NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

zurück  
Druckversion

Kultur und Wissen
Dr. Seltsams 275. Wochenschau mit Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Interview zum Kampfbegriff Querfront
Von Clara Klemperer

„Was soll eine Debatte um den Begriff Querfront? Ist es an der Zeit, in dieser Sache die Weimarer Republik unter die Lupe zu nehmen? Nicht in erster Linie! Vielmehr geht es um aktuelle imperialistische Strategien, die es darauf anlegen, mit solchen Begriffen das Entstehen einer kraftvollen antiimperialistischen Linken und Friedensbewegung zu unterminieren. Es gibt noch mehr Begriffe und Methoden, die das herrschende Kapital zum Zweck der Desorientierung in seinem Arsenal hat. Einen Blick in die ideologischen Waffenkammern des Imperialismus zu werfen und sich dagegen zu wappnen, darum geht es.“ So lautete der Ankündigungstext auf der website arbeiterfotografie.com zu der Veranstaltung "Kampfbegriff Querfront" in Dr. Seltsams 275. Wochenschau im Brauhaus Südstern am 3.8.2014 in Berlin. Clara Klemperer sprach darüber mit Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, den beiden Gästen von Dr. Seltsam.


Dr. Seltsam mit Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann, Redakteuren der Arbeiterfotografie und der Quartalsschrift DAS KROKODIL
Fotos: arbeiterfotografie.com

Clara Klemperer: Dr. Seltsams 275. Wochenschau hatte ein eigentümliches Motto: Kampfbegriff Querfront! Was ist denn das für ein Thema? Ist das von irgendeiner Bedeutung in unseren Tagen?

Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann: Keine Frage! Die weltpolitische Situation spitzt sich zu. Oder präziser: der US-Imperialismus wird immer aggressiver. Die verschiedenen Kriegsschauplätze drohen sich zu einem dritten Weltenbrand zu entwickeln. Dagegen hat nur eine breite, machtvolle Friedensbewegung eine Chance. Deshalb muss es Ziel der kriegstreiberischen Kräfte sein, zuvorderst also des US-Imperialismus, die Friedensbewegung zu schwächen und möglichst zu zerstören. Deshalb muss die sich entwickelnde Montagsmahnwachen-Bewegung als rechts bzw. neu-rechts gebrandmarkt und linke Unterstützer dieser Bewegung mit dem Querfront-Begriff attackiert werden. Auf diese Weise ist ein Zwist erzeugt, der entscheidend zur Lähmung beiträgt.

Aber ist diese Bewegung denn nicht tatsächlich rechts – neu-rechts? Immerhin hat eine Koryphäe wie Jutta Ditfurth diesen Schmutzbegriff in die Arena geworfen. Und Peter Strutynski vom Friedensratschlag hat sie in der jungen Welt als von der NPD ins Leben gerufen dargestellt.

Ja, das hat er getan. Aber er liefert keine Belege für seine Behauptung. Wir haben ihn vielfach angeschrieben und nach den Belegen gefragt. Siebenmal hat er nicht geantwortet. Parallel haben wir Arnold Schölzel, den Chefredakteur der jungen Welt, angeschrieben. Als der geantwortet und eingestanden hat, dass die Formulierung von Peter Strutynski falsch ist und wir dies Peter Strutynski mitgeteilt haben, hat dieser schließlich reagiert – allergisch. Belege hat er auch in diesem Schreiben nicht geliefert.

Also erübrigt sich der Querfront-Vorwurf und wir können zur Tagesordnung übergehen?

Nein, das können wir nicht. Es gibt sehr wohl eine Querfront. Doch die verläuft ganz anders, als die Strategen des US-Imperialismus und ihre Helfer – wie z.B. Jutta Ditfurth, die wir schon mehrfach in ihrer Rolle der Gegenaufklärung kennen gelernt haben – uns weismachen wollen. Es ist eine Front, die wir kaum für möglich gehalten hatten. Es ist die Front unter anderem derer, die gegen die Friedensmontagsmahnwachenbewegung Stimmung machen. Zu ihr gehören rechte Organe, die offen als Agenten des US-Imperialismus zu erkennen sind: wie DER SPIEGEL, DIE ZEIT, kulturzeit oder die TAZ. Und auf der anderen Seite Publikationen, die dem linken Spektrum zuzurechnen sind: wie Neues Deutschland und junge Welt. Das ist das Erschreckende. Alle machen sie in ähnlicher Weise Stimmung, als hätten sie ihre gemeinsamen Auftraggeber. Trotzdem sehen wir die junge Welt als die beste und informativste Tageszeitung im deutschsprachigen Raum. Deshalb beobachten wir punktuelle Tendenzen der Annäherung an den Mainstream mit besonderer Aufmerksamkeit und Sorge.

Was heißt hier Stimmung machen? Die junge Welt hat in einem Artikel ein großformatiges Foto gebracht, auf dem ein NPD-Funktionär zu sehen war. Was ist daran Stimmungsmache?

Das ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie mit Fotos manipuliert werden kann. Mit dem Foto und der zugehörigen Bildunterschrift wird suggeriert, die Person, die sich unter die Teilnehmer der Mahnwache gemischt hatte, sei charakteristisch für die Zusammensetzung der Mahnwachenteilnehmer oder gehöre gar zu den Initiatoren. Dabei sollte doch mittlerweile bekannt sein, dass die NPD eine Geheimdienstorganisation ist, die bestimmte Funktionen erfüllt. Eine dieser Funktionen besteht darin, durch ihr Erscheinen Bewegungen, die dem Imperialismus gefährlich werden könnten, in Misskredit zu bringen. Auch Lob, das vonseiten einer solchen Organisation vorgebracht wird, soll eine ähnliche Wirkung haben. Ein anderes krasses Beispiel, das wir erlebt haben, war eine Aufklärungsveranstaltung zum Thema 9/11 mit prominenten Kritikern der offiziellen US-Verschwörungstheorie. Im Publikum saß der frühere RAF-Anwalt und heutige Holocaust-Leugner Horst Mahler. Das hatte fast zum Abbruch der Veranstaltung geführt.

Aber ist die Mahnwachenbewegung denn nicht eindeutig antisemitisch? Schließlich wird von ihr die Federal Reserve, die FED zum Thema gemacht. Davon hat auch Dr. Seltsam in der Veranstaltung Euch gegenüber gesprochen. FED stehe für Weltjudentum, hat er dargelegt.

In unserer Ankündigung zur Veranstaltung ist von ideologischen Waffenkammern des Imperialismus die Rede. Eine dieser Waffen ist die Methode, wichtige Sachverhalte, die wegen ihrer zentralen Funktion für das große Kapital nicht publik werden dürfen, mit einer Art Schutzschild zu umgeben. Bei der FED, eines der größten Bankenkartelle in der Weltgeschichte, ist es der Vorwurf des Antisemitismus, mit dem der Weg zur Erkenntnis blockiert werden soll. Mit der rassistischen Bemerkung, Teil des Bankenkartells FED seien so genannte jüdische Bankhäuser, sollen Menschen abgeschreckt werden, sich damit zu befassen. Die Behauptung von Lars Mährholz, des Initiators der Montagsmahnwachenbewegung, die 1913 gegründete FED spiele bei den Kriegen der vergangenen 100 Jahre eine wesentliche Rolle, scheint weit hergeholt, könnte aber Anreiz sein, ihr nachzugehen. Stattdessen werden diese Gedankengänge mit Kampfbegriffen tabuisiert. Immerhin ist mit John F. Kennedy ein Mann ermordet worden, der das Kartell der FED mit der Wiedereinführung staatlichen Geldes brechen wollte.


Dr. Seltsam bei seiner 275. Wochenschau

Dr. Seltsam hat davon gesprochen, dass er im Vorfeld der Veranstaltung Post bekommen habe, in der er dazu aufgefordert worden sei, Euch so richtig einzuheizen. Und es fällt auf, dass es auf seiner eigenen website eine Ankündigung gibt, die sich von der auf der Arbeiterfotografie-website deutlich unterscheidet. Darin ist von Querfront, rechter Friedensbewegung und rechten Strategen, die antiimperialistische Bewegungen zu unterminieren suchen, die Rede, als hätte Dr. Seltsam schon in seiner Ankündigung die Aufforderung zum Einheizen beherzigt.

Das liegt Dr. Seltsam fern. Seine Ankündigung mag im ersten Moment etwas seltsam klingen. Aber die Aussagen dürften anders gemeint sein. Denn es ist richtig: es gibt die Querfront – wie wir dargelegt haben. Sie reicht von linken Medien wie Neues Deutschland oder junge Welt bis hin zu den offenen Flaggschiffen des US-Imperialismus wie WELT, BILD, SPIEGEL, ZEIT oder TAZ. Es gibt rechte Tendenzen in der Linken und der "alten" Friedensbewegung, wenn – wie im Fall BAK Shalom (Bundesarbeitskreis in der Jugendorganisation der Partei DIE LINKE) – gemeinsame Sache mit zionistischen Rassisten gemacht wird. Es ist richtig: rechte Strategen, also die Strategen des Imperialismus, treiben ihr hinterhältiges Spiel. Sie versuchen, die Entwicklung einer breiten, mächtigen Friedensbewegung zu torpedieren. Es ist ein Phänomen, das wir immer wieder beobachten: die eigenen Untaten werden auf andere projiziert – beispielsweise wenn linke Organisationen extrem Rechte wie die so genannten Antideutschen oder andere U-Boote des US-Imperialismus in ihren Reihen haben, diese gewähren lassen oder sogar stützen und damit eine Querfront par excellence betreiben und gleichzeitig eine Querfront-Bildung denen vorwerfen, die notwendige Bündnisse gegen Krieg und Unrecht eingehen wollen.

Verschärft spürbar in den letzten Jahren ist die Kommunikationssteuerung und Diskursverweigerungshaltung… (ist auch praktisch, da sich niemand mit Argumenten wappnen muss)… Argumente sind „out“, Schlagwörter sind „in“.  Dabei lässt sich beobachten, wie ständig neue Blüten getrieben werden: „Homophobie“ und „Sexismus“ ist eine solche Konstruktion. „Linke“ Pfarrer kriegen leuchtende Augen, wenn sie mit diesen Begriffen (und Schaum vorm Mund) zu Felde ziehen. Der Dümmste spricht sein Zauberwort (Verschwörungstheoretiker, Querfrontler, Anti-Dingensbums) und siehe da: es werde Licht. Die Schlacht um die Köpfe (und Bäuche) scheint schon gewonnen.

Immer wieder aufschlussreich ist hier die Anti-Manipulationsfibel „Spin doctors… Gefährdungen der… Demokratie durch Manipulation und Propaganda“ der Schweizer Psychologin Judith Barben (Eikos-Verlag, Baden/Schweiz 2009). Sie erklärt die Funktion „hypnotischer Worthülsen“ und „Negativ-Campaigning“, eine Art Polit-Mobbing als Ausgrenzungsverfahren. Wer es noch nicht bemerkt haben sollte: wir befinden uns im Krieg – schon längst (Christa Wolf sprach vom „Vorkrieg“). Krieg wird vorbereitet, und weil die Mehrheit der Menschen friedliebend und „glückssüchtig“ (Pfarrer Gauck) ist, greift das Militär zur Psychologie. In Wikipedia heißt es zu psychologischer Kriegsführung: „Im NATO-Sprachgebrauch hat sich der Begriff „Psychological Operations“ (PSYOP) durchgesetzt, als Paralleldisziplin zu MEDIAOPS (Media Operations), worunter im zivilen Sprachgebrauch Public Relations/Medienarbeit zu verstehen ist. PSYOPS und MEDIAOPS sind Teilgebiete von INFOOPS (Informational Operations).“

Judith Barben erläutert hierzu: „Um die Kommunikation zu optimieren, wurde die »PsyOp«-Gruppe der US-Armee laut offiziellen Quellen auf 1300 »Kommunikationsprofis« ausgebaut und soll bis ins Jahr 2011 auf 2300 Mitarbeiter erhöht werden. Laut AP-Recherchen verfügt das Pentagon allerdings bereits heute {2009} über eine »globale Propaganda-Maschine« mit 27000 (!) Mitarbeitern, welche »die Meinung der Weltöffentlichkeit (…) steuern«.“ – Ja, wo sind sie denn??

Wer es dennoch mit Analyse versuchen will, der nehme die Einschätzung des AIB, Antifaschistisches InfoBlatt, und seiner „historischen Betrachtung“ des Querfront-Begriffes zur Kenntnis: „Ob der Begriff »Querfront« geeignet ist, das momentan sich scheinbar vollziehende Verschwimmen der Grenzen zwischen »links« und »rechts« präzise zu beschreiben, ist allerdings zweifelhaft. Zum einen entstammt der Begriff einem spezifischen historischen Kontext, der nicht ohne weiteres auf die gegenwärtigen Verhältnisse übertragen werden kann. Zum anderen suggeriert er eine inhaltliche und konzeptionelle Kohärenz, die weder gegenwärtig noch in der Vergangenheit existiert(e).“ (AIB 62 / 1.2004)

Wir glauben, die „Linke“ hat ganz andere Probleme als die der „Querfront“. Wenn der „demokratische Sozialismus“ sich in Mindestlohn-Verhandlungen verstrickt, dann ist die Weltrevolution nicht mehr fern!!!

Wenn sich „Linke“ mehr und mehr von ihren eigentlichen Zielen wie Antikapitalismus, der Antikriegshaltung und des solidarischen Zusammenhalts entfernen – Gysi sich im ARD-Sommerinterview 2010 rühmt, wie er seine Wählerschaft hinters Licht führt (Stichwort: NATO abschaffen), Frau Kipping mit rotem Rock und roter Frisur sich beim Bundespresseball im Arm des damaligen CSU-Bundesinnenministers Friedrich wiegt – stellt sich die Frage: welche Ziele gilt es denn gegen welche (parlamentarische) „Querfront“ mit Zähnen und Klauen zu verteidigen?


Arbeiter-Illustrierte-Zeitung (AIZ) vom 19.4.1934 mit Fotomontage von John Heartfield

Dr. Seltsam hat Euch auf Euren Disput mit Otto Köhler angesprochen. Was hat es damit auf sich?

Der Begriff Disput trifft die Sache kaum. Das war der Versuch von Rufmord. Wir hatten einen Artikel geschrieben: über das Thema NSU, die zweifelhafte Beweislage für die angebliche Täterschaft und eine – abgewiesene – Beschwerde beim Presserat gegen Medien, die den Eindruck erwecken, als stünde ein so genanntes NSU-Mord-Trio bereits als Täter fest. Dieser Artikel erschien u.a. in Ossietzky. Daraufhin hat uns Otto Köhler in der darauf folgenden Ossietzky-Ausgabe in die Nähe von Nazis gerückt. Hier haben wir wieder ein Beispiel dafür, wie diejenigen, die zu bestimmten Erkenntnissen vordringen, attackiert und verunglimpft werden. Die Erkenntnis, dass es in erheblichem Maße DER SPIEGEL gewesen ist, der das NSU-Konstrukt hat entstehen lassen – unter Bezugnahme auf ein angebliches Beweisvideo, das ihm von APABIZ (Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin e.V.) verkauft worden sein soll – darf nicht verbreitet werden. Und auch die Erkenntnis, dass das so genannte Beweisvideo, das das Flammeninferno von Zwickau überlebt haben und von Beate Zschäpe verschickt worden sein soll, keinerlei Beweiskraft hat, darf nicht verbreitet werden. Auch hier haben wir wieder eine erschreckende Querfront. Die Medien von rechts bis links – von WELT bis junge Welt – haben in gleicher Weise gegen das Rechtsstaatsprinzip der Unschuldsvermutung verstoßen und die NSU-Geschichte, die sehr wahrscheinlich der Desorientierung dient, begierig aufgegriffen. Es war und ist wie eine Seuche, maßgeblich vom SPIEGEL in Umlauf gebracht.

Laut Ankündigung sollte es bei Dr. Seltsams 275. Wochenschau darum gehen, einen Blick in die ideologischen Waffenkammern des Imperialismus zu werfen und sich dagegen zu wappnen. Danach seid Ihr aber erstaunlicherweise nicht gefragt worden, so dass davon kaum die Rede war. Klingt ja auch etwas hochtrabend. Was hättet Ihr dazu zu sagen gehabt?

Das ist ein schier unerschöpfliches Feld. Das umfasst all die Methoden der imperialistischen Machtapparate, sich der Köpfe der Menschen zu bemächtigen, sie gewissermaßen zu verseuchen und sie – bewusst oder unbewusst – zu ihrem Werkzeug zu machen. Dazu gehört der überwiegende Teil der Medien mit ihrer unentwegten Desinformation. Dazu gehört die Computer-Spiel-Industrie mit ihren Gewaltspielen. Dazu gehört die Filmindustrie a la Hollywood mit versteckter Ideologie im „SoftPower“-Stil und der Propagierung eines Weltbildes von Gut und Böse. Dazu gehört, Informationsquellen wie wikipedia systematisch auf Linie zu halten und bei Bedarf mit Desinformation zu durchsetzen. Dazu gehört, Aufklärung mit offensichtlich dubiosen Inhalten zu kontaminieren, um so die Aufklärung ins Abseits zu manövrieren – wie das bei einer Reihe von Verlagen zu beobachten ist.

Dazu gehört das Erzeugen von Feindbildern wie Milosevic, Saddam Hussein, Ahmadinedschad, Gaddafi oder aktuell Assad und Putin – verbunden mit einer sagenhaften Hitler-Inflation. Übrigens ist auch Hitler selbst in dieser Hinsicht ein Phänomen. Hitler: war das ein Einzelgänger – oder wie der heutige Präsident der Akademie der Künste Klaus Staeck es auf die Spitze trieb – ein Mitläufer? Wir sehen Hitler als nützlichen Psychopathen. Diejenigen Kräfte, die ihn seinerzeit aufgebaut und gestützt haben, haben ihn inzwischen zum Jahrhundertfeindbild umfunktioniert. „Zu Silvester 1938 setzte das US-Magazin Time den Führer als »Man of the Year«, als Friedensheld, auf die Titelseite“, wie Arnold Schölzel in der jungen Welt schreibt. Heute wird er von den gleichen Kräften als das absolute Böse benutzt.


Arbeiter-Illustrierte-Zeitung (A-I-Z) vom 16.10.1932 mit Fotomontage von John Heartfield – Millionen stehen hinter mir (nicht nur in Deutschland und nicht nur das deutsche Kapital)

Zu den Instrumenten in den ideologischen Waffenkammern des Imperialismus gehört ganz besonders auch die Planung und Durchführung von so genannten False-Flag-Operationen – wie Sender Gleiwitz, Pearl Harbor oder 9/11 – mit denen Feindbilder auf eine besonders perfide Art und Weise in die Köpfe hinein manipuliert werden.

Und dazu gehört die Zersetzung von Organisationen, die dem herrschenden System gefährlich werden könnten, wie wir das in der Linken beobachten. Dazu gehört das Besetzen von Schaltstellen in solchen Organisationen. Wir haben damit zur Genüge Bekanntschaft gemacht: in einem linken Medienverbund, Teilen der Friedensbewegung oder globalisierungskritischen Organisationen zum Beispiel. Dazu gehört auch das Schaffen von Organisationen. So genannte Menschenrechtsorganisationen sind dafür gute Beispiele. Nach Recherchen von Hans-Rüdiger Minow waren zwei Mitbegründer der Deutschen Sektion von Amnesty International Teil des CIA-Netzes. Oder über einen der ersten NPD-Vorsitzenden, Adolf von Thadden, ist bekannt geworden, dass er Agent des britischen Geheimdienstes MI6 war.

Und dazu gehören Ablenkungsmanöver wie die ständigen Nazi-Aufmärsche oder das bereits erwähnte NSU-Konstrukt, mit denen die Aufmerksamkeit und das Engagement vieler Menschen in die Irre geleitet werden sollen – Ablenkung von den großen Verbrechen und Verbrechern, die in den Chefetagen der Machtzentralen der kapitalistischen Welt sitzen und die die rechte Szene zu einem erheblichen Teil steuern (Stichwort Gladio – Geheimarmeen der NATO).

Dazu gehört das Agenda- und Frame-Setting – also das Orientieren der Öffentlichkeit auf bestimmte Themenfelder und das Ausblenden von „störenden“ Themen und Sichtweisen. Auch die Vorgabe, wie Sprache zu gebrauchen ist, gehört dazu. Wie selbstverständlich wird von palästinensischem Terror gesprochen, nicht aber vom israelischen Terror-Regime. Gesprochen wird von der radikal-islamischen Hamas, nicht aber vom radikal-zionistischen Israel. Die Rede ist unentwegt von Islamisten. Entsprechungen für Christen und Juden sind tabu.

Oder – wie wir bereits dargelegt haben – gehört das Schaffen von Kampfbegriffen dazu. Als Verschwörungstheoretiker werden diejenigen bezeichnet, denen es um Aufklärung verborgener Sachverhalte geht. Als anti-amerikanisch werden diejenigen bezeichnet, die die Kapital-Verbrechen des US-Imperialismus anprangern. Als antisemitisch werden diejenigen bezeichnet, die die Verbrechen Israels beim Namen nennen, und sogar diejenigen, die den Kapitalismus durch eine gerechte Gesellschaftsordnung ersetzen wollen. Oder – wie wir gesehen haben – werden diejenigen, die notwendige Bündnisse im Kampf für Frieden und eine gerechte Gesellschaftsordnung schaffen wollen – als Querfrontler diffamiert. Der Ideenreichtum der Machthaber ist unermesslich.


Dr. Seltsam hinter seinem Gästebuch, in dem Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann den 275. Eintrag hinterlassen haben

Ihr seid bei Dr. Seltsam als Redakteure der Arbeiterfotografie und der Quartalsschrift DAS KROKODIL aufgetreten. Was hat das miteinander zu tun?

Arbeiterfotografie, eine Organisation politisch engagierter FotografInnen (und Medienschaffender), muss – um wirkungsvolle Projekte realisieren zu können – hinter die Kulissen dessen blicken, was sich vor unseren Augen abspielt. Dazu will DAS KROKODIL einen Beitrag leisten. Das eine ergänzt das andere.

Aus den Anfängen der historischen Arbeiterfotografie-Bewegung sind uns Willi Münzenberg als Medienmacher und – spätestens im französischen Exil – als Akteur eines breiten Bündnisses gegen den National“sozialismus“ bis heute vorbildlich, wie auch der geniale Fotomonteur John Heartfield, der im Münzenberg-Konzern für die A-I-Z, die Arbeiter-Illustrierte-Zeitung, unvergleichliche Titelseiten montierte, deren frappierender Witz die Absurdität des damaligen Polit-Theaters aufdeckte. Bis heute werden diese Bildwerke nicht nur verstanden, sie überzeugen und begeistern nach wie vor.

DAS KROKODIL: das ist auch Satire und Kunst. Es agiert in einem Kasperle-Theater, das sich kindliche Unschuld und vor allem Unbefangenheit bewahrt: Game Over und denk von vorn! Große Vorbilder haben wir auch hier: Tucholsky mit seinem ungeheuren Spektrum („Was darf Satire? Alles!“ Bis hin zu: „Soldaten sind Mörder“) und Heartfield schufen 1929 gemeinsam den Spottband „Deutschland, Deutschland über alles“. (PK)


Arbeiterfotografie, Ausgabe 96/97


DAS KROKODIL, Grundsatzschrift für die Freiheit des Denkens – bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch, Ausgabe 9 mit Schwerpunkt Mahnwachenbewegung für den Frieden und Querfront, Ausgabe 6 mit 12 Extra-Seiten „Köhlerland – dem Denken abgewandt“

Online-Flyer Nr. 471  vom 13.08.2014

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE