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Inland
Das Natur- und Kulturerbe Vulkaneifel ist in Gefahr
Eifelkrimi (Teil 1)
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Einen Krimi ohne Tote, gibt es das? Noch sind keine Toten zu beklagen – keine sichtbaren, real physischen, keine der Gattung Mensch. Nur Bäche. Abgetragene Lebensgrundlagen für Flora und Fauna. Das gefährdet die Existenzbedingungen der Gattung Mensch. Nicht nur physisch. Ist auch der Raub von Erinnerungen ein Fall für Ermittlungsbehörden? Im Eifelkrimi geht es um "gestohlene“ Berge im Natur- und Landschaftsschutzgebiet Vulkaneifel.


Suchbild 1: „Berg weg“: Im Buch „Naturdenkmale“ von Peter Joseph Busch, 1952, zeigt sich der Gossberg bei Walsdorf bereits erheblich durch Lavaabbau geschädigt. Wo ist die Beschädigung heute zu sehen?
 
 
Anlass der kriminalistischen Untersuchung ist der neue "Raumordnungsplan“ des Landesamtes für Geologie und Bergbau in Mainz (Rheinland Pfalz) von 2011. Hierin werden die so genannten Abbau-Vorranggebiete vor allem für Lava und Basalt festgelegt. Die Fläche ist gegenüber den bisherigen Abräumgebieten verfünffacht.

Suchbild 2:„Berg weg“: Weit ragte einst die Vulkangruppe des Wartgesberges bei Strohn in das Alftal. Heute gibt es in Strohn dafür ein Museum.
Bild: NABU/Erkert
 
Im Eifelkrimi von Jacques Berndorf, der sich in diesem Vulkaneifel-Gebiet unterhalb des gefährdeten Reinertsberges angesiedelt hat, gibt es mindestens einen toten Geologen dieser Landesbehörde, der nicht mehr mitspielen wollte. Anlässlich einer Bürgerversammlung liest Berndorf am 30. Januar 2012 vor rund 500 Anwesenden im Forum Daun zur Einstimmung aus seinem Buch Eifel-Connection. Spezialität des Bestseller-Autors sind die realistischen Zugaben:
 
„Da erzählt eine junge Frau, deren Mann, ein junger Geologe, im Gossberg abgestürzt ist und tödlich endete, was sie so getrieben hat mit diesem Mann:
 
‘Wir waren oft hier’, sagte sie. ‘Meistens an den Wochenenden. Wir haben den Lieserpfad gemacht und den Eifelsteig. Wir waren überall, wo man gut wandern kann.’ Christian kannte die meisten der Pflanzen mit lateinischem Namen. Er war aus Manderscheid. Er sagte von sich selbst, er sei ein Naturfreak. Er hat sich das Studium selbst erarbeitet – müsst ihr wissen – und den Doktor auch. Und er hatte mit der Eifel beruflich zu tun. Das genau brauche ich ganz exakt, bestimmte Emma. Die Nina überlegte eine Weile und nickte dann. ‘Also gut.’ Christian war Beamter in der Behörde für Geologie und Bergbau. Die sitzt in Mainz und ist dem Wirtschaftsministerium angegliedert. Die regelt und schreibt vor, wo genau Basalt und Lava abgebaut werden dürfen. Es ist so, dass zwischen Gerolstein, Hillesheim und Daun die Steinbrüche, in denen das passiert, sehr, sehr zahlreich sind. Da wird an sage und schreibe 36 Stellen abgebaut. Die Flächen sind 400ha groß. Das ist ein richtiger Flickenteppich. Stört die Landschaft ganz brutal. Jetzt hat die Behörde die Gebiete für Rohstoffsicherung festgelegt, also festgeschrieben, wo weiter abgebaut werden darf. Und da ist mein Christian geplatzt, und er hätte fast fristlos gekündigt. Es stellte sich nämlich heraus, dass bisher auf 400ha abgebaut wurde, dass diese Fläche aber um das fünffache erweitert wird, d.h. es darf in Zukunft auf 2000ha abgebaut werden. Das sind 2800 und zwei Fußballfelder. Bei einem Hektar reden wir von 10tausend Quadratmetern. Alle Naturschützer laufen Sturm, der NABU und der BUND, der Eifel-Verein, der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, der Landesjagdverband. Eben alle.’“
 
Er höre schon Kriegstrommeln. „Kein Krieg!!“, fordert Jacques Berndorf. „Wir müssen reden!“ Zum Beispiel darüber, dass eine Tonne Lava für nur einen Euro Bruchzins, der den Gemeinden zukommt, verschleudert wird. Darüber, dass der Tourismus in der „Gesundheitslandschaft“ Eifel einen zehnfach höheren wirtschaftlichen Ertrag bringt – und das ohne die Landschaft unwiederbringlich zu zerstören.
 
Berge wachsen nicht nach
 
„Berge wachsen nicht nach.“ Davon spricht an diesem Abend der Bürgerversammlung aus dem Plenum vor einem mit zwei Ministerinnen (Wirtschaft und Umwelt) besetzten Podium nicht nur die im Eifeldorf Auel geborene Soziologie-Professorin Maria Mies. Den Steffelberg hat man ihr geklaut. Erst war er Naturdenkmal, dann wieder nicht. Wenn es um Wirtschaftsinteressen geht, muss die Natur schon mal hinten anstehen. Fakt ist: der Steffelberg ist weg. Dafür gibt es jetzt einen „Vulkangarten“, in dem Touristen im Rundgang von einer halben Stunde bestaunen können, was in der Natur alles möglich ist. Ja, wenn sie denn noch da wäre, die Natur. Herr Jörg Scherer von der Abbau-Unternehmer-Vereinigung „Initiative Natursteine Vulkaneifel“ bezeichnet das als „Vorzeigeprojekt, was die Rekultivierung angeht.“

Bürgerversammlung am 30. Januar 2012 mit rund 500 Anwesenden im Forum Daun - Mit auf dem Podium sitzt die rheinland-pfälzische Landeswirtschaftsministerin Eveline Lemke. Sie wird zitiert mit: „Die Vulkaneifel darf nicht länger ihr touristisches Kapital verhökern.“
Foto: arbeiterfotografie.com
 
Um die Natur - Heimat klingt so altmodisch - zu erhalten bzw. an die Erhaltung zu mahnen übergaben Mitglieder der Interessengemeinschaft Vulkaneifel den beiden rheinland-pfälzischen Landesministerinnen Ulrike Höfken (Umwelt) und Eveline Lemke (Wirtschaft) schon mal 6.100 Unterschriften. Des Weiteren läuft eine online-Petition in dritter Runde. Genaueres vom „Tatort“ im nächsten Teil. (PK)
 
Hinweise:
 
Interessengemeinschaft Eifelvulkane
http://eifelvulkane.wordpress.com/
 
Petition Erhalt der Eifelvulkane (3. Runde)
http://openpetition.de/petition/online/erhalt-der-eifelvulkane-3-runde
 
Jacques Berndorf
Die Eifel-Connection
Verlag: KBV, Hillesheim 2011
Best.Nr. des Verlages: 4242-13
ISBN-13: 9783942446136
ISBN-10: 3942446138


Online-Flyer Nr. 341  vom 15.02.2012



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