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Lokales
Protestmarsch in Köln zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen
„Wir fordern die Nacht zurück!“
Von Irmgard Kopetzky

„Wir fordern die Nacht zurück!“, „Take back the Night“ oder „Reclaim the Night!“ heißt die Parole – in Anlehnung an die Protestmärsche, die seit 1976 weltweit von Frauen durchgeführt werden. Am vergangenen Freitag nahmen rund 150 Kölner Frauen und Mädchen den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen (25.11.) zum Anlass, um in der Tradition dieser Protestmärsche zum vierten Mal in Folge laut und bunt durch die Kölner Innenstadt zu ziehen. An diesem Tag wird an die drei dominikanischen Schwestern Patria, Maria Teresa und Minerva Mirabal erinnert. Aufgrund ihres Widerstandes gegen das Trujillo-Regime wurden sie am 25.11.1960 ermordet.


Fotos: Irmgard Kopetzky

1981 wählten lateinamerikanische und karibische Feministinnen dieses Datum zum symbolischen Jahrestag, der mit der Erinnerung an diese drei unbeugsamen dominikanischen Frauen auf die vielfältigen Aktivitäten hinweisen soll, mit denen sich Frauen gegen Gewalt wehren. Seit 1987 nutzen Frauen weltweit den 25.11., um für ihren Kampf gegen Gewalt an Frauen und Mädchen Öffentlichkeit zu schaffen.
 
Die erste „Take back the night“-Aktion, die dokumentiert ist, fand im März 1976 in Brüssel statt. Im selben Jahr gingen auch Zehntausende Frauen in Amerika und in Italien auf die Straße. Der erste Protestmarsch in Deutschland fand im April 1977 statt. Weltweit schlossen sich Frauen und Mädchen dieser Aktion an und zogen fortan zur Abend- oder Nachtzeit laut und bunt durch die Straßen. Sie forderten und fordern das Recht, sich in ihrer Stadt am Tag und in der Nacht frei bewegen zu können, ohne Angst haben zu müssen, sexuell belästigt oder vergewaltigt zu werden. Dabei geht es nicht nur um Gewalt im öffentlichen Raum, sondern auch um Übergriffe im sozialen Nahbereich sowie um Formen struktureller Gewalt.


Viele Teilnehmerinnen des Protestmarsches waren bunt verkleidet, interessierte PassantInnen wurden auf Transparenten und mit Flyern über das Thema informiert. Die Sambagruppe „rhythms of resistance“ unterstützte die Parolen durch mitreißende Rhythmen. Nach einem fast zweistündigen Demonstrationszug vom Eigelstein über den Dom, den Wallrafplatz, die Breite Straße, die Ehrenstraße und die Ringe fand auf dem Zülpicher Platz die Abschlusskundgebung statt. Solidarische Männer aus dem AZ (Autonomen Zentrum) in Kalk hatten die Frauen und Mädchen mit einer warmen Suppe empfangen. Die Ehrenfelder Frauenband „Einfach so!“ begeisterte die ZuhörerInnen ebenso wie die engagierten Wortbeiträge von TERRE DES FEMMES, dem Frauenverband Courage, agisra Köln e.V. und einer Vertreterin der autonomen Kölner Frauenhäuser, die aufzeigte, wie wichtig die Finanzierung eines dritten Frauenhauses für Köln wäre. Besonders interessant war der Beitrag von Melona, einer Triumph-Textilarbeiterin von den Philippinen, die sehr eindrucksvoll ihre eigene Situation und die ihrer Arbeitskolleginnen schilderte.
 
Ich selbst sprach für die Veranstalterinnen des Protestmarsches, das Bündnis autonomer Frauenprojekte gegen Gewalt an Frauen und Mädchen „Lila in Köln“(1). Ich sagte unter anderem: „Wir Kölnerinnen führen diesen Marsch aus denselben Gründen durch, wie schon die Frauen in den Anfangszeiten der Bewegung. Weil Frauen und Mädchen immer noch die Schuld an Vergewaltigungen und Männergewalt gegeben wird. Und weil Frauen und Mädchen ein Recht auf ein gewaltfreies, gleichberechtigtes, freies und selbst bestimmtes Leben haben! Wenn Frauen und Mädchen gemeinsam für ein bestimmtes Ziel auf die Straße gehen, ist das ein starkes Symbol dafür, dass sie sich ohne Angst und männlichen Schutz bewegen können. So wird auf positive Art Stärke vermittelt! Wir gehen auf die Straße, wie so viele Frauen vor und mit uns, um klar zu stellen, dass wir niemals die Schuld an Vergewaltigungen und Männergewalt haben. Männer, die Gewalt ausüben, sind ganz allein dafür verantwortlich! Wir fordern ein Ende der Männergewalt gegen Frauen und Mädchen und gemeinsam holen wir uns nicht nur die Nacht, sondern die freie Entscheidung über alle 24 Stunden unseres Tages zurück!“


 
Unsere Forderungen

Sie gelten für alle Frauen und Mädchen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Aufenthaltsstatus und ihrer Religionszugehörigkeit:
 
         Frauen und Mädchen sollen respektiert und in ihrer Emanzipation unterstützt werden – keine Bevormundung, Missachtung und Unterdrückung!
         Ächtung jeglicher Form von körperlicher, seelischer und sexueller Gewalt!
         Ausreichende und gesicherte Finanzierung von Beratungs- und Unterstützungsangeboten!
         Schutz aller Frauen und Mädchen vor Gewalt, unabhängig von ihrer finanziellen Situation!
         Frauenhäuser sollen voll finanziert werden; Köln braucht ein drittes Frauenhaus!
         Für Arbeitnehmerinnen gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit endlich auch in Deutschland!
         Ehe-unabhängiges Aufenthaltsrecht!
         Schluss mit Genitalverstümmelung auch in Deutschland – mehr Aufklärungsarbeit an Schulen und in Arztpraxen!
         Berücksichtigung gewaltbetroffener Frauen in der Umsetzung von Hartz IV!
         Aussetzung des Umgangsrechts für gewalttätige Väter!
         Bessere Finanzierung der Präventions- und Aufklärungsarbeit zum Thema Zwangsheirat und Gewalt im Namen der Ehre!
         Finanzierung von Schutzwohnungen für von Menschenhandel betroffene Frauen und Mädchen!
         Frauen schlägt MANN nicht – NEIN zu häuslicher Gewalt!
         Selbstverpflichtung der Kommune, sexistische, sexualisierte, frauenverachtende Werbung zu verhindern!
         Wir fordern das Recht auf ein gewaltfreies, gleichberechtigtes, freies und selbst bestimmtes Leben für Frauen und Mädchen! (PK)
 
 
(1)Lila in Köln – Bündnis autonomer Frauenprojekte gegen Gewalt an Frauen und Mädchen www.lila-in-koeln.de Wir beraten und unterstützen Frauen und Mädchen, wenn sie von physischer / psychischer / sexualisierter Gewalt betroffen sind:
 
Weitere Organisationen:
 
agisra e.V. – Beratung für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen
Tel.: 0221/124019 www.agisra.org
 
„Frau Schmitzz“ - WenDo-Trainerinnengruppe
Tel.: 0221/7391606 www.frauschmitzz.de
 
Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen
Tel.: 0221/562035 www.notruf-koeln.de
 
Frauen helfen Frauen e.V. / Autonome Frauenhäuser
Tel.: 0221/515512, 1. Haus: 515502 / 2. Haus: 515554 www.frauenhaus-koeln.de
 
Frauenberatungsstelle FrauenLeben e.V.
Tel.: 0221/9541661 www.frauenleben.org
 
Frauenberatungszentrum Köln e.V.
Tel.: 0221/4201620 www.frauenberatungszentrum-koeln.de
 
Frauen gegen Erwerbslosigkeit e.V.
Tel.: 0221/7327251 www.frauen-erwerbslos.org
 
Iranisch-Deutscher Frauenverein e.V.
Tel.: 0221/9388547 iran.deut.fv-koeln@gmx.de
 
LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V.
Tel.: 0221/45355650 www.lobby-fuer-maedchen.de
 
Interkulturelle Frauenarbeit im Bürgerhaus MüTZe
Tel.: 0221/6406938 www.muetze-buergerhaus.de


Online-Flyer Nr. 330  vom 30.11.2011



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