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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Globales
„Fact Finding Mission“ nach Südkurdistan/Nordirak und Rojava/Nordsyrien
Kurdischer Aufruf zur Solidarität
Von Devris Çimen

Wir sind zunehmend besorgt über das schreckliche Blutvergießen, welches die zivile Bevölkerung aufgrund der andauernden Angriffe des IS (Islamischer Staat) gegenwärtig in Südkurdistan/Nordirak erleidet. Kurdische EzidInnen, AssyrerInnen, Kakai-KurdInnen, TurkmenInnen und viele andere Volks- und Religionsgemeinschaften sind wegen des Vormarschs des IS einer großen Gefahr des Genozides ausgesetzt. Laut aktuellen Berichten aus der Region wurden allein in Şengal (Sindschar) mindestens 3000 Menschen massakriert. 5000 weitere, darunter 1500 Frauen und Mädchen sollen verschleppt worden.
 

IS-Panzer in Südkurdistan
Hundertausende Menschen, die zu religiösen und ethnischen Minder-heiten gehören, befinden sich derzeit auf der Flucht. Im Norden des Landes haben sich viele von ihnen zum Teil zu Fuß auf den Weg in die sicheren kurdischen Gebiete in Rojava/Nordsyrien und Südkurdistan/Nordirak gemacht.
 
Doch die Gesamtlage bleibt undurchsichtig, auch weil Informationen aus den Krisengebieten nur langsam und teilweise widersprüchliche Informationen durchsickern. Daher rufen wir alle NGOs, Hilfsorganisationen, Pressevertreter und Experten bezüglich der Lage der Region dazu auf, ihrer politischen Verantwortung gerecht zu werden und zu einer Fact Finding Mission in die umkämpften Regionen zu reisen, damit gesicherte Informationen aus der Region gewonnen werden können und um zu erfahren, an welchen Grundbedürfnissen es den Menschen fehlt, sodass effektive Hilfe gewährleistet werden kann.
 
Zudem muss mit den politischen Akteuren gesprochen werden, die sich seit Wochen im Kampf gegen den IS befinden. Hierbei muss deren Hand nachhaltig gestärkt werden. Dies kann nur geschehen, indem alle Kräfte in den Lösungsfindungsprozess miteinbezogen werden und nicht allein, indem man sich allein auf populistische Rufe nach einer weiteren Militarisierung der Region beschränkt.
 
Die wichtigste gemeinsame Forderung der kurdischen Organisationen/Vereine/Verbände bezüglich der akuten Situation ist humanitäre Hilfe (Wasser, Nahrung und ärztliche Versorgung sowie Medikamente). Dies gilt vor allem für die Flüchtlinge aus der Region Şengal. Den UN-Angaben zufolge befinden sich derzeit etwa 200.000 Menschen auf der Flucht. Örtliche Berichte sprechen gar von weitaus größeren Zahlen. Ein Teil der Flüchtlinge konnte sich in die 200 Kilometer entfernte kurdische Autonomieregion retten. Entsprechend den Angaben der UN (Stand: 14.8.2014) befinden sich nur noch 1.000 Menschen im Şengalgebirge (Sindschargebirge) eingeschlossen. Ein Teil der Flüchtlinge wurde gerettet, der Großteil konnte aber selbst entkommen. Etwa 50.000 von ihnen haben die Grenze zu Rojava (Nordsyrien) passiert, wo alleine im Newroz-Camp in der Stadt Derik sich laut UNHCR derzeit über 8.000 Flüchtlinge befinden. Allerdings leiden die Menschen auch dort an Lebensmittel- und Medikamentenmangel.
 
Der Kanton Cizîre, in welchem sich das Flüchtlingscamp befindet, ist selbst einem wirtschaftlichem Embargo durch die Türkei und die Barzani-Regierung ausgesetzt und wird von syrischer Seite her von den Dschihadisten des IS attackiert, sodass es an der Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung nicht nur für die Flüchtlinge sondern für die gesamte Bevölkerung des Kantons mangelt. Viele tausende mehr sind den umliegenden Dörfern und Städten in der Gegend untergekommen. Immer noch kommen tausende Menschen in Rojava (Nordsyrien) an. 
 
Es gibt Meldungen aus der Region, die von noch größeren Flüchtlingszahlen sprechen. Lokale Hilfsorganisationen aus Rojava und der kurdischen Autonomieregion im Irak berichten, dass die vom Şengalgebirge entkommenen Menschen extrem erschöpft seien und unter Flüssigkeitsmangel litten. Zudem seien viele der betroffenen Menschen durch die Ereignisse stark traumatisiert worden. Viele hatten über Tage bei hohen Temperaturen mit wenig Wasser und Nahrung in den Bergen ausgeharrt. Aus den Flüchtlingscamps erreichen uns immer wieder Todesmeldungen von Menschen, die infolge der gesundheitlichen Belastung durch die Erlebnisse nicht mehr zu Kräften kommen können, auch weil es in den Flüchtlingslagern an medizinischem Material mangelt.
 
Der Forderung nach humanitärer Hilfe für die Flüchtlinge in allen Flüchtlingscamps muss sofort nachgegangen werden, damit die humanitäre Katastrophe die bereits vorherrscht, sich nicht weiter verschärft.
 
Ziel der Fact Finding Mission soll es sein, anhand der durch die Reise gewonnenen Erkenntnisse über die Situation der geflüchteten und vertriebenen Menschen in Şengal und der Region der Forderung nach humanitärer Hilfe Nachdruck zu verleihen und einen Beitrag für die effektive Verteilung möglicher Hilfen zu leisten.
 
Wer Interesse hat, an Delegationen im Rahmen einer Fact Finding Mission teilzunehmen, kann sich an unser Büro wenden. Alle weiteren Details wie Dolmetscher, Delegationsbegleitung und Kontaktpersonen vor Ort können anschließend besprochen und geklärt werden. (PK)
 
Für weitere Informationen und Rückfragen stehen wir gern per Mail oder unter der Nummer 069-84772084 zur Verfügung. Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V. www.civaka-azad.org // info@civaka-azad.org
Bornheimer Landstraße 48, 60316 Frankfurt
Devriş Çimen ist verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit bei Civaka Azad
 


Online-Flyer Nr. 473  vom 27.08.2014

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