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Kommentar
Mülheim 2020 – Sachstandsbericht der Kölner Stadtverwaltung
"Neue Arbeit" auf dem Abstellgleis
Von Heinz Weinhausen

Im jüngsten Sachstandsbericht zum Mülheim 2020-Programm legt die Verwaltung dar, warum aus dem Projekt "Neue Arbeit für Mülheim" nichts werden wird. Mit einem Fördervolumen von 556.686,00 Euro - so der Beschluss des Rates der Stadt Köln - sollten niedrigschwellige Arbeitsplätze für Personen mit gravierenden sozialen Schwierigkeiten geschaffen werden.

Februar 2010: Besucher der Eröffnungsveranstaltung von Mülheim 2020 zeigten sich schon damals skeptisch
Foto: Institut für Neue Arbeit - INA
 
 
In dem Beschluss heißt es: "Das Projekt konzentriert sich dabei auf die Geschäftsfelder Recycling von Möbeln, Hausrat, Büchern und Textilien, Restaurierung und Bau von Möbeln, Veranstaltungen, Café-Betrieb, Metallwerkstatt, Bildhauer- und Kunstwerkstatt. Bestandteil des Projekts kann der Ausbau einer geeigneten Infrastruktur, ggf. die Anmietung einer Immobilie und der Betrieb des Projekts sein. Dabei soll der Träger einen hohen Eigenanteil durch Selbsthilfe realisieren."
 
Als Zielindikatoren werden genannt, Arbeitsplätze zu schaffen und so zur Reduzierung von Langzeiterwerbslosigkeit und von Obdachlosigkeit beizutragen.
 
Plan gut, Realisierung Fehlanzeige. Wie schon beim innovativen, aber gescheiterten Baurecyclinghof beharrte die Verwaltung fälschlicherweise auf einer europaweiten Ausschreibung und wartete und trödelte bis von der vorgesehenen Projektzeit von fünf Jahren nur noch wenig übrig ist. Beim Baurecycling-Projekt sollten ebenfalls niedrigschwellige Arbeitsplätze geschaffen werden. Ein Betrieb sollte geschaffen werden, wo insbesondere arbeitslose Jugendliche lernen sollten - lernen, Häuser zu entkernen und die Fenster, andere Materialien usw. secondhandmäßig weiterzuverkaufen. Im September 2011 hieß es dann aus heiterem Himmel im Veedelsbeirat, dass das Baurecycling-Projekt wegen der verkürzten Laufzeit nicht wirtschaftlich und deshalb nicht nachhaltig sei. Aber nur Nachhaltiges dürfe gefördert werden.

Aufruf vom Januar 2011
Quelle: INA
 
Dieselbe Masche nun beim "Neue Arbeit-Projekt". Die Verwaltung wartet so lange, bis das Projekt wegen der verkürzten Laufzeit als nicht mehr wirtschaftlich dargestellt werden kann. Vom Regierungspräsidenten bewilligt wurde "Neue Arbeit für Mülheim" spät, aber immerhin noch im Dezember 2010. Die Ausschreibung erfolgte bei erheblich gekürzten Fördergeldern wegen geringerer Laufzeit dagegen erst im März 2012! Ausserdem war die Ausschreibung auch noch fehlerhaft. Mehreren Rügen wurde stattgegeben, anderen nicht. So bewarb sich niemand auf die Ausschreibung, die ja überhaupt nicht europaweit hätte ausgeschrieben werden müssen, weil die direkte Bieterverhandlung die Regel im sozialen Bereich ist. Jetzt sollen zudem in einem Jahr weiterhin 12 Arbeitsplätze mit einem Bruchteil der Fördersumme realisiert werden, was nach Adam Riese nicht möglich sein kann. Das nennt man Kaputtregulierung.
 
Wenn sich die Politik nicht energisch engagiert, wird im von der Stadt Köln so hoch gepriesenen Mülheim 2020-Programm kein einziger dauerhafter Arbeitsplatz für Langzeitarbeitslose direkt geschaffen. Die überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit in Mülheim hat sich aber keineswegs in Luft aufgelöst. Diese zu senken, Mülheim an den städtischen Durchschnitt heranzuführen, ist aber angeblich genau das vielfach erklärte Ziel seitens Politik und Verwaltung der Stadt Köln. Der Bereich Straßenrenovierung beim Mülheim 2020-Programm läuft dagegen wie geschmiert. Hier darf es gerne ein paar Millionen Euro mehr kosten als vorgesehen.
 
Es ist wie eine Bundesgartenschau ohne Gärten. Es ist vergleichbar so, als wenn 40 Millionen Euro in Köln in eine Bundesgartenschau fließen würden, die Stadt aber dann gegen Ende der Planungszeit feststellt, das man "aus wirtschaftlichen Gründen" keine Gärten mehr anlegen kann. Aber es wurden doch immerhin modernisierte Zufahrtswege zum Gelände angelegt und die Stadt erklärt alles zum Supererfolg.
 
Beim realen Mülheim 2020-Programm versucht die Verwaltung nun, das selbst herbeigeführte Desaster in der "lokalen Ökonomie" auch noch zur Sanierung des städtischen Haushalts auszunutzen und auf Kosten der Armen Gelder aus dem Sozialen Bereich in den kostenausufernden Bereich des Straßenbaus zu switchen. Das ist zwar angeblich laut Bürgeramtsleiter Oster nicht möglich, aber wir wohnen ja in Köln, wo der Unterschied zwischen Wort und Tat leider immens ist.
 
Was der Bürgerin und dem Bürger nicht begreiflich ist, ist, dass alle verantwortlichen Politikerinnen und Politiker die Verwaltung einfach machen lassen. Es scheint, als regiere in Köln die Exekutive und nicht die Legislative. (PK)

Mehr zum Thema:
 
Sachstandsbericht MÜLHEIM 2020, Stand: 03.05.2013
http://ratsinformation.stadt-koeln.de/to0040.asp?__ksinr=10904
 
Initiative "Rettet Mülheim 2020 - Rettet unsere Veedel"
http://rettet-unsere-veedel.ina-koeln.org/
 
Baustoff-Recycling und Second-Hand Baumarkt
(Konzeptpapier der Jugendhilfe Köln)
http://muelheimplant.wiwateg.org/projekte/baurecycling.html
 
Heinz Weinhausen gehört zu den Gründern der Initiative "Rettet unsere Veedel" 
 


Online-Flyer Nr. 408  vom 29.05.2013

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