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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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100.000 kamen zum Europäischen Protesttag nach Brüssel
„Nein zu Sparmaßnahmen“
Von Hans-Dieter Hey

Während durch die Europäische Kommission am Mittwoch, den 29. September, neue Sparorgien und Arbeitsmarktreformen verkündet wurden, versammelten sich zur gleichen Zeit 100.000 Gewerkschafter und politische Aktivisten aus ganz Europa zum Protest. Doch offenbar hat man bei unseren europäischen Nachbarn längst begriffen, worum es geht. Deutschland dagegen scheint noch vor sich hinzuträumen und glaubt, dass Markt und Himmel schon alles regeln werden. Unsere Fotoauswahl stammt von Herbert Sauerwein (HS) und Dietmar Wegewitz (DW).

An diesem Mittwoch erneuerte die Europäische Kommission das neoliberale Glaubensbekenntnis durch einen Stabilitätspakt der härteren Art, und will diesen mit noch mehr „Biss“ verfolgen. Die Folgen für Deutschland sind bekannt: Die Rente mit 67, die Einführung der Kopfpauschale, Steuervergünstigungen zugunsten Vermögender, kommunale Kürzungen, Arbeitsplatzabbau zugunsten Billigjobs oder Hartz IV und dergleichen mehr. Und wem noch nicht klar sein sollte, wie es funktioniert, dem erklärt ein französischer Gewerkschafter über Euronews: “Die spielen die Leute gegeneinander aus, wenn die Betriebe verlegt werden, um mehr Profit zu machen und zu spekulieren anstatt bessere Bedingungen zu schaffen. Das ist ein Skandal, und die Leute haben das immer mehr satt”.

Und da Pessimisten sprichwörtlich immer ein wenig besser informiert sind, ist davon auszugehen, dass dies noch längst nicht das Ende des Kahlschlags sein wird. Doch irgendwie klang angesichts dieser Situation der Aufruf: „Gegend das Europa der Sparpläne und der Prekarität! – Für ein Europa der Beschäftigung, der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität“ wieder ein wenig mutlos. Vielleicht scheint die Erkenntnis in Ursachen und Zusammenhänge in den meisten deutschen Köpfen auch noch nicht richtig angekommen zu sein, dass sich massiver Protest raumgreifend entzünden könnte. Um die Folgen in einem Satz noch einmal zusammen zu fassen: Eine sich weiter spaltende Gesellschaft, in der andauernd die Vermögenden immer mehr erhalten und die Werktätigen und Ausgegrenzten immer weniger, ist instabil und wird auf Dauer diese Gesellschaft schädigen. Darum geht es, und wer im Geschichtsunterricht aufgepasst hat, sollte das eigentlich wissen. 

Kämpferischer als manche Gewerkschafter gibt sich das globalisierungskritische Netzwerk Attac,  das mit vielen pfiffigen Aktionen in vielen Orten unermüdlich und auch wieder in Brüssel unterwegs war. Symbolhaft mit ihrer letzten „gefakten“ Ausgabe der „Financial Times“ als „Financial Crimes“. Jeder kann also wissen, wohin die Reise hingehen muss. „Stuttgart 21“ mag zwar Ventil für den politischen Zorn und damit Symbol für die Gesamtproblematik sein, ist aber vielleicht nur für die Abwahl der Landesregierung tauglich. Für wirkliche Änderungen scheint mehr nötig. Da hilft auch nicht, dass Aktivisten die Baden-Württembergische Landesregierung in Brüssel mit roten und orangen Farbbeuteln bewarfen.

Für den gezügelten Protest der Deutschen haben auch die Mainstream-Medien gesorgt, die das Ende der Krise erfolgreich kolportiert hatten, auch wenn dieses Ende längst nicht ausgemacht ist. Die Probleme liegen tiefer. Ein bisschen Protest hier – ein bisschen Protest da, das reicht nicht für politische Weichenstellungen. Beispielsweise will die IG-Metall mit "zahlreichen zentralen und regionalen Aktivitäten" einen "Kurswechsel für ein gutes Leben" fordern. Das klingt zu sehr nach roten Trillerpfeifchen.

Und da sich die Gewerkschaften immer noch in ihrer alten SPD-Kumpanei befinden und Michael Sommer inzwischen sogar mit Angela Merkel auf Kuschelkurs geht, durfte von daher auch keine große Protestunterstützung für Brüssel zu erwarten gewesen sein. Die mangelnde Solidarität regt natürlich die im Lande auf, die längst begriffen haben, so, wie viele Gewerkschafter unserer Nachbarländer. Die Gewerkschaften konnten dort kräftig mobilisieren. Parallel zu Brüssel gab es in Spanien einen Generalstreik, der vor allem die Großbetriebe, Fabriken und den Verkehr betraf. In Polen und Portugal protestierten viele tausende Gewerkschafter, in Griechenland setzten die Spediteure ihren Ausstand fort. Protest und ziviler Widerstand sieht eben so aus. Irgendwie scheinen wir Deutschen viel zu lieb. (HDH)



Aufruf des DGB



"Financial Crimes" mit Hinweisen auf die Krisenverursacher



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HS: Annelie Buntenbach vom DGB-Bundesvorstand


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Online-Flyer Nr. 270  vom 06.10.2010



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