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Globales
Die Drogenbanden in der Türkei schlagen zu und Erdoğans Justiz macht mit
Keine Gerechtigkeit für ermordeten Hasan Ferit Gedik
Von Peter Kleinert

Seit die islamistische AKP an der Regierung ist, habe der Drogenkonsum in den letzten Jahren in der Türkei enorme Ausmaße angenommen. In Istanbul gebe es "nahezu kein Viertel, in dem die Drogen keinen Einzug erhielten. Es gibt fast keine Stadt, keinen Vorort, ja sogar kein Dorf mehr, wo keine Drogen konsumiert werden. Vor allem in den armen Vierteln wird der Drogenkonsum durch den Staat angekurbelt..." Zu unserem ersten Bericht über den Mord an Hasan Ferit Gedik (1) hat uns die Initiative Anadolo Newsblog von in Deutschland lebenden regierungskritischen Türken folgende weitere Informationen zukommen lassen.
 

Hasan Ferit Gedik
Quelle: Anadolu Newsblog
Der von der Regierung unterstützte Drogenkonsum habe "einige Gründe. Allen voran sollen die Köpfe der mittellosen Menschen mit Drogen betäubt werden, damit sie sich nicht gegen den Staat auflehnen. In den Armenvierteln, wo die Menschen organisiert und die Revolutionäre stark sind, möchte man den Linken die Basis entziehen. Außerdem ist das ein Milliardengeschäft.
 
Im Falle von Gülsuyu, eines der schönsten und zentralsten Flecken Istanbuls, kommt auch noch die Gentrifizierung ins Spiel. Denn die Immobilienmafia, allen voran Ağaoğlu (2) möchte dort ihre noblen Hochbauten, Villen und Einkaufszentren erbauen lassen. Um die Menschen aus ihren Häusern zu vertreiben, belästigt die Mafia in Gülsuyu regelmäßig Kleinhändler und die Anwohner, erpresst Schutzgelder. Aber die Volksfront ist fest entschlossen, gegen diese Verbrecher zu kämpfen und ihre Viertel zu verteidigen, um welchen Preis auch immer. Sie gibt weder den Mafiosi, noch den Polizisten klein bei.
 
Hasan Ferit Gedik war ein 21 Jahre junger, tapferer Angehöriger der Volksfront. Er ließ die Menschen in ihrem Kampf gegen die Drogenbanden nicht alleine. Er versuchte sie aufzuklären und zu organisieren. Während einer Demonstration gegen diese Gangs wurde er am 30. September 2013 mit sechs Kugeln angeschossen, vier davon waren gezielte Kopfschüsse.
 

Beerdigung von Hasan Ferit Gedik
Quelle: Anadolu Newsblog
Das einzige Beweismittel, sein blutiges Hemd wurde von der Polizei im Krankenhaus, während er um sein Leben kämpfte, entwendet. Die Mörder waren der Volksfront bekannt. Sie hat sie namentlich bekannt gegeben. Und schon wurden die Verbrecher, um sie zu beschützen, verhaftet, was aber keinesfalls bedeutet, dass der Staat die Mörder nicht weiterhin beschützen und behüten würde.
 
Der Prozeßauftakt gegen die Mörder von Hasan Ferit Gedik war am 14. August 2014. Im angeblich größten Justizpalast der Welt konnte der Prozeß nicht ausgetragen werden - aus mangelnden Sicherheitsgründen hieß es. Die Polizei griff draußen, die Drogenbanden griffen drinnen an. Sogar die angeklagten Mörder griffen im Gerichtssaal die Angehörigen und Anwälte von Hasan Ferit Gedik und Gökhan Aytas an. Das alles ist vor den Augen der Richter und Staatsanwälte passiert. Gökhan Aytas war während des Angriffs im September ebenfalls angeschossen worden und überlebte. Er verlor dabei jedoch beide Augen.
 
Schlimmer ist sicher die Tatsache, dass es Telefonmitschnitte gibt, welche die Zusammenarbeit zwischen den Drogenbanden und dem Staat beweisen. m Mordabend unterhielten sich die Mörder Hasan Ferit Gedik's über ihren „Mordplan“. Das wurde von der Polizei mitgeschnitten. Sie wusste also von den Mordplänen, hat aber nichts unternommen, um den Mord zu verhindern. Und auch nach dem Mord unterhielten sich die Mörder über ihre „Tat“. Wiederum von der Polizei schön mitgeschnitten. Einen anderen Mitschnitt gibt
es von einem Gespräch zwischen einem hochrangigen Mafiaboss und einem hochrangigen Polizeichef.
 
Während des ersten Prozesstages ließ man weder Anwälte, noch Angehörige des Ermordeten in den Gerichtssaal. Sie mussten gegen die Türen trommeln, um den Mördern von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen zu können. Abgeordnete, die es schafften, zum Gerichtssaal vorzudringen, wurden von den Angeklagten tätlich angegriffen. Draußen griff die Polizei ein. Und zwar gegen Menschen, die von Gülsuyu zum Justizpalast demonstrieren wollten. Menschen, die zur Prozessbeobachtung kamen, wurden nicht in das Gerichtsgebäude reingelassen.
 
Einer der Anwälte, Günay Dag, sagte dazu: "Unsere KollegInnen wurden erneut nicht in den Gerichtssaal hineingelassen. KollegInnen, die sich reinbegeben wollten, wurden tätlich angegriffen. Der Richter hat uns nicht mal angehört. Und nur aufgrund unseres Einspruchs ist dieser Prozess öffentlich geblieben."

Demonstration zum Prozess gegen die Mörder von Hasan Fertig
Quelle: Anadolu Newsblog
  
Der nächste Prozesstag wurde auf den 4. September gesetzt. Aber auch dieser endete ohne erst anzufangen. Beim nächsten Prozesstag, am 15. September dasselbe Szenario. Der Vorsitzende Richter Mahir Merdun brach die Verhandlung ab, weil der Gerichtssaal "in einem der größten Gerichte der Welt", zu klein sei. Rechtsanwalt Selcuk Kozagacli fand das inakzeptabel und war der Meinung, dass es „erbärmlich ist, im grössten Gerichtsgebäude der Welt keinen Verhandlungsraum zu finden.“
 
Der Kampf um Gerechtigkeit geht weiter. Darum hat die Volksfront am 15. September am Kartal-Platz ein Gerechtigkeits-Zelt eröffnet, das 75 Tage dort stehen wird. 75 Tage lang soll das Zelt Hasan Ferit Gedik eine Stimme verleihen und für die Forderung nach Gerechtigkeit und Verurteilung seiner Mörder dort stehen und werben. Das Gerechtigkeitszelt, welches täglich einen erheblichen Besucherandrang erfährt, ist für alle offen.
Auch anrufen kann man gerne: 0090- 536-23 89 688.
 
Die nächste Verhandlung findet am 19. November 2014 statt. Es darf nicht geschehen, dass Gerichte offen und unverblümt Mörder beschützen. Darum sollten wir unseren Unmut kundtun. Wir rufen alle auf, Protestfaxe und -mails an die unten angegebenen Adressen zu schicken.
 
Und des Weiteren wäre es toll, wenn dieser Artikel verbreitet und darin auch um Protestfaxe und -mails gebeten würde. Wir fordern als Internationale Plattform gegen Isolation Gerechtigkeit für Hasan Ferit Gedik!" (PK)

(1) www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20912
(2) http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/01/03/korruption-in-der-tuerkei-erdogans-enge-bande-mit-de

Anadolu Newsblog ist ein von Bergarbeitern in Kinik gegründeter “Verein der Solidarität und des Kampfes”
 
Protestmeldungen adressieren an:
Istanbul Kartal Justizpalast
Fax: 0090-216 303 382
Justizministerium
Fax: 0090-312-419 33 70
Mail: info@adalet.gov.tr
Staatsanwaltschaft
E-Mail: istanbulcbs@adalet.gov.tr


Online-Flyer Nr. 485  vom 19.11.2014

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