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Aktueller Online-Flyer vom 23. April 2024  

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Krieg und Frieden
Solidarität mit Monty Schädel (DFG-VK) für Neustart der Friedensbewegung
"Friedenswinter“ am Ende
Von Dietrich Schulze

Zum Jahre 70 der Befreiung von Faschismus und Krieg hat der Geschäftsführer der DFG-VK, Monty Schädel, einen bedeutenden Beitrag geleistet. Er hat sich klar für die Beendigung eines nach rechts offenen Antimilitarismus in Gestalt des „Friedenswinter“ ausgesprochen. In einem taz-Interview [1] kurz vor einer bezeichnenden Aktionskonferenz „Friedenswinter“ in Frankfurt a.M. und danach in einem jW-Interview [2] hat er als erster bundesweit bekannter Streiter gegen die Kriegsgefahren die Zusammenarbeit der Friedensbewegung mit den von Neonazis durchsetzten Mahnwachen unmissverständlich zurückgewiesen. Dafür hat er in Erinnerung an den Widerstand gegen den deutschen Faschismus und Militarismus eine kräftige Solidarität statt Diffamierung, Herabsetzung und Krittelei verdient. Für den von Monty unterstützten bundesweiten Neustart gibt es zwei unmittelbar bevorstehende Ereignisse, die Ostermärsche und die Aktionen zum Jahrestag der Befreiung am 8. Mai 1945.



Es gab Organisationen, die von Beginn an vor diesem abschüssigen Weg gewarnt haben. Wohl kein Zufall, dass dies gerade die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN-BdA) war, die als Organisation der Opfer und der WiderstandskämpferInnen immer den engen Zusammenhang zwischen Antimilitarismus und Antifaschismus im Blick hatte. Dazu kann man die VVN-BdA-Erklärung [3] nachlesen. Einer der „Friedenswinter“-Organisatoren, Reiner Braun, hatte in einem ND-Streitgespräch mit Otmar Steinbicker dazu kurz darauf von einem unseriösen Papier gesprochen. „Es ist teilweise direkt falsch und in der Zusammenstellung diffamierend.“ Das ist seinerseits eine haltlose Diffamierung einer bundesweit tätigen und international geachteten Organisation, deren Warnungen wie nachfolgend geschildert, bestätigt worden sind.
Zu diesem Zeitpunkt (Anfang Dezember 2014) war Monty noch optimistisch, dass die Abgrenzungserklärungen gegen rechts ernst genommen würden. Im März war er aus guten Gründen vom Gegenteil überzeugt, wie sein erstes Interview [1] mit dem treffenden Titel „Ein Versuch, der gescheitert ist“. In der gleichen taz-Ausgabe schildert der Redakteur Martin Kaul als Teilnehmer die Schlüssel-Entscheidung der o.g. Aktionskonferenz [5]. Dazu muss vorausgeschickt werden, dass Monty seine Konferenz-Teilnahme zu Recht davon abhängig gemacht hatte, dass der geplante Workshop mit einer Hamburger Mitstreiterin, die auf einer Demo zusammen mit Querfront-Chef Elsässer aufgetreten war, gestrichen wird. Dem hatten die Einlader entsprochen. In der Konferenz jedoch wurde das zu revidieren versucht. Kaul wörtlich: "Ein Mann stellt den Antrag, dass der Workshop stattfinden müsse. .... Im Saal herrscht Patt. .... Nur Sekunden bevor die Stimmen ausgezählt sind, zieht der Mann seinen Antrag zurück."


Monty Schädel

Monty schildert den gleichen Vorgang im jW-Interview [2] etwas detaillierter: „Auf der Konferenz in Frankfurt ist dann der Antrag gestellt worden, diese Arbeitsgruppe doch wieder einzurichten. Da ist massiv Druck ausgeübt worden. Eine Mehrheit hat schließlich dafür gestimmt. Die Moderation hat es sich dann leicht gemacht und behauptet, es sei gar keine Mehrheit zustande gekommen. Schließlich wurde eine zweite Abstimmung organisiert; nach meiner Beobachtung haben dann noch mehr Teilnehmer dafür gestimmt. Das war ein organisiertes Auftreten. Die Moderation hatte daraufhin wieder behauptet, keine Mehrheit erkennen zu können. Schließlich wurde darauf bestanden, die Stimmen auszuzählen. Dazu kam es nicht; denn derjenige, der den Antrag gestellt hat, zog ihn selbst zurück. … Es hätte für den Eklat gesorgt, wenn die Aktionskonferenz den Namen einer Frau auf die Tagesordnung setzt, die vorher wegen Auftritten mit Elsässer gestrichen worden war. Das hätte zum Bruch geführt. Es hätte auch diejenigen, die den „Friedenswinter“ organisiert haben, in Erklärungsnöte gebracht. Für mich bestand der Eklat allerdings bereits darin, dass dieser Antrag überhaupt gestellt wurde, und das, nach meiner Sicht, eine Mehrheit dafür gestimmt hat. Das ist für mich der letzte Beleg, dass bestimmte Kräfte die Friedensbewegung für sich nutzen wollen, um dort Politik in ihrem Sinne zu machen. Dabei störe ich mit meiner verkündeten Ablehnung des „Friedenswinters“ wohl. Anders kann ich mir die Angriffe gegen mich in den letzten Tagen nicht erklären."
Wer nach diesem nach rechts offenen und undemokratischen Sittenbild des „Friedenswinter“ noch nach irgendwelchen Kompromissen sucht, der trägt gewollt oder ungewollt zur Spaltung der Friedensbewegung bei.
Was die zitierten Angriffe angeht, war Ken Jebsen auf der Montagsmahnwache in Berlin am 16. März [6] besonders eindeutig: „Und wo ist der Feind in diesem Land? Ich möchte es euch sagen: Unser Feind ist die sogenannte linke Presse. Das ist der Feind. Das ist die Querfront. Die Querfront heißt heute taz. Das ist die Querfront. Die Querfront heißt heute Jutta Ditfurth oder Monty Schädel. ... Ich bin in dieser Stadt drei- oder viermal in den letzten zwanzig Jahren angegriffen worden, von verkleideten Linken, die sich für Antifa ausgeben, aber die NATO-Schergen sind. Schützt eure Journalisten auf der Straße. (…) Denn der Faschismus kommt natürlich, indem der sagt: Das ist der Antifaschismus." Das ist an hetzerischer Selbstentlarvung schwer zu überbieten.

Dass Reiner Braun, der Sprecher des Bündnisses „Kooperation für den Frieden“, in seinem jW-Interview am 18. März [7] Jebsen verharmlost und Monty herabsetzt, rundet dieses Negativbild nur noch ab.  
Nach Monty persönlich gibt es weitere Zeichen der Hoffnung. Der BundessprecherInnenkreises der DFG-VK hat am 19. März beschlossen "Die DFG-VK zieht ihre Unterstützung des 'Friedenswinters' zurück." Und die Kooperation für den Frieden hat sich am 20. März [8] anders als ihr Sprecher mit Monty solidarisch erklärt und die Diffamierung des Repräsentanten einer ihrer Mitgliederorganisationen durch Ken Jebsen auf das Schärfste zurück gewiesen.
Montys Lageeinschätzung im jW-Interview [2] mögen wir uns alle ins Stammbuch schreiben: „Ich denke nicht, dass wir wirklich Leute dazugewonnen haben. … Ich gehe auch nicht davon aus, dass wir beim Ostermarsch in diesem Jahr deutlich mehr Teilnehmer haben werden, obwohl doch die Bedrohung durch Krieg nicht viel größer sein könnte. Aber ich erlebe, dass bei den Vorbereitungen viele Diskussionen stattfinden, die uns blockieren, weil wir uns mit irgendwelchen anderen Sachen beschäftigen müssen. Wir müssen uns ständig gegen alles Mögliche, gegen Pegida und Endgame, gegen Elsässer und andere Rechte abgrenzen, das blockiert uns in unserer Arbeit.“


Die Rote Armee befreit die Überlebenden von Auschwitz.
Quelle: VVN-BdA

Es gibt regional kraftvolle Ostermärsche wie den Rhein-Ruhr-Ostermarsch, aber generell stimmt Montys Einschätzung. Wir müssen diese Blockade aufheben und wir werden das schaffen.
Bitte lesen Sie zur Ermutigung bei der VVN-BdA [9] den Aufruf „70 Jahre nach der Befreiung von Faschismus und Krieg: Für eine neue Entspannungspolitik, nein zur Vorbereitung auf den Krieg!“ (PK)

Vorspann des Autors vom 24. März
Werte Leserinnen und Leser,
der nachfolgende Beitrag hat in NRhZ-Kreisen zu heftiger Kritik geführt. Ich möchte darauf wie folgt reagieren:
1.     Diese meine Meinung zu einer bedeutenden Entwicklung innerhalb der Friedensbewegung, die ich seit über 4 Jahrzehnten aktiv mitgestalte, habe ich nach bestem Wissen und Gewissen aufgeschrieben. Dabei habe ich auf eine Nach­vollziehbarkeit anhand von Zitaten geachtet, erhebe jedoch nicht den Anspruch, dass das der Weisheit letzter Schluss sei.
2.     Jeder weiß, dass sich die Rüstungs- und Kriegspolitiker die Hände reiben, wenn es Kritik innerhalb der Friedensbewegung gibt. Daraus könnte die Schlussfolgerung gezogen werden, solche Kritik an die eigene Adresse zu unterlassen, weil das nur der anderen Seite dient.
3.     Wenn Monty Schädel von der DFG-VK oder Ulli Sander von der VVN-Bund der Antifaschisten oder ich und andere ihre Kritik deswegen unter den Teppich kehren würden, wird der Friedensbewegung von innen der größte Schaden zugefügt, weil undemokratische und obrigkeitliche Strömungen die absolut gefährliche und unausweichliche Folge wären.
4.     Die Demokratie lebt vom öffentlichen Meinungsstreit, um den besten Weg einer Problem­lösung finden zu können. Deswegen ist dieser der Rüstungs-Bürokratie auf allen Ebenen und den davon abhängigen Medien schon immer ein Graus gewesen. Eine selbstbewusste Friedens­bewegung scheut nicht die öffentliche Debatte, sondern sucht sie, auch mit eigenen Medien wie der NRhZ, um mehr Menschen gegen die Kriegspolitik zu gewinnen.
5.     Bei aller Bescheidenheit darf ich darauf hinweisen, dass ich mich in den letzten Jahren verstärkt gegen die Militarisierung der Bildung und für eine Zivilklausel an den Hochschulen engagiert habe. Dem NRhZ-Herausgeber Peter Kleinert bin ich dankbar dafür, dass ich in diesem wichtigen Online-Medium viele Artikel zu dieser Thematik unterbringen konnte.
6.     Mein Fazit: Ich bitte meine Kritiker höflich, mich öffentlich zu kritisieren, am besten in der NRhZ. Niemand kann vorhersagen, welche interessanten, bisher nicht vorstellbaren Konsequenzen dieser Disput für alle Friedensbewegten erbringen wird. 

Mein Fazit: Ich bitte meine Kritiker höflich, mich öffentlich zu kritisieren, am besten in der NRhZ. Niemand kann vorhersagen, welche interessanten, bisher nicht vorstellbaren Konsequenzen dieser Disput für alle Friedensbewegten erbringen wird.   

Diesen Vorspann hatte ich als Redakteur abgelehnt, weil er den folgenden Artikel inhaltlich nicht ankündigt, was man von einem Vorspann erwartet, und deshalb vorgeschlagen, ihn unter dessen Text zu stellen. Hier konnten Sie ihn nun lesen.
Peter Kleinert

 
[1] http://www.taz.de/!156414/
[2] https://www.jungewelt.de/2015/03-21/005.php
[3] http://vvn-bda.de/keine-zusammenarbeit-mit-den-mahnwachen/
[4] http://www.neues-deutschland.de/artikel/954762.entzweit-ueber-ein-buendnis.html
[5] http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=in&dig=2015%2F03%2F16%2Fa0060&cHash=61303b7d2d8e23caa6bc387f781e21e9
[6] https://youtu.be/iqUWueDKwiY?t=2m20s und https://www.jungewelt.de/2015/03-18/059.php
[7] https://www.jungewelt.de/2015/03-18/062.php
[8] http://www.koop-frieden.de/fileadmin/Pressemitteilungen/20.03.2015_Erklaerung_der_Kooperation_fuer_den_Frieden.pdf
[9] http://vvn-bda.de/70-jahre-nach-der-befreiung-von-faschismus-und-krieg-fuer-eine-neue-entspannungspolitik-nein-zur-vorbereitung-auf-den-krieg/
 
Dr.-Ing. Dietrich Schulze (Jg. 1940) war nach 18-jähriger Forschungstätigkeit im Bereich der Hoch­energie-Physik von 1984 bis 2005 Betriebsratsvorsitzender im Forschungszentrum Karlsruhe (jetzt KIT Campus Nord). 2008 gründete er mit anderen in Karlsruhe die Initiative gegen Militärforschung an Universitäten (WebDoku www.stattweb.de/files/DokuKITcivil.pdf). Er ist Beiratsmitglied der Natur­wissenschaftlerInnen-Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit sowie in der Initiative „Hochschulen für den Frieden – Ja zur Zivilklausel“ und publizistisch tätig. Er ist Mitglied der DFG-VK und Kreis­vorstandsmitglied der VVN-BdA Karlsruhe.
 

Hinweis:

Der vorstehende Artikel von Dietrich Schulze ist in der Leserschaft und bei Autoren der NRhZ auf scharfen Protest gestoßen – darunter die Auffassung, dass Artikel wie der von Dietrich Schulze desorientierend und diffamierend seien und deshalb nicht in die NRhZ gehören. Wir weisen daher auf einen Artikel hin, in dem diese Kritik vorgetragen wird:

"Zum Artikel von Dietrich Schulze – Das Geschäft der anderen Seite"
von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=21561


Online-Flyer Nr. 507  vom 23.04.2015



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