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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Globales
Tagebuchtexte zu unserer Solidaritätsreise nach Griechenland – Teil VII
Obdachlosenzentrum und LehrerInnenstreik
Von Gisela, Andy und Manfred

Um sich selbst ein Bild von den verheerenden sozialen Zuständen zu machen, reiste im September eine Gruppe von GewerkschafterInnen zum dritten Mal nach Griechenland. Ihr Ziel: Kontakte von den ersten Begegnungen zu vertiefen und neue aufzubauen mit denjenigen, die sich seit drei Jahren gegen die von der Troika verordneten Spardiktate zur Wehr setzen. Und sie wollten den griechischen KollegInnen zeigen, dass es auch im relativ ruhigen Deutschland Menschen gibt, die sie solidarisch unterstützen. Hier der siebente Teil der Tagebuchtexte von dieser dritten Solidaritätsreise. – Die Redaktion 


Demonstration zum LehrerInnenstreik
Fotos: Andy

 
Freitagnachmittag, 27.09. Besuch im Obdachlosen-Zentrum KLIMAKA
 
Wir sind um 18.00 Uhr im Zentrum zur Unterstützung von obdachlosen Menschen KLIMAKA verabredet. Es ist eines von mehreren Zentren, die KLIMAKA betreibt. Jennifer hatte uns diesen Kontakt vermittelt. Manfred, Andi, Reinhard und ich fahren nach Keramikos im Westen von Athen. In einer ruhigen Seitenstraße ist das bunt bemalte Haus gleich zu erkennen. Wir kommen in einen begrünten Innenhof, der als Café genutzt wird und in dem viele Leute sitzen, etwas trinken und sich unterhalten. Im kleinen Büro treffen wir Giorgos und Leo, beide aktiv bei KLIMAKA. Auf ihre Frage nach unserer Gruppe und unseren Aktivitäten berichten wir auch, dass wir den Ort besucht haben, an dem der antifaschistische Sänger Pavlos Fissas ermordet wurde. Giorgios erzählt, dass Pavlos ein guter Freund von ihm war. Für KLIMAKA hat er sich sehr engagiert, Konzerte gegeben, Nachbarschaftshilfe, Essen- und Kleidersammlungen organisiert. Sein Tod sei ein großer Schock und ein Riesenverlust. Wir versprechen, ihnen die antifaschistische Rede, die Rolf am Tatort gehalten hat, zu schicken.
 
Wir unterhalten uns auf Englisch, weil keiner unserer griechischen Freunde, die unermüdlich für uns gedolmetscht haben, Zeit hat. Leo spricht ausgezeichnet Englisch, weil er in England zur Schule gegangen ist. Er ist, wie viele, die in dieser solidarischen Struktur ohne Bezahlung arbeiten, selbst obdachlos. Giorgios hat, wie wir später erfahren, erst seit kurzem wieder Job und Wohnung. Sie organisieren das Büro oder arbeiten in der Küche.
 
Wir erfahren, dass Obdachlosigkeit nicht neu in Griechenland ist. Seit der Krise und den Spardiktaten hat sich allerdings das Profil der Menschen, die auf der Straße leben müssen, total verändert. Während früher meist Alkohol- oder drogenabhängige Menschen betroffen waren, sind es heute ganze Familien oder Einzelpersonen, die von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit verloren haben und ohne Einkommen Essen und Wohnung nicht mehr bezahlen können. Diese neue soziale Gruppe hatte vorher einen guten oder akzeptablen Lebensstandard. Wenn hier von Obdachlosigkeit gesprochen wird, heißt das, keine Wohnung zu haben, auf der Straße oder in leerstehenden Häusern mit vielen Menschen zusammen in einem Raum schlafen zu müssen, ohne Strom und Wasser. Vor zwei Jahren hat KLIMAKA geschätzt, dass es 20.000 obdachlose Menschen in ganz Griechenland gab. Wie viele es heute sind, ist nicht bekannt. Erst vor anderthalb Jahren wurde Obdachlosigkeit als soziales Problem in Griechenland per Gesetz anerkannt, nicht jedoch die Obdachlosen selbst. Sie haben kein Recht auf irgendeine Form von Unterstützung, z. B. freie medizinische Behandlung. Erst vor drei Monaten haben sie mit 200 bis 300 Menschen, die auf der Straße leben, einen Marsch zum Parlament gemacht, um eine Erklärung an den Parlamentspräsidenten zu übergeben. Der Präsident hat die Erklärung entgegengenommen und offiziell anerkannt, dass es obdachlose Menschen gibt. Das war für sie ein großer Erfolg. Es gibt im Internet ein Video über die Aktion, in das wir kurz reinschauten.
 
KLIMAKA wurde vor 11 1/2 Jahren von einem Psychiater gemeinsam mit Freunden gegründet. Alle Aktivitäten werden ausschließlich durch Spenden finanziert. Das Zentrum organisiert Nahrung, Kleidung, Übernachtungsmöglichkeiten oder vermittelt an andere Zentren oder Krankenhäuser. Sie warten nicht, bis obdachlose Menschen hierherkommen, sondern suchen sie in den Straßen auf und leisten ambulante erste Hilfe. Im Haus selbst gibt es neun feste Schlafplätze. Um länger hierbleiben zu können ist die Bedingung, keine ansteckende Krankheit und einen legalen Aufenthaltsstatus zu haben. Ansonsten ist KLIMAKA offen für alle, unabhängig von Religionszugehörigkeit oder Herkunft. Wer hier keinen Schlafplatz bekommen konnte, kann jeden Tag herkommen, Kaffee trinken, einen Snack essen, seine Wäsche waschen und anderweitige Hilfe bekommen. Zweimal pro Woche gibt es eine warme Mahlzeit. Das Zentrum hat täglich von 9.00 bis 21.00 Uhr geöffnet.
 
KLIMAKA hat eine Firma gegründet, in der Obdachlose arbeiten können. Sie holen Papierabfälle z. B. von großen Unternehmen ab und verkaufen sie an Recyclingfirmen weiter. Das erwirtschaftete Geld wird unter den Beschäftigten geteilt. Wer dort arbeitet und hier im Haus wohnt und so etwas Geld sparen kann, schafft es nach einiger Zeit eventuell, wieder eine eigene Wohnung zu bezahlen.
 
Wir fragen, ob Menschen, die auf der Straße leben müssen, auch von Faschisten attackiert werden, wie bei uns. Das sei bis jetzt noch nicht der Fall. Sie schließen aber nicht aus, dass das noch passiert. Die Faschisten greifen vor allem MigrantInnen an oder versuchen in den Schulen junge Leute zu manipulieren. Viele Obdachlose haben aber, wie bei uns, Angst vor der Polizei. Die Griechen seien allerdings nicht so diszipliniert wie die Deutschen. Wenn sie von der Polizei vertrieben werden, kommen sie am nächsten Tag einfach wieder, sagt Leo und lacht.
 
Giorgios und Leo berichten weiter, dass MieterInnen, die ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können, nach 90 Tagen rausgeworfen werden. Wenn man den Kredit für ein Haus mit erstem Wohnsitz nicht mehr zahlen kann, fliegt man nicht raus. Aber jeder zweite Wohnsitz, wie ein Sommerhaus, wird beschlagnahmt.
 
Obdachlose haben nichts, sollen aber Steuern zahlen, einfach weil sie existieren. Wer nicht mit Quittungen nachweisen kann, dass er 750 Euro im Jahr ausgegeben hat, muss 120 Euro im Jahr zahlen. Diese Schulden sammeln sich natürlich an und ab 1000 Euro Schulden kannst du mit Knast bestraft werden. Angewendet wird dieses Gesetz aber nicht. Vor dem Zweiten Memorandum gab es überhaupt keinen Knast, wenn man Schulden beim Staat hatte. Danach wurde die Grenze bei 50.000 Euro festgelegt und heute eben schon bei 1000 Euro. Für Schwarzfahren gibt es z. B. 80 Euro Strafe. Bei Nichtzahlen geht das Ganze irgendwann ans Finanzministerium und erhöht sich auf 600 Euro. Wenn dir das zweimal passiert, hast du die Grenze schon überschritten.
 
Wir fragen, ob es hier auch große Proteste bei Wohnungsräumungen gibt wie in Spanien. Das sei nicht gelungen. Es sei sehr schwer die Leute zusammenzubringen und zu organisieren.
Tommi kommt ins Büro und setzt sich zu uns. Er hat früher auf Mykonos in einem großen Restaurant als Koch gearbeitet. Das Restaurant musste schließen und er hat seinen Job verloren. Danach hat er ein Jahr in Krankenhäusern übernachtet. Er ist durch die Flure gestreift, hat sich in der Menge verloren, bis er irgendwo einen Platz zum Schlafen gefunden hat. Ernährt hat er sich in dieser Zeit aus Mülltonnen. Anfangs kam er als Tagesklient zu KLIMAKA. Jetzt hat er hier im Haus einen festen Schlafplatz und auch Arbeit.
 
Wir fragen, wie wir KLIMAKA unterstützen können. Jorge sagt, wir sollen alle Leute in Deutschland darüber informieren, wie schlimm die Lage der Menschen in Griechenland ist. Wir versprechen, unser Bestes zu tun und verabschieden uns herzlich voneinander. Weil sie kein Bargeld annehmen, werden wir eine Spende von 500 Euro auf das Konto von KLIMAKA überweisen.

Solidaritätskundgebung für die streikenden LehrerInnen
 
Freitagabend, 27.9. - Der Streik der LehrerInnen
 
Abends kamen noch Vassia und Nikos vorbei, das Lehrerehepaar, das trotz zwei Wochen Streik, Debatten und Versammlungen und sichtlichen Ermüdungserscheinungen uns noch über den vergangenen Lehrerstreik berichten wollte. Jennifer kam auch, die sich uns schon die ganze Woche als hervorragende Übersetzerin zur Verfügung gestellt hatte, sie hatte noch einen Gewerkschafter von der "Buch und Papier" mitgebracht, Dinos, der sich später dann noch in die allgemeinere Diskussion einbrachte. Es ist überhaupt auffallend, wie griechische KollegInnen mit uns sprechen wollen, alleine auf die Nachricht hin, dass wir da sind. Das kann ich mir für Deutschland zurzeit gar nicht vorstellen.
 
Die Gewerkschaft für die SekundarstufenlehrerInnen OLME (die GrundschullehrerInnen haben eine eigene Gewerkschaft) hatte direkt mit dem Schulbeginn am 17.9. zum Streik aufgerufen. Anlass waren die massiven Angriffe auf die Schulen und LehrerInnen, von der Entlassung aller Hausmeister, den Schulzusammenlegungen mit der Folge von freiwerdenden LehrerInnen, größeren Klassen, längeren Schulwegen, Versetzungen in die Grundschule und in die „Mobilitätsreserve“, d.h. in die Vorstufe der Entlassung. Die Parole bei Beginn des Streiks war gewesen, die herrschende Politik zu Fall zu bringen, praktisch also die Regierung zu stürzen.
 
Auf die Frage, ob ihr Kampf wie erwartet gelaufen sei, meinte Nikos, es wäre anders als erwartet gelaufen. Sie hätten erwartet, dass sie mit ihrem Streik sozusagen den Auftakt bilden würden und dass der Öffentliche Dienst insgesamt nachziehen und ihnen damit die Kraft geben würde länger durchzuhalten. Es habe auch tatsächlich einige Bereiche des Öffentlichen Dienstes (ÖD) gegeben, die gestreikt und sie unterstützt hätten. Der entscheidende Moment war aber der ausgebliebene Streik der GrundschullehrerInnen. Obwohl die linken Kräfte alles versuchten, war die Gewerkschaftsführung dagegen. Die Leute der Regierungsparteien PASOK und ND, aber auch die der PAME waren dagegen. Da diese entscheidende Unterstützung ausblieb, wurde der Streik schwächer, obwohl anfänglich die Beteiligung bei 90% lag, was sehr hoch ist angesichts einer durchschnittlichen Streikbeteiligung von 7%. (Tatsächlich hatte sich die Gewerkschaft der GrundschullehrerInnen nur dazu durchringen können, zwei Tage lang, am Dienstag und Mittwoch dieser Woche, zu streiken.)
 
Sie seien, so Nikos, sowieso in einer Phase, in der alle Branchengewerkschaften verstanden hätten, dass sie nichts mehr alleine erreichen könnten. Da nun aber weder die GrundschullehrerInnen noch der Öffentliche Dienst generell (der auch nur für zwei Tage in dieser Woche aufgerufen hatte) sich dem unbefristeten Streik anschlossen, war es auch nicht möglich, die Politik gegen das Schulsystem und den ÖD zu Fall zu bringen. Obwohl sich viele Leute radikalisiert hätten, habe es an der Gewerkschaftsführung gelegen, dass diese Radikalisierung nicht ausgenutzt wurde. Die positive Stimmung zeigte sich bei der Demo am 17.9., bei der ca. 30 000 dabei waren, gewohnt ist man 3- bis 4000.

Solidarisch mit den Streikenden
 
Die Leute sind jetzt zwar enttäuscht, aber eine Niederlage war es nicht. Im Oktober gibt es neue Versammlungen, und es ist ja klar, dass die Troika neue Verschlechterungen aufdrücken wird. Deren Vertreter sind gerade in Athen. Der Kampf geht weiter. Wichtig ist zu sehen, dass es nicht nur um das Recht auf Bildung geht, sondern insgesamt um das Recht auf öffentliche Güter allgemein. Dieser Kampf geht über die Lehrer hinaus und betrifft sehr viele Menschen. Die Frage ist, wie diese Betroffenheit in Aktionen umgesetzt werden kann.
 
In der letzten Zeit war das Verhalten der GSEE total skandalös (GSEE ist der Dachverband der Privatindustriegewerkschaften): Er hat in den letzten zwei Wochen nicht einmal zur Unterstützung aufgerufen, er trägt die Sparpolitik mit, seine Führung ist in den Händen der Regierungsparteien. Allerdings sind überhaupt nur 15% der Beschäftigten in der Privatindustrie organisiert, dort herrscht Angst vor Arbeitslosigkeit. (m ÖD sind 90% organisiert.) Aber auch in gut organisierten Breichen wie Elektrizitätsversorgung, die halb öffentlich ist, ist nix passiert.
 
Die Regierung wendete bisher eine Salamitaktik an, erst die Unis, dann die Sekundarstufe 2-Schulen, später kommen die Grundschulen dran. Jetzt, wo alle Bereiche angegriffen werden, hoffen sie auf einen gemeinsamen Kampf.
 
Die Rolle der PAME
 
Die PAME hat sich wie die Feuerwehr verhalten, d.h. sie hat die existierenden Funken wieder ausgelöscht. Sie unterstützt nichts, was sie nicht unter Kontrolle hat und was evtl. nur Syriza nützt. Tatsächlich benutzten die PASOK- und ND-Leute die PAME als Schild, hinter dem sie sich in ihrer Ablehnung verstecken können.
 
Was man den PAME-Leuten zwar nicht vorwerfen könne, sei, dass sie dann nicht beim Streik aktiv mitmachten. Sie seien keine Streikbrecher, machten auch bei praktischen Aktionen mit, aber auf den Vollversammlungen treten sie als Bremse auf in dem Moment, wenn die Leute steigern wollen. Und das sei oft fatal, weil gerade die PAME-Leute zu den besonders radikalen und aktiven Elementen in den Gewerkschaften und Betrieben zählten. Insofern hätten sie schon Gewicht, auch wenn sie nicht so zahlreich seien. Sie sind nur dann bereit einzusteigen, wenn sie die Führung innehaben, wenn die anderen ihre revolutionären politischen Ziele anerkennen. Faktisch aber bedeutet das, dass sie in ihrem praktischen Verhalten häufig die Politik der Regierung unterstützen, da sie den Kampf gegen deren Politik abbremsen und schwächen. Darüber gibt es innerhalb der KKE/PAME in letzter Zeit aber schon Diskussionen, da viele Mitglieder unzufrieden mit dieser Politik sind.
 
Ein Beispiel für die Bremser-Politik der PAME war die Vorgeschichte der großen Kundgebung am Dienstag. Es hatte zuvor eine telefonische Zusage des GSEE an die ADEDY gegeben, dass der GSEE auch zur Kundgebung und zum Streik am Dienstag aufrufen würde. Daraufhin hatte PAME protestiert, dass man das nicht machen könne, das müsse alles ordnungsgemäß laufen. Es wurde also für Montagnachmittag eine Sitzung einberufen, auf der entschieden werden sollte. Die Aktiven innerhalb von GSEE verzichteten dann auf eine Beschlussfassung, da ein Beschluss ja nichts mehr bringen würde, wenn er am Montagabend so kurz vor der Kundgebung am Dienstag bekannt gemacht würde. Der Vorsitzende des GSEE konnte sich so bequem hinter der PAME verstecken.
 
PAME hatte vor einiger Zeit das Ziel, eigenständige Gewerkschaften aufzubauen, damit seien sie aber gescheitert. Insbesondere nach den Wahlen 2012 haben sie entschieden, in den existierenden Strukturen mitzuarbeiten. In einigen Branchen hatten sie mal die Mehrheit: Stahl, Textil, Bau z.B., aber das sind jetzt gerade die Krisenbranchen, die massiv abgebaut haben; diese Gewerkschaften treten praktisch seit einem Jahr nicht mehr in Erscheinung. Aber auch dort waren sie nicht in der Lage eigenständig Streiks auszurufen.
 
Schulbesetzungen
 
Es gibt zurzeit 180 von Schülern besetzte Schulen, und zwar für längere Zeit. Es geht ihnen nicht nur um die Unterstützung der Lehrer, sondern um ihre eigenen Belange. Es gibt zwei Regierungsmaßnahmen, gegen die die Schüler kämpfen. Die eine ist die Abschaffung der Fachschulen (Sekundarstufe mit beruflichen Inhalten), die besonders die einkommensschwächeren Schichten trifft. Die SchülerInnen sollen sich ihre Qualifikation zukünftig auf Privatschulen holen. Die zweite betrifft den Zugang zu den Hochschulen. Bisher gab es am Ende der Sekundarstufe eine Abschlussprüfung, mit der man den Zugang erlangen konnte. Jetzt ist es so, dass sie in jedem Jahr der Oberstufe eine Prüfung absolvieren müssen plus einer zusätzlichen Prüfung im Anschluss. Alle vier Prüfungen sollen dann für den Hochschulzugang zählen. Das bedeutet, dass das parallele Privatschulsystem für Nachhilfe enorm gefördert wird. Diese private Hilfe können natürlich die ärmeren Kinder nicht bezahlen. Der Bildungsminister besuchte genau an dem Tag, als die Abschaffung der Fachschulen beschlossen wurde, die Eröffnung eines neuen privaten Ausbildungszentrums.
Irre ist auch, dass jetzt Fächer geprüft werden, die abgeschafft wurden! Z.B. wird Technisches Zeichnen geprüft, aber nicht mehr unterrichtet. Das Fach muss man jetzt an privaten Einrichtungen studieren. Dasselbe gilt für abgeschaffte sprachliche Fächer.
 
Es gibt jetzt einen großen Einschnitt im griechischen Bildungssystem, insofern diejenigen aus einkommensschwächeren Familien kaum noch Chancen auf einen Hochschulzugang haben werden. Man will jetzt eine Berufsausbildung nach deutschem Vorbild einführen, aber die wird nicht staatlich organisiert sein, sondern ausschließlich privat und für die Auszubildenden unbezahlt. Z.B. Hebammenausbildung wird in Zukunft nur noch privat erfolgen; bisher konnte man das auf Fachschulen lernen.
 
Auf der einen Seite werden Leute entlassen im Öffentlichen Dienst, z.B. Schulhausmeister. Auf der anderen Seite werden jetzt Arbeitskräfte gesucht für die öffentliche Wohlfahrt, die für den Mindestlohn wichtige Tätigkeiten ausführen sollen, z.B. Schulhausmeister. Also dient die ganze Übung der Verbilligung der Löhne. Früher waren Schulbesetzungen oder Lehrerstreiks bei der Elternschaft nicht wohlgelitten. Für die Eltern war die Bildung immer das A&O. Trotz der massiven Medienpropaganda gegen Lehrer und Schüler ist jetzt aber die Elternstimmung positiv ihren Forderungen gegenüber. Die Schulbesetzungen zeigen die Unzufriedenheit mit der kranken Situation des Schulsystems. Das Ministerium hat jetzt angekündigt, dass für jeden Streiktag am Ende des Schuljahrs, im heißen Sommer, ein Schultag angehängt werden soll.
 
Artikel 16 der griechischen Verfassung
 
Die griechische Verfassung schreibt in Artikel 16 vor, dass die griechische Schul- und Hochschulausbildung staatlich durchgeführt werden. Dieser Verfassungsartikel ist kaum zu ändern. Was jetzt passiert, bedeutet, dass der Artikel 16 zwar bestehen bleibt, aber faktisch ausgehöhlt wird. Das sieht man an den Angriffen auf die Schulen, aber auch auf die Hochschulen. Interessanterweise wird in der Öffentlichkeit eine Schmutzkampagne gegen die griechischen Universitäten geführt, deren Qualität angeblich schlecht sei. Tatsächlich stehen sie im internationalen Ranking ganz gut dar. Das dient dazu, die privaten Hochschulen zu stärken. Die Absolventen der Privathochschulen werden jetzt auch mit denen der staatlichen gleichgestellt, was früher nicht der Fall war.
 
Auf die Ankündigung der kompletten Entlassung des Nichtlehrpersonals haben die Hochschulleitungen der zwei Athener Hochschulen beschlossen, die Universität zum neuen Semester nicht zu öffnen. Diese Reaktion zeigt die Schwere des Angriffs insgesamt. Es geht darum, die öffentliche Bildung insgesamt zu schwächen und die Bildung den privaten Interessen zugänglich zu machen und ihnen zu unterwerfen.
(Manfred) (PK)

Liebe Griechenland-UnterstützerInnen,
wir haben unser Tagebuch nun in Buchform vorliegen, 60 Seiten mit Fotos, einem Vorspann und Nachspann. Wir wollen es zum Spendensammeln benutzen und stellen uns Folgendes vor. Der Selbstkostenpreis beträgt 3€. D.h. wenn man mehr bezahlt, z.B. 6€, gehen die Mehreinnahmen aufs Spendenkonto. Ihr könnt bei mir Manfred.Klingele@T-Online.de Tagebücher bestellen, z.B. 10 Stück, ich schicke sie Euch per Post und Ihr überweist einen entsprechenden Betrag auf unser Solikonto mit dem Stichwort "10 Tagebücher" bzw. "X Tagebücher", wenn ihr eine andere Anzahl (=X) bestellt habt. Dann werde ich 10x30€ plus Porto von dem Konto entnehmen und der Rest bleibt als Spende.
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Wenn ihr bestellt, gebt bitte eure Postadresse an!
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Konto-Inhaber: Manfred Klingele-Pape, Kto-Nr 1211478910, BLZ 200 505 50, Hamburger Sparkasse, Stichwort: Tagebücher

Liebe Grüße,
Manfred
 


Online-Flyer Nr. 439  vom 01.01.2014

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