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Kommentar
Will Präsident Putin den Krieg in Syrien noch viele Jahre am Brennen halten?
Schwarzer Kanal: Mediale Entlastungsoffensive
Von Rüdiger Göbel

Im Transatlantiker-Fachblatt Die Zeit herrscht Alarmstufe Rot. Russlands Präsident Putin will in seiner Rede auf der UN-Vollversammlung Ende September »eine neue Antiterrorallianz vorschlagen, die in Syrien vor allem die IS-Kämpfer treffen soll«. Noch schlimmer: Der Kremlchef »versucht seit Wochen, die USA, Jordanien, Ägypten, die Türkei und Saudi-Arabien für seine Idee zu gewinnen«. Das Ganze sei eine »alte Idee«, ruft Zeit-Autor Michael Thumann in seiner Besinnung »Putins neuer Krieg« in Erinnerung.

Präsident Putin
Quelle: http://www.4freerussia.org
  
Schon nach dem 11. September 2001 habe Putin dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush angeboten, »in einer Allianz islamische Dschihadisten weltweit zu bekämpfen«. Doch der sei »bekanntlich seine eigenen, fatal falschen Wege« gegangen. »Fatal falsche Wege«, schöner kann man die totale Zerstörung des Irak, die den Gotteskriegern des »Islamischen Staats« ja erst den Boden bereitet hat, nicht verharmlosen. Bush, der Kriegsverbrecher und Kalifatsgeburtshelfer, sitzt unbehelligt auf seiner texanischen Ranch und malt Ölbilder.
 
Putins Idee sei »im Grunde nicht falsch«, räumt Thumann ein. Natürlich wäre es sinnvoll, »wenn die Groß- und Regionalmächte endlich gemeinsam und abgestimmt gegen die IS-Terrorschwadrone kämpfen würden«. Aber nicht so, wie es Putin vorhabe, »mit Assad und mit russischen Truppen aufseiten der Regimemilizen«. Syriens Präsident sei – »IS-Terror hin oder her« – der »Hauptverursacher des syrischen Krieges«. Wer meine, »man könne mit Assad den IS langfristig effektiv bekämpfen, der hat entweder keinen Schimmer von Syrien – oder eben andere Motive«.
 
Putin hat natürlich »andere Motive«. Syrien sei ein »ideales strategisches Manövrierfeld«, auf dem er mehrere Ziele erreichen könne. »Er kann sich dort als Gleichgesinnter der Iraner zeigen, damit Teheran nach dem Atom-Deal nicht gen Westen abdriftet. Er kann auf der Weltbühne als der Ideengeber einer neuen Antiterrorallianz auftreten. Er kann die russische strategische Bedeutung steigern, inklusive einer permanenten militärischen Präsenz aller drei Teilstreitkräfte am Mittelmeer. Er kann, wenn nötig, mithelfen, den syrischen Krieg noch viele Jahre am Brennen zu halten. Die Folgen – in Form von Flüchtlingen und Destabilisierung – hat derzeit nicht Russland zu tragen, sondern der Nahe Osten und Europa.«
 
Nach Lesart der Zeit ist Moskau eigentlicher Profiteur der Massenflucht. Dass nämlich »die EU sich künftig mehr auf Millionen von Flüchtlingen konzentriert als auf die Ukraine, ist vielleicht für Putin ein nicht unwillkommener Nebeneffekt. So ein hybrider Zermürbungskrieg hat eben viele Nebeneffekte.«
 
Hauptverursacher der Destabilisierung des Nahen Ostens sind die USA und, das wird dieser Tage gerne vergessen, das zionistische Israel. Die »einzige Demokratie« in der Region hat in mehreren Kriegen erfolgreich daran gearbeitet, dass Gaza demnächst unbewohnbar ist. Das nur nebenbei.
 
Washington ist weit weg, hat die Folgen in Form von Millionen Flüchtlingen bekanntlich nicht zu tragen. Weil die Linke-Politiker Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch vorgeschlagen haben, den »Hauptverursacher« USA doch wenigstens an den Folgekosten zu beteiligen, müssen sie sich von der taz beschimpfen lassen. Wagenknecht verfüge über ein »gesundes Feindbild«, ätzt das Kreuzberger Bellizistenblatt über das »Freund-Feind-Denken aus der Mottenkiste des Kalten Kriegs«.
 
Auch das Neue Deutschland reiht sich in die mediale Entlastungsoffensive für Washington ein. »Die Menschen fliehen aus Syrien nicht wegen der Politik des Westens – sondern wegen der Verbrechen des Assad-Regimes«, erklärt Elias Perabo, Mitbegründer der »Regime-Change«-Inititiative »Adopt a Revolution«, den Lesern der »sozialistischen Tageszeitung«. Die Linke müsse endlich runter von der »Zuschauertribüne«. Marsch, marsch, Putin stoppen, sonst kommt der IS nie nach Damaskus. (PK)
 
Diesen Kommentar haben wir mit Dank von der jungen Welt übernommen.


Online-Flyer Nr. 528  vom 16.09.2015



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