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Kultur und Wissen
"Freundinnen – Bewegung um den Lebensfaden“ - Drei genähte Porträts
Helene (Leni) Moch
Von Carola Willbrand

Seit Jahren porträtiere ich mit der Nähmaschine die Malerinnen-Generation um meine Tante Käthe, der Malerin Käthe Schmitz-Imhoff (K.S.I.), 1893-1984, eine Schwester meines Vaters. Käthe Schmitz-Imhoff studierte 1924 als eine der ersten Frauen an der Akademie Düsseldorf bei Heinrich Nauen. Ich wuchs mit ihren Arbeiten auf und mit dem Werk von Helene (Leni) Moch 1909 – 2002. So entstand ein Zyklus von etwa zehn Frauenporträts – "Freundinnen – Bewegung um den Lebensfaden I“ als Insert für den Katalog "Der Souvenir – Erinnerung in Dingen“ des Museums für Angewandte Kunst Frankfurt. Drei davon zeigen die Fotos der Serie "Freundinnen – Bewegung um den Lebensfaden II“



Das erste zeigt Helene (Leni) Moch 1909 – 2002. Sie wurde als Tochter einer jüdischen Familie in Düsseldorf geboren. Sie begann 1927 ihre künstlerische Ausbildung am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt und setzte sie 1929 an der Werkkunstschule in Köln bei Prof. Seewald fort. Den Nationalsozialismus überlebte die Jüdin Helene Moch dank unerschrockener Menschen. Eine künstlerische Tätigkeit war praktisch nicht möglich, dennoch fand sie Mittel und Wege für gelegentliche Skizzen und Zeichnungen – selbst 1944 im Kölner Zoo. Das Zeichnen der Tiere hinter Gittern wurde für sie eine Lebensmetapher bis ins Hohe Alter. Regelmäßig fuhr sie von Bonn-Bad Godesberg mit der Straßenbahn nach Köln. 2000 wurden ihre expressiven Tierbilder in einer großen Einzelausstellung im Regenwaldhaus des Kölner Zoo ausgestellt. Sie unterhielt aber auch eine rege Ausstellungstätigkeit über das Rheinland hinaus in die Welt z. B. nach Kiew (1989) oder nach Helsinki (1998), als Abschluss eines dreimonatigen Arbeitsaufenthalts.



Dem Porträt von Helene Moch auf Transparentpapier unterlegte ich Tierskizzen von Käthe Schmitz-Imhoff ebenfalls auf Transparentpapier. So verbinden die Tierbilder meine beiden großen Damen. Die unterschiedlichen Lagen Transparentpapier vernähte ich auf einer sogenannten "Reis"tapete.

Mechthild Kühne Ab und zu nahm mich meine Tante Käthe zu einem Ausflug "auf’s Land" mit, nach Hennef, zu ihrer Malerfreundin Mechthild Kühne (1904-1992), um "neue Bilder zu gucken". Ich meine mich auch zu erinnern, dass Mechthild Kühne und Leni Moch zusammen im Bonner Künstlerkreis "Natur" ausstellten - vielleicht im Kurfürstlichen Gärtnerhaus in Bad-Godesberg.

Sie studierte an den Kölner Werkschulen, danach zeitlebens rege Ausstellungstätigkeit. Sie arbeitete mit kräftigen Farben in einem energischen Malduktus Landschaftsbilder; oft aus den Fenstern ihrer jeweiligen Wohnungen und Aufenthalte.

Das Porträt von Mechthild Kühne unterlegte ich mit einem 70er-Jahre-Wachstuch mit "psychodelischen Eiern". Zu dieser Zeit abstrahierte Mechthild Kühne ihre Naturzeichnungen in abgerundete Formen.

1976 stellte Käthe Schmitz-Imhoff zusammen mit Fifi Kreutzer und Hertha Meyer-Lederer im Allianz-Haus Köln aus. Als ich Fifi Kreutzer in den 70er Jahren besuchte, erzählte sie mir von ihren frühen Stickbildern, durch die sie 1908 Christian Rohlfs kennenlernte, der in einem Raum des Hagener Folkwang Museums hauste - dank des Mäzens Karl Ernst Osthaus. Dort lag in einer Ecke ein Haufen selbstgefärbter Wolle in stumpfen Farben, denn auch Rohlfs experimentierte mit Bildstickereien!

Fifi Kreutzer Fifi Kreutzer (1891-1977) nahm ab 1905 Privatunterricht bei dem Düsseldorfer Maler Ernst Hardt - Frauen wurden nämlich erst ab 1924 an der Akademie zugelassen! 1908 hatte sie einen sechsmonatigen Aufenthalt in London. In Hagen lernte sie Christian Rohlfs kennen, der wie sie mit Stick-Bildern experimentierte, und Karl Ernst Osthaus, der sich für ihre Stickbilder interessierte. Er war 1912/13 als Koordinator für religiöse Kunst auf der Weltausstellung in Gent zuständig. 1913 erhielt sie die Silbermedaille der Weltausstellung Gent für das Stickbild des Drachentöters, das sich heute im Rheinischen Landesmuseum befindet. Neben den Stickbildern machte sie überwiegend Holzschnitte, nach 1945 überwiegend Ölbilder. 1917 heiratete sie Franz Maria Jansen, der im "Gereonsclub“ und der "1. Cölner Sezzion“ aktiv war. Ab 1920 folgte ein Studium an der Hamburger Kunstschule, danach Reisen nach Österreich, Serbien, Südeuropa.

Fifi Kreutzer’s Porträt unterlegte ich mit einem gehäkelten Kaffee-Untersetzer - in Erinnerung an ihre "stickende Vergangenheit" und die legendären Kaffeegelage der "Rheinischen Expressionistinnen" bei meiner Tante Käthe.

Ich zeichnete die Frauen aus meiner Erinnerung, die teilweise Jahrzehnte zurückliegt und nähte meine Erinnerungsbilder direkt auf Transparentpapier - ohne Vorzeichnung. Die ausgesuchten Materialien stehen immer in direktem Zusammenhang zu den Frauen und ihren Arbeiten. Das mit der Nähmaschine bezeichnete Transparentpapier zeigt zwar das Dahinter, aber es lässt es auch ein wenig verschwommen erscheinen – so wie auch die Erinnerung sein kann. Manchmal rupfte oder schnitt ich aus den Transparentpapieren wieder Stücke heraus, wenn die Überlagerungen zu dicht wurden, oder eine Erinnerung sich den Weg ans Tageslicht bahnte. (PK)

Carola Willbrand – Performance bei ihrem Projekt "Kölsch köylü" im Praxiteles-Stipendium auf der türkischen Datca-Halbinsel.

Carola Willbrand, geboren 1952 in Köln, lebt und arbeitet in Köln. Fotos der von ihr hier beschriebenen BaumWesen BaumGeister im Schloßpark Stammheim stellten wir ab der NRhZ-Ausgabe 282 in einer Serie vor.

(1) Weitere Informationen über die Parkgeschichte und die KünstlerInnen unter www.rheinblicke-einblicke.de.

Mehr über die Künstlerin erfahren Sie auf ihrer Webseite http://www.carolawillbrand.de

Online-Flyer Nr. 285  vom 19.01.2011

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