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Kommentar
Ronald Pofalla
Die Armutswanderung eines Merkel-Knappen
Von Ulrich Gellermann

Es war einer der besinnlichen Tage während der Koalitionsverhandlungen. Der politische Betrieb stockte faktisch. Denn erst nach der Bildung einer neuen Regierung würde es wieder richtig losgehen. Ronald Pofalla, Chef des Bundeskanzleramtes, saß in seinem Büro und rechnete so vor sich hin: Da waren die 8.000 Euro monatlich aus seinem Bundestagsmandat, dazu kamen die rund 14.000 Euro monatlich aus seiner Tätigkeit als Bundesminister für besondere Aufgaben, macht unterm Strich 22.000. Aber die Kosten! Zwei Scheidungen, also zweimal Unterhalt. Pofalla seufzte, zog das Kleingeld aus der Hosentasche, zählte und kam auf magere zweidreiundfünfzig. Es konnte nicht mehr so weitergehen.

Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Karikatur: Kostas Koufogiorgos
www.koufogiorgos.de

Der arme Pofalla - mit einem schweren karnevalesken Akzent auf die Welt gekommen, verschärft durch ein durchdringendes Näseln - hatte schon während des Studiums Finanzprobleme. Aber der junge, aufstrebende CDU-Politiker fand einen reichen Gönner, der ihn mit monatlich 1.200 Mark unterstützte. Der Unternehmer Bernhard Josef Schönmackers, der mit dem CDU-Jungstar einen "Beratervertrag" abschloss, betrieb im Kreis Kleve eine Reihe von Entsorgungs- und Umweltfirmen. Wer aus Müll Gold machen will, der muss mit den Ämtern reden. Und in den Ämtern sitzen die Parteileute. Dort wird über die Vergabe der kommunalen Müllentsorgung entschieden. Deshalb war eine Investition in den geldhungrigen Pofalla eine gute Investition. Sinn und Zweck dieser Anlage, sagte Schönmackers, habe in "der politischen Unterstützung des Aufbaus und der Erweiterung unseres Betriebes“ bestanden."
 
Als Pofalla mal wieder in Geldnot war, seine Ehe war 1996 in die Brüche gegangen, brauchte der arme Ronald, obwohl er längst gut bestallter Rechtsanwalt war und auch seine Bundestags-Diäten seit sechs Jahren pünktlich eintrafen, mal wieder dringend Geld: 150.000 Mark. Sein Unternehmerfreund ließ sich nicht lumpen und legte die Summe auf den Tisch. Schönmackers wunderte sich allerdings, dass der CDU-Funktionär das Geld bar haben wollte. Er hatte angenommen, "dass solche Geldbewegungen von Konto zu Konto zu erfolgen haben". Und als der Müllbaron mal wieder Besuch von der Steuerfahndung bekam, gab er zu Protokoll, er habe seinen Schützling Pofalla "regelmäßig" auf die Rückzahlung angesprochen, der aber habe "jedes Mal weiterhin den Wunsch geäußert, diese Rückzahlung zu verschieben". Ob das Darlehn jemals zurückgezahlt wurde, ist unbekannt.
 
Immer wenn es um dubioses Geld geht, ist Ronald zur Stelle. Als in den 90er Jahren der CDU mal 2,1 Millionen abhanden gekommen waren und Kanzler Kohl zwar zugab, dass er das Geld an der Kasse seiner Partei und dem Fiskus und dem Parteiengesetz vorbei gemogelt hatte, aber leider den Spendern ein Schweigegelöbnis gegeben habe, da war es ausgerechnet die Anwalts-Sozietät, in der Pofalla tätig war, die sich des Kohl-Omerta-Falles annahm. Die Sozietät Holthoff-Pförtner (Essen/Berlin) erreichte im Fall Kohl, dass das Verfahren gegen die Zahlung von 300.000 DM eingestellt wurde. Man weiß nicht, ob dieser lumpige Betrag von Schönmackers gezahlt wurde. Oder ob der Sozietätschef Holthoff-Pförtner eingesprungen ist. Können hätte er schon können: Immerhin ist er Sprecher der "Funke Familien Gesellschaft" (früher WAZ-Medien-Gruppe), die mit 27 Tageszeitungen, 13 Wochenzeitungen, 175 Publikums- und Fachzeitschriften, 99 Anzeigenblättern und 400 Kundenzeitschriften eine gute Milliarde Umsatz jährlich anschafft.
 
Als steuerliche Ermittlungen gegen Holthoff-Pförtner liefen, fanden die Finanzbeamten bei Pofalla einen "ungeklärten Vermögenszuwachs“ in Höhe von 700.000 Mark. Im Laufe des Verfahrens bejahte die Staatsanwaltschaft Kleve einen Tatverdacht und sprach sich für eine Hausdurchsuchung aus. Dazu musste aber die Immunität des Bundestagsabgeordneten aufgehoben werden. Als das dann gelang, war bei Pofalla nichts mehr zu finden. So blieb die Herkunft einer knappen Million "Vermögenszuwachs" ungeklärt. - Wer heute auf die offizielle Bundestags-Web-Seite des CDU-Bundestagsabgeordneten geht, findet unter dem Punkt "Veröffentlichungspflichtige Angaben" einen höchst interessanten Hinweis: "Individuelle Erläuterungen zu den Veröffentlichungspflichtigen Angaben finden sich auf der Homepage von Ronald Pofalla". Wer diesem Link folgt, findet auf der Pofalla-Homepage: NICHTS. Obwohl der Bundestag zwingend vorschreibt, dass zum Beispiel "Entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat" oder "Funktionen in Unternehmen" angegeben werden müssen, prangt Pofallas Mitarbeiter-Foto nach wie vor auf der Website der dubiosen Sozietät Holthoff-Pförtner. Wer so lange auf dem Schoß der Kanzlerin gesessen hat, der muss sich augenscheinlich nicht an die Regeln halten.
 
Als nun der arme Pofalla sich seiner Armut bewusst wurde, beschloss er in finanziell bessere Gefilde der Bundesrepublik abzuwandern. Zwischen 1,2 und 1,8 Millionen jährlich schwebten ihm vor. Die Summen, sagte er sich, könnten doch zum Bespiel beim Staatsbetrieb Deutsche Bahn zu erzielen sein. Wann er seine Wünsche der Frau Merkel vorgetragen hat ist unbekannt. Sicher ist nur, er wird ihr einen Vorschlag gemacht haben, den die Kanzlerin nicht hat ablehnen können. Denn so einer wie Pofalla weiß viel. So einer muss abgefunden werden. Und wer jetzt laut MAFIA schreit, der beleidigt die ehrenwerte Gesellschaft. Denn die würde ihre unlauteren Geschäfte nie so schamlos in aller Öffentlichkeit abwickeln. (PK)
 
Das Buch zum Schmock finden Sie unter http://www.amazon.de/Der-Schmock-Das-bekannte-Unwesen/dp/3844276165
 
Diesen Kommentar hat uns Ulrich Gellermann von der Rationalgalerie http://www.rationalgalerie.de/schmock/ronald-pofalla.html zukommen lassen.
  


Online-Flyer Nr. 440  vom 08.01.2014

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