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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Krieg und Frieden
Über die Psychoanalyse von Thomas Auchter in „Brennenden Zeiten“
Wider die geistige Freiheitsberaubung
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Über einen Zeitraum von mehr als 35 Jahren legt der in freier Praxis niedergelassene Diplom-Psychologe und Therapeut Thomas Auchter seine Schriften in einer mehr als 500 Seiten starken Publikation vor – über die Zusammenhänge des privaten, professionellen, politischen und geschichtlichen Handelns: „Brennende Zeiten – zur Psychoanalyse sozialer und politischer Konflikte“. Auchters Erkenntnisse unter anderem über Antiautoritäre Erziehung, Fundamentalismus, Antisemitismus und Traumatisierungen durch Kriegshandlungen sind hinterfragbar. Aber genau das gehört zum Instrumentarium einer gelungenen Therapie. Am 25. April  2013 wird Thomas Auchter im Rahmen der vom Euregioprojekt Frieden veranstalteten 14. Aachener Friedenstage einen Vortrag zum Thema halten.


Was spielt sich ab in der Psyche eines Menschen auf dem Weg vom 'Jungrevoluzzer' zum SPIEGEL-Chefredakteur? – „Stefan Aust als 'Jungrevoluzzer'“ (Bildunterschrift aus dem Buch ZintStoff von Günter Zint im Kapitel über die 68er-Proteste) – „Stefan Aust amüsiert sich in den sechziger Jahren mit zwei freizügigen Damen in einem Club in Hamburg-St. Pauli. Aust begann seine Karriere bei Zints St. Pauli-Nachrichten, arbeitete auch für die KONKRET und wurde später Chefredakteur des SPIEGEL.“ (Bildunterschrift bei SPIEGELonline)


Geistige Angebote im Möglichkeitsraum


„Das entscheidenste Essential meiner psychoanalytischen Ausbildung bzw. der Psychoanalyse ist für mich der ’Respekt vor der Eigenheit des Individuums‘, der auch die ’Voraussetzung empathischen und solidarischen Handelns‘ ist.“, bekennt der Praktiker Thomas Auchter, der lange Jahre Mitglied in einer Vereinigung der Friedensbewegung, dem Aachener Friedenspreis, organisiert war. Sich der Tatsache bewusst, dass die Möglichkeiten zum Handeln der Seele Erleichterung verschafft, tritt er seinen persönlichen Weg aus der Nachkriegs-Ausweglosigkeit mit der Feststellung an, „dass die nukleare Abschreckung uns zu potenziellen ’Massenmördern‘ macht. Und schließlich sind wir, indem wir Todesmittel statt Lebensmittel produzieren – und bei uns aus Geldgier Lebensmittel in Massen vernichten – Waffen statt wirksamer Entwicklungsprojekte in die sogenannte ’Dritte Welt‘ schicken, schon längst am Massensterben dort schuldhaft beteiligt.“

Auchter als Autor beschreibt für die in Psychologie Unerfahrenen in verständlicher Sprache Grundmuster der Menschwerdung, Ängste und Verdrängung auf dem Weg zu einem erfolgreichen, ausgefüllten Leben, wie die Verdrängung der eigenen Endlichkeit und des Leidens, das auf andere (real oder fiktiv) übertragen wird. Auf diesem Weg ins und durchs Leben gibt es Angebote von Denkgebäuden, von Ideologien unterschiedlichster Couleur. „Ideologien (religiöse oder politische) erhalten für mich nur eine Legitimation, wenn sie sich selbst darauf beschränken, den Menschen ’geistige Angebote‘ zu vermitteln, sich und ihre Welt besser zu verstehen und zu bestehen. Sobald sie einen ’Alleinvertretungsanspruch‘ erheben und keinen ’Möglichkeitsraum‘ (Winnicott) mehr freihalten für die ’Andersartigkeit des Anderen‘ (Lévinas), mutieren sie zum ’Fundamentalismus‘ und werden damit potenziell gewalttätig und destruktiv.“

Auchter und Aust

Knallharte Gewalt und Softpower der psychologischen Kriegsführung. Ein gewichtiger Teil des Lebenswerkes des 1948 in Berliner Kriegstrümmer hineingeborenen Thomas Auchter, Sohn eines der ersten nach 1945 ausgebildeten Psychotherapeuten, ist als Zusammenfassung seiner Beschäftigung mit einem breiten Themenspektrum erschienen – über deutsche Vergangenheitsbewältigung, über die Kritik der antiautoritären Erziehung, über Ideologiebildung von Parteien, Religionsgruppen und „Fremdenfeindlichkeit“ als seelische Krankheit – immer mit dem Schwerpunkt gesellschaftlicher, also politischer Reflexion – mit extensiver Auswertung und Verknüpfung der Studien und Erkenntnisse (in Zitaten) unzähliger Fachkollegen von Freud (dem „unpolitischen“) bis Winnicott (dem „politischen“).

Psychologie spielt eine überragende Rolle in der Konditionierung zur äußersten Gewalt, deren passiver Duldung, und zum Krieg. Für den sich arglos wähnenden Mitmenschen, der es sich in einer ideologischen Kuschelecke zurechtgemacht hat, liefern die Meinungsmacher-Konzerne Verteidigungswaffen und Schutzschilde, ähnlich der gesamtdeutschen Trauma-Periode von 1933-45. „Diese unverständliche Menschenart ist verschwunden“, schrieb in ihren Erinnerungen „Dazugehörig“ die Aachener Friedenspreisträgerin (1998, innerhalb der Initiative Kölner Klagemauer) Eva tom Moehlen. „Um das Zeitloch der Diktatur zu stopfen, entwickelte deutsches Bewusstsein die Vorstellung einer fremden unverständlichen Menschenart, die zwölf Jahre in der Welt wütete...“ Abermals seit zwölf Jahren wütet der Terror – der des „Krieges gegen den Terror“.

Als gewagt ist Thomas Auchters Versuch der Analyse der „Terroristen“, insbesondere der „Piloten“ des 11. September 2001, einzustufen. Als Quellenmaterial dienen ihm Veröffentlichungen umstrittener und keineswegs glaubwürdiger Publizisten von Aust bis SPIEGEL.

9/11 und andere "Grundlagen" oder Lügen

Der Analytiker könne „entsprechend zur individuellen Analyse einen Beitrag dazu leisten, dass auch auf gesellschaftlicher Ebene eine wahrhaftigere Wahrnehmung der Realität möglich wird. Diese umschließt das Bewusstsein, dass die Wirklichkeit immer nur ’subjektive Realität‘ sein kann.“ (Auchter) Die "Schalter"-Metapher von Adorno passt zusammen mit Günter Anders Bild vom "Massenerimiten" des Medienzeitalters. Weltweit sich ereignende Geschehen sind nicht durch unmittelbare Wahrnehmung zugänglich, sie werden "vermittelt", also medial aufbereitet, gewichtet und gewertet. Thomas Auchter manifestiert mit seiner auf fragwürdigen Quellen beruhenden "Analyse" der "islamischen Terroristen" das Fundament des Feindbild-Weltbildes nach 2001, ohne den Versuch der Wahrheitsfindung zu unternehmen, wofür ein immenses Angebot – darunter Betroffenenaussagen aus dem angloamerikanischen Sprachraum – zur Verfügung stünde. Als Abwehr und Ab-Schalter dient (der traumatisierten Herde) lediglich das Wörtchen: "Verschwörungstheorie". Zu schwach ist Auchters Frage, welche der "fanatischen" Taten auch den Gegnern der "Terroristen" zuzuschreiben seien und dass „’der Westen‘ durch sein reales Verhalten (z.B. Irak-Krieg) der Paranoia eine realistische Unterfütterung anbietet!“ Und auch ein Herr Osama bin Laden spaziert als reale Medienschöpfung durch den Trauma-Katalog.


„Nachdem Bush am Morgen des 11. September 2001 über den Terroranschlag gegen das World Trade Center informiert worden war, erstarrt er zunächst vor Schrecken.“ (Brennende Zeiten, Seite 418) – Was verrät die Mimik von Präsident Bush? Welches Wissen ist zur Bewertung erforderlich? Die Bilder zeigen US-Präsident George W. Bush am 11.9.2001 um 09:05 Uhr im Klassenraum der 'Emma E. Booker elementary school' in Sarasota, Florida, in den drei Sekunden, nachdem ihm von seinem Stabschef Andrew Card ein paar Worte zugeflüstert worden sind, über die er später (am 4.12.2001) sagt, sie hätten folgendermaßen gelautet: „A second plane has hit the tower, America is under attack.“ (Eine zweite Maschine hat den Turm getroffen. Amerika wird angegriffen.) Mehr dazu hier: http://www.arbeiterfotografie.com/911-bush.pdf


„Zwischen Vorstellung und Fakt, zwischen Fantasie und Realität ist die Unterscheidung erschwert. Die Realitätsprüfung beginnt zu versagen, und genau das ist ein erstes Kriterium für eine seelische Erkrankung“, resümiert Auchter im Kapitel sieben zu „Krieg und Frieden – Sich weigern Gott zu sein“. Darauf ließe sich Auchter mit Auchter beantworten (oder – pardon – therapieren) „Die Pflicht, Wissen zu erwerben ... zählt der Philosoph Hans Jonas (1984) zu den vordringlichsten Aufgaben des ’Prinzips Verantwortung‘. Und Immanuel Kant prägte den herausfordernden Gedanken: ’Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Und Mündigkeit ist das Vermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.‘“ (Zu finden in Kapitel drei „Denk ich an Deutschland… – Die Fähigkeit zu erinnern“ unter: „Gibt es eine ethische Pflicht zum Erinnern, zur Aufklärung und zum (Selbst-)Bewusstwerden?“)

Gespräch fruchtbarer als Gewalt?

Meinungsmacher – gelegentlich auch Meinungsterroristen genannt – bedienen sich (wie die Werbung) subtiler psychologischer Anker. Eine der Andockmechanismen ist die permanente Wiederholung. Ein gutes Beispiel bringt der Psychologe und Friedensstifter Auchter in Kapitel fünf unter „Ansätze zur Überwindung – oder präziser: Eindämmung von Gewalt und Terror“.

In seinen Ansätzen „zur Bewältigung des Terrors“ (ohne Ansatz der Enttarnung als Vehikel, als vorgeschobener Kriegsgrund, als false-flag-operation) zitiert Auchter ein von der New Yorker Schriftstellerin Irene Dische (2002) reflektiertes TV-Interview mit der jungen Witwe eines 9/11-Opfers, die im Gespräch mit einer Moderatorin direkt in die Kamera blickt und sagt, ihr Mann würde „jede Rache ablehnen. Keine Vergeltung. Er würde mit den Tätern sprechen wollen.“ Die schockierte Moderatorin hakt nach, doch die Witwe wiederholt: „Ich weiß, dass er glaubte, ein Gespräch sei fruchtbarer als Gewalt. Wir sollten versuchen, eine Wiederholung dieses Verbrechens zu verhindern,...“ Irene Dische: “Unter all den Wiederholungen auf allen Kanälen tauchte dieses Interview nicht mehr auf. Stattdessen sehen wir Amerikaner, die Flaggen kaufen, die Vergeltung fordern, Rache und Gottes Segen.“

Viele Fragen bleiben offen, wie die Psychoanalyse zur Klärung beitragen kann. Was schlussendlich nie geklärt werden kann: wie die Befriedigung der Sehnsucht nach der einzigen dauerhaften Er-Lösung erfolgen kann. Der Weg führt über den ’Respekt vor der Eigenheit des Individuums‘ (s.o.) über „eine wahrhaftigere Wahrnehmung der Realität“ (s.o.) und eine Er-Lösung, „’Heilung‘ wird nach der Auffassung der Psychoanalyse nur möglich durch ’Erziehung zur Wahrheit gegen sich selbst‘“ (Freud 1916/17).

Was in der politischen Landschaft die „Linke“ der „Rechten“ vorwirft, nämlich geistige Freiheitsberaubung, betreibt sie längst intensiv und systematisch – und umgekehrt, indem Gespräche verweigert werden. Im Morast dieser gesättigten Schnittmenge mit einer zusätzlichen Prise Nichtöffentlichkeit, d.h. Heimlichkeit und Heimtücke, gelten provokative Herausforderungen an das Denkvermögen als (Hoch)Verrat. (Tot)Schweigen (von Personen, Fakten, Argumenten, Denkmodellen, Untersuchungen, Infragestellung und von Leiden) ist die billigste Lösung, aber die teuerste in Sachen errungener (geistiger) Freiheit in westlichen Demokratien im 21. Jahrhundert. Auf diese Weise können Kriege nicht gestoppt oder verhindert werden, vielmehr setzten sie sich – mit Scheinargumenten legitimiert – ungestört fort. Da kann der Psychologe nur fachgerecht attestieren – ohne die Hoffnung – das heißt seinen Beruf – aufzugeben: Wer nicht therapiert, d.h. konfrontiert werden will, dem ist einfach nicht zu helfen – selbst wenn er eine Gefahr für sich und andere darstellt.

Wünsche

Zum Schluss seien zusammenfassend einige Wünsche formuliert. Wunsch 1: Hinsichtlich der Wertung von Terror Einbeziehung der Möglichkeit von False-Flag-Terror und generell von False-Flag-Operationen. Wunsch 2: Stärkeres Inbetrachtziehen, dass Herrschaftsmedien wie DER SPIEGEL zur Stützung von Herrschaft die Unwahrheit verbreiten. Wunsch 3: Analyse, was in Journalisten vorgeht, die für die Herrschaftsmedien arbeiten (beispielsweise was sie befähigt, Erkenntnisse auszublenden, und Darstellungen zu verbreiten, von denen sie wissen oder ahnen, dass sie unwahr sind). Wunsch 4: Analyse der Methoden zur Abwehr kritischen Denkens und zur Ausschaltung von Kritikern (beispielsweise durch Abschmettern von Argumenten mit Begriffen wie Verschwörungstheorie und Antisemitismus bzw. durch Diskussionsverweigerung). (PK)




Thomas Auchter
Brennende Zeiten - Zur Psychoanalyse sozialer und politischer Konflikte
Psychosozial-Verlag, Gießen 2012, Buchreihe: Psyche und Gesellschaft
525 Seiten, Broschiert, Format: 148x210 mm, 46,90 Euro


Veranstaltung am 25.4.2013 im Rahmen der 14. Aachener Friedenstage:

Vortrag von Thomas Auchter
Brennende Zeiten - Zur Psychoanalyse sozialer und politischer Konflikte
Donnerstag, 25. April 2013, 19 Uhr
Haus der Evangelischen Kirche
Frère-Roger-Str. 8, 52062 Aachen
Eintritt: 6 Euro
Reservierungen: 0241/507953


Hinweise:

weitere Informationen zum Buch:
http://web.psychosozial-verlag.de/psychosozial/details.php?p_id=2184

Fragen zum Satz „Nachdem Bush am Morgen des 11. September 2001 über den Terroranschlag gegen das World Trade Center informiert worden war, erstarrt er zunächst vor Schrecken.“ (Brennende Zeiten, Seite 418)
Was verrät die Mimik von Präsident Bush?
Sagt George W. Bush die Wahrheit?
Was berichten die Medien über die Flüsterszene?
zusammengestellt aus der Rubrik "9/11 - Die Frage nach den Tätern - Was wußte George W. Bush?"
http://www.arbeiterfotografie.com/911-bush.pdf

Ergänzende Betrachtung zu Jürgen W. Möllemann im Kapitel „Zur Psychoanalyse des Antisemitismus“ (Brennende Zeiten, Seite 357)
http://www.arbeiterfotografie.com/politische-morde/index-2003-06-05-juergen-w-moellemann.html

Offener Brief an das ARD/ZDF-Morgenmagazin anläßlich Anschlag in Boston
Bericht über 1.7 Millionen Tote: Fehlanzeige
Ellen Diederich in NRhZ-Flyer Nr. 402 vom 17.04.2013
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18962

False Flag Terror - Zum 10. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann im NRhZ- Flyer Nr. 318 vom 07.09.2011
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16904

Lüge und Verschwörung als Mittel der Macht
Interview mit Andreas von Bülow im NRhZ-Flyer Nr. 386 vom 26.12.2012
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18577

Der 11.9.2001 im Urteil von Sachverständigen
Ausgewählte Zitate aus der Homepage der Gruppe 'patriots question 9/11'
zusammengestellt von Andreas von Bülow
http://www.arbeiterfotografie.com/galerie/kein-krieg/hintergrund/index-taeter-0029.html

Online-Flyer Nr. 402  vom 17.04.2013



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