).

Am 18. Februar 2014, drohte einer der Organisatoren der Proteste Yury Lutsenko, (heute General Staatsanwalt der Ukraine) offen den Streitkräften, dass gegen sie Schusswaffen verwendet würden. Ich aber erklärte dazu: "Mir wurde die militärische Lösung der Ereignisse empfohlen, aber ich unterstütze den Weg der Verhandlungen und eine friedliche Lösung des Konflikts". Ich rief die Führer der Opposition auf, die Verwendung von Schusswaffen durch Radikale zu verurteilen und sich von ihnen zu distanzieren, aber mein Aufruf wurde nicht erhört.

Während meiner regelmäßigen Telefonate mit Joseph Biden, erinnerte er mich ständig und beharrlich an die Unzulässigkeit der Anwendung irgendwelcher Gewalt gegen diese "friedlichen" Demonstranten, wobei er am Tag zuvor nichts getan hat, um die Beteiligung von Radikalen in dieser "friedlichen Offensive" einzuschränken und für die De-Eskalation des Konflikts einzutreten.

Am 18. Februar begannen auf der Institutskaya Uliza, einer Straße in Kiew unbekannte Scharfschützen zu schießen, zuerst auf die Streitkräfte und dann auf die Teilnehmer der Massenproteste. An diesem Tag starben 6 Polizisten und 47 Demonstranten an Schussverletzungen.

Insgesamt wurden in die Zeit der Massenproteste von November 2013 bis Februar 2014 23 Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden getötet, 932 Mitarbeiter verletzt und 158 davon durch Schusswaffen. Seitens der Demonstranten starben 106 Menschen.

Im Verlauf der Periode der Konfrontation hatte ich Dutzende Gespräche mit der Opposition und westlichen Politikern durchgeführt, die auf eine friedliche Beilegung des Konflikts zielten. Das Hauptziel dieser Verhandlungen war es, Bürgerkrieg und Blutvergießen zu verhindern. Bis zu diesem Zeitpunkt spaltete sich die Ukraine politisch in zwei Hälften. Etwa 50% der Bevölkerung unterstützte die Demonstranten des Maidan und ungefähr ebenso viele waren dagegen. Ich verstand gut, dass der Beginn einer gewaltsamen Unterdrückung der Proteste die Teilung der Ukraine und Anfang des Bürgerkriegs bedeutet hätte.

Mit dem Ziel einer möglichst raschen Beendigung der Gewalt und der Konfrontation wurde am 21. Februar 2014, in Kiew zwischen mir und den Vertretern der ukrainischen Opposition (Vitali Klitschko, Arseni Jazenjuk und Oleg Tyagnibok), unter Teilnahme von Vertretern der europäischen Union (der Bundesminister des Auswärtigen der Bundesrepublik Deutschland, Frank-Walter Steinmeier, der Außenminister der Republik Polen, Radoslaw Sikorski und der Leiter des Departements Kontinentaleuropa des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten Frankreichs, Eric Fournier), eine Vereinbarung über die Beilegung der politischen Krise in der Ukraine (weiter - die "Vereinbarung") entwickelt und unterschrieben.

Diese Vereinbarung (sie ist als Anlage zu diesen Brief beigefügt) umfasste die Abwendung der Sicherheitskräfte und Protestierenden von direkter Konfrontation, einen Verzicht auf Gewaltanwendung, die Rückgabe/Übergabe illegaler Waffen und das Verlassen der durch die Demonstranten besetzten Verwaltungs- und öffentlichen Gebäude. Die Vereinbarung umfasste auch die Eintragung von Änderungen in der Verfassung und die Durchführung vorgezogener Präsidentschaftswahlen.

Darüber hinaus war als ein gesonderter Vereinbarungspunkt die Notwendigkeit der Untersuchung von rechtswidrigen Gewalttaten vorgesehen. Diese Aufarbeitung sollte unter Kontrolle der ukrainischen Behörden, der Opposition und des Europarats stattfinden.

Ich ging auf alle Kompromisse ein, die von der Opposition und den Vertretern der Europäischen Union angeboten wurden. Darunter auch auf eine vorgezogene Präsidentenwahl.

Und unmittelbar nach der Unterzeichnung der Vereinbarung, nach Absprache mit den Vertretern der EU und der Opposition, ab 16:00 am 21. Februar 2014 hat die Staatsmacht begonnen, ständige Ermittler der Strafverfolgungsbehörden an den Ereignisplätzen einzusetzen.

Die Führer der Opposition und die von ihnen geführten Demonstranten jedoch haben die Erfüllung der Bedingungen dieses Abkommens hintertrieben und informierten mich darüber nicht. Im Gegenteil, am Abend des 21. Februar 2014, traten die Führer der bewaffneten Gruppen der Neonazis mit dem Aufruf auf, das Abkommen nicht zu erfüllen und mit einem Angriff auf das Gebäude der zentralen staatlichen Behörden zu beginnen.

Etwa um 19.00 Uhr wurde die Autokolonne des Präsidenten während ihrer Fahrt von der Administration des Präsidenten zur offiziellen Residenz „Mezhgorje“ aus automatischen Waffen beschossen.

Am 21. Februar 2014 gegen 23:00 Uhr nahmen die bewaffneten radikalen Gruppen unter der Führung des Abgeordneten Andriy Parubiy von der Opposition (jetzt-der Vorsitzende des Parlament der Ukraine) die Gebäude der zentralen staatlichen Behörden ein: Das Parlament, die Administration des Präsidenten und das Ministerkabinett der Ukraine. Am 22. Februar 2014 etwa um 6:00 Uhr wurde durch dieselben Kräfte meine offizielle Residenz im Dorf Petrivtsi nahe Kiew überfallen.

Die Opposition und die Demonstranten setzten auf die weitere Eskalation der Gewalt und setzten die Eroberung den öffentlichen Gebäuden fort, was im direkten Widerspruch zu den Bedingungen der zuvor von allen Seiten gebilligten und unterzeichneten Vereinbarung stand und letztlich zu ihrer Nichterfüllung führte.

Ein Staatsstreich und die Reaktion von US-Beamten

Am 22. Februar 2014 um 17:10 verabschiedete das ukrainische Parlament einen Erlass "Über die Selbstenthebung der Präsidenten bei der Ausführung der verfassungsmäßigen Befugnisse und die Bestimmung von vorgezogenen Wahlen des Präsidenten der Ukraine" No757-V11 (weiter im Text - "Erlass") in dem ich angeblich von der Erfüllung der Pflichten des Präsidenten der Ukraine abgetreten wäre. Das ist nicht wahr. Die ganze Zeit über befand ich mich auf dem Territorium der Ukraine, bis zum 24. Februar 2014 und das war den Führer der Opposition, den Organisatoren des Putsches wohlbekannt.

Diese Erlass ist verfassungswidrig, denn in der Verfassung der Ukraine (Art. 108, 109, 110, 111, 112) sind die Gründe für eine vorzeitige Beendigung der Befugnisse des Präsidenten der Ukraine klar definiert: Rücktritt, Amtsenthebung, die Unfähigkeit, aus gesundheitlichen Gründen die Aufgaben zu erfüllen und der Tod.

Ich betone, dass dieser Erlass keine Amtsenthebung begründen konnte, da die dazu notwendige Prozedur nicht eingehalten wurde, die drei Abstimmungen des Parlaments benötigt hätte, Schlussfolgerungen des Verfassungsgerichts und des obersten Gerichts. Vor allem sind für eine Amtsenthebung 338 Stimmen der Abgeordneten notwendig aber für den Erlass stimmten lediglich 328 Abgeordnete.

Viele Abgeordnete aus der "Partei der Regionen" bekamen vor dieser Abstimmung Drohungen gegen Leib und Leben durch die Demonstranten. Es blieb nicht nur bei Drohungen sondern daraus ergab sich eine tatsächliche Gefahr. Einigen Abgeordneten gegenüber wurde physische Gewalt angewendet (zum Beispiel gibt es Beweise für den Anwendung der Gewalt an diesem Tag gegen Nestor Schufritch, Jan Tabatchnik und anderen).

Ab Abend des 21. Februar 2014, nach der Besetzung von Gebäuden der ukrainischen Behörden übernahmen die Führer der Opposition die volle Kontrolle über das Land.

Am 22. Februar 2014 bekam während meines Fluges mit dem Hubschrauber aus Charkov nach Donetsk (das Territorium der Ukraine), mein Pilot einen Befehl vom militärischen Dispatcher, nach Charkow zurückzufliegen (wie mir dann bekannt wurde, wartete am Flughafen von Charkov auf mich schon eine Gruppe von bewaffneten Radikalen, die bereit waren, mich zu verhaften oder zu töten). Im Falle des Ungehorsams drohte der Dispatcher, militärische Instrumente zu verwenden, um die Landung des Hubschraubers zu erzwingen. Auf die Frage des Piloten von wem dieser Befehl ausging, antwortete der Dispatcher: "vom Leiter des Parlaments der Ukraine, Alexander Turtchinov" (zu diesem Zeitpunkt war der verfassungswidrige Erlass des Parlaments der Ukraine über meine Amtsenthebung aus der Macht noch gar nicht verabschiedet).

Am selben Tag, nach der Ankunft am Flughafen von Donetsk war ich durch die Mitarbeiter des Grenzdienstes der Ukraine illegal blockiert . Auf die Frage, wer ihnen befahl den Präsidenten der Ukraine zu behindern, verwies der Kommandeur der Grenzsoldaten auf den Leiter des Grenzdienstes, Nikolay Litvin.

Am 23. Februar 2014 verabschiedete das ukrainische Parlament die Verordnung "Über die Beauftragung des Leiters des Parlaments, A. Turtchynov, die Pflichten des Präsidenten der Ukraine zu erfüllen" N2 764-UM, womit es auch grob die Verfassung der Ukraine verletzte.

Am selben Tag traf sich Geoffrey Pyatt mit Alexander Turtchynov, um mit ihm über die "Wiederherstellung der Legitimität der Macht in der Ukraine" zu diskutieren. Auf dieser Sitzung erklärte Geoffrey Pyatt unter anderem seine "Anteilnahme am Schicksal der Menschen in der Ukraine" und sein "Verständnis, dass eine Revolution eine Menge von Märtyrern mit sich bringt". Und dass "der beste Weg, sie zu ehren" wäre zu "sorgen für die Konsolidierung der demokratischen Kräfte zur Bildung der neuen Regierung".

Zur gleichen Zeit, trotz der eigenen Aussage über die Notwendigkeit der "Wiederherstellung der legitimen Macht" und des Geschehens "der Revolution", sagte er jedoch auch: "die Vereinigten Staaten lehnen jegliche Hinweise darauf hin ab, dass in der Ukraine ein Putsch stattfand und auf die Tatsache, dass die Legitimität des Vorfalls angeblich fraglich ist wegen der ausländischen Unterstützung".

Später, am 4. März 2014, erklärte Samantha Power, die Ständige Vertreterin der USA bei der UNO: "...genau Janukowitsch verletzte die Bedingungen dieser Vereinbarung, weil er Kiew und dann auch die Ukraine verließ". Sie hat dabei jedoch vergessen die Widerrechtlichkeit der Umbesetzung aller wichtigen Organe der Staatsmacht durch die Opposition noch am Tag der Unterzeichnung der zuvor getroffenen bindenden Vereinbarung zu Nichtanwendung von Gewalt und vorzuziehenden Neuwahlen zu erwähnen.

Die Äußerungen von Geoffrey Pyatt sind offensichtliche Lügen und Samantha Power hat manipuliert. Zum Zeitpunkt der illegalen Machtübernahme, des Staatsstreiches, am 22. Februar, war ich, als rechtsmäßiger Amtsinhaber und vom Volk demokratisch gewählter Präsident der Ukraine, auf dem Territorium der Ukraine befindlich und auf nicht verfassungsgemäße Weise von der weiteren Ausführung meiner Amtszeit suspendiert.

Wegen der Gefahr für mein Leben war ich gezwungen, die Ukraine nach der Anerkennung dieser illegalen Macht durch die Vertreter der USA zu verlassen, das heißt, am 24. Februar 2014. Die US-Geheimdienste müssten darüber Kenntnis zu haben.

Ich bin zutiefst empört über die voreingenommene Interpretation der Ereignisse jener Tage, wie sie die durch die Vertreter der Länder des Westens offiziell vorgenommen wurde.

Am 17. März 2014 beschlossen die US-Behörden, in der Unterstützung von Personen, die den Staatsstreich in der Ukraine ausgeführt hatten, persönliche Sanktionen zu verhängen, namentlich gegen mich, damit beraubten sie mich der Möglichkeit, die Weltgemeinschaft mit objektiven Informationen über diesen illegalen Putsch aufzuklären.

Der militärische Konflikt im Osten der Ukraine

Die Entscheidung, die Ukraine zu verlassen war schwer für mich, aber eine Alternative zu meiner Abreise wäre ein Versuch gewesen, die verfassungsmäßige Ordnung mit Gewalt wiederherzustellen. Dies hätte zu einem regelrechten Bürgerkrieg in der gesamten Ukraine geführt, zu Vergleichbarem, was in Syrien passiert, weil, wie ich bereits sagte, sich zu jener Zeit die Gesellschaft praktisch in zwei Hälften gliederte. Und das hätte den Anfang des Bürgerkriegs, des Blutvergießens und unschuldiger Opfer bedeutet.

Deshalb habe ich beschlossen, dies nicht zu tun. Mein Prinzip ist: Keine Macht verdient auch nur einen einzigen Tropfen vergossenen Blutes. Ich hatte zwar kaum Hoffnung, dass die Radikalen stoppen würden, aber immer noch dachte ich, dass sobald sie die Macht ergriffen hätten, sie ihre radikalen Ansätze überdenken müssten. Leider hatte ich mich zutiefst geirrt – die Neonazis vertieften nur noch die Gesetzlosigkeit und das Blutvergießen in der Ukraine.

Durch einen Staatsstreich kamen an die Macht in der Ukraine die Personen, die unmittelbare Organisatoren der Gewalt auf dem Maidan waren, darunter die Massenerschießungen von Demonstranten und Polizeibeamten. Nämlich: Alexander Turtchynow, Andriy Parubiy, Arsen Awakow und Yuryj Lutsenko... es ist ganz klar, dass sie absolut kein Interesse an der Durchführung einer objektiven Untersuchung ihrer Verbrechen haben. Der beste Weg, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der internationalen Gemeinschaft von der Untersuchung dieser Verbrechen abzulenken, ist ihrer Meinung nach die Zunahme der Gewalt in den anderen Regionen der Ukraine.

Gleichzeitig mit der verfassungswidrigen Enthebung des rechtmäßigen Präsidenten der Ukraine und der Usurpation der Macht, hat das ukrainische Parlament am 22. Februar 2014 (für die Vorbeugung von möglichen Protesten gegen den Staatsstreich) die Verordnung N756L/I angenommen, worin "Manifestationen des Separatismus und jegliche Angriffe auf die territoriale Integrität und Unversehrtheit der Ukraine kategorisch verurteilt" wurden. Darin wurde vom Sicherheitsdienst der Ukraine gefordert, "unverzüglich sämtliche Mitteilungen über jene Aktivitäten zu untersuchen, die Beweise für Verbrechen gegen die Grundlage der Staatssicherheit der Ukraine haben" und "harsche und umfassende Maßnahmen zur Beendigung und Verhinderung von Bedrohungen für die nationale Sicherheit anzuwenden".

So beschlossen die Putschisten, die seit mehreren Monaten mit der schweigenden Zustimmung seitens der US-Beamten selbst ein Verbrechen gegen die Grundlagen der Staatssicherheit der Ukraine begangen hatten, nach der Machtergreifung die Bestrafung irgendwelcher Handlungen von Personen, die mit den Ergebnissen des Staatsstreichs unzufrieden sind.

Im März und April 2014 fanden in den östlichen Regionen der Ukraine Proteste des Volkes gegen den verfassungswidrigen Staatsstreich statt, bei denen die Absicht von Referenden über die Schaffung von Donetsker und Lugansker Volks-Republiken angekündigt wurde.

Am 9. April 2014 sagte Geoffrey Pyatt, dass die USA die Handlungen der Demonstranten in der Ost-Ukraine verurteilen und "die terroristische Taktik, die in Lugansk während der Besetzung des SBU-Gebäudes benutzt wurde".

Zur Erinnerung an die Reaktion auf ähnliche Aktionen seitens der Opposition im Januar 2014: Als fast die Hälfte der ukrainischen regionalen Verwaltungen, Gebäude von Strafverfolgungsbehörden und Waffenlager überfallen wurden, erfolgten keine vergleichbaren Reaktionen seitens der USA.

Am 13. April 2014 wurde auf der Sitzung des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung der Ukraine die geheime Entscheidung "Über dringende Maßnahmen zur Überwindung der Terrorbedrohung und Bewahrung der Landintegrität der Ukraine" getroffen, deren Text in den offiziellen Publikationen nicht veröffentlicht wurde. 

Am 13. April 2014, bestätigte James Carney, der Sprecher des Weißen Hauses der USA, den Fakt der Anreise des CIA-Direktors John Brennan nach Kiew.

Am 14.April 2014 gab Alexander Turtschinow grünes Licht für die Entscheidung des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine, Dekret N9405/2014. Somit hat die so genannte "Anti-Terror-Operation" begonnen und faktisch der Bürgerkrieg in der Ukraine.

Das einzige Ziel der aggressiven Handlungen seitens der neuen Putsch-Regierung war eine harte, gewaltsame Unterdrückung all jener Bürger der Ukraine, die nicht mit dem verfassungswidrigen Staatsstreich einverstanden waren und sich weigerten, die neue Macht anzuerkennen.

Gegen friedliche Einwohner im Osten der Ukraine, gegen ukrainische Bürgerinnen und Bürger, wurden seitens der Streitkräfte der Ukraine schwere Waffen, Artillerie, gepanzerte Fahrzeuge und militärische Luftfahrt angewendet.

Fiona Frazer, die Vorsitzende der Monitoring-Mission des UN-Menschenrechtsrates der Ukraine erklärte, dass am 15. September 2016 die Zahl der Opfer des Konflikts im Donbass 9.600 Menschen überschritt und mehr als 22.400 verletzt wurden. Die Zahl der Binnenvertriebenen beträgt etwa 1,5 Millionen Menschen, unter ihnen etwa 200.000 Kinder.

Der Ausweg aus der Krise

Ich möchte betonen, dass alle nachfolgenden blutigen Ereignisse in der Ukraine die Gewalt, die auf dem Maidan begann, als primäre Quelle hatten. Vor der Massenerschießung von Menschen auf dem Maidan wurde in der Ukraine nie Blut in einem solchen Ausmaß vergossen.

Auf der Tagesordnung steht die wichtigste Frage: Wie kann man den Krieg im Osten der Ukraine stoppen und die Wiederherstellung des vom Krieg zerstörten Donbass starten?

Frieden und Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine kann nur auf Basis einer umfassenden ehrlichen und offenen Untersuchung der tragischen Ereignisse der Jahre 2013-2014 wiederherstellt werden, die Ursprung für die weitere Eskalation des Konflikts und des Bürgerkriegs in der Ukraine waren.

Unter Berücksichtigung alles Obigen, bitte ich Sie, Herr Präsident, Maßnahmen zu ergreifen, um die grundlegenden Menschenrechte in der Ukraine zu schützen, um die Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen, nämlich:
  • Internationale Beobachter zum Prozess der Untersuchung der Morde entsenden, die während der Massenproteste in Kiew begangen worden sind
  • Internationale Beobachter und auch Vertreter der gegenwärtigen ukrainischen Opposition zur Untersuchung der anderen Verbrechen zuzulassen, die in der Ukraine seit 2014 bis heute begangen sind;
  • Eine objektive rechtliche und politische Bewertung von Handlungen von Vertretern der USA in der ukrainischen Krise abgeben;
  • Die USA einschließen in jene Verhandlungen mit Vertretern der Kräfte, die das Volk des Donbass vertreten;
  • Als Verhandlungspartner im Falle der vorsätzlichen Nichterfüllung der aktuellen Minsker Vereinbarungen durch die jetzigen ukrainischen Behörden ein Referendums über den Status des Donbass initiieren.
Ich bin überzeugt, dass nur ein konsequenter politisch-rechtlicher Druck seitens der internationalen Gemeinschaft auf die ukrainischen Behörden zur Erfüllung der Minsker Vereinbarungen führen wird. Es hilft unserem Land, ein friedliches Leben wiederherzustellen, und bringt es heraus aus einer tiefen politischen Krise.

Von meiner Seite aus garantiere ich alle die mir mögliche Hilfe in dieser Untersuchung zu leisten, wie ich bereits mehrmals der derzeitigen Regierung in der Ukraine vorgeschlagen habe. Ich habe noch weitere wichtige Informationen und Beweise die helfen können, die wirklichen Organisatoren der Massenmorde auf dem Maidan festzustellen.

Angesichts der Verweigerung der gegenwärtigen Regierung, eine objektive Untersuchung zu leiten, bin ich bereit, diese Informationen einem unabhängigen internationalen Beobachter zu übergeben.

Herr Präsident, die dargelegten Fakten sind eine objektive Reflexion der bisherigen Ereignisse in der Ukraine. Sie sind leicht prüf- und beweisbar. Es müssen dringend allumfassende Maßnahmen zur Beendigung des Krieges unternommen werden, der infolge der unüberlegten und unverantwortlichen Handlungen der ukrainischen und westlichen Politiker begonnen hat.


Mit freundlicher Genehmigung übernommen von fit4russland.com - Übersetzung der bei www.russian.rt.com veröffentlichten Originalfassung durch fit4russland.com - Erstveröffentlichung der deutschen Fassung am 07.03.2017

Online-Flyer Nr. 604  vom 15.03.2017

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