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Aktueller Online-Flyer vom 23. April 2024  

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Kommentar
Deutsche Beobachter des Lobes voll über die Wahl in der Ukraine
Gesinnungskumpanei
Von Volker Bräutigam

„Putin ist der Verlierer der Ukraine-Wahl“. „Ukraine: Plebiszit für den Westen“. „Ukraine entscheidet sich für Europa“. Quellenangaben für die Schlagzeilen des gleichgeschalteten deutschen Medien-Mainstreams erspare ich uns. Die dummdreiste Gleichsetzung „Europa = EU“ definiert dessen Niveau ebenso wie die unsäglichen Kommentare das gedankliche Defizit der politischen Funktionselite.
 

Wird der Putschist Jazenjuk demnächst
regulärer Regierungschef?
NRhZ-Archiv
 
Das neue Kiewer Parlament wird nach einem Wahlkampf besetzt, in dem 29 Parteien konkurrierten, viele nur wenige Wochen alt und alle ohne überzeugendes Programm. Das von faschistischen Kräften beeinflusste, multi-dysfunktionale Medienwesen schloss jeden vernünftigen Überblick über das Politikangebot aus. Erst recht blockierten die Überfälle faschistischer Knüppelgarden auf oppositionelle Politiker, die Anschläge auf deren Büros, Brandstiftung, Erpressung, das angekündigte Verbot der kommunistischen Partei u.v.a.m..

Dennoch und ungerührt: Deutsche Beobachter waren des Lobes voll: Er habe "den Eindruck" gehabt, dass "die Wahlen sehr gut organisiert waren", meinte der CDU-Europaabgeordnete Joachim Zeller, es habe "eigentlich nichts ... auszusetzen" gegeben. Bei „prowestlichen“ Wahlbeobachtern sind Tomaten auf den Augen Standardausrüstung.
 
Welches Gewicht die deutschen Massenmedien dem Wahlgang zumaßen, ist daran zu erkennen, dass sie noch drei Tage danach kein präzises Endergebnis nannten, obwohl ständig von dem “Kopf-an-Kopf-Rennen“ der Parteien des Präsidenten Poroschenko und des „Übergangs-Regierungschefs“ Jazenjuk die Rede gewesen war, und obwohl eine entlarvend niedrige Wahlbeteiligung von allenfalls 52,4 Prozent feststand (Quelle: Zentrale Wahlkommission Kiew lt. Stimme Russlands). Von ARD über DLF bis ZDF jonglierte man mit Teilergebnissen und Prognosen - und beließ es schließlich dabei. 
 
Aus mittlerweile konkreterer Sicht müsste der vormalige Putschist und demnächst wohl reguläre Regierungschef Arsenij Jazenjuk zugeben, dass er gerade mal knapp elf Prozent der wahlberechtigten Ukrainer überzeugte; Präsident Poroschenko erreichte sogar noch etwas weniger. Ihre beiden Parteien verfügen trotzdem im Parlament über die Mehrheit: ein Konglomerat aus Faschistoiden und Ultranationalisten, in dem sich bekennende Neonazis tummeln. In Jazenjuks Fraktion sogar Figuren der neonazistischen Freicorps „Asow“ und „Donbass“, denen Kriegsverbrechen in der Ostukraine angelastet werden. Wie der Herre, so’s Gescherre: Jazenjuk selbst hatte keine Scheu, Russen und Prorussen als „Untermenschen“ zu bezeichnen, von welchen die Ukraine sich „reinigen“ müsse.
 
„Saubermänner“ wie Jazenjuk regieren ein Land, das nicht einmal mehr seine Gasrechnungen bezahlen kann, aber nun eine Grenzmauer von mehr als  2200 km angeht. Ein Land, das sich verständlicherweise westeuropäische Lebensumstände wünscht und genug hat von Bürgerkrieg, Armut, Korruption, Oligarchenwillkür, Nazi-Umtrieben, Mord und Totschlag, Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichem Elend. Stattdessen steckt nun die Karre im ultranationalistischen, faschistoiden Dreck.
 
Dahin mitgeschoben haben Kanzlerin Merkel und ihr Außenminister Steinmeier. Jetzt dürfen sie sich ganz offiziell mit Kiewer Gesindel verbrüdern und ihm finanziell beispringen: "Es gibt eine Notwendigkeit einer gewissen Brückenfinanzierung", merkte die Kanzlerin kürzlich bereits an. Wir erwarten neugierig ihr weiteres Gewäsch, wenn die Schuldscheine der Pleite-Ukraine am Berliner Kassenschalter vorgelegt werden. Aber wir wissen ja, dass sich unsere Regierenden ihrer politischen Amoral und Geschichtsvergessenheit nie und nimmer schämen, schon gar nicht ihres Umgangs mit dem Volksvermögen:
 
Nur mal knapp übern Tellerrand geguckt: 50 Millionen Euro gab die Bundesregierung bisher für die Patriot-Raketeneinheit der Bundeswehr an der türkisch-syrischen Grenze aus - im Widerspruch zum Grundgesetz und in der evidenten Absicht eines völkerrechtswidrigen Angriffs auf Syrien, sobald sich eine Operation unter falscher Flagge anbietet. Obwohl nicht von Syrien, sondern von Ankaras Vormachtstreben Explosionsgefahren drohen und von einem NATO-Bündnisfall oder einer Bedrohung Deutschlands keine Rede sein kann. Ukraine/Türkei: Nur zwei Ordner im Aktenregal voller Argumente für Amtsenthebung und Verurteilung unserer Regierenden wegen Untreue und Friedensverrat. (PK) 
 
Textwiedergabe mit freundlicher Zustimmung der Politikzeitschrift Ossietzky


Online-Flyer Nr. 484  vom 12.11.2014

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