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Sudan weiter Schauplatz militärischer Auseinandersetzungen mit den Rebellen
Hilfe für die Menschen in den Nuba-Bergen
Von Christian Glöckner

Bereits seit vielen Jahrzehnten ist der Sudan ein von Krieg gezeichnetes Land. In zentralen Belangen wie politische Macht, Zugriff auf Ölvorkommen, Stammes- und Religionszugehörigkeit besteht ein hohes Konfliktpotential, das sich immer wieder in gewaltsam ausgetragenen Kämpfen entlädt. Meist stehen militante Rebellengruppen einer nicht weniger gewaltbereiten Regierung gegenüber, die allesamt ihre nur schwer durchschaubaren Interessen auf Kosten der Zivilbevölkerung durchzusetzen versuchen.


Krieg mit den Rebellen im Südsudan
Alle Fotos: www.cap-anamur.org
 
Der 1983 ausgebrochene zweite Sezessionskrieg, in dem die Rebellengruppe SPLA (Sudan People´s Liberation Army) um Autonomie für die südlichen Regionen des Sudans gekämpft hat, endete 2005 mit einem Friedensabkommen. Ein darin vertraglich vereinbartes Referendum führte 2011 auch tatsächlich zur Unabhängigkeit des Südsudans als souveränem Staat. Die mittlerweile zu SPLM (Sudan People´s Liberation Movement) umbenannte Rebellengruppe wurde zur offiziellen Regierungspartei des neu geschaffenen Staates. SPLM-Anführer Salva Kiir wird zum Präsidenten ernannt, sein Mitstreiter Riek Machar zum Vizepräsidenten. Die Hoffnung auf eine gewaltfreie Zukunft konnte damit jedoch nicht erfüllt werden.
 








 
 
Kriegsschauplatz Südkordofan
 
Insbesondere der ölreiche Bundesstaat Südkordofan, der seit der Staatenteilung offiziell zum (Nord-)Sudan gehört, blieb weiterhin Schauplatz militärischer Auseinandersetzungen. Überzeugt von der Zugehörigkeit Südkordofans zum Südsudan schlossen sich dort Ende 2011 mehrere Rebellengruppen zur SFR (Sudan Revolutionary Front) zusammen und liefern sich seitdem erbitterte Kämpfe mit der nordsudanesischen Regierungsarmee um Machthaber Omar al-Bashir. Unzählige Zivilisten flüchten vor den Bodenkämpfen und den flächendeckenden Bombardements in die Höhlen der Nuba-Berge, die sich über den gesamten Bundesstaat erstrecken.
 
In Lwere, einem Dorf inmitten der Nuba-Berge betreibt die Hilfsorganisation deutscher Not-Ärzte Cap Anamur ein Krankenhaus. Hier und in vier Gesundheitsstationen im Umkreis von 100 Kilometern behandeln unsere Mediziner die Zivilisten und versorgen sie mit Lebensmitteln. Mit einer „Feeding-Center“ für unterernährte Kinder und speziellen Impfprogrammen kümmern wir uns vor Ort um die erschöpften und häufig traumatisierten Menschen. Allein im Dezember 2013 haben wir über 9.000 Patienten behandelt. Knapp 500 Frauen konnten wir in ihrer Schwangerschaft betreuen und mehrere tausend Menschen mit Lebensmittelrationen versorgen.
 
Medikamente und Nahrungsmittel erhalten wir hauptsächlich über unsere Versorgungswege, die aus dem südsudanesischen Bundesstaat Unity in die Nuba-Berge führen. Zehntausende Zivilisten, zumeist Angehörige des Volkes der Nuba, flüchteten bereits entlang dieser Wege in Richtung Süden, um den Gefahren des Krieges zu entkommen. Viele von Ihnen sind dort im Flüchtlingscamp Yida untergekommen. Doch in Sicherheit befinden sich die Menschen auch hier nicht.







Südsudanesische Machtkämpfe
 
Während die Geflüchteten in Yida bestrebt sind, ein Minimum an Normalität in ihr Leben zu bringen, bricht Mitte Dezember 2013 ein zweiter Konflikt aus. Diesmal auf dem Staatsgebiet des Südsudans. Bereits Mitte vergangenen Jahres kommt es zum Bruch zwischen dem südsudanesischen Präsidenten Kiir und seinem Vize Machar. Kiir wirft Machar einen Putschversuch vor, entlässt ihn aus der Regierung und inhaftiert rund ein Dutzend seiner Gefolgsleute. 
 
Als Anführer eines mit ihm sympathisierenden SPLM-Arms versucht Machar schließlich, seine Macht gewaltsam wiederzugewinnen. Da die beiden Widersacher unterschiedlichen Volksgruppen angehören – Kiir zählt zu den Dinka, Machar zu den Nuer – wird die Auseinandersetzung zudem noch von dieser seit langem schwelenden Stammesfehde angeheizt. Ungeachtet tausender Opfer bekämpft Machar seit Mitte Dezember die Regierungsarmee im eigenen Land. Militärische Unterstützung erhält Kiir auf der Gegenseite von der ugandischen Armee. Ausgehend von der Hauptstadt Juba breitet sich der Konflikt wie ein Flächenbrand rasch über das ganze Land aus und ergreift auch den Bundesstaat Unity.
 
Schon wieder befinden sich die Menschen im hier gelegenen Flüchtlingscamp Yida in Lebensgefahr. Bis Mitte Januar 2014 haben sich die Kämpfe so weit ausgebreitet, dass die Verbindungswege zwischen Unity und den Nuba-Bergen unter Beschuss stehen. Die Bewohner des Camps haben also eine zweifelhafte Wahl: entweder bleiben sie im südlichen Kriegsgebiet Unity oder flüchten entlang des gefährlichen Weges zurück in die Nuba-Berge, also ins nördliche Kriegsgebiet. Insbesondere auf die Kinder hat diese aussichtslose Lage eine traumatisierende Wirkung.




 
Konflikte mit offenem Ende
 
Auch für das Hilfsprojekt von Cap Anamur hat dieser zweite Konflikt erhebliche Konsequenzen. Die Lebensmittel- und Medikamentenlieferungen an unsere Krankenstationen in den Nuba-Bergen bleiben aus, Impfprogramme müssen gestoppt werden. Es wird immer schwieriger, unsere zahllosen Patienten zu versorgen. Während die Versorgungswege gekappt sind, halten die Bombardements durch die nordsudanesische Regierung weiter an. Die Menschen in den Nuba-Bergen sind nach der langen Konfliktzeit müde und wünschen sich nichts sehnlicher als ein Ende der Kriege. Sie wollen in ihre Dörfer zurückkehren und wieder ihre Felder bestellen.
 
Am 23.01.2014 haben Verhandlungen zwischen Vertretern von Kiir und Machar in Äthiopien zwar einen provisorischen Waffenstillstand erwirkt. Eine tatsächliche Entspannung der Lage ist jedoch nicht in Sicht. Während Machar den Konflikt erst beenden will, wenn seine inhaftierten Gefolgsleute frei gelassen werden, weigert sich Kiir dieser Forderung nachzukommen. Alle am Krieg beteiligten Parteien begegnen sich nur in größtem Misstrauen. Während der Internationale Strafgerichtshof prüft, inwieweit sich al-Bashar, Kiir und Macher in der langen Serie bisheriger Auseinandersetzungen an Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben, ist für die Zivilisten nicht an Frieden zu denken. Die Lage in den Nuba-Bergen bleibt in höchstem Maße ungewiss. (PK)
 
 
Spendenkonto: Sparkasse KölnBonn, KTO: 2 222 222, BLZ: 370 501 98,
IBAN DE85 3705 0198 0002 222222, SWIFT-BIC COLSDE33
Verwendungszweck: „Nuba-Berge“
 
Weitere Informationen erhalten Sie über stefanie.miebach@cap-anamur.org und
www.cap-anamur.org


Online-Flyer Nr. 444  vom 05.02.2014



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