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Kurdische Männer im Iran in traditionellen Kleidern kurdischer Frauen
Protest gegen Geschlechterdiskriminierung
Von Ozan Kalan

Für den Nahen Osten untypische Bilder erscheinen nun auch hier im Blickfeld der Öffentlichkeit. Es handelt sich um kurdische Männer aus dem kurdischen Teil des Iran, die sich - bekleidet mit traditionellen Trachten der kurdischen Frauen - fotografieren ließen und diese Fotos über das Internet veröffentlichen. Anlass für diesen ungewöhnlichen Protest war eine im Iran übliche öffentliche Demütigung kurdischer Männer.

Quelle für alle Fotos: https://www.facebook.com/KurdMenForEquality
 
 
Die Aktion, die vor allem im überwiegend patriarchalisch geprägten Iran zurzeit für Aufmerksamkeit sorgt, wurde durch eine vom Mullah-Regime vollzogene Bestrafung verursacht, die nach Auffassung des Frauenverbandes in Merîwan als psychische Demütigung verstanden werden sollte. Ziel der iranischen Sicherheitskräfte war eine Herabwürdigung von Kurden, die sich dem Ayatollah-Regime gegenüber kritisch verhalten hatten. Dies geschah zum ersten Mal bereits im Jahr 2008 - durch die Bekleidung eines politischen Gegners mit der traditionellen kurdischen Frauentracht.
 
Lokale Feministinnen-Organisation stellt sich quer
 
Am 15. April 2013 marschierten erneut Polizeigarden des iranischen Regimes mit einem Verurteilten durch die iranisch-kurdische Stadt Merîwan, den man zuvor ebenfalls gezwungen hatte, Frauenkleidung anzuziehen. Statt der erwarteten Entehrung für den Verurteilten reagierte die kurdische Gemeinschaft mit einem Protest gegen das Regime.


 
Schon am nächsten Tag rief der Verband der Frauen aus Merîwan öffentlich dazu auf, diese Art sexistischer Bestrafung öffentlich zu verurteilen, denn das sei nicht nur ein Angriff auf die kurdische Kultur, es sei ebenso ein Angriff auf die Würde der Frauen.
 
Männer solidarisieren sich mit der Kampagne
 
Auf den Aufruf des Frauenverbandes reagierten vor allem kurdische Männer, indem sie sich bereit erklärten, mit einer kreativen Idee an dem Protest teilzunehmen: Mit Fotos von sich selbst in Frauenkleidern protestierten diese Männer gegen Sexismus, Geschlechterdiskriminierung und patriarchalische Denkweisen.


 
Damit setzten sie gleichzeitig ein Zeichen der Solidarität für alle Frauen, die in ihren Kommunen ständig mit Diskriminierung und Unterdrückung konfrontiert werden. Das Projekt ermutigt ebenfalls zu der Sichtweise, dass, obwohl Kurden in ihren Herkunftsländern und auch in der Diaspora als stark patriarchalisch gelten, diese von sich aus in der Lage sind, mit kreativen Ideen der kurdischen Gesellschaft zu einer neuen Denkweise über die Situation der Frauen zu verhelfen.


 
Die kurdische Gesellschaft hat es tatsächlich in den letzten Jahren durch stärkere Selbstorganisierung geschafft, auf Probleme und Ungerechtigkeiten stärker und selbstbewusster zu reagieren. Indem man sich immer stärker für die Freiheit der Frauen einsetzt, wandelt sich nun schrittweise ein Bewusstsein der ,,Schwäche'' zu einem Selbstbewusstsein, sich für eine Gesellschaft ohne Sexismus und Gender- Diskriminierung einzusetzen.
 
Projekt ermutigt zu neuem Denken
 
Zusätzlich ermutigt dieses Projekt Kurden auch in den anderen Teilen ihrer Heimat und sogar in der Diaspora, sich stärker für die Freiheit der Frauen und gegen patriarchalische Denkweisen einzusetzen. Die kurdische Gesellschaft hat dabei in den vergangenen Jahrzehnten deutliche Erfolge erzielt, für eine neuere Gesellschaft ohne Geschlechterdiskriminierung zu kämpfen.


 
Während man es früher als ,,Schwäche'' ansah, einer Frau zu helfen, trägt diese Entwicklung heute zu mehr Selbstbewusstsein der kurdischen Bevölkerung bei, sich stärker mit der Frage der Emanzipation zu beschäftigen. Das alte kurdische Sprichwort "Şêr şêre, çi jine çi mêre'' (auf Deutsch: "Löwe ist Löwe, ob Frau oder Mann"), erhält so wieder Einzug in die Köpfe der Menschen in der kurdischen Gesellschaft. (PK)


 
Ozan Kalan ist Mitglied der Kölner Hochschulgruppe des Verbandes der Studierenden aus Kurdistan e.V., Yekîtiya Xwendekarên Kurdistan ji Kolnê, Yewîya Wendekaranê Kurdîstanî Koln, YXK.
 






















 


Online-Flyer Nr. 403  vom 24.04.2013



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