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Kommentar
Kommentar vom Hochblauen
Tag der offenen Tür
Von Evelyn Hecht-Galinski

Es ist wieder einmal so weit: Der Staat ohne Grenzen und Verfassung, das zionistische Regime Israel, feiert sich und lässt sich propagandistisch zu seinem 65. Geburtstag feiern. Parallel zu diesen bereits beginnenden Inszenierungen des israelischen Staates, gibt es aber wirkliche Gedenktage, die wir würdigen sollten:
 

Nach dem Massaker von Deir Yasin vor 65 Jahren
 Quelle: deir-yassin-massacre-remembered
 
Deir Yasin, den Tag des Massakers, das sich am 9. April zum 65sten Mal jährte, und die Auslöschung dieses Dorfes durch Mord und Vertreibung der palästinensischen Ureinwohner durch jüdische Terroristen, was in die ethnische Säuberung Palästinas durch terroristische Zionisten führte.
 
Der 30. März, der Tag des Bodens, erinnert an den Landraub des zionistischen Regimes 1976 von palästinensischen Grundstücken im Negev, Galiläa und Al-Muthahalat. An diesem 30. März 1976 wurde der friedliche Protest der Palästinenser von israelischen "Verteidigungs-Soldaten"(IDF) brutal niedergeschlagen.
 
Pünktlich zum Tag der Gefangenen am 17. April, dem Gedenktag der Palästinenser an ihre Inhaftierten in israelischen Gefängnissen, im Augenblick etwa 5000, darunter 185 Kinder, lud das israelische Presseamt ausländische Korrespondenten zu einem "Tag der offenen Tür" in das berüchtigte Militärgefängnis Ofer bei Ramallah ein. Seit vielen Jahren hatte die Presse keinerlei Zugang mehr zu diesen Foltergefängnissen, aber weil ein Todesgeruch in der Luft liegt - durch den sich seit August 2012 im Hungerstreik befindlichen Häftling Samer Issawi und andere - wollte man offenkundig diese propagandistische Geste vollziehen. Schließlich wird das Militärgefängnis Ofer von der Palästinenserbehörde als ein "5 Sterne Gefängnis" bezeichnet. Aus diesem Grund also ein Tag der offenen Tür, in nur einem Gefängnis. Mich erinnert das sehr ungut an ähnliche Ereignisse bei anderen Regimen....
 
Was konnte man also über diesen "Ausflugstag" in den deutschen Medien lesen? Blau-weiße Israel-Fähnchen flattern im Hof des Militärgefängnisses. Der Gefängnisdirektor Jakob Schalom meinte gar, er habe nichts zu verbergen und schilderte den Gefängnisalltag mit Freizeitangeboten und Zellentrakt für Familienbesuche und Krankenstation. Im Nebentrakt, wo weitere 100 Palästinenser in Haft sind, die jünger als 18 Jahre sind - es gab aber auch schon 12- und Fünfzehnjährige – erhalten diese ein "prima Freizeitangebote". Es sind zumeist Kinder und Jugendliche, willkürlich, oft in der Nacht verhaftet, wegen Vergehen wie Steinewerfen gegen jüdische Siedler oder Soldaten. Diese Steinewerfer werden dann ohne ordentliche Gerichtsverfahren Monate in dieser Willkürhaft gehalten.
 
In Wirklichkeit ist dieses Gefängnis Ofer kein so normales Gefängnis, sondern das einzige im besetzten Westjordanland. Und aus diesem Grund sind die hier eingesperrten palästinensischen Gefangenen Sicherheitshäftlinge, für die Israel das Militärrecht anwendet. Nur durch diesen Trick wird es der israelischen "Verteidigungs"-Armee (IDF) möglich, das Militärrecht gegenüber den gefangenen Palästinensern anzuwenden.
 
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, oder B`tselem, Ärzte für Menschenrechte und andere, berichten schon seit geraumer Zeit über diese unsäglichen Zustände und verurteilen sie. Aber, was musste ich in einem Antwortbrief von Amnesty International, Kogruppe Israel/Besetzte Gebiete/Palästinensische Autonomiegebiete an eine Freundin und Aktivistin lesen? Hierzu einige Auszüge, aus diesem entlarvenden Brief:
 
Leider ist es tatsächlich sehr oft so, dass Kinder in den besetzten Gebieten verhaftet und eine Zeitlang in israelischen Gefängnissen festgehalten oder sogar gefoltert werden. Im März wurden zum Beispiel 27 Kinder in Hebron festgenommen, die nach und nach wieder freigelassen wurden. Alle diese Schicksale werden von vielen, auch von israelischen Menschenrechtsorganisationen wie B`tselem immer wieder verurteilt und entsprechende Petitionen werden an die Behörden verschickt. Außerdem gibt es UNICEF-Artikel über die Verletzung der Kinderrechte.
 
Leider ist der neue Jahresbericht von Amnesty international 2013 zum Berichtszeitraum 2012 noch nicht im Netz, aber auch der wird mit Sicherheit einiges darüber enthalten. Der Jahresbericht 2012 über den Berichtszeitraum 2011 ist hingegen abrufbar.
 
Aus dem Schluss dieses Briefes, der die für mich eigentlich erschreckende Hilflosigkeit dieser Organisationen zeigt, denen nichts bleibt, außer das Unrecht anzuprangern und es zu verwalten, hier der letzte Absatz: Ich würde es auch begrüßen, wenn international eingegriffen würde, aber wie soll das geschehen? Menschenrechtsorganisationen können keinen direkten Einfluss nehmen auf Politiker, höchstens indirekt durch Berichte und Veröffentlichungen versuchen, ein Bewusstsein für dieses Unrecht zu schaffen sowie durch Petitionen auf Politiker einzuwirken. Leider sind uns sonst weitgehend die Hände gebunden. Brief Ende!!!!
 
Die Hilflosigkeit gegenüber diesen Menschenrechtsverletzungen eines sich selbst als einzige Demokratie (Ethnokratie!) im Nahen Osten bezeichnenden Staates mit der ausgestreckten (blutigen!) Hand, der auf Anerkennung als jüdischer Staat besteht, aber selbst vor Kindern nicht halt macht (auch deshalb kann man das Judentum nicht vom jüdischen Staat Israel trennen!), sollte uns alle wütend machen und dagegen ankämpfen lassen, anstatt die Geburtstagsfeiern für diesen jüdischen Staat Israel so unkritisch mit zu feiern.
 
Kommen wir zurück zum Tag der offenen Tür, der so verlogen endete wie er begonnen hatte. Als ein "Administrativhäftling", einer von 186 anderen, ein seit 17 Monaten inhaftierter Universitätsdozent, sich beklagte, dass er bis heute nicht wisse, warum er verhaftet wurde, und dass er von seiner Ehefrau nur zweimal besucht werden durfte und er auch noch über gesundheitliche Probleme und fehlende medizinische Versorgung klagte, erklärten die Wärter den 10 Minuten-Besuch im Hamas-Trakt für beendet. Dieses Militärgefängnis ist nämlich streng geteilt in einen Hamas- und einen Fatah-Trakt. In der "Idylle" des Fatah-Trakts gibt es zwar einen Laden für Lebensmittel, von Keksen bis Reis - schließlich sollen die Häftlinge selbst kochen - aber Hungerstreik und nicht zu essen, um sich gegen diese Zustände aufzulehnen, wird bestraft. Sobald sie sich nicht an die Regeln der Gefängnisordnung halten, werden sie in Isolationszellen gesperrt oder ihnen wird der Hofgang oder der sowieso schon spärlich erlaubte Familienbesuch gestrichen. Ganz im Rahmen des normalen Gefängnisalltags des jüdischen/zionistischen Besatzerstaats Israel als praktizierende Demokratie!
 
Denken wir nochmal an Marwan Barghouti, den prominentesten Häftling in israelischer Folter-Haft, der am 12. Dezember 2002 zu fünf mal Lebenslänglich und 40 Jahren Haft verurteilt wurde. Dieses Urteil entbehrt jeder Art von Recht, es beruht einzig und allein auf der Willkür eines Gerichts, das ein politisches Urteil sprach - um diesen charismatischen Führer, der alle Wahlen in Palästina gewinnen würde, für immer aus dem Verkehr zu ziehen. Treffen sich hier vielleicht auch israelische und palästinensische Interessen, die beide keinen so charismatischen und gefährlichen politischen Einiger und Konkurrenten wollen? Wäre er nicht der Einzige, der wirklich von allen Palästinensern akzeptiert und respektiert wird und daher eine Gefahr birgt für alle, die sich in der Besatzung auf alle Ewigkeit eingerichtet haben?
 
Alle palästinensischen Häftlinge, die nichts anderes taten, als Widerstand gegen brutale Besatzer zu leisten, bezahlen einen bitteren Preis, obwohl Widerstand gegen Besatzer doch durchaus legitim ist!
 
Wie sagte Medico International doch so treffend: "Existenz ist Widerstand!" Es wird aber immer nur über das Existenzrecht für Israel gesprochen. Und wer spricht für das Existenzrecht für das palästinensische Volk?
 
Dunkle Wolken tauchen auch am US-israelischen Himmel auf. Der Besuch des neuen US-Verteidigungsministers und Pentagon-Chefs Chuck Hagel verheißt nichts Gutes. Klar, Hagel muss der Israel Lobby jetzt beweisen, dass er es verdient, auch von dem engsten Verbündeten der USA, nämlich von Israel, als ihnen genehmer Verteidigungsminister anerkannt zu werden. Wurde der größte Rüstungsdeal im Nahen Osten schon vor einem Jahr akribisch vorbereitet, so darf Hagel ihn jetzt verkünden. Obwohl der US-Haushalt sparen soll, wird hier ein gigantisches Waffenvolumen an Israel an erster Stelle, aber auch an Saudi-Arabien und die Emirate vorbereitet. Was heißt das? Israel kann endlich den schon so lange geplanten Schlag gegen Iran ausführen. Saudi-Arabien und die andren Golfstaaten können weiter im Arabischen Frühling intervenieren und ihn schnell zum Herbst werden lassen. Die eigene Bevölkerung kann weiter mit westlicher Hilfe unterdrückt werden, so wie das israelische Regime die Besatzung und Besiedlung weiter fröhlich fortführen kann. Dafür wird Israel belohnt mit modernster Waffentechnik, mit neuen Raketen für Kampfjets, die die generischen Radareinstellungen zerstören können, sowie nochmals verbesserten Radarsystemen für seine Kampfflugzeuge und mit neuen Tankflugzeugen, wodurch die Reichweite israelischer Kampfjets erhöht wird. (Alles für den Iran Schlag?)
 
Hinzu kommen erstmals als US Export Truppentransporter vom Typ V-22 Osprey, der mit Schwenkpropellern wie ein Hubschrauber starten kann und wie eine normale Propellermaschine fliegt. Letztendlich werden sich die jüdischen Bürger erst sicher fühlen, wenn jeder sein Maschinengewehr im Schrank, seine Abwehrrakete im Garten und seine bewaffnete Drohne in der Garage hat und seinen eigenen Bunker im Keller, oder? Alles in Butter für das "arme kleine" Israel, das von dem "bösen, nach Nuklearwaffen strebenden mit einem neuem Holocaust drohenden Mullah-Staat Iran "bedroht" wird.
 
Ist es nicht ein Hohn, wie man uns diesen Waffendeal an die Nuklearmacht Israel mit dieser Angst-Propaganda der Bedrohung verkauft? Ist das nicht eine so leicht durchschaubare Kriegs-Strategie - alles unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung? Der Besuch von Hagel in Israel, Saudi-Arabien und den Emiraten - im Gepäck der 10 Milliarden Rüstungsdeal zur Unterstreichung seiner Wichtigkeit als Handels- und Kriegspartner - sollte uns alle schaudern lassen, vor den damit verbundenen Aussichten in die Zukunft! (PK)

http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4371323,00.html
http://www.counterpunch.org/2013/04/23/friends-of-israel-defense-forces-raises-27-million-under-ny-medias-radar/

Die Menschen fordern den politischen Systemwechsel im historischen Palästina. Für einen gemeinsamen demokratischen Staat für alle seine Bürger
http://senderfreiespalaestina.de/pdfs/konferenzprogramm_2013_deutsch.pdf
findet die Zweite Palästina-Solidaritätskonferenz in Stuttgart 10.-12.05.2013 statt.
http://senderfreiespalaestina.de/pdfs/konferenzprogramm_2013_deutsch.pdf
 
Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin, Autorin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Mann Benjamin Hecht lebt.
2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro.
 
 
 
 
 


Online-Flyer Nr. 403  vom 24.04.2013

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