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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Aktuelles
Piratenpartei und andere Organisationen rufen zum Protest gegen ACTA auf
"Stopp ACTA!" – am Samstag in Köln
Von Peter Kleinert und Horst Schnitzler

Zum Internationalen Anti-ACTA-Protesttag ruft die Piratenpartei Köln die Bürger auf, sich an diesem Wochenende den weltweiten Protesten gegen das Handelsabkommen ACTA anzuschließen - und sie haben gute Gründe dafür. Am Samstag, 11. Februar, startet um 11.00 Uhr auf dem Roncalliplatz die "Stopp ACTA!"-Demonstration. Ausdrücklich erlaubt ist beim Protestmarsch das Tragen von Guy Fawkes-Masken, dem neuen Symbol des Widerstands. Zum Abschluss der "Stop ACTA!"-Demonstration werden Vertreter verschiedener Organisationen und Gruppen auf einer Kundgebung sprechen. Am Freitag lenkte Berlin erst mal ein, und unterzeichnete das ACTA-Abkommen nicht.

Was ist ACTA?

"ACTA" steht für "Anti-Counterfeiting Trade Agreement" (Anti-Fälschungs-Handelsabkommen). Es ist ein zwischenstaatliches  Abkommen, das immaterielle Schutzrechte härter durchsetzen soll und am 26. Januar von der EU und 22 Mitgliedsländern unterschrieben wurde. Über die Vorbereitungen informierte Rechtsexperten und Internet-Aktivisten protestieren schon seit Jahren gegen ACTA. Die Ratifizierung von ACTA werde zu Freiheitsverlusten in Europa führen und die Armut in der Dritten Welt verschärfen. In Polen zwangen Bürger-Proteste bereits die dortige Regierung zum Umlenken. Auch in Tschechien und in der Slowakei wurde die Ratifizierung gestoppt. Kader Arif, Berichterstatter des EU-Fischereiausschusses (sic!), in welchem ACTA verabschiedet wurde, war aus Protest gegen das undurchsichtige Verfahren zurückgetreten.
 
Vordergründig wollen die teilnehmenden Regierungen mit ACTA internationale Standards im Kampf gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen schaffen. Auch geht es dabei um Patente auf Saatgut und Medikamente. Das eigentlich zu lösende Welthungerproblem und das Gesundheitsproblem würde mit ACTA nach Kritikermeinungen aber noch verschärft. "Böse Zungen“ nennen es eine mörderische „rassistische Bevölkerungsplanung“, bei der bestimmte Staaten per Preispolitik von medizinischer Versorgung abgeschnitten werden.
 
ACTA zerreißt das Internet, wie wir es kennen

Den ersten und für die deutschen Bürger sichtbarsten Schaden wird ACTA im World Wide Web anrichten. Das heutige Internet ist ein Netzwerk von Menschen, die Informationen frei untereinander austauschen. Wer mitmachen will, darf mitmachen. - Mit ACTA aber soll das Internet umgebaut werden, und zwar zugunsten der Geschäftsmodelle eben der Konzerne, die bei der EU an ACTA mitgeschrieben haben. ACTA wirft die Gleichheit und Freiheit des Internet über Bord und teilt die Bewohner des neuen Internet in nahezu allmächtige Produzenten und de facto rechtlose Konsumenten auf. 
 
ACTA - jahrelang geheim verhandelt
 
Seit 2006 fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit und auf Initiative der USA Verhandlungen von ungewählten Bürokraten und Konzern-Lobbyisten statt, um sich neue Regeln und ein übermächtiges Vollzugsverfahren auszudenken, das in den nächsten Monaten endgültig zum Abschluss gebracht werden soll. Was würde ACTA für uns, die Internet nutzenden Menschen, weltweit bedeuten?

Eingriff in Privatsphäre und Grundrechte
 
Die Internetdienstanbieter sollen sich demnach verpflichten, den Datenverkehr ihrer Kunden zu überwachen und ihnen ggf. den Internetzugang nach „Verstößen gegen das Urheberrecht“ auch bei „Anstiftung und Beihilfe“ zu sperren. Nach den ACTA-Planungen müsste dazu das Strafrecht EU-weit geändert werden. Bis jetzt ist eine derartige Überwachung nur bei schweren Straftaten möglich. ACTA würde der Ausgangspunkt für die weltweite Durchsetzung von Internetsperren.
 
Menschenfeindliche Konzernmacht
 
Nach ACTA – verklausuliert auf mehrere Paragrafen verteilt – könnten z. B. Menschen für das Teilen von Zeitungsartikeln oder das Hochladen eines Videos von einer Party, auf der urheberrechtlich geschützte Musik gespielt wird, bestraft werden. Verpackt als Handelsabkommen zum Schutz von Urheberrechten könnte ACTA auch zum Verbot lebensrettender generischer Medikamente führen und den Zugang von Bauern zu Saatgut bedrohen. Und der Höhepunkt ist, dass der ACTA-Ausschuss eine Freikarte zum Ändern seiner eigenen Regeln hätte, ohne jegliche demokratische Kontrolle.
 
Durch ACTA bekommen Konzerne Weisungsbefugnis gegenüber den Justizapparaten der beteiligten Staaten. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat kein Problem mit ACTA. Die Bundesregierung scheint entschlossen, den Vertrag zu unterschreiben. Dazu Daniel Schwerd, 1.Vorsitzender des Kreisverbandes Köln der Piratenpartei: "Dass das FDP-geführte Justizministerium das Abkommen als harmlos betrachtet, offenbart auf erschreckende Weise die Unfähigkeit, den komplexen Zusammenhang abzuwägen. Die Justizministerin verkennt dramatisch Tragweite und Internationalität der Vertragsklauseln."

ACTA schafft neue Monopole

Durch ACTA können Konzerne auch einzelne Märkte gegen Konkurrenz abschotten. Staaten können gezwungen werden, fragwürdige Patent-Regelungen aus anderen Ländern zu übernehmen. So würden Unternehmen und Arbeitsplätze, auch in Europa, geopfert zugunsten von Konzernen, die durch ACTA ihre Trivial-Patente weltweit durchsetzen können. Weil ACTA sich auch auf Schutzrechte im medizinischen Bereich bezieht, warnt bereits jetzt die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" vor dem aus ACTA resultierenden Notstand in der Bekämpfung von AIDS und anderen Epidemien in den ärmsten Regionen der Welt.

Kölner Piratenpartei ruft zum Protest gegen ACTA auf

„ACTA zementiert den Einfluss von Großkonzernen und Lobbyisten und beschneidet die Grundrechte der Bürger. Mit ACTA werden Internetprovider zu Handlangern von Konzernen gemacht und auch der Vertrieb von günstigen und lebensnotwendigen generischen Medikamenten in Entwicklungsländern wird dramatisch erschwert!“ sagt Babak Tubis Vorstandsmitglied der Kölner Piraten. Von der CDU hingegen wird ACTA befürwortet. Ihr Europa-Abgeordnete Daniel Caspary bezeichnete das Abkommen als einen "Meilenstein im Kampf gegen Marken- und Produktpiraterie".

Thomas Hegenbarth aus dem Vorstand der Kölner Piratenpartei: "Wer jetzt nicht für "Stopp ACTA“ auf die Straße geht, darf sich nicht wundern, wenn er in fünf Jahren wegen einer eigenen Idee verklagt wird, weil seine Idee angeblich bereits einem Konzern gehört. Als Kölner Piraten demonstrieren wir gegen ACTA und für die Freiheit.“ Mehr unter http://www.piratenpartei-koeln.de/
In Aachen ruft www.occupyaachen.de ebenfalls zum Widerstand auf. Email: kontakt@occupyaachen.de
 
STOPP ACTA-Demo Köln: Samstag, 11. Februar 2012, 11:00 bis 12:30, Treffpunkt Kölner Dom, Vor dem Südportal (PK)
 


Online-Flyer Nr. 340  vom 09.02.2012



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