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Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

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Lokales
Notwendige Aufklärung für die Mülheimer BürgerInnen durch die MBI-Fraktionen:
Handlungsbedarf beim Prestigeprojekt Ruhrbania
Von Lothar Reinhard und Annette Klövekorn

Nach den in kurzer Zeit aufeinanderfolgenden Hiobsbotschaften vom Mülheimer Prestigeprojekt Ruhrbania (im Herbst peinliches Verstecktsein der 6-Mio.-Rotunde, im Februar Stopp der Fördergelder für Ruhrbania-Baulos 3, im März das nun für jeden augenscheinliche städtebauliche Fiasko des Klotzes auf Baufeld 1, Ende März der Ausstieg von 2 der 3 Investoren für Baufeld 2 und im April wahrscheinlich die Absage von Rosco für eine Kaufhofumnutzung) muss man sich fragen, wie man die schwierige Lage noch in den Griff bekommen und was zur Schadensbegrenzung getan werden müsste. Die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) haben deshalb den Antrag dazu vom letzten Jahr jetzt in aktualisierter und um den Punkt Baulos 3 ergänzter Form erneut eingebracht. Es besteht ihrer Ansicht nach mehr als akuter Handlungsbedarf:
 
Links weiß umrandet das Gebiet des Mülheimer „Strategieprojekts“ Ruhrbania zwischen Schloß- und Nordbrücke, Ruhr und Friedrich-Ebert-Straße. Rechts die verschiedenen Baufelder in ihrer ursprünglichen Nummerierung, bei der auch noch das Stadtbadgelände als Baufeld 1 und das Gelände mit dem seit 3 Jahren leerstehenden Kaufhof (in grau) als Baufeld 2 bezeichnet waren (beides heute Riesenproblemfelder). Hinter dem 4 Mio. teuren Mini-Hafenbecken dann Baufeld 3 – heute Nr. 1 – wo der heftig kritisierte, unförmige Bauklotz von Kondor Wessels als Anbau an das Rathaus fast fertig ist.. Dahinter Baufeld 2, ehemals Nr. 4, auf dem nun angeblich ab Mai „Ruhr 12.0“ entstehen soll.
 
„Ruhrbania – Quartier Ruhr 12.0 soll im Herbst starten“ lautete die Überschrift des WAZ-Artikels vom 23.8.12. Das Konsortium MWB/Hoffmeister/Heine (1) bezeichnete die Baupläne für Baufeld II als „Quartier Ruhr 12.0“. Unabhängig von der Frage, dass auch diese Ankündigung ebenso wie die vielen Fehlankündigungen im Zusammenhang mit Ruhrbania zuvor bereits 2 Monate später nichts mehr galt, da Baubeginn nun in 2013, offenbarte der WAZ-Artikel bereits ein großes Problem: Aus dem bereits in Baufeld 1 nach dem Scheitern der Hotelpläne als Ankerprojekt danach ebenfalls gescheiterten Ärztehaus wird auch in der abgespeckten Variante in Baufeld 2 nichts. Dabei war das 2 Jahre lang völlig anders dargestellt worden.
 


Auf diesem Bild das Riesenloch der für Baufeld II abgerissenen Bücherei, dahinter links das für 49 Mio. aufgehübschte Restrathaus im denkmalgeschützten Teil und rechts direkt angebaut die Bauten auf Baufeld 1. Der für die Baufelder 1+2 ganz abgerissene Rathausneubau stand quer zum Restrathaus (heutiger Plattenbau im Entstehen) bis zum Ende der Bücherei (heute Loch vorne bzw. Bauwagen und -container etwas erhöht) 
 
Die für Ruhrbania (weil die Ruhrstraße als Hauptverkehrsstraße nun überbaut wurde/wird von Baufeld 1+2) völlig umgebaute Verkehrsführung der Stadt Mülheim wurde in 3 sog. Baulose unterteilt. Los 1+2 sind fertig und sie haben die Verkehrsführung bereits deutlich verschlechtert für ca. 30 Mio. €. Los 3 sollte 2013 beginnen, doch das Land strich im Februar vorerst die Zuschüsse von ca. 7,5 Mio. bei 13 Mio. Gesamtkosten, weil die Bundeszuschüsse geschrumpft waren.
 
Antrag für den Ausschuss für Wirtschaft und Stadtentwicklung am 11.4.13, die Bezirksvertretung 1 am 12.4.13, , den Planungsausschuss am 16.4.2013 und den Rat der Stadt Mülheim a.d. Ruhr am 16. Mai 2013, Tagesordnung/ öffentlich:
 
Beendung der Planung für die Ruhrbania-Baufelder zwischen Eisenbahnbrücke und Friedrich-Wilhelm-Hütte, Änderungsverfahren B-Plan "Ruhrpromenade - Innenstadt I 31" und Moratorium für Ruhrbania-Baulos 3
 
Beschlussvorschlag:
 
BV 1, Wirtschafts- und Planungsausschuss empfehlen, der Rat der Stadt beschließt:
 
1.      Die Verwaltung wird beauftragt, alle bisher eingeleiteten Schritte, Verfahren etc. zur Umsetzung des Bebauungsplans "Ruhrpromenade - Innenstadt I 31" im Bereich der Baufelder zwischen Eisenbahnbrücke und Friedrich-Wilhelm-Hütte einzustellen. Insbesondere werden alle weiteren Anstrengungen etwa in den notwendigen Umlegungsverfahren zum Erwerb der Flächen der AOK eingestellt.
 
2.      Die Verwaltung wird ferner beauftragt, zur Sitzungsfolge von Bezirksvertretung 1, Wirtschaftsausschuss und Planungsausschuss möglichst noch vor den Sommerferien eine abstimmungsfähige Vorlage zur Einleitung eines Änderungsverfahrens für den Bebauungsplan "Ruhrpromenade - Innenstadt I 31" vorzulegen.
 
3.      Für Ruhrbania-Baulos 3 soll ein Moratorium gelten - zumindest bis auch im Zusammenhang mit den Änderungen des B-Plans I 31 und den notwendigen Änderungen der Verkehrsführung und des noch aufzustellenden Nahverkehrsplans insgesamt mehr Klarheit über die zukünftige Verkehrsentwicklungsplanung im IV (Individualverkehr) und ÖPNV (Öffentlicher Personen-Nahverkehr) herrscht.
 
Begründung:
 
Die Dringlichkeit allerhöchster Stufe zur grundlegenden Überplanung des Bebauungsplans I 31 ergibt sich nicht nur aus der inzwischen jahrelangen dramatischen Abfolge von Geschäftsschließungen und Leerständen in der Innenstadt, insbesondere rund um den leerstehenden Kaufhof. Auch die Gestaltung auf Ruhrbania-Baufeld 1 und die inzwischen ungewisse Zukunft von Baufeld 2 haben sich als Problemfelder erwiesen, genau wie der bereits jahrelang kaum vermarktbare Neubau als Stadtbadanbau. Unabhängig davon, ob für den Kaufhof noch eine Lösung mit der Fa. Rosco gefunden werden könnte oder ein Abriss wahrscheinlicher wäre oder gar noch jahrelange Dauerruine droht, muss ein Bebauungsplanänderungsverfahren so schnell wie möglich eingeleitet werden, nicht nur für das Kaufhofgelände.
 
Die Verwaltung soll in der beantragten Beschlussvorlage selbst keine alternativen Lösungsmöglichkeiten präsentieren, die bekanntlich aufgrund der sehr schwierigen Gemengelage noch gefunden werden müssen.
 
Der B-Plan I 31 ist in vielen Punkten ohnehin deutlich anpassungsbedürftig, angefangen von der nicht gebauten Tiefgarage für die Stadtbadwohnungen bis hin zu den Änderungen der Geschossanzahl und der Nutzungsmöglichkeiten in den Baufeldern 1 bzw. 2.
 
Wesentliche Voraussetzungen grundlegend geändert
 
Mehrere wesentliche Voraussetzungen für die Umsetzung der Ruhrbania-Planungen für die Baufelder 3,4,5 haben sich seit dem städtebaulichen Wettbewerb 2004 und dem Satzungsbeschluss des I 31 in 2007 grundlegend geändert:
 
1.       Nothaushalt und einschneidende Haushaltskonsolidierung werden für Mülheim wohl noch viele Jahre unumgänglich sein.
 
2.       In den anderen Bereichen des B-Plans I 31, haben sich deutliche Verzögerungen und/oder größere Probleme ergeben, z.B. 
- Vivacon hat immer noch große Probleme, die Wohnungen im neu errichteten Stadtbadanbau zu vermarkten.
- Der Kaufhof ist seit Ende Mai 2010 endgültig geschlossen. Die ersten Pläne für eine Nachnutzung, ob als "Ruhrbanium"-Einkaufscenter oder als FH-Interimslösung, sind gescheitert, die Lösung mit Rosco unwahrscheinlich.
- Die Pläne von Kondor Wessels für Baufeld 1 haben nach dem Scheitern erst der Hotelpläne und danach des Ärztehauskomplexes eine deutliche Verzögerung erlitten und das Ergebnis ist wenig berauschend. Die Firma hat auch von sich aus längst die gemeinsame Ruhrbania-Projekt-Entwicklungsgesellschaft verlassen.
 
3.       Das Vergabeverfahren für Baufeld 2 hatte sich bereits deutlich verzögert. Inwieweit sich dort z.B. Wohnungen im geplanten Ausmaß realisieren lassen, wird sich ebenfalls noch erweisen müssen. Zu allem Überfluss sind jetzt auch noch 2 von 3 Investoren abgesprungen, obwohl bereits entgegen den Vorgaben des B-Plans 1 sogar 2 Stockwerke mehr genehmigt wurden.
 
4.      Die Verkehrsführung hat sich trotz großer Investitionen in Ruhrbania-Baulos 1 und 2 nicht entscheidend verbessert und bedarf deutlicher Nachbesserungen.
 
5.      Mit der geplanten Wohnbebauung auf den höchst attraktiven Flächen entlang dem Kassenberg (Lindgens-, Ibing- und Rauen-Gelände) wird der zukünftige Bedarf für noch mehr hochpreisige, innenstadtnahe Wohnungen deutlich in Frage gestellt.
 
Gigantisch hohe städtische Vorleistungen
 
Die bisherigen städtischen Vorleistungen zur Baureifmachung der Ruhrbania-Felder 1 und 2 sind bereits gigantisch hoch, ohne dass die gewünschte Umsetzung der Ziele des B-Plans bisher auch nur annähernd gesichert ist. Deshalb müssen endlich alle Anstrengungen auf Schadensbegrenzung gerichtet werden, um für die verschiedenen begonnenen Projekte und für die o.g. Problemfelder verträglichere Lösungen zu ermöglichen, soweit dies noch möglich ist.
 
Ob und inwieweit weitere Baufelder des I 31 in unbekannter Zukunft als Ergänzung der Baufelder 1 und 2 im Bereich zwischen Eisenbahn- und Nordbrücke in Angriff genommen werden könnten, ist als hochgradig unwahrscheinlich einzustufen. Deshalb wäre es auch nicht mehr verantwortbar, an dieser Stelle weitere städtische Vorleistungen in zweistelliger Millionenhöhe zu erbringen. Der Bedarf für das geplante 10-stöckige Bürogebäude neben der Konrad-Adenauer-Brücke in Baufeld 4 ist auf die gesamten nächsten Jahre hin utopisch und wenn überhaupt, dann kontraproduktiv. Im Baufeld 3 soll nach dem Scheitern der FH-Pläne auch dort vornehmlich Wohnbebauung entstehen, wo heute noch Gesundheitshaus, AOK und ex-Arbeitsamt eine funktionierende Infrastruktur darstellen. Dass eine zusätzliche Wohnbebauung dort sich eher kontraproduktiv auf die Vermarktung der Wohnungen im Stadtbadanbau und auf den Baufeldern 1 und 2, falls irgendwann doch noch realisiert, auswirken würde, ist mehr als wahrscheinlich.
 
Durch eine Beendigung der Pläne für die Baufelder 3,4 und 5 wird die Realisierung der Ziele auf den Baufeldern 1 und 2 nicht beeinträchtigt. Eher im Gegenteil würde eine überfällige Beruhigung nach vieljährigen Dauerbaustellen sowohl auf dem Gebiet des I 31, als auch im direkten Umfeld nicht nur die Vermarktung von Baufeld 1 und 2 sowie Stadtbadanbau erleichtern, sondern auch die Innenstadt wieder mehr zur Ruhe kommen lassen, um sich erholen und Stück für Stück neu aufbauen zu können.
 
Die Beseitigung der bestehenden Gebäude in den Baufeldern hinter der Eisenbahnbrücke stellt keine Voraussetzung für irgendeine Maßnahme in den Feldern 1 und 2 dar. Auch der geplante Ausbau der Ruhrpromenade als eine Art Flaniermeile ist durch den Fortbestand von Gesundheitshaus, ex-Arbeitsamt und AOK kaum wesentlich anzupassen.
 
Bahnstraße und Eisenbahnbrücke bilden zudem eine klare Zäsur, die auch gemäß des B-Plan I 31 zwei fast völlig getrennte Bereiche der Ruhrbania-Pläne zur Folge gehabt hätte. Ebenso wird die in Zukunft notwendige Wiederbelebung des nach jahrelangen Baustellen entfunktionalisierten Rathausmarkts nach Beendigung der (längst noch nicht) begonnenen Bauarbeiten in Baufeld 2 irgendwann durch die Aufgabe der Pläne für die Baufelder jenseits der Eisenbahnbrücke nicht erschwert, sehr viel eher im Gegenteil. 
 
Moratorium für Ruhrbania-Baulos 3 beschließen!                                                                                                                                                                                                                                                
Da auch das gesamte Ruhrbania-Verkehrskonzept überdacht und verbessert werden muss, muss logischerweise auch gleichzeitig ein Moratorium für Ruhrbania-Baulos 3 beschlossen werden, weil zukünftige Verkehrslösungen und Änderungen in dem für die Stadt zentralen B-Plan I 31 direkte Auswirkungen auf die bisher geplanten Maßnahmen von Ruhrbania-Baulos 3 haben. Da die Förderung des Landes ohnehin vorerst gestoppt wurde, dürfte der Beschluss eines Moratoriums einfacher sein. (PK)
 
(1) MWB=Mülheimer Wohnungsbau (Genossenschaft), Hoffmeister= Mülheimer Immobilienspekulant, u.a. Kaufhofruine, Heine= Oberhausener Baufirma
 
Verfaßt haben diesen Text für die MBI-Fraktion in der BV 1: A. Klövekorn, Fraktionssprecherin und für die MBI-Fraktion im Rat: L. Reinhard, Fraktionssprecher


Online-Flyer Nr. 400  vom 03.04.2013



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