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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Globales
Hintergrundinformationen zur konterrevolutionären Rolle der Saudis in Nahost
Der Clan der Sudairi und Syrien – Teil 2
Von Thierry Meyssan

Ein Saudi-Arabischer Clan, die Sudairi, steht im Mittelpunkt der konterrevolutionären Welle, die im Nahen Osten von den Vereinigten Staaten und Israel ausgelöst worden ist. Anfang Februar, als Syrien noch nichts von irgendeiner Demonstration wusste, wurde auf Facebook eine Seite mit dem Titel „Die Syrische Revolution 2011“ kreiert. Sie rief für Freitag, den 4. Februar, zu einem „Tag der Wut“ auf, was von Al-Jazeera verbreitet wurde aber ohne irgendein Echo blieb. Das Ausbleiben einer Reaktion wurde von der Fernsehanstalt aus Katar bedauert, Syrien als das „Königreich des Schweigens“ bezeichnet.


Al Jazeera
Quelle: mideastposts.com
 
Schon das Logo „The Syrian Revolution 2011“ gibt zu denken: Es ist auf Englisch und wie für Werbeslogans üblich formuliert. Welcher wirkliche Revolutionär käme auf den Gedanken, dass er, wenn er sein Ideal nicht 2011 verwirklichen kann, nachhause gehen und sich schlafen legen würde? Noch seltsamer: am Tag ihrer Einführung verzeichnete diese Facebook-Seite 80.000 Freunde. In wenigen Stunden eine solche Begeisterung, und dann rein gar nichts, das lässt an eine mit einem Softwareprogramm zur Einrichtung von Konten durchgeführte Manipulation denken. Umso mehr, als Syrer vom Internet nur wenig Gebrauch machen und erst seit dem 1. Januar DSL-Zugang haben.

Es begann mit bezahlten Graffiti
 
Einen Monat später begannen die Wirren in Deraa, einer ländlichen Kleinstadt an der jordanischen Grenze, wenige Kilometer von Israel entfernt. Unbekannte bezahlten Jugendliche dafür, dass sie Graffiti gegen die Regierung auf Mauern in der Stadt sprühten. Die örtliche Polizei verhaftete die Oberschüler und behandelte diese zur größten Entrüstung ihrer Familien wie Kriminelle. Die örtlichen Notablen, die vorhatten, den Streit zu schlichten, wurden vom Gouverneur wie Strolche behandelt. Die jungen Leute wurden verprügelt. Die wütenden Familien griffen das Kommissariat an, um sie zu befreien. Die Polizei antwortete mit noch größerer Brutalität, wobei sie Protestierende tötete.


Syriens Präsident Bashar al Assad
Quelle: todanoticia.com
 
Präsident Baschar al-Assad schritt ein, um die Polizisten und den Gouverneur zu maßregeln – dieser ist ausgerechnet einer seiner Vettern, den er nach Deraa versetzt hatte, um ihn in der Versenkung verschwinden zu lassen. Eine Ermittlung wurde eingeleitet, um diesen polizeilichen Übergriff völlig aufzuklären, die Beamten, die für die Gewaltakte verantwortlich waren, wurden angeklagt und hinter Gitter gebracht. Minister begaben sich an Ort und Stelle, um den Familien der Opfer die Entschuldigung und das Beileid der Regierung auszusprechen; Entschuldigung und Beileid wurden öffentlich entgegengenommen.
 
Alles hätte wieder in Ordnung gehen sollen. Plötzlich schossen vermummte Heckenschützen, die sich auf Dächern postiert hatten, zugleich in die Menge wie auf Polizisten und stürzten so die Stadt ins Chaos. Die Verwirrung ausnutzend attackierten bewaffnete Individuen außerhalb der Stadt ein öffentliches Gebäude, in dem die Nachrichtendienste untergebracht sind, deren Auftrag es ist, das von Israel besetzte syrische Territorium des Golan zu beobachten. Um das Gebäude und seine Archive zu verteidigen, eröffneten die Sicherheitskräfte das Feuer. Es gab Tote auf beiden Seiten.
 
Zusammenstöße dieser Art wiederholten sich. Angesichts der in die Stadt eingedrungenen Angreifer forderten die Notablen den Schutz der Armee an. Dreitausend Mann und Panzer wurden in Stellung gebracht, um die Einwohner zu schützen. Schließlich kam es zu einer Schlacht, in der sich die eingedrungenen Kämpfer und die syrische Armee gegenüberstanden, wie in einer Neuauflage der Belagerung von Nahr el-Bared durch die libanesische Armee. Nur, dass diesmal die internationale Presse die Tatsachen entstellte und die syrische Armee beschuldigte, die Bevölkerung von Deraa anzugreifen.
 
Waffen und Geld aus Libanon für Mafiagruppen
 
Währenddessen kam es zu Zusammenstößen in Lattakia. Dieser Hafen ist seit langem Tummelplatz von Mafiagruppen, die sich auf Schmuggel über See spezialisiert haben. Diese Individuen bekamen Waffen und Geld aus Libanon. Sie verwüsteten das Zentrum der Stadt. Die Polizei schritt ein. Auf Befehl des Präsidenten waren die Ordnungskräfte nur mit Schlagstöcken bewaffnet. Daraufhin holten die Gangster ihre Kriegswaffen heraus und töteten Dutzende unbewaffneter Polizisten.
 
Dasselbe Szenario wiederholte sich im Nachbarort Banias, einer zwar kleinen aber strategisch bedeutenden Stadt, insofern sich hier die Hauptraffinerie des Landes befindet. Nun machten die Sicherheitskräfte von ihren Waffen Gebrauch, der Zusammenstoß geriet zu einer regelrechten Schlacht.
 
Schließlich kamen in Homs, einer wichtigen Stadt im Zentrum, Leute zusammen, um in einer integristischen Moschee an einem Gebet teilzunehmen; sie riefen die Gläubigen auf, gegen „das Regime, das unsere Brüder in Lattakia getötet hat“, zu demonstrieren.
 
Riesige Demonstrationen für Baschar el-Assad
 
Als Reaktion auf die Wirren ging die syrische Bevölkerung in Massen auf die Straße, um ihre Unterstützung der Republik zu bekunden. Riesige Demonstrationen, wie sie das Land noch nie in seiner Geschichte erlebt hatte, vereinten in Damaskus, Aleppo und selbst Lattakia jedes Mal Hunderttausende vom Menschen unter der Losung „Gott, Syrien, Baschar!“
 
Bei den Zusammenstößen, die sich in den betroffenen Ortschaften verschärften, gelang es den Ordnungskräften, die Kämpfer zu verhaften. Sie waren nach den im Fernsehen übertragenen Geständnissen von Jamal Jarrah, einem libanesischen Abgeordneten der Partei von Saad Hariri, rekrutiert, bewaffnet und bezahlt worden, was dieser abstreitet.
 
Jamal Jarrah ist ein Freund von Prinz Bandar (siehe Teil 1). Dessen Name taucht auch in der Affaire von Fatah al-Islam in Nahr el-Bared auf. Er ist der Vetter von Ziad Jarrah, eines Djihadisten, der vom FBI beschuldigt wird, für die Entführung von Flug UA93, der am 11. September 2001 in Pennsylvania abstürzte, verantwortlich zu sein. Er ist auch der Vetter der Brüder Ali und Youssouf Jarrah, die im November 2008 von der libanesischen Armee wegen Spionage für Israel verhaftet wurden.
 
Moslembrüder rufen zum Sturz von Baschar al-Assad auf
 
Von London und Paris aus rufen Ali Saad-al-din Bayanouni (Generalsekretär der syrischen Sektion der Moslembrüder) und Abdel-Halim Khaddam (Ehemaliger Vizepräsident von Syrien) zum Sturz von Baschar al-Assad auf.


Jamal Jarah – heimlicher Moslembruder?
www.dailystar.com.lb
 
Jamal Jarrah soll geheimes Mitglied bei den Moslembrüdern sein, was er ebenfalls dementiert. Im Jahre 1982 versuchten die Moslembrüder, in Syrien die Macht zu ergreifen. Sie scheiterten und wurden Opfer einer schrecklichen Massenrepression. Seit der von Baschar al-Assad verkündeten Amnestie hielt man diese schmerzliche Erinnerung für vergessen. Dem ist nicht so, wird doch dieser Zweig der Moslembrüder inzwischen von den Sudairis, von denen sie einst exkommuniziert worden waren, finanziert. Die Rolle der Bruderschaft in den Zusammenstößen von Banias wird jetzt allgemein anerkannt.
 
Jamal Jahrrah soll auch libanesische Kämpfer eingesetzt haben, die der Hizb ut-Tahrir angehören, einer in London ansässigen und vor allem in Zentralasien aktiven islamistischen Organisation. Die Hizb ut-Tahrir, die sich als gewaltfrei bezeichnet, wird beschuldigt, zahlreiche Anschläge im Ferghanatal organisiert zu haben. Zu ihrer Bekämpfung verstärkte China im Rahmen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit die Annäherung an Russland. Die Verantwortlichen der Gruppe wurden trotz mehrerer Debatten im Unterhaus nicht behelligt und bekleiden in anglo-amerikanischen transnationalen Konzernen Posten auf höchster Ebene. 
 
Die Hizb ut-Tahrir eröffnete letztes Jahr eine Sektion im Libanon. Bei dieser Gelegenheit veranstaltete sie einen Kongress, zu dem sie ausländische Persönlichkeiten einlud, darunter einen international bekannten russischen Intellektuellen. Im Verlauf der Debatten riefen die Organisatoren zur Errichtung eines islamischen Staates auf, wobei sie klarmachten, dass für sie Schiiten und libanesische Drusen – und selbst bestimmte Sunniten – keine echten Muslime sind und ebenso wie die Christen vertrieben werden müssten. Höchst erstaunt über dieses Großmannsgehabe, beeilte sich der russische Intellektuelle, Fernsehinterviews zu geben, um sich von diesem Fanatiker zu distanzieren.
 
Baschar al-Assad erfüllt die populären Hauptforderungen
 
Die syrischen Sicherheitskräfte schienen zunächst durch die Ereignisse überfordert. Die höheren Offiziere, die in der UdSSR ausgebildet worden waren, setzten Gewalt ein, ohne sich allzu sehr um die Auswirkungen auf die Bevölkerung zu sorgen. Doch die Lage wandelte sich von Mal zu Mal. Präsident Baschar al-Assad übernahm wieder das Kommando. Er wechselte die Regierung aus. Er schaffte die Notstandsgesetze ab und löste den Obersten Gerichtshof für Staatssicherheit auf. Er verlieh Tausenden von Kurden die syrische Staatsangehörigkeit, deren sie, aufgrund einer umstrittenen Volkszählung seit Jahrzehnten beraubt waren. Außerdem ergriff er verschiedene Maßnahmen wie die Abschaffung von Bußgeldern wegen Zahlungsrückstand bei öffentlichen Versorgungsbetrieben (Elektrizität etc.) Damit entsprach er den populären Hauptforderungen und nahm der Opposition den Wind aus den Segeln. Am "Tag der Kampfansage“, Freitag, den 6. Mai, betrug die Gesamtheit der Demonstranten im Land keine 50.000 Menschen bei einer Bevölkerung von 22 Millionen Einwohnern.
 
Insbesondere appellierte der neue Innenminister Mohammad al-Sha’ar an alle, die sich zu den Massenunruhen hatten hinreißen lassen, sich spontan bei der Polizei zu melden und im Austausch gegen Informationen in den Genuss einer Amnestie zu kommen. Mehr als 1100 Mensche haben entsprechend reagiert. In wenigen Tagen waren die hauptsächlichen Verbindungswege zerschlagen und zahlreiche Waffenverstecke beschlagnahmt. Nach fünf Wochen Gewalt kehrte langsam die Ruhe in fast allen von Unruhen betroffenen Städten zurück.
 
Unter den identifizierten und verhafteten Drahtziehern sollen israelische oder libanesische Offiziere sein, einer soll ein Saad Hariri nahe stehender libanesischer Politiker sein. Dieser Versuch der Destabilisierung wird also ein Nachspiel haben.
 
In der saudischen Regierung nutzten die Sudairi die Krankheit König Abdullahs aus, um ihn beiseite zu schieben. Mit Hilfe der USA und Israels beendeten sie die Annäherung zwischen Abdullah und al-Assad und übernahmen die Oberaufsicht über die arabische Konterrevolution.
 
Komplott auf schwachen Beinen
 
Was ursprünglich ein Komplott zum Sturz der syrischen Behörden war, wurde zu einem öffentlichen Erpressungsmanöver mit dem Ziel der Destabilisierung. Wohl wissend, dass die Revolte nicht reüssieren wird, thematisierten die Syrien-feindlichen arabischen Tageszeitungen ohne Scham laufend faule Kompromissangebote. Sie berichteten über die Reisen von Unterhändlern, die nach Damaskus kamen, um die Forderungen der Sudairi zu präsentieren. Glaubt man diesen Zeitungen, werden die Gewaltausbrüche erst aufhören, wenn Baschar al-Assad sich zwei Befehlen beugt: Bruch mit Iran und Beendigung der Unterstützung für den Widerstand in Palästina, Libanon und Irak.
 
Die internationale Propaganda – Al Jazeera
 
Die Sudairi wünschen eine westliche Militärintervention, um dem syrischen Widerstand ein Ende zu machen, ganz in der Art, wie die Aggression gegen Libyen erfolgt.
 
Abrupt änderte der Satelliten-Fernsehsender Al-Jazeera zur allgemeinen Überraschung seine redaktionelle Linie. Es ist ein offenes Geheimnis, dass dieser Sender auf Wunsch der Brüder David und Jean Frydman, französischer Milliardäre und Berater von Atzak Rabin und Ehud Barak, geschaffen wurde. Sie wollten ein Medium schaffen, um eine Diskussion zwischen Israelis und Arabern möglich zu machen, da doch in jedem der betroffenen Länder eine solche Diskussion gesetzlich verboten war.
 
Um den Sender zu errichten, erbaten sie die Hilfe des Emirs von Katar, der anfangs die Rolle eines Aushängeschilds spielte. Der Redaktionsstab wurde beim Arabischen Dienst der BBC rekrutiert, sodass anfangs die Mehrheit der Journalisten Agenten des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 waren. Doch der Emir übernahm die politische Kontrolle des Senders, der damit zum aktiven Arm seines Fürstentums wurde. Im Laufe der Jahre spielte al-Jazeera tatsächlich eine beschwichtigende Rolle, förderte den Dialog und die Verständigung in der Region. Aber der Sender trug auch dazu bei, das System der israelischen Apartheid zu verharmlosen, als ob die Gewaltakte der israelischen Armee nur bedauerliche Fehlleistungen eines akzeptablen Regimes sind und nicht das Wesentliche des Systems ausmachen. 
 
Ex-Präsident Ben Ali fand in Saudi Arabien Zuflucht bei Prinz Nayef. Al-Jazeera, das über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten in außergewöhnlicher Weise berichtet hatte, wechselte mit der Libyen-Affäre abrupt seine redaktionelle Linie und wurde zum Sprecher der Sudairi.
 
Gründe für den Angriff auf Libyen
 
Diese Kehrtwendung bedarf einer Erklärung. Der Angriff auf Libyen ist ursprünglich ein französisch-britischer Plan, der im November 2010, also deutlich vor dem "arabischen Frühling“, konzipiert wurde, und dem sich die Vereinigten Staaten angeschlossen haben. Paris und London verständigten sich darauf, mit Tripoli abzurechnen und ihre kolonialen Interessen zu verteidigen. Tatsächlich hatte 2005/2006 die staatliche libysche Erdölgesellschaft NOC in drei Aufrufen zur Abgabe von internationalen Angeboten für die Ausbeutung ihrer Reserven, der größten in Afrika, aufgefordert. Oberst Gaddafi hatte seine Spielregeln durchgesetzt. Die westlichen Gesellschaften hatten verschiedene durchaus vorteilhafte aber aus ihrer Sicht wenig zufriedenstellende Abkommen abgeschlossen. Es handelte sich allerdings um die für Multis am wenigsten günstigen Abkommen der Welt. Hinzu kamen verschiedene Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Aufkündigung von sehr gewinnbringenden Ausrüstungs- und Rüstungskontrakten. Schon in den ersten Tagen der angeblichen Erhebung von Bengasi hatten Paris und London einen Nationalen Übergangsrat eingesetzt, den Frankreich offiziell als legitimen Vertreter des libyschen Volkes anerkannte. Dieser Rat gründete eine neue Ölgesellschaft, die LOC, die auf dem Londoner Gipfel als rechtmäßige Fördergesellschaft des Landes anerkannt wurde. Im Zuge dieses Raubüberfalls wurde entschieden, dass die Vermarktung des von der LOC gestohlenen Öls durch Katar erfolgen soll, und dass die Kontaktgruppe der verbündeten Staaten künftig in Doha zusammentreffen wird.
 
Youssef al-Qardawi hält die Befreiung Palästinas zwar für wichtig aber weniger wichtig als die Einführung der Scharia. Als religiöser Berater des Senders wetterte Youssef al-Qardawi Tag für Tag gegen Baschar al-Assad und rief zu seinem Sturz auf. Scheich al-Qardawi ist der Präsident der Internationalen Union der Ulema und gleichzeitig europäischer Präsident für Forschung und Fatwa. Er ist der Ratgeber der Moslembrüder und predigt einen originalen Islam, eine Mischung aus US-amerikanischer "Marktdemokratie“ und saudischem Obscurantismus: er akzeptiert das Prinzip gewählter Führer, vorausgesetzt, diese verpflichten sich, die Scharia in ihrer beschränktesten Auslegung anzuwenden.
 
Ein Drittel der Syrer töten!
 
Dem Beispiel von Youssef al-Qardawi folgte auch der saudische Religionslehrer Saleh El-Haidane, der dazu aufrief „ein Drittel der Syrer zu töten, damit die zwei anderen Drittel leben“ (sic). Ein Drittel der Syrer töten? Das bedeutet, Christen, Juden, Schiiten, Alewiten und Drusen umbringen. Damit die zwei Drittel leben? Das heißt, einen sunnitischen Staat errichten, damit dieser seine eigene Bevölkerung läutert.
 
Bis heute scheint allein der palästinensische Zweig der Moslembrüder, die Hamas, unempfänglich gegen die Verführung durch Petrodollars der Sudairi. Ihr Chef, Khaled Mechaal, bestätigte, nicht ohne einen Moment des Zögerns, dass er im Exil weiter in Damaskus bleiben wird und dass er Präsident al-Assad unterstützt. Mit seiner Hilfe begann er die imperialistischen und zionistischen Pläne zu durchkreuzen und mit der Fatah von Mahmoud Abbas einen Vertrag auszuhandeln.
 
Propaganda auch von BBC und France24
 
Seit März sind Al-Jazeera, sowie die arabischen Sendungen von BBC und France24 zu entschiedenen Propagandaorganen mutiert. Mit falschen Zeugen und manipulierten Bildern berichten sie über fabrizierte Ereignisse, um der Syrischen Republik die Stereotypen des tunesischen Regimes von Ben Ali anzuhängen.
 
Sie versuchen glauben zu machen, dass die syrische Armee eine der tunesischen Polizei vergleichbare Kraft der Repression ist, und dass sie nicht zögert, auf friedliche Bürger zu schießen, die für ihre Freiheit kämpfen. Diese Medien meldeten sogar den Tod eines jungen Soldaten, der sich geweigert haben soll, auf seine Mitbürger zu schießen, und deshalb durch seine Vorgesetzten zu Tode gefoltert worden sein soll. Die syrische Armee ist tatsächlich eine Armee von Wehrpflichtigen, und der junge Soldat, dessen Personalien veröffentlicht wurden, befand sich auf Urlaub. Er äußerte sich im syrischen Fernsehen und bekräftigte seinen Willen, sein Land gegen ausländische Söldner zu verteidigen.
 
Diese Satellitensender versuchten auch, mehrere syrische Persönlichkeiten nach dem Beispiel der Familie Ben Ali als Profiteure zu präsentieren. Sie konzentrierten ihre Kritik auf Rami Makhlouf, den reichsten Mann des Landes, einen Vetter von Präsident Assad. Sie behaupteten nach tunesischem Modell, er verlange von allen ausländischen Gesellschaften, die sich im Lande niederlassen wollen, eine persönliche Beteiligung. So etwas ist im syrischen Kontext absolut gegenstandslos und unvorstellbar. In Wirklichkeit profitierte Rami Makhlouf vom Vertrauen des Präsidenten al-Assad, und erhielt eine Mobilfunkkonzession. Und wie alle, die irgendwo auf der Welt solche Konzessionen haben, wurde er Milliardär. Die eigentliche Frage ist, ob er seine Stellung ausgenutzt hat oder nicht, um sich auf Kosten seiner Konsumenten zu bereichern. Die Antwort ist: Nein. Syrien bietet die niedrigsten Mobilfunktarife der Welt!
 
Wie dem auch sei, die Krone der Lüge gebührt Al-Jazeera. Der katarische Sender ging so weit, Bilder von einer Demonstration von 40.000 Moskauern zu zeigen, die ein Ende der russischen Unterstützung für Syrien forderten. In Wirklichkeit handelte es sich um Bilder von den jährlichen stattfindenden Demonstrationen zum 1. Mai, in die der Sender Schauspieler eingeschleust hatte, um falsche Straßenbefragungen vorzuführen.
 
Das Netzwerk von Prinz Bandar und die Regierung Obama
 
Der konterrevolutionäre Apparat des Sudairi stößt auf eine Schwierigkeit: Bis jetzt kämpften die Söldner von Prinz Bandar unter der Fahne von Osama Bin Laden, sei es in Afghanistan, Bosnien, Tschetschenien oder anderswo. Ursprünglich als Antikommunist geltend, wurde Bin Laden zunehmend antiwestlich. Seine Bewegung ist von der Ideologie des Zusammenpralls der Kulturen geprägt, die von Bernard Lewis verkündet und von seinem Schüler Samuel Huntington popularisiert wurde. Sie hatte ihre Glanzzeit mit den Anschlägen vom 11. September und dem Krieg gegen Terrorismus: Die Männer von Prinz Bandar verübten überall gewaltsame Wirren, wo die Vereinigten Staaten intervenieren wollten.
 
Im gegenwärtigen Zeitabschnitt ist es notwendig, das Image der Jihadisten zu verändern. Inzwischen sind sie dazu ausersehen, an der Seite der NATO zu kämpfen, wie sie einst an der Seite der CIA in Afghanistan gegen die Rote Armee kämpften. Es ist also angezeigt, auf den prowestlichen Diskurs zurückzukommen und ihm eine andere Substanz als Antikommunismus zu geben. Das wird die ideologische Aufgabe von Scheich Youssef al-Qardawi sein.
 
Um diese Umstilisierung zu erleichtern, kündigte Washington den offiziellen Tod von Osama Bin Laden an. Nach dem Verschwinden dieser Schirmherrschaftsfigur können die Söldner des Prinzen Bandar unter einer neuen Fahne mobilisiert werden.
 
Dieser Rollenwechsel wird von einem Spiel des Postenwechsels in Washington begleitet. General David Petraeus, der in seiner Eigenschaft als Kommandant von CentCom mit den Männern von Bandar im Nahen Osten zu tun hatte, wird Direktor der CIA. Man muss sich also auf einen beschleunigten Rückzug der NATO-Truppen aus Afghanistan und einen verstärkten Einsatz der Männer von Bandar in Geheimoperationen der CIA einstellen. Leon Panetta, der scheidende Direktor der CIA, wird Verteidigungsminister. Nach interner Absprache innerhalb der herrschenden Klasse der Vereinigten Staaten musste dieser Posten einem Mitglied der Baker-Kommission vorbehalten werden. Dazu gehört der Demokrat Panetta ebenso wie der Republikaner Gates. Bei den neuen Kriegen soll er den Bodeneinsatz beschränken – abgesehen von den Spezialtruppen.
 
In Riad und in Washington stellt man bereits die Todesurkunde für den "arabischen Frühling“ aus. Die Sudairi können vom Nahen Osten sagen, was zu Italien in dem französisch-italienischen Spielfilm aus dem Jahr 1963 von Luchino Visconti, gedreht nach dem gleichnamigen Roman von Giuseppe Tomasi di Lampedusa, „Der Leopard“ gesagt wird: "Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass alles sich verändert." (PK)
 
Übersetzung: Klaus von Raussemdorff
 
Thierry Meyssan ist ein französicher Intellektueller, Gründungspräsident des Réseau Voltaire und der Konferenz Axis for Peace. Er veröffentlicht Analysen zur Außenpolitik in der arabischen, lateinamerikanischen und russischen Presse. Sein letztes Werk auf Französisch: L’Effroyable imposture : Tome 2, Manipulations et désinformations (éd. JP Bertand, 2007)
Artikel von ihm finden Sie unter http://www.voltairenet.org/article169815.html
Einen Artikel von ihm mit dem Titel "Obama, der Finanzkrieg der USA und das Gold des Libyschen Dinars - Gründe zur Beseitigung von Strauss-Kahn unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16607


Online-Flyer Nr. 308  vom 29.06.2011



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