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Kommentar
EU-Außenminister wollen die Beziehungen zu Cuba normalisieren
Aber was erlauben die Grünen?
Von Heinz-W. Hammer

Am 19.11.2012 haben die EU-Außenminister den Beschluss gefasst, die Beziehungen zu Cuba zu normalisieren. Zu diesem Zweck wurde die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton beauftragt, mit der Regierung in Havanna ein bilaterales Abkommen auszuhandeln. Diese Maßnahme zielt unmittelbar auf die Abschaffung des anachronistischen »Gemeinsamen Standpunktes« der EU aus dem Jahr 1996 (1).

Jürgen Trittin und Renate Künast – Mitunterzeichner der Kleinen Anfrage zu Cuba
Quelle: http://www.duwaehlst.de
  
Dieser vor allem vom damaligen postfranquistischen spanischen Ministerpräsidenten Aznar initiierte »Gemeinsame Standpunkt« beinhaltet im Kern die Forderung nach dem Sturz des cubanischen Gesellschaftsmodells, also des Sozialismus, ehe gleichberechtigte Beziehungen aufgenommen würden. Ein weltweit einmaliger Vorgang, der von der Solidaritätsbewegung vehement bekämpft wird.
 
Wenn dieses Relikt des Kalten Krieges nun endlich im historischen Orkus verschwinden sollte, so wäre dies zu begrüßen. Doch, Überraschung: Nicht nur die fanatischen Konterrevolutionäre in Miami, Prag und Havanna laufen Sturm gegen eine solche diplomatische Entspannung. Auch die seit einer Woche im Wahlkampf befindliche Partei Bündnis90/Die Grünen reiht sich in diese Front ein. Vor wenigen Tagen wurde eine Kleine Anfrage von deren Bundestagsfraktion an die Bundesregierung bekannt. Titel: »Unterstützung von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern in Kuba« (2)
 
Herr Aznar und sein politischer Ziehvater Franco wären stolz auf das darin enthaltene Geschwalle. Das Papier liest sich wie ein Annex zum gerade auf dem Prüfstand stehenden »Gemeinsamen Standpunkt«. Es besteht aus einer Mischung von böswilligen Unterstellungen und Verleumdungen (»Mutwillige Verhaftungen (…) Gewaltanwendungen bei Inhaftierten (…) Willkür der kubanischen Regierung« usw.) mit märchenhafter Quellenlage (»Allein für den Monat März ist von 1.158 Verhaftungen die Rede«) und schließlich aggressiver Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates. Unverhohlen wird von der Bundesregierung gefordert, die deutsche Botschaft in Havanna zu Aktivitäten außerhalb ihrer diplomatischen Aufgaben anzuweisen, einen zusätzlichen »speziellen Verbindungsbeamten« zur inneren Opposition einzusetzen und diese sowie weitere aggressive Maßnahmen auch auf EU-Ebene durchzusetzen.
 
Dass sich der Partei Bündnis90/Die Grünen, wenn es opportun erscheint, einen Teufel um das Völkerrecht schert, ist ja bekannt. Als am 24. März 1999 im italienischen Piacenza deutsche Kampfjets gegen Jugoslawien starteten, war dies der erste Kriegseinsatz deutscher Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg und ein Dammbruch. Der damalige SPD-Kanzler Schröder erklärte in einer TV-Ansprache an diesem 24. März 1999: »Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, heute Abend hat die NATO mit Luftschlägen gegen militärische Ziele in Jugoslawien begonnen. Damit will das Bündnis weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbinden und eine humanitäre Katastrophe im Kosovo verhindern. Der jugoslawische Präsident Milosevic führt dort einen erbarmungslosen Krieg. Wir führen keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen, eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen.«
 
Bündnis90/Die Grünen erwies sich mit Außenminister Joseph Fischer an der Spitze als propagandistisches Schlachtroß für das Gemetzel: »Ich habe aus der Geschichte nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg, sondern auch: Nie wieder Auschwitz.«
 
Seither hat diese Partei alle (mittlerweile wieder weltweiten) Kriegseinsätze der Bundeswehr mitgetragen. Aus »Nie wieder Krieg« wurde mit dieser Partei »Nie wieder Krieg ohne uns«. Dies alles unter dem Banner der »Menschenrechte«, wie sie diese Partei bestimmt. Sie hat die Schrödersche Agenda 2010 incl. der Einführung der Massenverarmungsgesetze Harzt I-IV aktiv mitgetragen und durchgesetzt, erweist sich auf allen Parlamentsebenen als willfährige Sachwalterin des Kapitalismus und damit als permanente Verletzerin der Menschenrechte.
 
Diese Damen und Herren haben nicht den Hauch einer Legitimation, gegenüber anderen Staaten als »Kämpfer für die Menschenrechte« aufzutreten. Mit ihrem offensichtlichen Wahlkampfmanöver wollen sie, gemäß der bei ihrem Hannoveraner Parteitag vom 17./18.11.2012 festgelegten Marschroute, im rechten Lager Stimmen fischen.
 
Sie sollen sich ihre Unterstützer holen, wo sie wollen, dabei jedoch ihre unerträgliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten des souveränen Cubas, das als armes Drittweltland jeden Tag mehr für die Menschenrechte tut, als es diese Partei wahrhaben will, gefälligst einstellen. Wenn die Führung dieser Partei noch einen Funken Ehre im Leibe hätte, würde sie ihre Kleine Anfrage sofort zurückziehen und sich für diesen neokolonialistischen Vorstoß entschuldigen. Damit ist jedoch angesichts ihrer oben skizzierten Geschichte kaum zu rechnen.
 
Es bleibt dabei: Solidarität mit Cuba – Schluss mit der Blockade durch USA, EU und BRD! Im Namen der Menschenrechte: Freiheit für die MIAMI 5 (3). Erinnern wir diese Partei an Che Guevaras Abschiedsbrief an seine Kinder aus dem Jahr 1966. Darin heißt es u.a.: »Vor allem bewahrt Euch stets die Fähigkeit, jede Ungerechtigkeit, die irgendwo auf der Welt begangen wird, aufs tiefste zu empfinden. Das ist der schönste Charakterzug eines Revolutionärs.« (PK)
 
(1) http://eurlex.europa.eu/Notice.do?mode=dbl&lang=en&ihmlang=en&lng1=en,de&lng2=bg,cs,da,de,el,en,es,et,fi,fr,hu,it,lt,lv,mt,nl,pl,pt,ro,sk,sl,sv,&val=346617:cs&page=
 
(2) http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/112/1711243.pdf
 
(3) siehe: http://www.cubafreundschaft.de/M5/M5.html
 
Heinz-W. Hammer ist Vorsitzender der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen, www.cubafreundschaft.de


Online-Flyer Nr. 382  vom 28.11.2012

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