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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Kommentar
Diese Ausländer-Hetze ist kein rhetorischer Ausrutscher
Herr Seehofer, wo bleibt das „Hohe C“?
Von Franz Alt

Horst Seehofer bläst mal wieder seine bayerischen Backen auf. Immer heftiger und verantwortungsloser stänkert der CSU-Chef gegen die menschenfreundliche und wirtschaftsfreundliche Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. 

Das hat System. So populistisch und stammtischfreundlich verhielt er sich bei seiner Ausländer-Maut oder auch vor vier Jahren als er bei einem politischen Aschermittwoch martialisch posaunte, er werde sich „bis zur letzten Patrone“ gegen „massenhafte Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme“ wehren. 

Seine braungefärbten Sprüche garnierte er in dieser Woche mit dem Begriff „Notwehr“ gegen die Flüchtlinge und drohte gar mit einer Verfassungsklage gegen dieselbe Bundesregierung, der doch seine eigene Partei, die CSU, angehört. Ein echter Seehofer: Will er sich jetzt selber anklagen? 

Diese Ausländer-Hetze ist kein rhetorischer Ausrutscher, sie hat bei Seehofer System. Kein Wunder, dass sein Finanzminister Markus Söder sogar Grenzzäune gegen Flüchtlinge forderte. Aber hallo, ist das noch unser Europa der Freizügigkeit? 

CSU, daran muss man jetzt erinnern, heißt „christlich“-soziale Union. Was aber ist an Seehofers Ausländer-Hetze noch christlich? Mit dem Begriff „Notwehr“ hat schon Adolf Hitler in seinem „Mein Kampf“ gegen Juden und Ausländer gepöbelt. 

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat in diesen Wochen mehrfach daran erinnert, dass „christlich und ausländerfeindlich nicht zusammenpassen“. Im „Spiegel“ sagte er, für Christen gebe es gar keine Ausländer, sondern nur Brüder und Schwestern, denen man, wenn sie in Not sind, helfen müsse. So hat es Jesus in seiner berühmten Geschichte vom „barmherzigen Samariter“ gelehrt und so sagt es auch Papst Franziskus gegenüber Flüchtlingen. Gilt dieses christliche Grundgebot im „christlichen“ Bayern für eine „christliche“ Partei nicht mehr? 

Zwischen der Wortwahl des CSU-Chefs gegenüber Flüchtlingen und der Wortwahl der rechtspopulistischen AfD und den Pegida-Rednern in Sachsen ist kein großer Unterschied mehr. Sie alle hetzen gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft anstatt die schwierigen Integrationsbemühungen der Kanzlerin zu unterstützen. 

Herr Seehofer, wo bleibt das „Hohe C“ im Namen ihrer Partei? Es bleibt ein Trost und eine Hoffnung: Als Franz Josef Strauß gegen Helmut Kohl intrigierte blieb der damalige CDU-Chef so cool wie heute Angela Merkel gegenüber Horst Seehofer. Strauß hat gewettert und Kohl blieb 16 Jahre Bundeskanzler. 

Das Flüchtlingsproblem ist mit Mut und Zuversicht zu bewältigen. Das zeigt die deutsche Geschichte der letzten 165 Jahre. Ohne 12 Millionen Flüchtlinge aus den früheren deutschen Ostgebieten nach 1945 und ohne acht Millionen Gastarbeiter nach 1960 hätte es hierzulande kein Wirtschaftswunder gegeben. Angela Merkel hatte jetzt den Mut, ihre CDU daran zu erinnern, dass das C im Namen der Partei nicht nur in Sonntagsreden gelte. (PK) 

 

Franz Alt arbeitete von 1968 bis 2003 überwiegend beim Südwestfunk (SWF, heute: SWR), für den er 20 Jahre lang das Politmagazin Report moderierte. Die Veröffentlichung des "Buchs Frieden ist möglich", in dem Alt Zweifel an der Politik der Nachrüstung anmeldete, führten zu jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen zwischen Alt und seinem Sender. Von 1992 bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion im SWR und moderierte außerdem in 3sat die Magazine Querdenker und Grenzenlos. Seine Bücher wurden in zwölf Sprachen übersetzt und erreichten eine Auflage von über zwei Millionen. Auf seiner Homepage http://www.sonnenseite.com gibt Franz Alt einen Überblick über die Alternativen der Energieerzeugung – erneuerbare Energien, solares Bauen, solares Wirtschaften – sowie über die Themen Klimawandel, Klimapolitik, Treibhauseffekt, ökologische Verkehrswende, ökologische Wasserwirtschaft, Ökolandbau, ökologische Steuerreform, Frieden und Menschenrechte („Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne“).



Online-Flyer Nr. 532  vom 14.10.2015



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