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Kommentar
Gedanken anlässlich des Quds-Tags 2016
Eine friedliche Welt nach Israel?
Von Yavuz Özoguz

Irgendwann wird auch das Kolonialprojekt Israel, der letzte verbliebene Apartheidstaat, ein historisches Ende nehmen. Doch was kommt dann? Der weltweite Imperialismus, angeführt von einer Handvoll Verbrecher hat nur einen Maßstab zur Initiierung, Fortsetzung und Beendigung eines Projektes: Die Kosten-Nutzen-Analyse. Allerdings beschränkt sie diese Analyse nicht nur auf monetäre Einflüsse, sondern berücksichtigt auch politische. wirtschaftliche, militärische, propagandistische und viele weitere Einflüsse. So ist es z.B. möglich, dass ein Medienunternehmen eigentlich Bankrott ist, aber dennoch aufrecht erhalten wird, weil der Einfluss auf die Menschen so groß ist, dass man bereit ist, das Unternehmen zu subventionieren. So ähnlich verhält es sich auch mit Kolonialprojekten. Ganze Landstriche werden ja nicht ohne Kalkulation verbrannt und die Bevölkerungen vernichtet. Stets ist es mit einer bestimmten Kalkulation verbunden. Entsprechend war die Gründung Israels auf besetztem Gebiet eine solche Kalkulation. Da die Geschichte eines solchen Projektes propagandistisch nicht gut vermarktet werden kann, wenn man von Gründung auf besetztem Gebiet sprechen würde, wird der Begriff „Mandatsgebiet“ eingeführt. Dass kein einziger Einheimischer den britischen Besatzern damals solch ein Mandat erteilt hat, spielt keine Rolle, dafür sorgen dann schon die subventionierten Medienunternehmen.

Israel war als Speerspitze des nationalistisch geprägten Imperialismus in der muslimischen Welt gedacht und wurde so Stück für Stück ausgeweitet. Jede Expansion wurde „Friedensprozess“ genannt, und der offene Rassismus im einzigen verbliebenen Apartheidsstaat dieser Erde wurde mit „Israels als jüdischer Staat“ kaschiert. Doch die Möglichkeiten der weltweiten Manipulation sind begrenzt. Wie sagte doch der große islamische Gelehrte und Märtyrer Ayatollah Motahhari sinngemäß: „Man kann einige Menschen ewig in die Irre führen und viele Menschen kurzzeitig, aber man kann nicht alle Menschen für alle Zeit in die Irre führen.“ Die Hintermänner des Kolonialprojektes Israel merken immer deutlicher, dass ihr Projekt nicht mehr unbegrenzt weitergeführt werden kann. Immer deutlicher tritt der Widerstand selbst in den westlichen Ländern zutage, so dass dieser nur noch mit Gewaltmaßnahmen und Androhungen von Wirtschaftssanktionen unter Kontrolle gehalten werden kann [1]. Allerdings ist das Machtmittel der Wirtschaftssanktion in der globalisierten Welt ziemlich ausgereizt. Russland wird boykottiert, wodurch die eigene Wirtschaft gestärkt und europäische Wirtschaften geschwächt werden. Und die Iran-Sanktionen wurden nicht etwa zumindest teilweise aufgehoben, weil der Iran jetzt auf den Westen zugeht, sondern weil die eigene Wirtschaft und Wissenschaft immer autonomer wurde, was eine Gefahr für den Imperialismus bedeutet.

Wahrheitskommission nach dem Vorbild Südafrikas

Der Apartheidsstaat Israel wird in der globalisierten Welt für die westlichen Kolonialisten und Imperialisten immer teurer. Und irgendwann wird der Punkt erreicht sein, an dem die Kosten-Nutzen-Analyse zu dem Ergebnis führt, dass der Nutzen für den Imperialismus größer ist, wenn sie das Projekt aufgeben. Klar, es wird einige durchgeknallte Zionisten geben, die sich mit Händen und Füßen dagegen wehren und sogar damit drohen werden, die ganze Welt mit ihren Atombomben in Brand zu stecken, aber die wird man schon unter Kontrolle bringen. Daher stellt sich die Frage, wie wird die Welt nach Israel aussehen? Werden die Imperialisten und Kapitalisten verlieren, wenn in Jerusalem Juden, Christen und Muslime in Frieden miteinander leben? Das jedenfalls ist ganz sicher nicht deren Plan! Freiwillig geben die übelsten Raubzügler der Geschichte ihre Raubzüge nicht auf.

Es wird unmittelbare und mittelbare Folgen geben. Die unmittelbaren Folgen werden sein, dass es ein wirklich islamisches Erwachen gibt. Die Könige von Jordanien, Saudi-Arabien bis nach Marokko werden in ihre Prachtvillen in Monaco fliehen müssen, wo sie dann nach und nach an Krebs oder ähnlichen Altersbeschwerden sterben werden. Das hat man beim Schah ja auch hinbekommen. Die Grenzen werden aufgelöst und es wird eine enorme muslimische Freihandelszone geben, die nur so lange nicht mit neuen Kriegen überzogen wird, so lange sie mit imperialistischen Gütern handelt. Die Voraussetzungen dafür sind bereits geschaffen. Die größten kapitalistischen Konzerne der Welt kontrollieren die Märkte der muslimischen Länder viel mehr, als sie es im Westen tun. In Palästina wird es eine Wahrheitskommission geben nach dem Vorbild Südafrikas. Die übelsten Verbrecher vom Niveau eines Netanjahu werden zu lebenslanger Haft verurteilt werden, aber die Strafe wird nie vollstreckt werden, weil die Täter entweder ärztliche Atteste haben werden und/oder in einer Ecke in Südamerika verschwinden. Die Regierungen werden nach und nach „demokratisiert“, wobei sie nur die unwichtigen Belange der Menschheit entscheiden und ab und zu eine Resolution für ein 100 Jahre altes Verbrechen verabschieden dürfen. Die wirklich wichtigen Belange entscheiden die Handvoll Superreichen dieser Erde, die aufgrund dieser enormen Umwälzungen noch reicher werden. Alle IS-Terroristen und auch andere Terroristen werden vom Erdboden verschwinden, da ihre Geldgeber sie nicht mehr finanzieren. Die für die Existenz des Imperialismus und Kapitalismus unabdingbare militärische Ausbeutung wird dann verlagert werden nach Afrika, China oder in andere Gebiete, die es zu „erschließen“ gilt.

Es gibt da allerdings ein Hindernis, an deren Beseitigung seit Jahrzehnten und mit Einsatz von Milliarden und Abermilliarden gearbeitet wird. Die Statthalterschaft des Rechtsgelehrten in der Islamischen Republik Iran. So lange jenes System besteht, können die weltweit agierenden Imperialisten keinen totalen Erfolg feiern und müssen befürchten eines Tages aufgedeckt zu werden. Sie müssen befürchten, dass die Menschheit irgendwann erkennt, dass ihr Reichtum die Ursache für Armut in der Welt ist, ihre Unersättlichkeit Ursache für Hunger, ihre Arroganz Ursache für Unterdrückung, ihre Verschwendungssucht Ursache für Mangel. Und diejenigen, die das erkennen, könnten auf die Idee kommen, den Machthabern ihre Macht zu entziehen. Ohne willfährige Bevölkerungen sind jene Machthaber machtlos.

Wenn Imperialisten durch ihre Geldruckmaschinen über unbegrenzte Geldmittel verfügen

Da der Imperialismus erkannt hat, dass das System der Statthalterschaft des Rechtsgelehrten, derzeit vertreten durch Imam Chamene’i, so ein wirkungsvoller Widerstandsblock gegen die Unterdrücker darstellt, arbeiten sie daran, das System von Innen auszuhöhlen. Milliarden und Abermilliarden werden in „eigene“ Gelehrte investiert. Jene Gelehrte verbreiten Dinge, die dem Ansehen des Islam und der Muslime schaden und im Widerspruch zum Statthalterschaft des Rechtsgelehrten stehen. Tun es die Gelehrten selbst nicht, werden „Vertreter“ beauftragt, das zu tun. Ganze Tausendschaften von Gelehrten werden gekauft mit gedrucktem Geld. Die eine oder andere Moschee in Deutschland, die ihr Unterstützung in klammen Zeiten aus unklaren Quellen erhält, weiß gar nicht, welcher Gefahr sie sich aussetzt. Noch intensiver wird der Kampf um die Deutungshoheit wichtiger religiöser Dekrete ausgefochten. Ganze Völker, denen ihr Nationalismus Jahrzehnten lang eingebläut wurde, werden jetzt zusammen mit diesem Nationalismus gegen die Statthalterschaft des Rechtsgelehrten aufgehetzt. Die Planungen erfolgen nicht für die Zeit Imam Chamene’is. Möglicherweise nicht einmal für die Zeit eines Nachfolgers.

Die Planungen der Imperialisten sind auf Jahrhunderte angelegt. Als die Briten erkannt hatten, dass sie den Islam der Osmanen nicht abschaffen können, haben sie ihn einfach übernommen und mit Giften überzogen, die Spaltungen bewirkt haben. Als sie den Islam der Inder und später Pakistaner nicht abschaffen konnten, haben sie einfach die Kontrolle übernommen, und schon konnten sie weiter spalten (bis heute) und die Kontrolle über die ehemalige Kolonie behalten. Der saudische Islam ist genau so ein britisches Produkt wie der Islam der sich schiitisch gebärenden Schirazis, die aus England heraus mit über 20 Sendern die ganze Welt beschallen. Ihre Hauptbotschaft ist: Verflucht die Sunniten, schlagt Euch selbst blutig und lasst die Imperialisten in Ruhe. Noch werden jene Gedanken immer wieder zurückgedrängt. Im Gegensatz zu ihren Gegnern verfügen die Imperialisten durch ihre Geldruckmaschinen über unbegrenzte Geldmittel. Mit jenen Mitteln kaufen sie nicht nur Einzelpersonen, sondern ganze Gemeinden. Selbstverständlich läuft das nicht so ab, dass jemand kommt und sagt, er hätte Hilfsmittel von den Imperialisten. Aber jede Gemeinde, die in finanzieller Not sind (fast alle unabhängigen islamischen Gemeinden in Deutschland sind in finanzieller Not) und Hilfsgelder annehmen, sollten sich genau informieren, aus welchen Topfen jene Gelder stammen und ob das plausibel ist. Ist es z.B. plausibel, dass Millionen und Abermillionen an Geldern aus dem Irak nach Deutschland fließen, wenn doch der Irak selbst noch ein bitterarmes Land ist, das sich bis heute nicht befreien konnte vom Imperialismus? Auch muss man bei bestimmten Veranstaltungen, die nicht abschaffbar sind, wie dem Quds-Tag, sich immer wieder aufs Neue die Frage stellen, welche Hände dort in Zukunft was bewirken wollen; nicht heute, nicht morgen, sondern übermorgen!

Befreiung der Welt vom Imperialismus, Kapitalismus und Kolonialismus?

Der Zionismus und Israel werden ein Ende nehmen – inschaallah. Und ich habe die Zuversicht, dass viele Leser dieses Artikels es selbst noch miterleben werden. Aber das Ende Israels bedeutet nicht unweigerlich die Befreiung der Welt vom Imperialismus, Kapitalismus und Kolonialismus. Diejenigen, die Israel aufgeben werden, werden das nur deshalb tun, weil sie eine noch größere Ausbeutung der Welt anstreben. In wie weit wir das zulassen, hängt allein von uns ab.

Was kann der Einzelne tun? Wir müssen uns vor allem selbst erziehen! Jedes Individuum und jede Gemeinde muss verstehen, das der Erfolg der Gemeinde davon abhängt, eine einheitliche Führung zu haben und dass die Gemeinde jene Führung unterstützt. Die Führung muss aus den anständigsten, fleißigsten, gerechtesten und vor allem gottesehrfürchtigsten der Gemeinde bestehen. Und genau wie jede Gemeinde mit einer Doppel- oder Dreifachführung, die sich widersprechen, nicht funktionieren kann, kann auch die islamische Ummah nicht funktionieren, ohne eine einheitliche Führung. Da dieser Aspekt eine der Kernstärken der Islamischen Einheit darstellt, versuchen die Imperialisten mit allen erdenklichen Mitteln, genau diesen Aspekt anzugreifen. Schiiten wird gesagt, dass der verborgene erwartete Erlöser jener Anführer sei und keine andere Person in Frage komme, damit die Schiiten ohne Führung bleiben. Sunniten wird gesagt, dass ein Türke keinem Araber und ein Araber keinem Iraner usw. folgen darf, eine Methode, die auch bei manchen Schiiten wirkt: „Teile und Herrsche“. Leider fallen viel zu viele Möchtegerngelehrte auf diese Spaltversuche herein. Ihr Erfolg liegt darin begründet, dass ihre Befolger in sich nicht „einig“ sind. Wenn aber ein Mensch voll und ganz der Gnade Gottes hingibt, wird es ihm nicht schwer fallen, den Moses der Zeit zu erkennen. Doch auch Nichtmuslime haben die Chance problemlos den Pharao der Zeit zu erkennen, um dann zu schauen, wen die Mächtigsten der Welt am meisten bekämpfen. Und eines Tages wird jeder – ob Muslim oder nicht – Rechenschaft darüber ablegen müssen, warum er in einer Zeit, in der die Fronten so klar waren wie heute, sich nicht auf die Seite des heutigen Mose oder Aaron geschlagen, sondern direkt oder indirekt dem Pharao gedient hat.

Mein Schlusssatz ist dennoch sehr hoffnungsvoll: Auch wenn obige Schilderungen nur Szenarien für die Zukunft sind, die möglicherweise ganz anders verlaufen, so habe ich die Hoffnung noch zu meinen Lebzeiten mit den Kindern des Kinderbildes um den Felsendom eine Menschenkette des Friedens bilden zu können, auch zusammen mit gerechtigkeitsliebenden Juden, und Christen. Die Deutschlandflagge werde ich dann noch reinmalen. Und ich bin nicht mehr der Jüngste aber Inschaallah noch jung genug, um für die Ideale des friedlichen Miteinander aller Menschen am 2. Juli 2016 in Berlin mit demonstrieren zu dürfen [2].


Quellen:

[1] http://www.newyorker.com/news/news-desk/cuomo-and-b-d-s-can-new-york-state-boycott-a-boycott
[2] http://www.qudstag.de/


Erstveröffentlichung am 23.06.2016 bei Muslim-Markt

Online-Flyer Nr. 570  vom 13.07.2016

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