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Kultur und Wissen
"Freundinnen – Bewegung um den Lebensfaden“ - Drei genähte Porträts
Meine Tante Käthe
Von Carola Willbrand

In den letzten Ausgaben der NRhZ waren meine genähten Porträts der ersten Künstlerinnengeneration der deutschen Akademien Anfang des 20. Jahrhunderts zu sehen; Freundinnen meiner Tante Käthe, der Malerin Käthe Schmitz-Imhoff (K.S.I.). Nun ist hier endlich das Porträt von "meiner Tante Käthe" zu sehen, das ich auf Transparentpapier unterlegt mit einer Kohleskizze von K.S.I. auf italienischer Gewebetapete mit der Nähmaschine nähte, und weitere Freundinnen-Bilder aus ihrem Kolleginnenkreis.
 
Käthe Schmitz-Imhoff (K.S.I.), 1893-1984





Ab 1920 studierte K.S.I. bei Johannes Walter Kurau in Berlin, als erste Frau ab 1924 bei Heinrich Nauen an der Akademie Düsseldorf. Esfolgte ein einjähriger Arbeitsaufenthalt in Positano, Italien; ab 1927 lebte sie einige Jahre in Süd-Frankreich, 1930 folgte ein DAAD-Stipendium für Bessarabien. Erste öffentliche Ankäufe ab den 20er Jahren (Wallraf-Richartz-Museum). Sie blieb ihr Leben lang einem oft in dunkler Farbigkeit expressiven Malstil verhaftet, den sie kurze Zeit nach 1945 in helle abstrakte Formen auflöste. Neben Porträts, Menschenbildern wendet sie sich zunehmend religiösen Themen zu. Das begründete auch ihre jahrzehntelange Freundschaft mit Hildegard Domizlaff.
 
Hildegard Domizlaff besuchte ich zuweilen mit K.S.I. in ihrem Wohn- und Atelierhaus, das sie 1927 zusammen mit der Künstlerin Helen Wiehen von Theodor E. Merrill in Köln-Müngersdorf bauen ließ. Dort entstand die Künstlerkolonie Belvedere, in der auch der Bildhauer Gerhard Marcks lebte und arbeitete. Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Das Porträt von Hildegard Domizlaff entstand auf Transpartentpapier unterlegt mit einer Kohleskizze von K.S.I., eine Blätterranke darstellend. Hildegard Domizlaff zeichnete nach der Natur. Blätter, Gräser, Sträucher, Bäume, Schalentiere, Insekten und Vögel belegen das Interesse Domizlaffs am schöpferischen Aspekt alles Kreatürlichen. Es sind vorbereitende Studien zu den kleinplastischen Arbeiten in Steinschnitt und Elfenbein. In einer Ausstellung in dem ehemaligen Gebäude vom Kolumba Kunstmuseum des Erzbistums Köln waren diese Zeichnungen 1998 zu sehen.
 
Hildegard Domizlaff, 1898 (Erfurt) - 1987 (Köln)





Bildhauerin, Medailleurin, Holzschnitt- und Schmuckkünstlerin. 1918 Akademie in Weimar in der Bildhauerklasse Richard Engelmanns, einem Rodin-Schüler. 1919 konvertiert sie zum katholischen Glauben, woraufhin die Eltern ihr die finanzielle Basis für ein weiteres Studium entziehen. Sie geht an die Hamburger Kunstgewerbeschule und erhält ein Atelier als außergewöhnliche Studentin. Ab 1922 lebt sie in Soest, Leipzig und Münster. Erste Erfolge auf Ausstellungen verhelfen ihr zu wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Es folgen Reisen durch Deutschland, Italien, Griechenland mit einer längeren Zeit in Paris 1924. Sie lernt K.S.I. kennen. Beide verbindet ihr Interesse an religiösen Themen und die Freundschaft mit dem Künstler Gerhard Marcks. Arbeiten von Hildegard Domizlaff befinden sich u. a. im Kolumba Kunstmuseum des Erzbistums Köln.
 
Auch Magda Felictias Auer besuchte ich mit meiner Tante Käthe in den 70er Jahren, bevor sie nach Bayern umzog. Käthe Schmitz-Imhoff hielt aber weiter Kontakt und besuchte sie als begeisterte Wanderin. Ich erinnere mich besonders an Magda Felicitas Auer in einer Art Dirndl, das sie mit Haarflechten vermutlich zu einem Karnevalsball trug. Ihr Porträt unterlegte ich wieder mit einer Kohleskizze von K.S.I. auf italienischer Gewebetapete.
 
Magda Felicitas Auer, 1906-1990





In Köln geboren und aufgewachsen, studierte sie an der Akademie für Bildende Kunst in München bei Adolf Schinnerer, in Berlin bei Arthur Segal, in Paris bei André Lhote. Es folgten Studienreisen nach Italien, Frankreich (1931 lebte sie ein Zeitlang in Paris) und Russland in den 30er Jahren. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde ihre Ausstellungstätigkeit eingeschränkt. 1942 wurden durch die Zerstörung des Elternhauses auch 40 Gemälde zerstört. Auch Käthe Schmitz-Imhoff verlor in dieser Zeit durch die Bombardierung ihr Werk. 1947 ließ sich Magda Felicitas Auer in Mehlem bei Bonn nieder. Sie engagiert sich in der Künstlergruppe in Bonn, so wie Helene Moch, die ich in den vorigen NRhZs porträtierte, in der Rhein-Ruhr-Gruppe "Der Hellweg" in Bochum und wurde Mitglied des Deutschen Künstlerbundes. 1977 zog sie in das Dorf Farchant, im bayerischen Zugspitzland. Dort starb sie auch 1990.
 
Magda Felicitas Auer malte starkfarbige, tektonisch aufgebaute Bilder von Blumen, Landschaften, Stadtansichten, die zunehmend abstrakter wurden. Ihre Arbeiten werden heute noch auf Auktionen angeboten.
 
Diese Künstlerinnen, die zu Beginn des 20. Jahrhundert als erste Frauen an den deutschen Akademien studierten, waren Kämpferinnen für die Frauen nach ihnen. Sie legten den Grundstein für erfolgreiche Akademikerinnen, waren Vorreiterinnen. Heute studieren meistens Frauen an den Akademien; allerdings setzen sich letztendlich immer noch sehr wenige von ihnen im offiziellen Kunstmarkt durch. (PK)


Carola Willbrand – Performance bei ihrem Projekt "Kölsch köylü" im Praxiteles-Stipendium auf der türkischen Datca-Halbinsel.

Carola Willbrand, geboren 1952 in Köln, lebt und arbeitet in Köln. Fotos der von ihr hier beschriebenen BaumWesen BaumGeister im Schloßpark Stammheim stellten wir ab der NRhZ-Ausgabe 282 in einer Serie vor.

(1) Weitere Informationen über die Parkgeschichte und die KünstlerInnen unter www.rheinblicke-einblicke.de.

Mehr über die Künstlerin erfahren Sie auf ihrer Webseite http://www.carolawillbrand.de

Online-Flyer Nr. 288  vom 09.02.2011



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