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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Krieg und Frieden
Flottenbesuch der US-Navy in Vietnam sorgt für Irritationen
Die Schatten des Krieges (Teil 1/2)
Von Gerhard Feldbauer

Zum Unterhalt diplomatischer Beziehungen zwischen den Staaten, auch unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen, gehören meist auch  militärische Kontakte. Gestalten sich die Beziehungen normal, sind im Gastland in der Regel Militärattachés akkreditiert, findet dann ebenso  der Austausch  entsprechender Delegationen statt. Ganz normale Gepflogenheiten also. Nicht ganz so in  Vietnam, wo im August dieses Jahres die US-Navy  zu einem  Besuch in Da Nang einlief. Obwohl das Ende des  Krieges, den die USA über acht Jahre zur Unterjochung des Landes geführt hatten, 35 Jahre zurückliegt, waren Schatten nicht zu übersehen.

Von Da Nang ging einst er Tod aus

Da Nang war während  des Krieges der USA gegen Vietnam    eine waffenstarrende Luftwaffen- und Marinebasis. Über  100 Kampfflugzeuge starteten von hier aus zu ihren Tod und Verderben bringenden Angriffen. Hier lagerte ein Großteil der 80 Millionen Liter Herbizide (Agent Orange), die über Südvietnam versprüht,  17 Millionen Menschen schädigten,  drei bis vier Millionen davon bis heute anhaltend schwer. Am 29. März 1975, einen Monat vor der Befreiung Saigons, der heutigen Ho Chi Minh Stadt, wurde die  einst als uneinnehmbar gepriesene  Festung von den Befreiungskämpfern eingenommen. Die Kriegsschiffe der 7. Flotte verließen fluchtartig den Hafen.

Im August 2010 kamen  zwei nach Da Nang  zurück. Der Flugzeugträger

500.000 neue Dioxin-Fälle in
Folge des US-Krieges in
Vietnam in jedem Jahr
Quelle: VAVA-Prospekt
George Washington und der  Lenkwaffenzerstörer John S. McCain. Besonders pikant, der zu den Namensgebern gehörende  John Sydney McCain wurde als Major der Marineflieger  am  26. Oktober 1967 bei einem Angriff auf ein Kraftwerk mit seiner F4 „Phantom“  über Hanoi abgeschossen. Er besuchte inzwischen mehrmals Vietnam und gilt als ein „Versöhnungspolitiker“. Das  hinderte ihn jedoch nicht, während seines Wahlkampfes um die Präsidentschaft 2008,  die er gegen Barak Obama verlor,  ins Feld zu führen, dass er in nordvietnamesischer  Gefangenschaft gefoltert worden sei.

Während des Flottenbesuchs fanden auf den Schiffen und in Da Nang gemeinsame Veranstaltungen, Volleyballspiele und Grillpartys statt, auf offener See Rettungsmanöver und Übungen zur Schadensbehebung, ferner ein Austausch zu medizinischen Fragen. Zum protokollarischen Teil gehörte, wie nach internationalen Gepflogenheiten üblich, das Hissen der vietnamesischen Flagge auf den Gästeschiffen.

Heikle Fragen

Der  Besuch warf  heikle Fragen  auf. Wie vertrauenswürdig sind die unverändert für ihre Weltherrschaftspläne bekannten und  weltweit eine  kriegerische Expansion betreibenden  USA als Partner. Dann haben die  USA bis heute nicht ihre in den Pariser Abkommen von 1972 übernommene Verpflichtung (Artikel 21) „zur Heilung der Wunden des Krieges und zum Nachkriegsaufbau der DRV und ganz Indochinas beizutragen“, erfüllt. Keine Regierung in Washington hat sich  bis heute für die  in Vietnam begangenen Verbrechen entschuldigt. Obendrein wies  das  Bundesberufungsgericht der USA 2008 in letzter Instanz  eine Klage vietnamesischer Agent Orange-Opfer mit der  perfiden Begründung, „den Opfern sei kein Schaden zugefügt worden“,  zurück. Das führte bei  vielen der betroffenen Menschen zu sehr kritischen Reaktionen.


Heute spenden viele US-Veteranen privat, die USA speisen die Opfer mit
Almosen ab, Kriegsmuseum in Ho-Chi-Minh-Stadt | Fotos: Hans-Dieter Hey

Ein anderes Problem betrifft die strategische Bedeutung der Region des südchinesischen Meeres vor Vietnam. Hier liegen die  umstrittenen Spratley und Paracelinseln, die sowohl Vietnam als auch China beanspruchen, aber auch Taiwan, Malaysia und Brunei. Neben reichen Fischfanggebieten werden  hier riesige Vorkommen an Erdöl und Erdgas vermutet. Das Gebiet durchqueren wichtige Schifffahrtswege, die sowohl für den Handel, aber auch unter militärischen Gesichtspunkten, darunter für die USA,  von strategischer Bedeutung sind. China erklärte das ganze  südchinesische Meeres zu seinen Hoheitsgewässern. Der Kommandant der „Georg Washington“ gab  während des Aufenthalts kund, „diese Gewässer gehören niemanden. Sie gehören jedermann. China hat das Recht, hier zu operieren, ebenso wie jeder andere Staat der Welt.“

Gerhard Feldbauer schrieb zusammen mit seiner Frau Irene das Buch „Sieg in Saigon, Erinnerungen an Vietnam. Pahl Rugenstein, Bonn 2005, zweite Aufl. 2006. Er selbst Die nationale Befreiungsrevolution Vietnams. Zum Entstehen ihrer wesentlichen Bedingungen von 1925 bis 1945. Pahl Rugenstein, Bonn  2007, und Damals Vietnam, heute Irak. Wie sich die Bilder gleichen. Offensiv, Hannover 2005


Online-Flyer Nr. 272  vom 20.10.2010



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