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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Globales
Wie einem Land Nordafrikas die "Menschenrechte" gebracht werden
Die Nato-Bestien sind gekommen
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

"Der Schutz der Menschenrechte ist in diesem Land Nordafrikas sichergestellt. Inbegriffen sind nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Das Land kann sich auf seine wegweisenden Erfahrungen auf dem Feld der Verteilung des Wohlstands und des Rechts auf Arbeit berufen. Frauen sind in diesem Land hoch angesehen, und ihre Rechte werden von allen Gesetzen und der Gesetzgebung garantiert." - Das sind Auszüge aus einer Bewertung in einem Bericht des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen. Er stammt vom 4. Januar 2011 und basiert auf Studien vor Ort vom November 2010. Am 13. Mai 2010 war dieses Land in den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewählt worden. Das Land, von dem hier die Rede ist, ist Libyen, genauer die Libysch-Arabische Dschamahirija, wie sie bis Anfang 2011 existierte.

Libyens Revolutionsführer Muammar Gaddafi
Quelle: mathaba-Artikel '16 Things Libya Will Never See Under NATO-Rebel Regime' http://www.mathaba.net/news/?x=629174
 
Anfang 2011 kamen die Nato-Bestien mit ihrer Propaganda, ihren Geheimdienstoperationen und ihren Bomben und brachten ihre Art der Menschenrechte mit. Mindestens 60.000 Menschen fanden bis zum Oktober 2011 den Tod. Das Land mit dem höchsten Lebensstandard in ganz Afrika wurde um Jahrzehnte zurückgebombt. Selbst die Linke und die Friedensbewegung ließen sich von der Nato-Propaganda infizieren und setzen dem Raubüberfall keinen nennenswerten Widerstand entgegen.
 
Libyen-Bericht des UN-Menschenrechtsrats
 
Von der Nato wurde ein Land überfallen, das in vielerlei Hinsicht einen hohen Entwicklungsstand erreicht hatte, auch in Hinsicht auf die Menschenrechte.
Libyen-Bericht des UN-Menschenrechtsrats, Januar 2011
Quelle: Vereinte Nationen


Dazu seien hier einige Auszüge aus dem Bericht des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen ausführlicher zitiert [1]:

„Die Delegation [des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen] stellte fest, dass alle Rechte und Freiheiten Bestandteil eines schlüssigen, gefestigten Rechtsrahmens sind. Die rechtlichen Garantien bilden die Basis für die Sicherstellung der Grundrechte der Menschen. Weiterhin werden Verstöße, die möglicherweise auftreten, vom Gerichtswesen verhandelt, und Täter werden vor Gericht gebracht. Das Gerichtswesen gewährleistet die Rechte der Einzelnen und wird unterstützt von anderen Instanzen, in besonders bedeutender Weise von der Staatsanwaltschaft. Eine nationale Menschenrechtskommission, deren Mandat sich auf den 'Pariser Prinzipien' gründen, ist 2007 eingerichtet worden. Die vorgenannten Instanzen werden ergänzt von neu eingerichteten Mechanismen wie beispielsweise den mit dem Gesetz Nr. 19 2001 geschaffenen zivilgesellschaftlichen Organisationen.“ (Punkt 10 des Berichts)
 
„Der Schutz der Menschenrechte ist in der Libysch-Arabischen Dschamahirija sichergestellt. Das beinhaltet nicht nur politische Rechte sondern auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Die Libysch-Arabische Dschamahirija kann sich auf ihre wegweisenden Erfahrungen auf dem Feld der Verteilung des Wohlstands und des Rechts auf Arbeit berufen.“ (Punkt 11 des Berichts)
 
„Die Delegation [des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen] weist darauf hin, dass Frauen in der Libysch-Arabischen Dschamahirija hoch angesehen sind und ihre Rechte von allen Gesetzen und der Gesetzgebung garantiert werden. Diskriminierende Gesetze wurden aufgehoben. Libysche Frauen besetzen herausragende Positionen im öffentlichen Bereich, dem Justizwesen, der Staatsanwaltschaft, bei der Polizei und im Militär. Die libysche Gesetzgebung sichert auch die Rechte der Kinder, lässt Kindern mit besonderen Bedürfnissen, Älteren und Behinderten besondere Aufmerksamkeit zukommen.“ (Punkt 12 des Berichts)
 
„Illegale Einwanderung ist eine der größten Herausforderungen, denen sich das Land gegenübersieht. Illegale Einwanderung hat negative Auswirkungen auf den Staatshaushalt, die Entwicklung, die Gesundheit, die Umweltprogramme und die soziale Stabilität. Die Libysch-Arabische Dschamahirija erwartet die Koordination und Kooperation mit den betroffenen Ländern, insbesondere mit Europäischen Ländern, die Ziel der Flüchtlinge sind, um umfassende Programme aufzubauen, die sich mit den wirtschaftlichen und sozialen Ursachen dieses Phänomens befassen und den Flüchtlingen helfen, sich in ihren eigenen Ländern niederzulassen, indem ihnen Arbeitsgelegenheiten geboten werden und ihre Länder mit Entwicklungsplänen unterstützt werden.“ (Punkt 13 des Berichts)
 
„Die Libysch-Arabische Dschamahirija stellte fest, dass Gesetze auf der Basis der im Großen Grünen Dokument verankerten Prinzipien die Meinungsfreiheit sicherstellen. Artikel 5 fördert die Freiheit, wobei in Artikel 8 festgelegt ist, dass 'jeder Bürger das Recht hat, seine Meinung öffentlich in den Volkskongressen und den Massenmedien zu äußern...' In Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit ist jeder Bürger, Mann oder Frau, der das Alter von 18 erreicht hat, berechtigt zur Mitgliedschaft in den Basisvolkskongressen, und hat aufgrund dieser Mitgliedschaft das Recht ihre oder seine Meinung zu jedem Thema zu äußern. Des Weiteren werden angesichts der wachsenden Informationsnetze Einschränkungen der Meinungsfreiheit ohnehin hinfällig...“ (Punkt 16 des Berichts)
 
„Die Religionsfreiheit wird gewährleistet getreu den Grundrechten und dem Grünen Dokument, das festlegt, dass Religion ein privater, geistlicher und persönlicher Wert ist und eine direkte Beziehung zum Schöpfer darstellt.“ (Punkt 17 des Berichts)
 
Die USA und die Einheit Afrikas
 
Von der Nato wurde ein Land überfallen, das reich ist an kostbaren Bodenschätzen. Öl und Wasser sind dabei nur zwei Mosaiksteinchen.
 
Von der Nato wurde ein Land überfallen, das mit seiner Sozial- und Bildungspolitik zu den höchststehenden weltweit gehörte (siehe dazu die Liste „So grausam war Gaddafi“ [2]). Im Oktober 2006 war zu erfahren: „Libyen setzt auf Bildung... Libyen will alle Schulkinder des Landes [kostenlos] mit Laptops und Internet-Zugang ausstatten... 1,2 Millionen Laptops wird Libyen bis 2008 erhalten, dazu kommt ein Server pro Schule, technische Unterstützung und Internet-Zugang via Satellit.“ (netzeitung.de) [3]
Libyen mit seinem einzigartigen Wasserversorgungssystem
Quelle: Aufruf des Bundesverbands Arbeiterfotografie
 
Von der Nato wurde ein Land überfallen, das sich mit einem Jahrzehnte währenden Projekt, dem „Great-Man-Made-River-Projekt“, in einer Wüstenregion eine einzigartige Wasserversorgung für Bevölkerung und Landwirtschaft geschaffen hatte. [4]
 
Von der Nato wurde ein Land überfallen, das dabei war, Afrika mit einem eigenen Kommunikationssatelliten, einer eigenen Investmentgesellschaft, einer eigenen Zentralbank (Sitz Nigeria), einem eigenen Währungsfonds (Sitz Kamerun) und einer eigenen Entwicklungsbank (Sitz Tripolis) aus der brutalen Abhängigkeit von Weltbank und Weltwährungsfonds zu befreien. [5][6]
 
Von der Nato wurde ein Land überfallen, dessen Ziel es war, Afrika zu Einigkeit und Unabhängigkeit zu führen - zu einer zweiten USA, den Vereinigten Staaten von Afrika. [6]
 
Was der Normalbürger über die Menschenrechte erfährt
 
Libyen sollte im März 2011 von den Vereinten Nationen sogar mit einem Menschenrechtspreis ausgezeichnet werden - wie der italienische Filmemacher Fulvio Grimaldi auf seiner Reise durch Deutschland im Oktober 2011 berichtete. [7][8]
 
Wie Libyen – solange es noch ein souveränes Land war – die Menschenrechte sah und wie es diesbezüglich im Gegensatz zu den Auffassungen der Nato stand, zeigt sich auch vermittels des von Libyen verliehenen Menschenrechts-preises (Al-Gaddafi International Prize for Human Rights) und seinen Preisträgern [9]. Es beginnt 1989 mit der Auszeichnung von Nelson Mandela – ein Jahr nachdem dieser von der US-amerikanischen Regierung unter Ronald Reagan als „Terrorist“ auf eine Watch List gesetzt worden war. 1990 sind es die „Kinder Palästinas“, 1991 die Ureinwohner Amerikas, die mit dem libyschen Menschenrechtspreis ausgezeichnet werden. 1998 erhält ihn Fidel Castro, 2004 Venezuelas Staatspräsident Hugo Chavez, und als letzter 2010 der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan - für seine „hervorragenden Dienste für die Menschheit“, sein Eintreten für Wahrheit und insbesondere seine Haltung zum mörderischen Überfall Israels auf die Mavi Marmara und die anderen von der Türkei aus gestarteten Schiffe des Hilfskonvois für Gaza. [10]
 
Doch der Normalbürger in den „westlichen“ Staaten erfährt von alldem nichts - und wenn, dann mit einem propagandistisch gefärbten, diffamierenden Unterton. Auch die deutsche Linke und die deutsche Friedensbewegung informieren darüber fast nicht. Eine der ganz wenigen positiven Ausnahmen findet sich in einem Artikel von Joachim Guilliard mit seiner Bezugnahme auf den Bericht des UN-Menschenrechtsrats [11] - sonst fast durchweg gähnende Leere. IMI: Fehlanzeige. DFG-VK: Fehlanzeige. Friedenskooperative: Fehlanzeige. Und Parteien wie die GRÜNEN und die SPD verschließen sich nicht nur. Sie beziehen eindeutig Gegenposition – das heißt Position für den Krieg.
 
Was wir von amnesty international erfahren
 
Eine weitere Ausnahme - allerdings eine aus dem propagandistischen Spektrum - findet sich im 2011 von der deutschen Sektion von amnesty international verfassten Bericht über Libyen [12]. Dort ist zu lesen: „Im November [2010] beurteilte der Menschenrechtsrat Libyen im Rahmen der Universellen Regelmäßigen Überprüfung (UPR) und empfahl, die Todesstrafe für 'Vergehen' im Zusammenhang mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung abzuschaffen.“ Das ist in mehrfacher Hinsicht bösartig manipulierend. Es ist ein Unding, den Bericht, der die Menschenrechtssituation in Libyen überwiegend würdigt, ausschließlich auf den Aspekt Todesstrafe zu reduzieren. Aber auf die Spitze getrieben wird die Manipulation von ai Deutschland durch die Unterstellung, die Todesstrafe werde in Zusammenhang mit Meinungsäußerungen verhängt. Eine solche Behauptung findet sich in dem zusammenfassenden Teil des Berichts nirgends. Und auch in dem Teil mit den Anmerkungen einzelner Staaten ist das nicht der Fall – mit einer Ausnahme: Israel. Israel ist das einzige Land, das diese Behauptung vorbringt. [13] Nebenbei bemerkt: nach Recherchen von german-foreign-policy gehörten zu den Gründern von ai Deutschland Personen aus dem Geheimdienstspektrum. [14][15][16][17]

Was Claudia Haydt von IMI zu sagen hat

Am 15.11.2011 findet in Köln eine Veranstaltung mit Claudia Haydt, Expertin für Nordafrika und Nahost in der Informationsstelle Militarisierung (IMI), statt. Explizites Thema sind Nordafrika und die Menschenrechte. Der Libyen-Bericht des UN-Menschenrechtsrats vom Januar 2011 ist wie generell in den IMI-Publikationen auch in ihrem Referat kein Thema. Darauf angesprochen und darauf hingewiesen, daß laut des Berichts der Schutz der Menschenrechte in Libyen sichergestellt sei - inbegriffen nicht nur politische sondern auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte - und gefragt, warum das nicht ins Bewußtsein gerückt werde, sagt sie, sie habe den Bericht durchgelesen, es stünden in dem Bericht aber "nicht nur solche Sachen", es sei u.a. auch aufgeführt, daß in Libyen keine Parteien gegründet werden könnten. Damit gibt sie zum einen zu verstehen, daß sie den Bericht kennt und ihn bewußt nicht zum Thema macht. Des weiteren relativiert sie die Tragweite des Berichts mit einer Aussage, die sich so in dem Bericht gar nicht wiederfindet. Zumindest kommt das Wort Partei im Sinne einer politischen Partei im Bericht nicht vor. Was der Bericht allerdings enthält, ist die schon in Zusammenhang mit ai erwähnte "Empfehlung" Israels. Diese unterstellt, in Libyen würde die Todesstrafe auch im Fall der Gründung von im Widerspruch zur Revolution von 1969 stehenden Organisationen - also auch im Fall der Gründung entsprechender Parteien - verhängt werden [13]. Es ist bemerkenswert, daß nach ai auch IMI ausgerechnet die israelische Argumentation aufgreift - als hätte ein entsprechendes Briefing stattgefunden. Es drängt sich die Frage auf, wie das zu erklären ist.
 
Was wir von Gerd Bedszent zu hören bekommen
 
Am 6.11.2011 fällt in Berlin bei einer Veranstaltung von Dr. Seltsams Wochenschau aus dem Munde von Gerd Bedszent, Mitautor des Buches „Libyen“, die Äußerung: „Spätestens seit der Kooperation libyscher Sicherheitskräfte mit der westeuropäischen Agentur FRONTEX degradierte sich Gaddafi selbst zum Handlanger des Imperialismus.“ [18] Dieser Satz missachtet vollkommen die langfristig angelegten, bis zuletzt betriebenen Bestrebungen, Libyen und womöglich ganz Afrika aus den Fängen des Imperialismus zu befreien. Der Satz ist eine extreme Behauptung, wie sie in dieser Art vielfach aus "linken“ Kreisen zu vernehmen ist, die einen Krieg zwar nicht besonders gut finden oder gar gegen ihn Stellung beziehen, aber gleichzeitig mit Sätzen wie dem hier zitierten dem Krieg Munition liefern. Aber worauf stützt sich diese extreme Einschätzung überhaupt?
 
Wie Pro Asyl das Feindbild Gaddafi schürt
 
Im September 2010 veröffentlicht die Flüchtlingsorganisation „Pro Asyl“ eine Broschüre mit dem Titel „Fatale Allianz: Zur Kooperation der Europäischen Union mit Libyen bei der Flucht- und Migrationsverhinderung“ [19], schreibt darin unter Berufung auf die EU von „schwersten Menschenrechtsverletzungen in Libyen“, tituliert Gaddafi als „Diktator“ und fordert: „Alle Verhandlungen mit Libyen im Politikfeld Flucht und Migration müssen unverzüglich eingestellt werden. Ein Diktator wie Gaddafi darf nicht über das Schicksal von Flüchtlingen entscheiden. Die [von wem?] angestrebte Polizeikooperation zwischen der EU-Grenzagentur FRONTEX und Libyen muss verhindert werden.“ Damit wird bewusst das Feindbild Gaddafi geschürt. Und damit wird suggeriert, im Libyen Gaddafis herrschten extreme, menschenunwürdige Zustände - vollkommen missachtend, dass Gaddafi wesentlich dazu beigetragen hat, Libyen zu einem Land zu machen, das das höchstentwickelte in ganz Afrika ist und das der Bevölkerung Möglichkeiten bietet, wie sie in Afrika einzigartig sind.

Gespräche zwischen EU und Libyen in Tripolis, 8./9.6.2010
Quelle: Tripoli-Post-Artikel über Verhandlungen zwischen EU und Libyen
http://www.tripolipost.com/articledetail.asp?c=1&i=4551
 

Mit dem Titel „Fatale Allianz“ wird suggeriert, es gebe die Allianz zwischen EU und Libyen bereits. Doch wenn man in der Pro-Asyl-Broschüre im Abschnitt über das „Rahmenabkommen EU-Libyen“ nachliest, wird klar, dass man hier in die Irre geführt worden ist, denn es heißt: „Nach wie vor konnte jedoch kein Abkommen mit Libyen unterzeichnet werden... Die bisherigen Verhandlungen waren... gescheitert.“ Bei genauerem Studium der Broschüre ist auch zu erfahren, dass es bei den Verhandlungen zwischen EU und Libyen nicht nur um das Thema Flüchtlinge ging, sondern ganz allgemein um eine Kooperation „in den Bereichen Handel und Investition, Migration, Unterstützung der libyschen Wirtschaft sowie Wissenstransfer im Gesundheits- und Energiebereich“. Wenn dann wieder von der „Diktatur Gaddafis“ und dem Ziel, „Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa aufzuhalten“, gesprochen wird und der libysche Unterhändler unter Bezugnahme auf einen Artikel der „Tripoli Post“ vom 13. Juni 2010 [20] mit den Worten zitiert wird „Wir sind zufrieden mit dem Fortschritt der Verhandlungen“, dann wird damit ein falscher Eindruck erweckt. Das wird noch deutlicher durch die Tatsache, dass ein entscheidender Satz aus dem Artikel der „Tripoli Post“ in der Pro-Asyl-Broschüre nicht wiedergegeben wird. Das ist eine Äußerung des libyschen Unterhändlers zur Flüchtlingsfrage: „Libyen werde weder als Polizist Europas agieren noch dafür die Rechnung bezahlen“.

Pro-Asyl-Postkarte der Anti-Gaddafi-Kampagne
Quelle: Pro Asyl
 
Pro-Asyl betreibt eine regelrechte Propaganda-Kampagne gegen Libyen, wie es vor dem Nato-Raubüberfall existiert hat. Dazu gehört auch eine Postkarte mit dem Titel "Europe´s new commissioner on human rights?" (Europas neuer Kommissar für Menschenrechte?). [21] Auf derart perfide Weise wird in den Köpfen der Menschen – als sei es vom westlichen Imperialismus in Auftrag gegeben – suggeriert, es könne nichts besseres geben, als sich dieses Menschen, der als Unmensch dargestellt wird, zu entledigen. Auch in publikumswirksamen Fernsehsendungen tritt Pro-Asyl in Erscheinung, so z.B. in einer Sendung des ZDF, mit der am 14. Juni 2011, also in der Zeit des Nato-Krieges, Stimmung gegen Gaddafi gemacht wird. [22][23]
 
Das ZDF, 1000 Leichensäcke und ein Bericht der EU
 
Ein so genanntes Dossier, das in Zusammenhang mit der ZDF-Sendung im Netz hinterlegt ist [24], ist propagandistisch überschrieben mit „Europa und das libysche Regime – 1000 Leichensäcke für Gaddafi“, als stehe nicht die Nato, sondern Gaddafi für Tod und Verderben. Dabei wird in keiner Weise deutlich gemacht, wofür die Leichensäcke vorgesehen sind – ob sie für etwas eingesetzt wurden oder werden sollten, wofür Libyen irgendeine Schuld träfe. Auch ist nicht verifizierbar, ob sie tatsächlich bestellt und/oder (nur) geliefert worden sind. Gezeigt wird lediglich eine Liste aus einem EU-Bericht über eine Reise nach Libyen im Jahr 2004 (TECHNICAL MISSION TO LIBYA ON ILLEGAL IMMIGRATION, 27 NOV – 6 DEC 2004), in der die Leichensäcke als von Italien im Jahr 2003 geliefert aufgeführt sind. [25]
Aus der ZDF-Magazinsendung Frontal 21vom 14.6.2011 – „1000 Säcke zum Transport von Leichen“
Quelle: ZDF-Video
 
Aufschlussreich ist dieser Bericht in anderer Hinsicht. Er macht deutlich, dass Libyen schon 2004 von der EU als ein hoch entwickeltes Land gesehen worden ist. Mehrfach wird Libyens Anziehungskraft hervorgehoben, insbesondere aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation („Libyen ist ein wirtschaftlicher Anziehungspol.“, „"Libyen wurde zu einem beliebten Zielland für illegale Immigranten.“, „Libyens pan-afrikanische Politik war und ist einer der Hauptgründe, die dazu beiträgt, Tausende von Immigranten aus ganz Afrika anzuziehen.“).
 
Diese Ära dürfte mit dem Krieg der Nato vorerst beendet sein. Die Nato-Bestien haben ihr Werk vollbracht. Sie bringen ihre Menschenrechte, ihre Demokratie und ihre Gesetzlosigkeit in ein Land, das Afrika zu Einigkeit und Unabhängigkeit führen und aus diesem vielfach erneut von Kolonialherrschaft bedrohten Kontinent die Vereinigten Staaten von Afrika machen wollte. (PK)
 
Anmerkungen:
[1] Libyen-Bericht des UN-Menschenrechtsrats vom 4.1.2011
Report of the Working Group on the Universal Periodic Review
Libyan Arab Jamahiriya
http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/docs/16session/A-HRC-16-15.pdf
 
[2] "So grausam war Gaddafi"
Zusammenstellung von sozialen Errungenschaften in Libyen in der Ära Gaddafi
erschienen u.a. in NRhZ Nr. 327 vom 09.11.2011
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17134
 
[3] Libyen schenkt allen Schulkindern Laptops
Artikel vom 12.10.2006
http://www.netzeitung.de/internet/446117.html
 
[4] Libyen: Die Schlächter sind unter uns. Stoppen wir sie!
Appell des Bundesverbands Arbeiterfotografie vom 21.3.2011
http://www.arbeiterfotografie.com/nordafrika/index-nordafrika-0012.html
 
[5] Was in Libyen zerstört wird
Artikel von Werner Rügemer, erschienen in Ossietzky, Ausgabe 13/2011 vom 25.6.2011
http://www.sopos.org/aufsaetze/4e05addf369be/1.phtml
http://www.arbeiterfotografie.com/nordafrika/index-nordafrika-0020.html
 
[6] Den Krieg in Libyen verstehen - Was sind die wahren Ziele der USA?
Artikel von Michel Collon, 8.4.2011
http://www.arbeiterfotografie.com/nordafrika/index-nordafrika-0016.html
 
[7] Libyen unter den Bomben der NATO - Fulvio Grimaldi zeigte seinen Film "Maledetta Primavera - Verfluchter Frühling“
Artikel von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann in NRhZ Nr. 325 vom 26.10.2011
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17096
 
[8] Smoking Gun: Gaddafi Was To Receive U.N. Human Rights Award
Veröffentlichung vom 14.11.2011
http://libyanfreepress.wordpress.com/2011/11/14/smoking-gun-gaddafi-was-to-receive-u-n-human-rights-award/
 
[9] Internationaler Gaddafi-Preis für Menschenrechte
http://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Gaddafi-Preis_f%C3%BCr_Menschenrechte
 
[10] Erdogan receives Gaddafi human rights award
Artikel vom 1.12.2010 in der in Istanbul erscheinende Tageszeitung Todays Zaman
http://www.todayszaman.com/newsDetail_getNewsById.action?load=detay&newsId=228386
 
[11] Libyen – Überlegungen zum drohenden 'Preis der Freiheit'
Artikel von Joachim Guilliard in seinem Blog 'Nachgetragen' vom 9.4.2011
Der UN-Menschenrechtsrat hat das Land im Bericht zur jüngsten „allgemeinen regelmäßigen Überprüfung“ Libyens, die Ende letzten Jahres vorgenommenen wurde, sogar für seine Fortschritte bei den Menschenrechten gelobt. Zahlreiche Länder – darunter Venezuela und Kuba, aber auch Australien und Kanada – hoben in ihren Erklärungen einzelne Aspekte noch besonders hervor.
http://jghd.twoday.net/stories/libyen-ueberlegungen-ueber-den-drohenden-preis-der-freiheit/
 
[12] Amnesty Report 2011 Libyen
http://www.amnesty.de/jahresbericht/2011/libyen
 
[13] Empfehlung Israels im Libyen-Bericht des UN-Menschenrechtsrats vom 4.1.2011:
96.6. Amend or repeal legislation that applies the death penalty to nonserious crimes, as recommended by the Human Rights Committee, including the exercise of the right to freedom of expression or opinion or the establishment of groups, organizations or associations based on a political ideology contrary to the principles of the 1969 revolution (articles 206 and 207 of the Penal Code)
http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/docs/16session/A-HRC-16-15.pdf
 
[14] Was haben Heinrich Böll, Carola Stern, Gerd Ruge und Theo Sommer mit der CIA zu tun?
Über die staatliche Steuerung von Kunst und Medien durch eine 'kriminelle Vereinigung' - Betrachtung zur Dokumentation 'Benutzt und gesteuert - Künstler im Netz der CIA' von Hans-Rüdiger Minow, ausgestrahlt am 29.11.2006 bei 'arte'
http://www.arbeiterfotografie.com/medien/2006-11-29-cia-fuer-die-freiheit.html
 
[15] 40 Jahre amnesty international - Daten und Fakten über die wohl wichtigste Menschenrechtsorganisation der Welt
Die erste Sektion, die auf dem ersten internationalen Treffen im Juli 1961 anerkannt wurde, war die bundesdeutsche. Kölner Journalisten - Carola Stern, Gerd Ruge und Felix Rexhausen - bildeten den ersten Vorstand der ebenfalls in Köln ins Vereinsregister eingetragenen Organisation.
http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Menschenrechte/amnesty40.html
 
[16] Artikel 'Heinrich Böll: Im Geheimdienstgestrüpp', erschienen bei German-Foreign-Policy am 26.11.2006
mit Angaben zu Carola Stern, Vorsitzende des ersten Vorstands der deutschen ai-Sektion
http://german-foreign-policy.com/de/fulltext/56636
 
[17] Artikel 'Heinrich Böll u. Co: Manche CIA-Wässerchen', erschienen bei German-Foreign-Policy am 29.11.2006 mit Angaben zu Gerd Ruge, Mitglied im ersten Vorstand der deutschen ai-Sektion
http://german-foreign-policy.com/de/fulltext/56640
 
[18] Reportage - Berlin, 6.11.2011- Dr. Seltsams Wochenschau "Arabische Revolutionen - Aufstieg der Armen oder Märchen aus 1001 Nacht?"
Äußerung von Gerd Bedszent, Mitautor des von Fritz Edlinger herausgegebenen Buches 'Libyen: Hintergründe, Analysen, Berichte'
http://www.arbeiterfotografie.com/galerie/reportage-2011/index-2011-11-06-berlin-dr-seltsams-wochenschau-arabischer-fruehling.html
 
[19] Pro-Asyl-Broschüre 'Fatale Allianz: Zur Kooperation der Europäischen Union mit Libyen bei der Flucht- und Migrationsverhinderung'
http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2010__ab_April_/Broschuere_Libyen.pdf
 
[20] Artikel 'Libya, EU Partnership Talks were Successful, Syala', 13.6.2010 in 'The Tripoli Post'
Libya's Secretary of International Cooperation Mr. Mohammed Syala… also said in terms of illegal immigration problem, Libya would not act a police man for Europe nor would it pay the bill as such.
http://www.tripolipost.com/articledetail.asp?c=1&i=4551
 
[21] Pro-Asyl-Veröffentlichung zur Anti-Gaddafi-Kampagne (mit Kampagnen-Motiv - auch als Postkarte)
Europas Partner: Das Regime Gaddafis kurz vor dem Zusammenbruch
http://www.proasyl.de/de/themen/kampagnen/online-aktionen/keine-zusammenarbeit-mit-gaddafi/
 
[22] Video des Beitrags 'Flüchtlinge unerwünscht – Europas Geschäfte mit Gaddafi' von Reinhard Laska und Christian Rohde in der ZDF-Sendung Frontal21 vom 14.6.2011
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1360808/Europas+Gesch%C3%A4fte+mit+Diktator+Gaddafi#/beitrag/video/1360808/Europas-Geschaefte-mit-Diktator-Gaddafi
 
[23] Manuskript des Beitrags 'Flüchtlinge unerwünscht – Europas Geschäfte mit Gaddafi' von Reinhard Laska und Christian Rohde in der ZDF-Sendung Frontal21 vom 14.6.2011
http://frontal21.zdf.de/ZDFde/download/0,6753,7022044,00.pdf
 
[24] Frontal21-Dossier 'Europa und das libysche Regime - 1000 Leichensäcke für Gaddafi' von Christian Rohde zum Beitrag 'Flüchtlinge unerwünscht – Europas Geschäfte mit Gaddafi' von Reinhard Laska und Christian Rohde in der ZDF-Sendung Frontal21 vom 14.6.2011
http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/25/0,1872,8244473,00.html
 
[25] Bericht der Europäischen Kommission
TECHNICAL MISSION TO LIBYA ON ILLEGAL IMMIGRATION 27 NOV – 6 DEC 2004
http://www.statewatch.org/news/2005/may/eu-report-libya-ill-imm.pdf
http://www.statewatch.org/news/2005/may/eu-report-libya-ill-imm.pdf


Online-Flyer Nr. 329  vom 23.11.2011



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