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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Kommentar
Das Ausmaß an Gewalt und menschlichem Leid ist erschreckend
Spirale der Gewalt durchbrechen!
Von Rudolf Hänsel

Es ist wieder Ostern, für Christen der Beginn der österlichen Freudenzeit. Auch die Natur erwacht wieder und erfreut mit ihrer Farbenpracht unser Auge und unser Gemüt. Jedoch nicht überall können die Menschen dies erleben. Nicht in den unzähligen Kriegsgebieten im Nahen und Mittleren Osten und in Afrika, nicht in den vielen Flüchtlingslagern der Nachbarländer dieser vom Krieg geplagten Völker.
 
Das Ausmaß an Gewalt und menschlichem Leid weltweit ist erschreckend. Doch die Spirale der Gewalt und Gegengewalt, sie dreht sich unaufhörlich weiter. Inzwischen ist unser Überleben in Frage gestellt. Unsere Kultur hat sich zu einer Gewaltkultur entwickelt und es scheint, als haben wir Menschen den Verstand verloren. Gewaltandrohung, Gewalt und Kriege, wo man hinsieht. Und die Menschheit scheint keinen Ausweg aus dieser Gewaltspirale zu finden. Auch in unserem Land spielen sich bürgerkriegsähnliche Straßenkämpfe ab und ereignen sich scheußliche Gewalttaten zwischen Menschen.
 
Noch nie in der Geschichte hat Gewalt ein Problem gelöst. Sie schafft nur neue, größere Probleme. Die Kriege der letzten eineinhalb Jahrzehnte bieten uns genug Anschauungsmaterial, angefangen vom Kosovokrieg 1999 bis zu den heutigen Kriegen in Syrien, Nordafrika oder der Ukraine. Sie hinterließen und hinterlassen weiterhin nur Tod und Verderben, in ihrer Würde tief verletzte Menschen, zerstörte Länder und Kulturen und hoffnungslos zurückbleibende, zum Teil traumatisierte Jugendliche, von denen sich viele in ihrer ausweglosen Situation für so genannte „heilige Kriege“ anwerben und abschlachten lassen. Nach einer wissenschaftlichen Studie der Vereinigung der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) hat der US-geführte „Krieg gegen den Terror“ allein in Irak, Afghanistan und Pakistan bereits weit über eine Million Todesopfer gefordert und damit mehr als zehn mal so viele wie bisher vermutet.
 
Ist das die Welt, die wir unseren Kindern hinterlassen wollen? Wird sich unsere Jugend in dieser Gewaltkultur zurechtfinden, Vorbilder finden, etwas Neues aufbauen können, die Welt einmal in eine andere Bahn lenken? Ich denke nein!
 
Dabei wissen wir heute oder sollten es als aufgeklärte Bürger wissen, dass die Gewalt nicht dem Wesen Mensch entspricht. Die Forschungsergebnisse der Humanwissenschaften haben uns gezeigt, dass der Mensch von Natur aus sozial und kooperativ und weder biologisch noch geschichtlich-kulturell zu Gewalt und Krieg verurteilt ist. Wir Menschen sind zu Hingabe, Empathie, Nächstenliebe und Selbstaufopferung fähig.
 
Auch der Krieg ist kein Naturgesetz, die Menschheit will in Frieden leben. Es ist das Machtstreben in Wirtschaft und Politik, das uns immer wieder in Katastrophen hineintreibt, in denen der Reichtum unserer Kultur verschleudert und die Ernten unserer Zivilisation zerstört werden. Mächtige Interessengruppen und Kriegsgewinnler wie der militärisch-industriell-geheimdienstliche Komplex, die Wallstreet und viele andere steuern die Regierungen. Und diese rüsten auf, setzen neue Feindbilder in die Welt und betreiben Kriegspropaganda. Die von ihnen abhängigen Massenmedien unterstützen sie dabei nach Kräften. Von ihnen werden wir nur belogen, desinformiert, abgelenkt und mit Informations-Müll voll gestopft.
 
Doch wir alle sind Teil dieser unheilvollen Entwicklung, weil wir aus Trägheit des Herzens, aus Hilflosigkeit oder Lethargie das Unrecht geschehen lassen und nicht gegen die Gewalttätigkeit kämpfen. Wir billigen sie, weil wir hoffen, dass sie uns verschonen werde. Wenn sie dann auch über uns hereinbricht, ist es gewöhnlich zu spät, sie einzudämmen. Da die Welt so ist, wie wir sie eingerichtet oder bisher geduldet haben, kann sich keiner der Verantwortung entziehen. Wir sind immer mitschuldig. Deshalb ist es an der Zeit, uns zu besinnen.
 
Eine große Anzahl verantwortungsbewusster Mitbürger ist von dem beunruhigenden und schmerzlichen Zustand unserer Welt betroffen und engagiert sich. Die deutsche Friedensbewegung zum Beispiel organisiert alljährlich Ostermärsche, die heuer unter dem Motto stehen: „Kriege und Kriegspropaganda stoppen – Konflikte friedlich lösen“. Auch Papst Franziskus verurteilte in der Ostersonntag-Messe das sinnlose Blutvergießen, forderte das Ende von Krieg und Gewalt und beklagte unsere Trägheit und Gleichgültigkeit, die uns daran hindern würde, aus uns herauszugehen und den Weg der Wahrheit und der Liebe zu suchen.
 
Der weltberühmte englische Atomphysiker Stephen Hawking warnte vor kurzem in den „Cambridge News“ vor der Aggression als dem „größten Fehler der Menschheit“, wie er sagte. Sie sei eine größere Gefahr als Umweltkatastrophen. Für Höhlenmenschen hätte die Angriffslust noch Überlebensvorteile gehabt, wird er zitiert, doch jetzt sei dieses Verhalten eine Bedrohung für die Menschheit, schließlich könne ein Nuklearkrieg zum Ende der Zivilisation führen. Die Menschen müssten Aggression durch Empathie ersetzen, was „uns zusammenbringen und in einen friedlichen Zustand versetzen würde“. (Focus online v. 26.2.15)
 
Und was könnte unser aller Beitrag als Bürger sein, um die Spirale der Gewalt zu stoppen? Wir sollten in unserem persönlichen Wirkungsbereich jeder Gewalt entsagen und im Wissen um die wirklichen Ursachen und Auswirkungen von Kriegen uns weigern, die Vorbereitung und Durchführung von Kriegen gedanklich oder sonst wie mitzutragen. Jeder Krieg ist abwendbar, wenn wir es inständig, mutig und anhaltend wollen. Jeder Mensch besitzt einen mehr oder weniger großen Einflussbereich. Wir könnten unsere junge Generation, unsere Freunde, Kollegen und zehn bis dreißig weitere Mitmenschen davon überzeugen, dass man jedem Krieg Einhalt gebieten kann. Diese zehn oder dreißig Menschen werden es zehn anderen weitersagen, die es ihrerseits wieder weiterverbreiten. Jeden Tag könnten wir uns dafür entscheiden, dies zu tun.
 
Eine große Verantwortung, aber auch Chance haben Eltern, Erzieherinnen und Lehrkräfte. Das Kind kann durch Erziehung und Bildung zu Verantwortung, Mitgefühl, Solidarität, Kooperation und Friedensliebe geführt werden. Und unsere Jugend? Angesichts des nicht gelösten Gewaltproblems in der Welt müssen wir uns fragen, was wir in ihrem Gemüt verankern müssen, damit sie eine innere Abwehr gegen Gewalt und Krieg entwickelt und friedensfähig wird. (PK)
 
Diplom-Psychologe Dr. Rudolf Hänsel erreichen Sie unter www.psychologische-menschenkenntnis.de
 
 


Online-Flyer Nr. 505  vom 08.04.2015



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