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Aktueller Online-Flyer vom 20. April 2024  

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Globales
Kurdin setzt ihren Kampf für einen gültigen Asylreisepass seit dem 20.10. fort
Hungerstreik vor dem Wiener Parlament
Von der Anatolischen Föderation

Evin Timtik ist eine Kurdin aus der Türkei. Sie ist aufgrund politischer Verfolgung und durch die türkischen Behörden seit 5 Jahren anerkannter politischer Flüchtling in Österreich und lebt seit 6 Jahren in Wien. Seit einiger Zeit ist sie auch Vorstandsmitglied im MigrantInnenverein Anatolische Föderation, der sich vor allem sozialen Problemen in Österreich lebender MigrantInnen aus der Türkei annimmt.


Evin TIMTIKs Hungerstreik-Plakat

Quelle: Anadolunewsblog

 

Ihr Asylpass wurde ihr nach Ablauf des Gültigkeitsdatums vom BFA nicht verlängert, weshalb sie in ihrer Reisefreiheit eingeschränkt ist. Seit nunmehr 8 Monaten fordert sie die Verlängerung ihres Konventions-Reisepasses, einem  Reisedokument für Flüchtlinge.

Im Beschluss des BFA wird eine Notiz des Innenministeriums zitiert, in der es heißt, sie würde durch ihre "Ausreise ins Ausland die innere und äußere Sicherheit des Landes gefährden". Das Staatsschutzgesetz zeigt offenbar Wirkung, noch bevor es durchgesetzt ist. Das Innenministerium macht von einem sogenannten "Geheimhaltungsrecht" Gebrauch. Aufklärungspflicht gegenüber Evin Timtik gibt es somit nicht. Ihr muss ein noch so massiver Vorwurf nicht begründet werden. Nach zwei negativ beantworteten Einsprüchen wurde vor über 2 Monaten Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Eine Antwort steht noch aus.

 

Während der rechtliche Kampf sozusagen immer noch im "Stau" steckt, führt Evin Timtik seit 66 Tagen, anfangs vor der Asylbehörde, dann vor dem Parlament und vor dem Innenministerium in Wien, eine Mahnwache durch, wo sie bisher weit mehr als 2000 Unterschriften sammelte. Gegen diese Behördenwillkür trat Evin schließlich am 20. Oktober in einen zuvor angekündigten unbefristeten Hungerstreik. Mit ihr gemeinsam befindet sich abwechselnd jeweils ein Mitglied der Anatolischen Föderation im Hungerstreik.

 


Evin TIMTIK im Hungerstreik

Quelle: Anadolunewsblog

 

In diesem Kampf geht es jetzt nicht mehr allein darum, die Maßnahme gegenüber ihr anzuprangern und deren Beendigung zu fordern, sondern auch darum, die zunehmenden Kriminali-sierungsversuche gegenüber ihrem MigrantInnenverein durch die Verfassungs-schutzbehörde abzuwenden.

 

Am 13. Oktober war gegen 6:00 Uhr morgens das Lokal der Anatolischen Föderation im 15. Wiener Gemeindebezirk auf skandalöse Weise von der Polizei aufgebrochen worden. Sämtliche im Verein befindlichen Gegenstände, u.a. türkische Zeitschriften, Musik-CD's der türkischen Protestband Grup Yorum, rote Fahnen und Spruchbänder gegen Rassismus, Kriegspolitik, Menschenrechtsverletzungen in der Türkei und Angriffe auf politische Gefangene wurden mitgenommen.

 

Darüber hinaus wurden 7 Personen, 5 von ihnen großteils in ihren Wohnungen festgenommen und hinterher in verschiedenen Polizeirevieren einzeln vernommen. In den Familienwohnungen blieb reines Entsetzen zurück. 4-jährige Kleinkinder, die aus Angst vor maskierten, bewaffneten, mit Hunden eindringenden Gestalten sagten "Mama, bitte halte mir etwas vor die Augen, ich will das nicht sehen". Ein weiteres 4-jähriges Kind eines Vorstandsmitgliedes, das ähnliches erleben musste, signalisiert weiterhin Angst, dass das Haus auf diese Weise überfallen werden könnte. Ganz zu schweigen von dieser Methode, Familien in ihren eigenen Wohnungen derart einzuschüchtern, sehen die Mitglieder der Anatolischen Föderation keinerlei Rechtfertigung dafür, den Verein und seine Tätigkeiten zu kriminalisieren. 

Offene, demonstrative Kritik am Vorgehen des "faschistischen Regimes in Ankara", das Gedenken seiner zahlreichen Opfer, antirassistisches Engagement, Teilnahme und Aufruf zu Konzerten der Band Grup Yorum, die seit den 80er Jahren zur bekanntesten, populärsten und erfolgreichsten Musikgruppe in der Türkei zählt, stehen offenbar unerhörter Weise im Visier des hiesigen Verfassungsschutzes, erklärten Mitglieder der Anatolischen Föderation gegenüber der NRhZ.

 

Wenn selbst in Österreich mit solchen Methoden und Vorwänden legitime, antifaschistische und antirassistische Meinungen verfolgt würden, sei dies tatsächlich eine ernstzunehmende Entwicklung, mit der traurigen Tendenz, dem AKP-Regime unter Präsident Tayyip Erdogan Hilfe zu leisten. (PK)

Die "Anatolische Föderation", eine türkische Oppositionsorganisation im Exil, wirft der türkischen Regierung "grenzüberschreitende Razzien und Verhaftungen" vor, die "in ganz Europa auf Befehl Deutschlands" zugunsten der Regierung in Ankara durchgeführt würden: "Wir appellieren an die österreichische Justiz und an die österreichische Polizei, sich nicht zu Handlangern der deutschen Repressionspolitik zu machen!"



Online-Flyer Nr. 534  vom 28.10.2015

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