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Aktueller Online-Flyer vom 23. April 2024  

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Lokales
Die Bismarcksäule oder: Wie das Haus des reichsten Kölners verschwand
Ottmar Strauss war Jude
Von Werner Rügemer

Wenn Sie, meine Damen und Herren, vom „Hillige Kölle“ mit seinem katholischen Dom und den vielen romanischen Kirchen in Richtung Süden gehen würden, entlang des Rheinufers, würden Sie in den Stadtteil Marienburg kommen. Auf der Höhe des Bayenthalgürtels würden Sie auf ein dunkles massiges Gebilde stoßen. In Sicht des Rheins, ungefähr hundert Meter vom Fluss entfernt, ragt zwischen Hecken und Bäumen eine Art Turm oder Säule auf, gebaut aus schwarzen Basaltsteinen und aus Grauwacke.


Kölner Bismarcksäule - Symbol der „nationalen Wiedergeburt“
Quelle: http://www.bilderbuch-koeln.de
 
Dem gemeinen Kölner ist das massige schwarze Ding durchaus vertraut. Viele sehen es vorbeihuschen, wenn sie in der Straßenbahn der Linie 16 oder mit dem Auto auf der Rheinuferstraße vorbeikommen, die hier Oberländer Ufer heißt. Viele wissen, dass das Ding Bismarcksäule heißt. Und Sie, meine Damen und Herren, kennen Sie das Ding?
 
Als ich einmal Sonntag nachmittags nah davor stand und hinaufblickte, erreichte mich eine unerwartete Aufklärung. Ein Mann von etwa 40 Jahren in dunklem, verbeultem Anzug und verrutschtem weißen Hemd kam auf mich zu, wankend, unsicheren aber frechen Blicks, und streckte mir seine rechte Hand entgegen. Darin hielt er eine Bierflasche, aus der er offensichtlich getrunken hatte. Es war wohl nicht seine erste an diesem schönen sonnigen Tag. „Weißt du überhaupt“, grölte er und wies nun mit der Bierflasche zu dem Ding hinauf, „wer das ist?“ Er glotzte mich herausfordernd an. „Du weißt es nicht, stimmt’s?“ Er nahm einen weiteren Schluck aus seiner kölschen Nuckelflasche. „Ihr seid ja alle so ungebildet heute, stimmt’s oder hab ich recht?“ Mir wurde es etwas ungemütlich. Ich fragte: „Wer ist das denn also?“ Der Mann kippte sich den letzten Schluck Reissdorf-Kölsch in den unrasierten Hals. Er triumphierte: „Hab ich’s nicht gesagt? Du weißt es nicht! Achtzig solche Dinger stehen in unserem Land. Und ihr wisst es alle nicht. Armes Deutschland!“
 
Ich war froh, dass er abdrehte, schwankend. Die Bierflasche schleuderte er mit großer Geste ins Gebüsch neben dem schwarzen Gebilde. Er stellte sich mit verstohlenem Blick hinter einen der Bäume und nestelte ungeduldig an seiner Hose.
 
Mittlerweile kamen die ersten Teilnehmer der Stadtführung, die ich einmal im Monat in Marienburg mache. „Marienburg – Reichtum zwischen Prunk und Versteck“ heißt die Führung, die Sie, meine Damen und Herren, auch einmal mitmachen könnten. Als Treffpunkt ist angegeben „Bismarcksäule“ am Rheinufer, Ecke Bayenthalgürtel. Obwohl die meisten die Bismarcksäule kennen, wissen sie nicht, dass tatsächlich der olle Bismarck dort oben sitzend fünfzehn Meter hoch mit stilisiertem Schnauzbart in Basalt gehauen ist, ebenso seine massigen Fäuste, vor ihm die preußische Kaiserkrone und der Reichsadler. Das erkennen die meisten erst, wenn wir gemeinsam den Blick darauf lenken. „Ach ja, genau, jetzt erkenne ich das“, so der wiederkehrende Ausruf der gehetzten Zeitgenossen, die sich an den Sonntagen Zeit genommen haben, etwas über den vornehmen Stadtteil Marienburg zu erfahren.
 

Otto von Bismarck
Quelle: e-teaching-austria.at
Zu den Führungen bringe ich eine Kopie aus der Kölnischen Zeitung vom 1. April 1900 mit. Der erste April, das ist der Geburtstag des Fürsten Bismarck. Diesen Tag haben sich die Sponsoren damals vor über einem Jahrhundert ausgesucht, um ihren Aufruf zu veröffentlichen. Zur Erinnerung an die Gründung des Deutschen Reiches 1871 sollte ein „monumentales Steinwerk“ errichtet werden, als Symbol der „nationalen Wiedergeburt“ und als „Zeichen für Kölns unverbrüchliche Treue zu Kaiser und Reich“. So heißt es im Aufruf. „Alle Kölner, ohne Unterschied der Religion und Partei“ werden zu Spenden aufgefordert. Denn das monumentale Steinwerk würde viel Geld kosten. Der deutsche Stararchitekt Arnold Hartmann, zu dessen Werken das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig und das Deutsche Eck in Koblenz gehörten, war schon mit einem Entwurf beauftragt.
 
Jüdische Bankiers und protestantische Industrielle Kölns, die zu den Gründungsgewinnlern des Deutschen Reiches gehörten und die Bismarck verehrten wie einen Gott, hatten die Idee zu dem monumentalen Steinwerk geboren, den Architekten ausgesucht und den Aufruf in die Zeitung gesetzt. Sie gründeten das, was man zu solchen Gelegenheiten gründet, nämlich ein Sponsoren-Comité. Die Bankiers Albert und Eduard von Oppenheim von der Bank Sal. Oppenheim, Louis Hagen von der Bank Levy, der Industrielle Clouth mit seiner Gummifabrik in Nippes und die Commercienräte Arnold und Max Guilleaume mit ihrer Kabelfabrik spielten die Hauptrolle.
 
Doch die katholischen und arbeitenden Kölner spendeten kaum etwas. Der Kulturkampf mit dem protestantischen Preußen lag noch nicht so lange zurück. Die preußische Monarchie hielt das Rheinland mithilfe des eigens eingesetzten Regierungspräsidenten kräftig unter der Knute. Und die zahlreichen Kölner Sozialdemokraten hatten unter dem Verbot ihrer Partei durch Bismarck auch keinen Grund, sich mit Spenden zu überstürzen.
 

Kölner Schokoladenkönig Heinrich
Stollwerck – Gemälde von 1910
Quelle: Wikipedia
Der wichtigste Sponsor und die treibende Kraft war der Schokola-denfabrikant Heinrich Stollwerck. Er war buchstäblich ein Bis- marck-Narr. Dafür hatte er gute Gründe. Seine Schokoladenar-beiterinnen in der Kölner Südstadt konnte er mithilfe der Bismarck’ schen Gesetzgebung mit nie- drigen Löhnen abspeisen. Gleich-zeitig rückte der zukünftige Sarotti -Mohr zum exklusiven Süßigkeits-lieferanten der Monarchie und der preußischen Offizierskasinos auf. Der Einmarsch der preußischen Armee in Paris 1870 hatte neben- bei erfreulicherweise die franzö-sische Praliné-Konkurrenz ausgeschaltet.
 
Am Anfang des Bayenthalgürtels mit der Hausnummer 2, nahe am Rhein, hatte Heinrich Stollwerck sich einige Jahre vor seiner Denkmals-Initiative eine monumentale Villa bauen lassen. Sie hatte einen Turm, der der späteren Bismarcksäule ganz ähnlich sah. Seine Villa nannte der Schokoladenfabrikant stolz „Bismarckburg“. Im Giebel der Hauptfassade prangte wie später auf der benachbarten Säule ein stilisierter Bismarck in mittelalterlicher Rüstung. Als der Hauptsponsor durchgesetzt hatte, dass die Säule in Sichtweite seiner Villa errichtet wurde, konnte sich der doppelte Bismarck Auge in Auge betrachten. Zu jedem Geburtstag seines weltlichen Gottes am 1. April richtete der Schokokönig in der großen Halle seiner Villa feierliche Gedenk- und Feierstunden aus. Er engagierte jedes Mal einen Schauspieler des Kölner Schauspielhauses, der trat als Geist des verstorbenen Reichskanzlers auf und deklamierte dröhnend aus dessen Reden.
 
Aber man hatte auch noch weitere gute Gründe für die Platzwahl. Denn hier sei der Ursprung Kölns, hier sei die erste befestigte Anlage der Römer gebaut worden, schrieb die Sponsorengruppe in ihrem Spendenaufruf. Die römischen Kolonialherrn, meine Damen und Herren, sind für bestimmte Kölner ja die Vorläufer der Preußen, sie brachten auch schon Denkmäler und Reichtum, jedenfalls für bestimmte Kölner. Und so nahe am Rhein könnten die Schiffe herübergrüßen, so lockten die Sponsoren weiter, und die Kölner Bürger könnten herüberwinken, wenn sie auf der Prachtstraße am Rhein, die damals Kaiser-Friedrich-Ufer hieß, mit der Pferdekutsche oder der Straßenbahn zum Nachmittagskaffee oder zum Tanz in die Marienburg fuhren.
 
Für Stollwerck und seine Freunde war Bismarck eine übernatürliche Erscheinung. Seine göttliche Herkunft wurde nur leicht abgemildert: „Wenn wir nicht seinen Vater und seine Mutter wüssten, würden wir wie die Alten seine Zeugung einem von den Göttern zuschreiben“, hieß es da. In der Bismarcksäule sollte das sichtbar werden. Die Sponsorengruppe brachte 48.000 Reichsmark auf, nach heutigen Begriffen ungefähr zwei Millionen Euro. Weil die katholischen und arbeitenden Kölner kaum spendeten, musste die Säule allerdings etwas kleiner gebaut werden als geplant. Auf einen Unterbau, einen breiten, verzierten Sockel mit einer Pfeilergalerie, wodurch das Denkmal um mehrere Meter höher geworden wäre, musste man verzichten. So ragt die Bismarcksäule nur 28 Meter hoch, statt 35.
 
Die Einweihung im aufstrebenden Villenvorort Marienburg geriet zur monumentalen Bürgerfeier. Burschenschaftler aus schlagenden Verbindungen mit Säbel und in vollem Wichs nahmen ebenso Aufstellung wie Krieger- und Schützenvereine und der Große Männergesangverein von 1863. Die großbürgerlichen Honoratioren in steifem Kragen, Frack und Zylinder führten ihre Gattinnen in großer Abendtoilette mit sich. Auf der Säulenspitze wurden in der dafür eigens eingebauten Eisenwanne mehrere hundert Liter Öl eingefüllt und zu großer Flamme entzündet, die von Pressluft angetrieben wurde. Es sollten nämlich, „die Flammen der vaterländischen Begeisterung weithin leuchten“.
 
Die Polizei zählte 3.000 Teilnehmer aus dem bürgerlichen Lager. Trotzdem oder gerade deswegen schwadronierten die Redner von „allen Kölnern“, die hinter dem Denkmal und dem eisernen Kanzler stünden. Im Bericht der Kölnischen Zeitung aus dem Hause DuMont Schauberg heißt es überschwänglich über die Einweihungsfeier: „Der gigantische Schatten unseres großen Bismarck war vor uns allen aufgestiegen und hat uns von neuem gemahnt, seinem Werke treu zu bleiben.“
 
Bevor die Festgemeinde die „Wacht am Rhein“ intonierte, ging man doch noch auf die unübersehbar abwesenden Teile der Kölner Bevölkerung ein. Das hätte vermutlich auch dem einsamen Biertrinker von heute Mittag sehr gefallen, wenn er dabei gewesen wäre, ordentlich angezogen und ohne seine kölsche Nuckelflasche. Im Vorläufer des Kölner Stadt-Anzeigers, der damals Kölner Local-Anzeiger hieß, wurde die Rede des Oberlandesgerichtspräsidenten Hamm wie folgt wiedergegeben: „Zwar steht noch eine Partei abseits, zwar nehmen die deutschen Socialdemokraten, Herz und Hirn verwirrt durch die Fieberhitze ihres Klassenhasses, nicht mit teil an den großen Festen ihres Volkes. Aber so sicher und fest, wie dieser Turm, steht bei mir und ich denke, bei uns allen, die Überzeugung: Kommen wird die Zeit, wo der große mächtige nationale Gedanke diese Partei entweder zerschmettert oder niederzwingt zu dem gleichen Bekenntnis der Treue und Hingabe für Kaiser und Reich; kommen wird und muss der Tag, an dem unsere Socialdemokraten, wenn auch spät und mit Scham auf den Wangen, sich zu uns scharen werden um dieses Denkmal deutscher Einigkeit und deutschen Nationalgefühls.“
 
Die gescholtenen Sozialdemokraten und andere nationale Abweichler nahmen auch in den Folgejahren nicht an den jährlich zu Bismarcks Geburtstag wiederkehrenden Feiern an der Säule teil. Aber wenn sie an ihrem eigenen Feiertag, dem 1. Mai, abends noch etwas bierselig am Rhein entlangspazierten, so soll es wiederkehrend vorgekommen sein, dass sie sich schließlich doch um die dunkle Säule versammelten, allerdings zu einem anderen Zweck, nämlich sie ohne Scham auf den Wangen ausgiebig und unter dem Absingen abweichender Lieder zu bepinkeln. So mancher Klassenkämpfer soll in weiser Voraussicht dafür bei der Feier des 1. Mai am Alter Markt einige Kölsch extra getrunken haben. Im unmittelbar angrenzenden Stadtteil Bayenthal wohnten nämlich viele Arbeiter, und hier hatten die sozialdemokratische und die inzwischen auch noch gegründete kommunistische Partei viele Anhänger.
 
Doch man pinkelt nicht straflos an nationale Heiligtümer. Jedenfalls war es damals so. Der Oberlandesgerichtspräsident und der Kölner Local-Anzeiger sollten Recht behalten, sicher auf eine Weise, die sie so im einzelnen nicht vorhersehen konnten und wohl auch nicht wollten. Die Socialdemokraten und ähnliche Leute wurden tatsächlich entweder „zerschmettert“ oder „niedergezwungen zu dem gleichen Bekenntnis“ zu Nation und Reich. Das war einige Jahre später, 1933 und folgende.
 
Wenn wir, meine Damen und Herren, bei den Führungen die Bismarcksäule abgehandelt haben, zeige ich den Teilnehmern ein altes Foto. Es stammt aus dem schön illustrierten Bildband über Marienburg, herausgegeben vom Kölner Stadtkonservator. Auf dem Foto kann man die Bismarcksäule sehen und die keine hundert Meter entfernte Villa des Schokoladefabrikanten. Aber die Villa, die ja ebenso mächtig gebaut war wie die Säule, ist heute nicht mehr da, so stellen die Teilnehmer erstaunt fest. Ich frage dann, woran das liegen mag?
 
Wie aus der Pistole geschossen kommt jedes Mal die Antwort: „Das war der Krieg.“ Denn wenn in Köln etwas verschwunden ist, dann gibt es meist zwei Gründe, sagt der gemeine Kölner, wozu inzwischen auch der protestantische, ja sogar der gottlose gehört: der Krieg oder das Hochwasser sind schuld. Doch wie in anderen wichtigen Fällen trifft das auch hier nicht zu. Was könnte es noch sein, frage ich dann. Ratlosigkeit. Manchmal murmelt jemand: „Vielleicht wegen Geschäften?“ Nunja, um genau zu sein, es war so ähnlich, aber anders.
 

Ottmar Strauss – 1933 der reichste
Mann Kölns
Die Geschichte geht so: Auf dem Wege zum ersten Weltkrieg löste ein anderer Industrieller den Schokofabrikanten Stollwerck als reichsten Mann der Domstadt ab. Der neue reiche Mann hieß Ottmar Strauss. Er hatte im Jahr nach der Denkmalsaufstellung, 1904, zusammen mit seinem Kompagnon, einem gewissen Otto Wolff, eine gemeinsame Stahlhandelsfirma gegründet. Die Zeiten bis zum ersten Weltkrieg waren günstig, viel Stahl wurde für Industrie und Eisenbahnen und Kanonen und Gewehre und Munition und Panzer und Kriegsschiffe gebraucht. Vor allem aber dann nach dem ersten Weltkrieg florierte der Stahlhandel. Strauss und Wolff grasten die Schlachtfelder Europas ab, in Verdun und in Flandern, sammelten mit Regierungslizenz billig den Rüstungsschrott und verkauften ihn weltweit, nach Russland und China und in die Türkei und überall dorthin, wo neue Eisenbahnen gebaut wurden und wo neu aufgerüstet wurde.
 
Strauss, der Ältere der beiden Geschäftspartner, der als Geheimer Regierungsrat auch die besten Beziehungen in die Berliner Regierungskreise hatte, wurde besonders reich. Er kaufte nicht nur viel Kunst zusammen, sondern auch Villen in Marienburg, in Köln und Berlin, auch das Schloss Heisterberg bei Bonn. Und er kaufte dem Schokoladefabrikanten die symbolträchtige Villa „Bismarckburg“ ab, um als Verehrer des eisernen Kanzlers, der er natürlich auch war, der Bismarcksäule nahe zu sein. Für sein Dutzend katholische Hausdiener, Chauffeure, Köchinnen und Gärtner hatte er weiter hinten, an der Alteburger Straße, die schon in Bayenthal liegt, noch ein Gesindehaus dazugekauft. In seiner neuen Villa gab er große Feste. Einmal charterte er ein Sportflugzeug samt Pilot. Der mußte im Tiefflug an der Bismarcksäule vorbei über den Garten der Villa knattern und zentnerweise frische Rosenblätter über den Geburtstagsgästen abwerfen. In der Marienburger und überhaupt in der Kölner High Society hielt man sich etwas zu gute, wenn man vom reichsten Kölner ausersehen war, zu dessen rauschenden und knatternden Festen eingeladen zu werden.
 
So weit so gut. Bei den Führungen beginnen die Teilnehmer hier fragend zu blicken, denn das ist ja immer noch nicht die Erklärung dafür, dass die Villa nicht mehr da ist. Gut, die Geschichte ging nämlich folgendermaßen weiter: Es kam das Jahr 1933, das für Socialdemokraten und ähnliche ziemlich gefährlich wurde. Am 1. April 1933 morgens um fünf Uhr drang ein SA-Trupp in die Villa ein und erpresste Juwelen und Bargeld. Denn Strauss war kein Arier, sondern jüdischer Herkunft, wie andere Bankiers und Industrielle, die damals in Marienburg wohnten. Er hatte sich sicher gefühlt, er war keineswegs gegen Hitler gewesen, und die anderen, die auch nicht gegen Hitler gewesen waren, hatten sich ja immer darum gerissen, zu seinen Festen eingeladen zu werden. Doch plötzlich waren diese guten kölschen Freunde keine solchen mehr.
 

Porträt von Otto Wolff –
Künstler: Max Liebermann
Quelle: /www.kunst-fuer-alle.de
Otto Wolff ergriff die Gelegenheit und ließ seinen langjährigen Kompagnon eine Verzichtserklärung unterschreiben. Wolff eignete sich auch die Immobilien des Kompagnons an, darunter die Villa neben der Bismarcksäule und weitere Villen in Marienburg und in Köln und Berlin und das Schloß Heisterbach bei Bonn. Wolff fand seinen Kompagnon mit einem geringen Betrag ab. Strauss flüchtete in die Schweiz, wo er verarmt starb. 1935 ließ der neue Eigentümer die Villa neben der Bismarcksäule abreißen, ließ aber auch nichts Neues bauen. Warum? Das muss ich bis heute den Teilnehmern und auch Ihnen, meine Damen und Herren, unbeantwortet lassen. Ich habe es noch nicht herausgefunden. Niemand scheint es zu wissen. Wahrscheinlich wüsste es der angeschickerte Kölschtrinker und Buschpinkler auch nicht, der schon gar nicht.
 
Aber das massige, schwarze, vertraute und unbekannte Ding daneben steht ja noch. Stark und schweigend. Auch die eiserne Ölwanne oben kann man noch sehen. Seit 1939 wurde dort kein Öl mehr entzündet, zunächst brauchte man es damals für andere Zwecke, für den Rußlandfeldzug zum Beispiel.
 
Wenn Sie wollen, meine Damen und Herren, kommen Sie doch zu meiner nächsten Führung durch Marienburg. Treffpunkt: Bismarcksäule. Vielleicht erfahren Sie dort etwas Neues über die Stadt, über Ihre Stadt. Von der Bismarcksäule gehen wir nämlich erst los, mitten hinein in den Stadtteil seiner Bewunderer. Da können Sie noch einiges entdecken, sage ich Ihnen! (PK)
 
Wir bedanken uns bei http://www.bilderbuch-koeln.de dafür, dass wir das schöne Foto der Bismarcksäule dort kostenlos übernehmen durften und empfehlen Menschen, die Köln durch andere Bilder kennen lernen wollen, einen Blick auf diese Seite. 

Werner Rügemer wurde vor zwei Jahren als erster Kölner Karls-Preis-Träger ausgezeichnet. Sein Buch "Colonia Corrupta - Globalisierung, Privatisierung und Korruption im Schatten des Kölner Klüngels" ist inzwischen in der 6. überarbeiteten und erweiterten Auflage erschienen. Verlag WESTFÄLISCHES DAMPFBOOT, 214 S. - € 19,90, ISBN: 978-3-89691-525-
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Online-Flyer Nr. 363  vom 18.08.2010



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