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Globales
Land soll für "Charter-Städte" an ausländische Konzerne abgetreten werden
Putschisten wollen Honduras verpachten
Von Dieter Drüssel und Peter Kleinert

Die durch einen Putsch an die Macht gekommene De-facto-Regierung in Honduras erwägt offenbar, Teile des Landes unter ausländische Verwaltung zu stellen, um extraterritoriale Wirtschaftszonen zu schaffen. Das geht aus einem Bericht der regierungsnahen Tageszeitung La Tribuna hervor. Demnach zeigt die unter Führung des rechtsgerichteten Unternehmers Porfirio Lobo stehende Regierung Interesse an der Idee einer "gecharterten Stadt" für ausländische Unternehmen.


US-Ökonom Paul Romer stellt "Charter-Städte" als Konzept für eine "moderne Entwicklungspolitik" bei der Konrad Adenauer-Stiftung vor
Quelle: Konrad Adenauer-Stiftung
 
Vorgestellt wurde das Modell von dem US-Ökonomen Paul Romer auf einer Konferenz am Sitz der Zentralamerikanischen Integrationsbank (BCIE) in Tegucigalpa, der das auch schon 2010 bei der Konrad Adenauer-Stiftung in Berlin gemacht hatte. An dem Treffen in Tegucigalpa nahmen US-Botschafter Hugo Llorens und Präsident Lobo selbst teil.
 
Die Einrichtung von "Charter-Städten" ist eine bevorzugte Idee Romers, der als Professor an der Stanford-Universität im US-Bundesstaat Kalifornien lehrt. Als Beispiele führte er auf der Konferenz in Tegucigalpa Hongkong und Singapur an. Sein Vorschlag ist, in Honduras ein Stück wenig besiedeltes Land von mindestens 1000 Quadratkilometern für 40 Jahre an einen Industriestaat abzutreten. Dieser könnte auf dem Gebiet eine Retortenstadt mit extraterritorialer Gesetzgebung für ein "wirtschaftsfreundliches" Regime errichten. Eingerechtet werden sollten dann auch eigene Sicherheitssysteme und ein eigenes Erziehungs- und Gesundheitswesen. Solche "Charter-Städte" sollen nach und nach die umliegenden Gegenden in die Entwicklung einbeziehen.
 

Großes Interesse: De-facto-Präsident
Lobo und Gäste auf der Konferenz in
Tegucigalpa
Quelle: amerika21/El Tiempo
Für Honduras sind offenbar Zonen im Department Colón und im Süden des Landes im Gespräch. Der Parlaments-präsident der durch einen von der FPD-nahen Friedrich Naumann-Stiftung im Juli 2009 unterstützten Putsch an die Macht gekommenen De-facto-Regierung (1), Juan Orlando Hernández, hat mit Romer Presseberichten zufolge bereits mögliche Gebiete für die Gründung der Exklave im Departement Colón besichtigt. In der Gegend hat der Großgrundbesitzer Miguel Facussé die Bauernbewegung MUCA in den vergangenen Monaten gewaltsam bekämpft, mehrere Aktivisten wurden dabei ermordet.
 
Hernández zeigte sich von Romers Plan begeistert: "Es ist wie eine erweiterte Maquila auf viel höherem Niveau, es ist wie der Amerikanische Traum in Honduras", sagte er in der Tageszeitung El Tiempo. Als Maquilas werden „freie Produktionszonen“ z.B. in Mexiko bezeichnet, in denen die Menschen zu Niedrigstlöhnen unter Sklavenbedingungen arbeiten müssen. Das Infrastrukturministerium versicherte nach der Konferenz mit Romer, die Arbeiten an der benötigten Transportlogistik unverzüglich anzugehen. Für Honduras Präsident Lobo steht fest, dass dieses Charterprojekt in die nationale Entwicklungsplanung eingehen muss. Die Idee sei auch schon Investoren in China, Singapur, Europa und in den USA vorgelegt worden. (PK)
 
(1) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=13971
 
Wir haben diesen Beitrag dem Portal amerika21 entnommen und etwas ergänzt: Siehe www.amerika21.de


Online-Flyer Nr. 284  vom 12.01.2011



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