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Kommentar
Mit hochgiftigen, radioaktiven Uran-Geschossen gegen russische Panzer
Soll Militär wieder den Ton angeben?
Von Rudolf Hänsel

Dr. Hans Rühle, geboren 1939 in Bad Cannstatt/Stuttgart, wurde laut wikipedia nach abgeschlossener Wehrpflicht Oberst der Reserve, von 1971 bis 1974 war er stellvertretender Leiter des Instituts für Sicherheit und internationale Fragen München, ab 1974 Leiter des Forschungsbereichs Außen- und Sicherheitspolitik am Sozialwissenschaftlichen Institut der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), von 1978 bis 1982 Leiter dieses Instituts. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande und der Secretary of Defense Medal for Outstanding Public Service des Verteidigungsministers der Vereinigten Staaten und publiziert zu "sicherheitspolitischen Themen" u.a in Tageszeitungen wie der FAZ, der Welt, der Süddeutschen Zeitung und dem Spiegel. Einen Artikel in Springers Welt am Sonntag kommentiert hier in einem Brief an ihn unser Autor Dr. Rudolf Hänsel:
 

Dr. Hans Rühle
Geehrter Herr Dr. Hans Rühle! Sie plädierten in der „Welt am Sonntag“ vom 26.4.15 für eine Ausrüstung der Leopard-2-Panzer der Bundeswehr mit hochgiftiger, radioaktiver Uran-Munition für „den Kampf gegen den russischen Panzer T90“. Sie setzen sich also als „Experte für Massenver-nichtungswaffen“ (Wikipedia) wegen eines angeblich bevor-stehenden Kampfes gegen russische Panzer für die Anschaffung einer Massenver-nichtungs- bzw. Ausrottungswaffe ein, deren Ächtung wegen seiner verheerenden Folgen für Soldaten, Zivilbevölkerung und Umwelt seit Jahren international gefordert wird. In wessen Auftrag tun Sie das? Erlauben Sie mir, Ihnen als Mitbürger, der nach den unvorstellbaren Gräueln der Nazi-Diktatur in der Hoffnung aufwuchs, dass nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgehen würde, zu sagen, was ich empfand, als ich Ihren manipulativen Artikel las.
 
Als aufgeklärter Bürger, der seit vielen Jahren die völkerrechtswidrige Kriegsführung der USA-NATO mit Uranmunition vor allem in Serbien, Afghanistan, Somalia und im Irak verfolgt, war ich entsetzt, empört und zugleich menschlich beschämt ob einer solch perversen und skrupellosen Forderung eines Juristen, der wider besseren Wissens von einer „nur minimal strahlenden“ Uran-Munition spricht. Ich muss es so deutlich sagen!
 
Von Professor Dr. Siegwart-Horst Günter, dem inzwischen verstorbenen „Vater der Bewegung gegen Uranwaffen“, vom Filmemacher Frieder Wagner (Kino-Dokumentation „Todesstaub“) und von engen Freunden aus den genannten Kriegsgebieten wurde ich bereits in den 90er Jahren aus erster Hand informiert über epidemisch auftretende Missbildungen bei Neugeborenen und sehr hohe Raten von Leukämie und multiplen Krebsarten als Folge des radioaktiven, hochgiftigen Staubs beim Aufschlag und der Explosion der Uran-Geschosse sowohl bei den beteiligten Soldaten und deren Ehefrauen als auch bei der jeweiligen Zivilbevölkerung (alles im Internet nachzulesen!).
 
Serbische Experten haben die Konsequenzen der NATO-Bombardierung ihres Landes 1999 wissenschaftlich ausgewertet und in einem Buch mit dem Titel „Crime in War – Genocide in Peace“ niedergeschrieben. Nach einer verbrecherischen Kriegsführung beginnt – oft zehn oder mehr Jahre nach Abzug der Soldateska – ein Völkermord in den ehemaligen Kriegsgebieten. Auch das Entlaubungsmittel „Agent Orange“, mit dem die USA das vietnamesische Volk in den 70er Jahren vergiftete, ist bis heute – also noch 40 Jahre danach – eine tödliche Waffe.
 
Da die von Ihnen geforderte Munition aus abgereichertem Uran (Depleted Uranium – DU) wie auch die in den beiden Weltkriegen eingesetzten chemischen Waffen eine deutsche Erfindung sind, wird man erinnert an das Buch und den Dokumentarfilm über die Judenvernichtung in Nazi-Deutschland mit dem Titel „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“. Soll das weiter von Deutschland behauptet werden können? Die permanente Kriegshetze unverantwortlicher Politiker, Militärs und Journalisten gegen Russland sowie Ihre vehemente Forderung nach dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen lassen das befürchten.
 
Die USA, Großbritannien, Frankreich und Israel stimmten im Dezember 2014 gegen eine von der UN-Vollversammlung eingebrachte Resolution, den Ländern, die unter den Folgen von Uran-Munition leiden, internationale Unterstützung zuzusichern. Damit lehnten sie ihre eigene Verantwortung für den Einsatz von DU-Munition ab. Mit dem sehr wahrscheinlichen Einsatz dieser Munition bei den jüngsten US-Angriffen gegen den „Islamischen Staat“ in Syrien und im Irak sowie mit der Verlegung von A-10 Erdkampfflugzeugen (ausgerüstet mit Uran-Munition) von den USA nach Osteuropa kann also die völkerrechtswidrige Kriegsführung „munter“ weitergehen. Sollte nicht zumindest Deutschland hier „vorbildlich sein und keine Uran-Munition verwenden“ – wie es die SPD bis jetzt fordert?
 
Herr Rühle, Sie haben in dem erwähnten Artikel auch geschrieben, dass man diese Uran-Munition schon vor über 30 Jahren hätte anschaffen wollen, dies aber politisch nicht durchsetzbar gewesen sei, weil in den frühen 80er-Jahren „die Friedensbewegung den Ton angab“. Sollte Ihrer Meinung nach heute – exakt 70 Jahre nach Ende der Nazi-Diktatur – wieder das Militär den Ton angeben? Sind Sie der Meinung, dass die unaufhörliche Kriegspropaganda bereits so gewirkt hat bei uns Bürgern, dass wir Ihrer menschenverachtenden Forderung zustimmen? Nein! Man kann uns nicht endlos belügen, täuschen, manipulieren. Wir werden als aufgeschreckte mündige Bürger die Entwicklung weiter verfolgen.
 
Wenn wir Bürger uns daran gewöhnen, dergleichen widerspruchslos hinzunehmen, gibt es nichts mehr, was wir nicht hinnehmen. (PK)
 
 
Dr. Rudolf Hänsel aus Lindau (Bodensee) hat diesen Offenen Brief einige Tage vor dem 8. Mai 2015, dem Gedenktag an die Befreiung Deutschlands von der Nazi-Diktatur geschrieben. Er ist Diplompsychologe und Erziehungswissenschaftler. Sie erreichen ihn unter www.psychologische-menschenkenntnis.de
 


Online-Flyer Nr. 509  vom 06.05.2015

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