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Kommentar
ARD ruft die Briten zur Neuwahl auf
TAGESSCHAU auf der Barrikade
Von Ulrich Gellermann

Da guckt sie frech aus der Glotze, wie andere aus der Wäsche, die Annette Dittert. Und kommentiert den Brexit in der TAGESSCHAU. Kühn und gnadenlos liest sie den Briten die Leviten, die sich von einem „schrillen Bühnenbild aus unverschämten Lügen und übelster Propaganda“ hätten verführen lassen. Zu etwas was die ARD nicht will: Zum EU-Austritt. Kann sich einer erinnern, dass die TAGESSCHAU jemals eine ähnliche heldische Haltung zur deutschen Innenpolitik eingenommen hätte? Zum Beispiel als sich eine große Koalition zusammenschob deren sozialdemokratischer Partner geschworen hatte, die Mehrwertsteuer nie und nimmer zu erhöhen, die dann doch von 16 auf 19 Prozent kletterte. Da hätte die Dittert oder irgendjemand vom ARD-Personal doch kommentieren müssen: „Ein dumpfer Wahlkampf aus mieser Feigheit und in betrügerischer Absicht führte zu einer schrillen Wahlfälschung, deren verlogene Propaganda nun zur Bildung einer Regierung der arglistigen Täuschung geführt hat.“ Kann sich keiner daran erinnern? - Merkwürdig.

Auch keine Erinnerung daran, dass Joachim Gauck, wegen seiner unverhüllten Kriegspropaganda jemals in der TAGESSCHAU als „gewissenloser gefährlicher Clown“ bezeichnet worden ist? Sonderbar. Denn so nennt Frau Dittert den Konservativen Boris Johnson, einen der Brexit-Protagonisten. Nicht, dass man die englische Oberschicht, aus der Johnson ebenso wie Cameron stammt, nicht gut und gern alle Tage gewissenlos nennen dürfte. Aber wer nicht den Mut aufbringt, bei einer der endlosen Queen-Geburtstagsprozessionen, die von der ARD gern statt eines ordentlichen Programms gesendet werden, einen Lach-Sack oder ein Furz-Kissen auf die Tonspur zu bringen, der soll sich aus den Angelegenheiten anderer Völker raushalten, statt diesen Satz abzusondern: „Das britische Volk, das zu dieser Katastrophe von rücksichtslosen Zockern verführt wurde.“ Um dann zu fordern: „Neuwahlen wären vernünftig“.

Brav auf US-Kurs referierte die TAGESSCHAU jüngst zum CETA-Abkommen: „Ceta sieht laut EU-Kommission die Abschaffung von 99 Prozent aller Zölle vor. Nach Angaben der Behörde würde dies allein für die EU-Ausfuhr bei Industrieerzeugnissen zu Einsparungen von jährlich etwa 470 Millionen Euro führen.“ Goldene Berge schimmern am Horizont auf. Deshalb: „In Brüssel besteht hingegen seit längerem die Sorge, dass Parlamente einzelner Staaten die Weiterentwicklung der europäischen Handelspolitik blockieren könnten.“ Ja, Herr Brüssel, wer immer dieser Herr auch sei mag, sorgt sich: Um Dich, um mich, um uns. Und vom Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Junker, ist zu hören: Bei CETA handele es sich um das beste Handelsabkommen, das Europa jemals vereinbart habe. Und deshalb sei es falsch, davon auszugehen, dass nur nationale Parlamente demokratische Kontrolle gewähren könnten. Das solle man doch lieber dem Parlament in Straßburg überlassen.

Jetzt könnte die Dittert (oder ein anderer ihrer total mutigen Kollegen) aber mal loslegen: „Das europäische Stimmvolk – betrogen von gewissenlosen Steuerhinterziehungs-Gehilfen wie Herrn Juncker – soll der Verabschiedung eines gefährlichen Abkommens durch ein Kastraten-Parlament tatenlos zusehen. Wo doch jeder anständige Mensch weiß, dass CETA ein hinterhältiges trojanisches Pferd ist, mit dem die USA ihre korrupten Privat-Gerichte auch dann etablieren können, wenn das TTIP-Abkommen scheitert.“ - Hallo? Ist da jemand bei der TAGESSCHAU, der diesen Kommentar spricht, sprechen will? Der jetzt sofort Neuwahlen des EU-Parlamentes fordert? Doch zu diesem Thema ist bei der ARD kein Kommentator zu Hause. – Annette Dittert kam einst als Reporterin vom SENDER FREIES BERLIN, der von Kennern auch Videothek Charlottenburg genannt wurde, in die weite ARD-Welt. Inzwischen wird Frau Dittert beim PRESSECLUB, in dem die immer Gleichen immer Gleiches vortragen, so untertitelt: „Heute pendelt sie als Autorin für die ARD zwischen Hamburg und London“. Genau: Heute gehört sie jenem SB-Jet-Set an, der sich aus der Gebührenkasse selbst bedient, um durch die Welt zu gurken und diese dann immer durch die Brille der Herrschaft zu betrachten.

Manchmal muss es paragraphisch sein: Im Staatsvertrag des NDR, dem Sender der TAGESSCHAU, der als dessen juristische Arbeitsgrundlage gelten muss, gibt es den Paragraph 5. Programmauftrag: „Der NDR hat den Rundfunkteilnehmern und Rundfunkteilnehmerinnen einen objektiven und umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und länderbezogene Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben.“ Das übersetzen wir jetzt mal ins TAGES-SCHAUERLICHE: „Objektiv ist, wenn wir eine Meinung haben. Noch objektiver ist es, wenn die sich mit der Meinung der Regierung deckt. Amen.“


Erstveröffentlichung am 30. Juni 2016 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer

Top-Foto:
Ulrich Gellermann (aus Video-Interview: deutsch.rt.com)


Online-Flyer Nr. 569  vom 06.07.2016

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