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Kommentar
SZ und NATO einig in Abschreckungsstrategie gegen Russland
Umkehren zu Abrüstung und Besonnenheit!
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung weigert sich in seinem Kommentar "Ukraine - Falsche Versprechen" (SZ, 3.12.), gründlich und logisch zu Ende zu denken, nämlich eine Reaktion als Folge einer Aktion zu erkennen, mit anderen Worten, die Ursache eines Verhaltens, die Gründe einer Wahrnehmung klarzustellen. Wie Russland seine westlichen Nachbarstaaten und die USA wahrnimmt, kommt nicht aus dem Nichts, sondern folgt aus bestimmten Fakten, die für alle bekannt sind, die Kornelius aber absichtlich tendenziös oder aus Mangel an Urteilsvermögen beiseite lässt.

NATO-Generalsekretär und Sozialdemokrat Jens Stoltenberg
Quelle: wikipedia
 
Der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, hingegen stellt solche Fakten fest und reagiert konsequent und angemessen darauf. Es sind Fakten, die für jeden sichtbar und erkennbar sind. Die NATO erweitert sich unter Bruch anfänglicher Vereinbarungen nach Osten und kreist Russland durch Stationierung von Abfangjägern im Baltikum und Truppenstellungen in Polen ein. Seit den 90iger Jahren agiert die NATO-Erweiterungsfraktion ganz ungehindert.
 
Dass Russland die NATO als Bedrohung wahrnimmt, ist völlig realistisch und beruht auf bitterer Erfahrung mit einem solchen unberechenbaren Bündnis. Hat Kornelius die NATO-Bomben-Angriffe auf Belgrad von März bis Juli 1999 vergessen? Vielleicht, aber nicht der Kreml. Durch Taten bzw. durch Untaten erkennt man das Wesen einer Person oder einer Organisation. Die NATO demaskierte sich bereits mit ihrer Bomben-Aggression gegen Jugoslawien, wie grausam ihre ungeheuerliche vernichtende Aggressivität und Gefährlichkeit in Europa ist und zeigte so der ganzen Welt mit abscheulicher Brutalität, worin ihre Abschreckungsstrategie besteht und wohin sie führt. Diese Tatsachen sind nachprüfbar und begründen jedes Misstrauen der NATO gegenüber, insbesondere, wenn sich eine solche militärische Organisation den Grenzen eines anderen Landes nähert.
 
Von "Wertegemeinschaft" zu reden ist grotesk, denn es handelt sich um eine Organisation, die sich durch Interventionskriege und Bombardierungen selbst öffentlich kriminalisiert hat. Stimmen kriminelle Handlungen, wie Kriege zu führen und Menschen zu bombardieren, mit den hoch hinaus posaunten Werten des Westens überein? Stefan Kornelius schuldet sich selbst eine ehrliche Antwort auf diese grundsätzliche Frage von Leben und Mord, Krieg und Frieden.
 
Tatsache ist jedenfalls auch, dass diese NATO mit ihrer Abschreckungsstrategie durch einen einstimmigen Beschluss des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag vom 8.7.1996 für illegitim erklärt wurde. Ein FDP-Richter aus Stuttgart, Rainer Wolf, bestätigte Monate später am 8.12.1996 die Illegitimität der NATO aufgrund dieses internationalen gerichtlichen Beschlusses. Bekennen sich Politiker und Bundestagsabgeordnete zur Rechtsstaatlichkeit, müssen sie sich auch der internationalen Gerichtsbarkeit stellen und sie respektieren. Wie stehen sie dazu? Wollen sie sich nicht daran halten, sollte man ihnen nicht gestatten, ihre Weigerung, rechtsstaatliche Grundsätze anzuerkennen, vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Sie werden sich dafür zu verantworten haben, wenn wir unseren demokratischen Rechtsstaat ernst nehmen. Anwaltschaften sind hier gefragt. Das Grundgesetz gilt und Teil des Grundgesetzes ist die Charta der Vereinten Nationen mit ihren gerichtlichen Institutionen und deren jeweiligen Beschlüssen.
 
Die Mahnung von Wolfgang Gehrke, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Bundestag vom 2.12. ist treffend genug und ein Denkanstoß für den verirrten Journalisten Stefan Kornelius:
<Wenn man sich in einer Sackgasse befindet, sollte man tunlichst umkehren. Die NATO ist in einer solchen Sackgasse, wie das gesamte westliche Bündnissystem auch, und sollte jetzt umlenken statt den "Karren" weiter mit aller Gewalt gegen die Wand zu fahren, indem sie immer weiter Stützpunkte um Russland herum aufbaut, Truppen stationiert, Waffensysteme modernisiert, und Manöver durchführt. Dies alles kann nur eine entsprechende militärische Gegenreaktion Russlands hervorrufen. Notwendig wäre jetzt, Entspannungsschritte aufzugreifen und auszubauen. Die auch von Russland vermittelte Waffenruhe in der Ostukraine ist ein solches Beispiel, das aufzugreifen ist. Die deutsche Politik muss wieder Entspannungspolitik werden, wenn sie in Europa Bestand haben soll. Statt neuer Sanktionen und NATO-Kriegsgetöse ist der Abbau von Sanktionen das einzig Sinnvolle. Auch für Deutschland gilt: In der Sackgasse sollte man umkehren und nicht mit aller Gewalt gegen die Wand fahren.> ("Abgeschrieben“, junge Welt, 4.12.)
 
Die großen russischen Truppenmanöver, die Raketenübungen, die Entsendung von Flottenverbänden und Bombern bis weit über den Atlantik, das alles gehört zur entsprechenden militärischen Gegenreaktion Russlands. Gewiss bedeuten diese gesamten unerwünschten militärischen Demonstrationen eine gegenseitige Bedrohung, die ganz Europa in Gefahr bringt. Aber wer hat damit angefangen, wer ist der Aggressor? Zu beachten ist, dass die NATO zuerst gegründet wurde. Alles andere, der Warschauer Pakt und andere Reaktionen seit 1949 waren die Folgen. Und bis heute, obwohl der Warschauer Pakt nicht mehr existiert, gibt es immer noch die NATO.
 
Es ist vernünftig, zur Abrüstung und Besonnenheit umzukehren. Präsident Putin signalisierte dazu seine Bereitschaft: <Wir bestehen auf einer Fortführung der Gespräche zur atomaren Abrüstung. Je weniger Atomwaffen es auf der Welt gibt, desto besser. Wir sind zu ernsthaften und gegenständlichen Gesprächen in Fragen der atomaren Abrüstung bereit, aber diese sollten schon wirklich ernsthaft sein – wie man sagt, ohne Doppelstandards.> (Waldai-Rede von Wladimir Putin am 24.10.)
 
In einen auffälligen Widerspruch mit dem eigenen NATO-Vertrag und mit den Grundsätzen der EU hingegen verfiel der neue NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, als er ein NATO-Treffen am 2.12. benutzte, um einen weiteren Aufmarsch gegen Moskau in den Mittelpunkt zu rücken, und das wegen der Ukraine, einem Land, das weder der NATO noch der EU angehört. Der Norweger Stoltenberg überschritt damit in unverantwortlicher Weise seine Kompetenzen und den Bereich des Bündnisses. Hat die deutsche Verteidigungsministerin ihn deshalb in seine Schranken verwiesen, wie es ihre politische Verantwortlichkeit erfordert? (PK) 
 
Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait war chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin. Seit dem Putsch gegen Salvador Allende und dem Beginn der Militärdiktatur in Chile lebt sie in Deutschland.
 
 


Online-Flyer Nr. 488  vom 10.12.2014

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