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Globales
Betrachtung anlässlich der Ereignisse in der Silvesternacht 2015/2016
Wie aus Helden der Revolution ein Sex-Mob wird
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Nordafrika 2011: Eine Zeit der Helden ist ausgebrochen: „Tunesien feiert den Helden des arabischen Frühlings“ – „Der arabische Frühling hat viele Helden“ – „Die Helden der Jasmin-Revolution“. An Helden des "Arabischen Frühlings" wird der Friedensnobelpreis verliehen. Doch dann kommen die Helden aus "Nordafrika" in der Silvesternacht 2015/2016 nach Köln und werden zum "Sex-Mob": „Die Sex-Mob-Attacken in der Silvesternacht“ – „Silvester-Nacht in Köln... Er soll einer der gesuchten Sex-Gangster sein“ – „Sexmob... eine neue Form organisierter Kriminalität“. Menschen werden benutzt – als "Helden" und dann als "Sex-Mob". Aus Helden werden Sexualstraftäter. Es ist der pure Wahnsinn. Die "Killary" genannte Hillary lässt grüßen.

Gesellschaften transformieren

Was ist da vor sich gegangen? Das Konzept der "Internetfreiheit" – „Die Freiheit, Zugang zu solchen Technologien zu bekommen, kann Gesellschaften transformieren“, sagt US-Außenministerin Hillary Clinton im Januar 2010. Was meint sie damit? „Das US-Verteidigungsministerium und die CIA lieben Technologie... Facebook ist eine Art verlängerter Arm des imperialistischen Programms der USA... Es ist schier mega-genial.“ Das ist zu lesen im "Guardian" im Januar 2008.

Lesen wir weiter im Kölner Stadt-Anzeiger vom 29.09.2011: „Der arabische Frühling hat viele Helden. Die TV-Journalistin Shahira Amin ist eine davon. Auf der 'Cologne Conference' berichtete sie am Mittwoch von einer schweren, aber klaren Entscheidung und der Hilfe der amerikanischen Außenministerin Hillary Clinton.“ Wie das? Seit wann helfen Spitzen eines Imperiums einzelnen Menschen in einem Dritte-Welt-Land – noch dazu solchen mit revolutionären Ideen?

Aber es scheint wahr zu sein. Ohne das Internet sei ihre Arbeit überhaupt nicht möglich gewesen. „Das Internet, die Social-Media-Kanäle Facebook und Twitter sind Informationsquelle, Kommunikationsmittel und Publikationsplattform in einem. Die digitalen Dienste wirken wie ein Katalysator für die revolutionären Ideen“, lässt uns der Kölner Stadt-Anzeiger in seinem Bericht über die nordafrikanische Journalistin wissen, die das Glück hat, dass ihr die Hilfe der US-Außenministerin Hillary Clinton zuteil wird. Die "sozialen Netzwerke" sind "Dienste" zur Informationssammlung als auch der Beeinflussung und Steuerung von Menschengruppen.

Die "revolutionären Ideen" konnten sich verbreiten – von Tunesien und Ägypten ausgehend – nach Libyen und Syrien, deren dem US-Imperium zuwider handelnde "Diktatoren" es mittels Mord und Totschlag zu beseitigen galt bzw. gilt, weil sie sich nicht unterordnen wollten oder wollen. „Es gibt keine Facebook-Revolutionen... es gibt nur Revolutionen von Menschen, die sich befreien wollen“, kontert sicherheitshalber der SPIEGEL im Januar 2011.

Mit dieser Nacht wird umgeschaltet

Und dann kommt die Nacht vom 31. Dezember 2015 auf den 1. Januar 2016. Mit dieser Nacht wird umgeschaltet – wenn auch mit der Verzögerung von einigen Tagen, an denen noch keine Tätergruppen-Zuschreibung betrieben wird – als z.B. am Abend des 1. Januar die Kölnische Rundschau schreibt: „So schnell kann ein fröhlicher Silvesterabend zu einem Alptraum werden: Vor dem Kölner Hauptbahnhof sind in der Neujahrsnacht offenbar etliche Frauen massiv sexuell belästigt und ausgeraubt worden. Bei der Polizei gingen mehrere Anzeigen ein.“ Aber dann bricht es kampagnenartig los.

Nordafrika ist nicht länger der Ort von Helden der Revolution. Die Helden haben ausgedient. Jetzt ist die Rede von „Sex-Mob-Attacken in der Silvesternacht“ (BILD) und „Die Täter sollen 'überwiegend aus dem nordafrikanischen beziehungsweise arabischen Raum' stammen.“ (SPIEGEL) „Am Silvesterabend gegen 23 Uhr [fallen] zunächst etwa 1000 Männer aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum auf.“ (SPIEGEL) „Männliche Personen mit Migrationshintergrund... nordafrikanisch/arabisch... völlig enthemmt und aggressiv...“ (Junge Freiheit) „Bis zu 1.000 Männer hatten sich zeitweise versammelt, die laut ZeugInnenberichten aus dem 'nordafrikanischen und arabischen Raum kommen'.“ (Emma)

Und wieder hat Facebook seinen Auftritt. Es heißt: „Horror-Silvesternacht: Nordafrikanische Gruppen verabredeten sich auf Facebook“ oder „Wie die 'Bild am Sonntag' unter Berufung auf vertrauliche Polizeiberichte berichtete, riefen nordafrikanische Gruppen offenbar über soziale Netzwerke Landsleute dazu auf, in der Silvesternacht nach Köln zu kommen. Demnach wurden Nordafrikaner aus Köln und Umgebung, aber auch aus Nachbarländern aufgefordert, zum Kölner Hauptbahnhof zu fahren.“ Doch – wenn tatsächlich über Facebook und andere "soziale" Netzwerke mobilisiert worden sein sollte – wer waren die Mobilisierer?

„Was da in Köln und anderen Städten über Silvester geschehen sein soll, ist so unvorstellbar, dass es wirklich schwer fällt, daran zu glauben, dass nicht irgendeine 'Organisation' ihre Finger im Spiel hatte“, kommentiert Yavuz Özoguz bei Muslim-Markt und ist erschrocken, wie sich schon wieder eine Kampagne gegen Muslime richtet. Selbst der Bundesjustizminister erklärt, „er würde gerne überprüfen, ob es im Hintergrund Leute gebe, die so etwas organisierten. So etwas passiere nicht aus dem Nichts.“ „Niemand kann mir erzählen, dass das nicht abgestimmt oder vorbereitet wurde.“ Ob er wohl fündig geworden ist?

Gesellschaften transformieren

Ein Imperium ist voller Ideen. Es benutzt Menschen – erst als Helden, dann als Feindbilder – erst, um mit ihrer Hilfe eine Region im Chaos versinken zu lassen, von der keine "Gefahr" mehr ausgehen darf, und dann, um mit ihrer Hilfe in einem Vasallen-Staat Stimmung gegen Flüchtlinge und den Islam zu machen. "Killary" lässt grüßen. So lassen sich „Gesellschaften transformieren“.


Veröffentlichung aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 17 (Juni 2016) – Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens – bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch.



Mehr dazu und wie es sich bestellen lässt, hier: http://www.das-krokodil.com/



Siehe auch:

Maria Mies
Betrachtung anlässlich der Ereignisse in der Silvesternacht 2015/2016
Die Würde der Frau ist antastbar
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22896

Online-Flyer Nr. 568  vom 29.06.2016



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