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Globales
Barack Obamas globaler Führungsanspruch für die USA:
Schärfen der Schwerter
Von Wolfgang Effenberger

In einer außenpolitischen Grundsatzrede begrüßte US-Präsident Barack Obama am 14. November vor 1.500 japanischen Geschäftsleuten und Wissenschaftlern die wachsende Bedeutung Chinas in der Weltpolitik. Tatsächlich könnte nach den Vorstellungen von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn Chinas Währung schon "in einiger Zeit" in den Bewertungskorb für die Verrechnungseinheit(1) des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgenommen werden. Dadurch würde sich auch das Gewicht des Dollars durch veränderte Anteile der Währung an Welthandel und Währungsreserven verringern. Gleichzeitig erreichte das US-Haushaltsdefizit ein Rekordhoch und überschritt die magischen zwölf Billionen Dollar, was nach geltenden Regeln nicht zulässig ist.(2)

Barack Obama während seines Redeauftritts in Japan

Trotzdem betonte Obama in Tokio den Führungsanspruch der USA: "Seit ich mein Amt angetreten habe, arbeite ich dafür, die amerikanische Führung zu erneuern und eine neue Ära der Verantwortung in der Welt basierend auf gemeinsamen Interessen und gegenseitigen Respekt zu bilden." (3) Der pazifisch-asiatische Raum sei dabei für die USA von zentraler Bedeutung. Fundamental für die gemeinsame Sicherheit seien die strategischen Allianzen der USA mit Japan, Südkorea, Australien und Thailand sowie den Philippinen. Mit markigen Worten bezeichnete sich Obama in seiner fünften außenpolitischen Grundsatzrede als der erste „pazifische Präsident“ der USA, der die große Bedeutung Asiens und des pazifischen Raums anerkenne und fördern wolle. Jeder Amerikaner müsse wissen, dass die Zukunft dieser Region für die USA von großer Bedeutung sei. Obamas Aussage „Was hier geschieht, hat direkte Folgen für unser Leben daheim“ sollte nicht achtlos übergangen werden. Ebenso wenig wie die möglichen Konsequenzen seiner Feststellung. „Die Geschicke von Amerika und des asiatisch-pazifischen Raums sind nie enger miteinander verbunden gewesen.“(4) An dieser Stelle darf der Altmeister der Geostrategie, Zbigniew Brzezinski, wohlwollend auf seinen gelehrigen Schüler blicken. Im östlichen Brückenkopf Eurasiens werden Obamas Umarmungsversuche allerdings nicht überall erwidert.
 
Demonstration gegen US-Militärstützpunkte


Bereits eine Woche vor seinem Besuch in Japan demonstrierten über 20.000 Japaner in Ginowan gegen den weiteren Ausbau der US-Militärstützpunkte auf der Insel Okinawa und verlangten die Schließung der in der Nähe ihrer Stadt gelegenen amerikanischen Marine-Corps-Futenma-Air-Base. Unter dem Beifall der Demonstranten rief der Bürgermeister von Ginowan, Yoichi Iha, dem japanischen Premierminister Yukio Hatoyama zu, Präsident Obama zu sagen, „dass Okinawa keine US-Basen mehr braucht." Abschießend forderte der Bürgermeister vom Premier „eine tapfere Entscheidung zu treffen und mit der Last und Qual von Okinawa Schluss zu machen."(5)

 
Schon früher hatte die Opposition gegen die Anwesenheit einer strategisch bedeutenden US-Militärbasis in Japan Stellung bezogen. Sind doch von diesem "unsinkbaren Flugzeugträger der Vereinigten Staaten" China, Taiwan und Nordkorea leicht zu erreichen. Japan als östliches Einfallstor nach Eurasien. Die strategischen Absichten der USA lassen sich aus den Angaben im Base Structure Review 2008 des US-Verteidigungsministeriums ablesen: Von den 761 größeren US-Liegenschaften jenseits der US-Grenzen befinden sich 87 in Südkorea und 124 in Japan – doch 268 in Deutschland. Von den etwa 150.454 dauerhaft in Übersee stationierten US-Soldaten findet sich das größte Kontingent mit 55.147 Soldaten(6) in der Bundesrepublik – dem westlichen Einfallstor nach Eurasien.
 
Bundesrepublik als US-Brückenkopf

Obwohl die Bundesrepublik als Brückenkopf der USA deren Operationen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Zentralasien erst ermöglicht, sind Vorgänge wie in Japan hier heute kaum vorstellbar.

Im Jahr 2009 betteln mit lukrativen Angeboten bundesdeutsche Landes- und Kommunalpolitiker darum, möglichst viele US-Garnisonen in unserem Land zu erhalten. So freut sich Wiesbadens Oberbürgermeister Helmut Müller (CDU) über eine bedeutende Neuansiedlung in der Landeshauptstadt. Völlig unspektakulär war in der US-Armeezeitung Stars & Stripes am 20. Oktober 2009 vom Umzug des Hauptquartiers der US-Army/Europa (USAREUR) von Heidelberg nach Wiesbaden zu lesen.(7) Auf dem dortigen US-Airfield Erbenheim soll bis 2013 das neue Europa-Hauptquartier der US Army entstehen. 68 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und nach 11 US-Präsidenten seit Harry Truman (1945-1953) sollen in einem amphitheaterähnlichen Einsatz- und Kampfführungszentrum die militärischen Geschicke Europas gesteuert werden. Das 84 Millionen teure dreistöckige Zentrum wird auf ca. 26.500 Quadratmetern mit den neuesten Kommunikations- und Planungs-Geräten ausgestattet und zur modernsten US-Militäreinrichtung in Europa ausgebaut.
 
Kriegsführungs-Hauptquartier in Wiesbaden

Den Grund für den Neubau erläuterte der Operationschef der USAREUR, Brigadegeneral David G. Perkins: „Bisher ist das Hauptquartier der USAREUR weder dazu ausgelegt, noch technisch oder personell so ausgestattet, dass es als Kriegsführungs-Hauptquartier dienen könnte." Zu den Aufgaben von USAREUR zählte Perkins neben der Ausbildung weiter auf: „Schickt Einheiten an die Front, holt sie von dort wieder zurück und sichert die Lebensqualität für die Soldaten und ihre Familien [an ihren europäischen Standorten]."(8) So folgt zwingend der weitere Ausbau der Garnison: eine Army-Unterkunft für 32 Millionen Dollar, ein Unterhaltungszentrum für 8,8 Millionen Dollar und eine Wohnanlage für 133 Millionen Dollar mit bis zu 324 Reihenhäusern, Doppelhäusern und Einfamilienhäusern. Obwohl der Umzug nach Wiesbaden unmittelbar nach Fertigstellung des neuen Kampfführungszentrums vorgesehen ist, hänge nach USAREUR das genaue Umzugsdatum noch von der Zustimmung des Kongresses zu den Baumaßnahmen, von operativen Gegebenheiten sowie von weiteren Bescheiden der Gastgebernation ab.
 
Jedoch haben deutsche Behörden auf den US-Vorgang nur marginalen Einfluss. Das Einsatzzentrum wird innerhalb der US-Liegenschaft in Wiesbaden/Erbenheim gebaut. Die totale Nutzungsüberlassung der deutschen Behörden laut Stationierungsvertrag erlaubt der US Militärverwaltung freies Spiel der "Notwendigkeiten". Nach dem Umzug wird die US-Militärgemeinde Wiesbaden um 4.000 Soldaten, Zivilangestellte und Familienmitglieder auf 17.000 Personen anwachsen.
 
Stützpunkt Dal Molin/Vicenza

Zugleich sollen die US-Fallschirmjäger der 173rd Airborne Brigade als "Südeuropäische Schnelleingreiftruppe" eine neue Heimat auf dem Flugplatz Dal Molin/Vicenza erhalten. Hier hat das italienische Verteidigungsministerium trotz einiger Widerstände die Baupläne nach einigen Änderungen grundsätzlich gebilligt. Schon Mitte Dezember 2007 fand in Vicenza deshalb eine internationale Kundgebung gegen den geplanten Stützpunkt Dal Molin statt. Neben Aviano - derzeit größte US-Basis Italiens und dem toskanischen Camp Derby - hat die bei Vicenza bereits bestehende US-Groß-Basis "Caserma Ederle" eine zentrale Funktion bei den Kriegen gegen Jugoslawien, den Irak und Afghanistan gespielt. Mit der Errichtung des neuen Stützpunktes Dal Molin wird, wie es die Bewegung in Vicenza formulierte, ganz Vicenza zu einer einzigen US-Basis. Dem harten Kern des Widerstandes geht es um mehr als nur um Ederle oder den künftigen Stützpunkt Dal Molin. Sie wollen europaweit US-Basen bekämpfen.
 
Ramstein – größter Luftwaffen-Stützpunkt Die besondere Bedeutung der US-Air-Force-Europe in Ramstein - dem größten Stützpunkt der US-Luftwaffe außerhalb der USA - unterstrich am 11. November 2009 dessen Kommandeur, Brigadegeneral Mark Dillon: „Auch hier in Ramstein stellt unsere Luftwaffe sicher, dass wir über eine moderne Ausrüstung verfügen, damit wir heute und morgen bis in die fernere Zukunft unsere Aufgaben erfüllen können.“(9) Dazu wurden die betagten 30jährigen Hercules-Tranporterdes Typs C-130E der polnischen Luftwaffe überlassen und als Meilenstein für Ramstein die neuen Maschinen des C-130J-Modells eingeführt. „Damit haben wir die halbe Strecke unseres Weges zur Modernisierung unserer Transporterflotte für frontnahe Einsätze zurückgelegt“, so der Wing Commander. Auch soll das Zentrum für Luftoperationen so umgebaut werden, dass es den Anforderungen an ein Waffensystem des 21. Jahrhunderts entspricht. Von hier aus wurde und wird die Luftversorgung der Soldaten für die Kriege auf dem Balkan und im Mittleren Osten organisiert.

Während vom "Team Ramstein" mehr als 800 Soldaten an die Front in Afghanistan und im Irak abgestellt werden müssen, können sich die "Daheimgebliebenen" auf der Air Base Ramstein und in der Kaiserslautern Military Community (KMC) über viele neue Einrichtungen freuen: den neuen Einkaufs- und Hotelkomplex KMCC, das südliche Fitnesscenter, das Aquatic Center (ein Hallenbad), die neuen Wohnhäuser und vieles mehr. Auch am US-Standort Ansbach verfolgt der "Garrison Strategic Action Plan" bis ins Jahr 2029 weitreichende Pläne.  


Am Rande der Kommune Ansbach wird zurzeit auf dem rund 40 Hektar großen Areal an der Bundesstraße 14 ein komplett neuer Stadtteil hochgezogen. In der Endausbaustufe sollen 500 bis 520 Wohneinheiten hochgezogen werden, hauptsächlich Reihenhäuser, aber auch einige Einfamilienhäuser. In dem neuen Urlas-Stadtteil werden die GIs und ihre Familien autark sein: Neben dem Einkaufszentrum soll es dort eines Tages auch eine eigene Schule, eine Tankstelle, eine Bowling-Anlage, ein Jugendzentrum und einen Kindergarten geben. Einige Ansbacher Kommunalpolitiker haben ein ungutes Gefühl, dass das Projekt zwar im Prinzip nach deutschen Rechtsnormen verwirklicht wird, aber ein übliches Genehmigungsverfahren gibt es nicht.(10)

In der US-Garnison Grafenwöhr fehlen wegen eines insolventen Bauträgers 300 Wohnungen. Deshalb soll auf dem angespannten Wohnungsmarkt in dieser Region Wohnraum für die im nächsten Jahr zurückkehrenden US-Soldaten vorübergehend angemietet werden. Diese Einheiten direkt in die USA zu verlegen, scheint nicht in das strategische Konzept zu passen. In Grafenwöhr, Vilseck und Hohenfels umfasst die US-Militärgemeinde neben den übenden Verbänden annähernd 30.000 Personen. Auf 40.000 Hektar stellt dieUS-Armee die zu erwartende Kriegsszene im Irak unter Verwendung von Statisten nach, um ihre Soldaten so real wie möglich auf den oft tödlichen Irak-Einsatz vorzubereiten.
 
2009 mehr Tote als in den sechs Jahren vorher

3.500 Kilometer von Bagdad/ 5200 Kilometer von Kabul entfernt liegt im pfälzischen Landstuhl das US-Regional Medical Center (LRMC) mit über 2.000 Mitarbeitern. Landstuhl - die gefühlte deutsche Front in diesem Krieg. Nur acht Kilometer entfernt vom größten Krankenhaus der US-Army außerhalb der Vereinigten Staaten landen die mattgrauen C-17-Frachtmaschinen in Ramstein mit ihrer traurigen Fracht. Es sind verwundete Soldaten, die voraussichtlich nicht innerhalb von 14 Tagen genesen. Während der ersten zehn Monate von 2009 sind in Afghanistan mehr US- und Koalitionssoldaten gestorben, als in den ersten sechs Kriegsjahren zusammen. Im Irak sind die Opferzahlen zwar gesunken,(11) aber ein Rückzug erscheint für die US-Soldaten immer noch in weiter Ferne.(12) Durch diese Hoffnungslosigkeit hat es im US-Heer bis Ende Oktober schon 140 Selbstmorde gegeben - so viele wie im gesamten Jahr 2008. Damit dürfte im die Selbstmordrate unter den US-Soldaten im ersten Obama-Jahr Rekordhöhe erreichen.(13)



In der Grundsatzerklärung des Landstuhler LRMC steht: „Wir ermöglichen es dem Soldaten, den Auftrag der US-Streitkräfte fortzusetzen.“ Aber ca. 90 Prozent der Verwundeten werden stattdessen nach erster Notversorgung in Landstuhl zur Weiterbehandlung in die Vereinigten Staaten geflogen. Die restlichen 10 Prozent werden wieder für den "Krieg gegen den Terrorismus" fit gemacht. Dieser Krieg wurde nach dem 11. September 2001 nicht als Verbrechensbekämpfung definiert, sondern scheint vielmehr dem Ziel der strategischen Vorherrschaft in dem “Korridor entlang der Seidenstraße“(14) zu dienen. Nach Afghanistan und dem Irak ist der Iran in das Visier der Pentagon-Strategen geraten. Ein Blick auf die Landkarte mit dem Verantwortungsbereich des Zentralen US-Kommandos (CENTCOM/Area of Responsibility) genügt.



So sollen die bereits vorhandenen Einrichtungen des US-Militärs in den Baltenstaaten durch weitere US-Basen an der Küste des Schwarzen Meeres in Rumänien und Bulgarien ergänzt werden.(15) Auf den beiden Basen sollen über 4.000 US-Soldaten sowie die "Gemeinsame Eingreiftruppe Ost" (Joint Task Force East) stationiert werden. Die Regierungen der beiden Staaten erwarten, dass sich das US-Militär dort für lange Zeit niederlassen wird.(16) Unter anderem dürften diese Basen dazu dienen, um den Transport des Öls und des Gases aus dem Kaspischen Becken zu sichern.

 
Nicht zu unterschätzen sind auch die politischen Motive, um kleinere Truppenkontingente in neuen NATO-Mitgliedsstaaten zu stationieren. Mittels solcher Stationierungsmaßnahmen kann sich Washington eine politisch-wirtschaftliche Einflussmöglichkeit auf die Politik dieser Länder sichern und seine Rüstungsexportinteressen wirksamer wahrnehmen. Dazu braucht man keine mit guter Infrastruktur und größeren Verbänden belegten Standorte, sondern auch kleinere Standorte, die in Krise und Krieg schnell aufwachsen und zur Unterstützung auch länger anhaltender Kampfhandlungen genutzt werden können.(17) Ausdehnen der Präsenz über Europa hinausTrotz ihres weiter uneingeschränkten militärischen "Engagements" im Irak, in Afghanistan und nun auch in Pakistan wird das Interesse der bankrotten Vereinigten Staaten deutlich, die eigene militärische Präsenz über Europa hinaus auszudehnen. Schwerpunkte dieses Interesses sind derzeit der Mittlere Osten, der Schwarzmeerraum, der Transkaukasus und Zentralasien sowie Afrika.
 
Hierin sieht der ehemalige US-Botschafter in Nigeria, Princeton Lyman, für Afrika eine neue Bedeutung hinsichtlich „Amerikas relevanten Fragen wie Energie, Terrorismus und Handel"(18). Dieser Erkenntnis wurde 2007 mit der Aufstellung des African Command (AFRICOM) Rechnung getragen. Dieses Einsatzführungskommando für den afrikanischen Kontinent wurde von EUCOM abgetrennt und ist nun die sechste US-Kommandozentrale für eine bestimmte Region.(19) Mit Blick auf das Terrornetzwerk Al Kaida soll nach US-Verteidigungsminister Robert Gates die neue Befehlsstelle auch zum “Schutz nichtmilitärischer Missionen und, sofern es nötig ist, auch für militärische Operationen zur Verfügung stehen.(20)“ Diese Operationen werden im Hauptquartier von AFRICOM in Stuttgart-Möhringen geplant, während das U.S. European Command (EUCOM) im benachbarten Stuttgart-Vaihingen die Strategien vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer umsetzt.
 
“Luftabwehr"-Manöver mit Israel

Erst am 9. November 2009 beendeten EUCOM und die Israel Defense Forces (IDF) das Luftabwehr-Manöver Juniper-Cobra 2010 / JC10.(21) Die Vorbereitungen für JC10 begannen vor 18 Monaten. Etwa 1.400 Soldaten der vier Teilstreitkräfte des US-Militärs und eine gleiche Anzahl Soldaten der IDF nahmen an der Planung und Durchführung der Übung teil. 20 Tage lang trainierten beide Streitkräfte ihre Zusammenarbeit. Dabei wurden sogar Raketen abgefeuert, die zum Abfangen ballistischer Raketen geeignet sind. Hauptziel war es, „fünf verschiedene Raketenabwehrsysteme zu testen ... und die Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, falls sich die Obama-Administration dazu entschließt, im Falle eines Konflikts US-Systeme hierher zu entsenden", so die Jerusalem Post vom 31. Oktober 2009. Für den US-Publizisten Rick Rozoff wurde dagegen ein Raketenabwehrschild der NATO geschmiedet und der Krieg gegen den Iran geprobt.(22)
 
Als Grund für diese Annahme verweist Rozoff auf das von den USA in Israel positionierte Radar mit einer Reichweite von über 3.000 Kilometern. Damit kann der ganze östliche und der größte Teil des südlichen Russlands abgedeckt werden, wo ein Großteil der strategischen Raketen dieses Landes aufgestellt sind. Die Entfernung zwischen Tel Aviv und Teheran beträgt dagegen nur 1.598 Kilometer. Das Manöver wurde am letzten Tag auch von Premierminister Benjamin Netanjahu, Verteidigungsminister Ehud Barak, IDF-Generalstabschef Gabi Ashkenazi, James Cunningham, dem US-Botschafter in Israel, und James Stavridis besucht. Durch seine Teilnahme an diesem Manöver unterstrich US-Admiral Stavridis - in Personalunion Chef aller US-Streitkräfte in Europa und Oberkommandierender aller NATO-Streitkräfte - die Bedeutung dieses Kriegsspiels. Die Befürchtungen Rozoffs sollten nicht ungeprüft abgetan werden.
 
Durch die Hintertür in die NATO

Alarmierend ist auch die neueste Meldung über den Aufbau einer gemeinsamen Brigade aus Polen, Litauern und Ukrainern. Dieser Verband soll ab 2013 einsatzbereit sein und an UN-, Nato- und EU-Missionen teilnehmen dürfen. Damit wird den ukrainischen Streitkräften die Möglichkeit eröffnet, sich quasi über die Hintertür in die taktischen und logistischen Strukturen der NATO "einzuleben".(23) Zeitgleich zwingt die desolate Finanzlage der Ukraine ihren Bürgern den Umtausch der Landeswährung Griwna in harte Devisen auf ca. 1200 EUR. zu begrenzen.

Kriege in Eurasien nur dank deutscher Hilfe möglich


Ohne bereitwillige deutsche Unterstützung der amerikanischen Aktivitäten könnten die USA ihre Kriege im Irak oder in "AF-PAK" nicht führen. Auch weitere Kriege in Eurasien werden nur dank deutscher Hilfe möglich sein. Bisher konnten die US-Armee und ihre Dienstleistungsunternehmen zivile deutsche Flughäfen für den Transport in ihre Kriegsgebiete unkontrolliert nutzen. Obwohl die deutsche Bundesregierung frühzeitig Kenntnis von Verschleppungen mutmaßlicher Terroristen und so genannter "Gefangenen-Flüge" (Rendition-Flights) hatte, wurden derartige Menschentransporte im deutschen Luftraum nicht unterbunden.(23)
 
Diese Teilnahmslosigkeit mutet schon sehr zynisch an. Hier werden US-Soldaten für ihren Einsatz im Irak ausgebildet und von Grafenwöhr aus in den dortigen Krieg geflogen. Zurück kommen sie häufig nur noch als Fleischklumpen oder dürfen in Deutschland genesen, um dann wieder zurück in den Krieg geschickt zu werden. Hier steht die Bundesregierung in der Verantwortung. Werden eines Tages die Bürger der Bundesrepublik für die absehbaren Konsequenzen amerikanischer Machtpolitik gerade stehen müssen? Oder können wir uns dann als “tributpflichte Vasallen“ auf Befehlsnotstand berufen? (PK)


Bilder: Archiv Effenberger und NRhZ

Anmerkungen:
(1) der so genannten Sonderziehungsrechte. Das Sonderziehungsrecht (SZR; engl.: „Special Drawing Right“, SDR) ist eine künstliche Währungseinheit, die nicht auf den Devisenmärkten gehandelt wird. Sie wurde 1969 vom Internationalen Währungsfonds (IWF) eingeführt. Der Wechselkurs eines Sonderziehungsrechts ist durch einen Währungskorb wichtiger Weltwährungen definiert. Seit Januar 2006 enthält ein SZR den Wert aus der Summe von 0,632 US-Dollar, 0,410 Euro, 0,0903 Pfund Sterling und 18,4 Yen.
(2) US-Haushaltsdefizit erreichte im Oktober Rekordhoch, abgerufen am 20.11.2009 unter http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,661025,00.html
(3) Bölz, Marcus "Amerikas erster pazifischer Präsident", in Deutsche Welle vom 14.11.2009
(4) http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,661256,00.html
(5) Zitiert aus „Japanese protest US base before Obama visit” in yahoo news unter   http://news.yahoo.com/s/afp/20091108/wl_asia_afp/japanusdiplomacymilitarydemonstration
(6) Weiter aufgezählt sind 8.920 Zivilisten und 33.468 Andere (?)
(7) Patton, Mark: Contract awarded for Wiesbaden USAREUR center, in Stars and Stripes, European edition, Tuesday, October 20, 2009, aufgerufen unter http://www.stripes.com/article.asp?section=104&article=65500
(8) Dougherty, Kevin: An der USAREUR-Zukunft wird noch gebaut, in STARS AND STRIPES, 28.02.08 
http://www.stripes.com/article.asp?section=104&article=60285&archive=true

(9) Ramstein Air Base: an Air Force Top Priority Commentary by Brig. Gen. Mark Dillon
86th Airlift Wing commander 11/13/2009 - RAMSTEIN AIR BASE, Germany ( http://www.ramstein.af.mil/news/story.asp?id=123177516 )
(10) Nahr, Wolf-Dietrich:Amerikaner bauen sich eine eigenen kleine Stadt, inNürnberger Nachrichten vom 30. 10.2009
(11) Nach den aktuellen Zahlen vom 20.11.2009 nach http://icasualties.org: 4.681 tote SoldatInnen im Irak (davon 4.363 aus den USA, 179 aus dem UK und 139 Soldaten aus anderen Nationen). 1.523 tote SoldatInnen in Afghanistan (davon 923 aus den USA, 235 aus dem UK und 365 Soldaten aus anderen Nationen einschließlich 33 aus Deutschland)
(12) Ende Juni 2009 haben sich US-Truppen vor allem auf eigene Stützpunkte außerhalb der Städte und Dörfer zurückgezogen. Dies hatte noch der ehemalige US-Präsident George W. Bush mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki vereinbart. Der endgültige Abzug der meisten der noch rund 134.000 US-Soldaten aus dem Irak ist erst für 2011 geplant
(13) US-Soldaten: Selbstmordrate steuert auf Rekordhoch, in Handelsblatt vom 17. 11. 2009, unter  http://www.handelsblatt.com/politik/_b=2485628,_p=6,_t=ftprint,doc_page=0;printpage17.11.2009
(14) Mit dem nur fünf Tage vor dem Jugoslawienkrieg verabschiedeten so genannten "Seidenstraßen-Strategiegesetz" (Silk Road Strategy Act) definierten die USA ihre umfassenden wirtschaftlichen und strategischen Interessen in einem militärisch abgesicherten breiten Korridor, der sich vom Mittelmeer bis nach Zentralasien erstreckt.
(15) Schon während des Irak-Krieges nutzten in Bulgarien die US-Streitkräfte einen Flugplatz und den Hafen Burgas, in Rumänien den Flugplatz Michail Kogalniceanu und den Hafen von Konstanza. Von diesem Zeitpunkt an wurde über eine Nutzung von Hafenanlagen bzw. Flugplätzen als Logistikstützpunkte in der Nähe der Schwarzmeerküste weiter diskutiert. Vgl. Ward Sanderson: Laying the groundwork for new positioning, European Stars and Stripes, 22.8.2004
(16) Balmasov, Sergey: USA Prepares to Attack Russia in 3 or 4 Years? In Pravda.Ru vom 23. Oktober 2009, abzurufen unter http://english.pravda.ru/print/world/europe/110090-usa_russia-0
(17) Künftig untergliedern sich die US-Auslandsbasen in drei Kategorien:
a) Main Operating Bases (große, ständig genutzte und mit größeren Einheiten und Verbänden belegte Standorte); b) Foward Operating (ständige Standorte, die in Krise und Krieg schnell aufwachsen können) sowie c) Cooperative Security Locations (auf dem Territorium der Gastgebernationen werden Standorte mit wenig US-Personal für bestimmte Operationen zur Verfügung gestellt. Hier können sich disloziierte Waffen oder logistische Einrichtungen zur Unterstützung von Operationen im Einsatzland befinden. So trainieren britische und US-Truppen beispielsweise gelegentlich auf den polnischen Übungsplätzen Drawsko Pomorskij und Wedrzyn.
(18) Africa is rising on US foreign policy horizon, in: "Alexander’s Oil and Gas Connections, News & Trends: North America", 23/2003

(19) Neben AFRICOM (der größte Teil Afrikas) bestehen 5 weitere US-Kommandozentralen: NORTHCOM (Nordamerika), SOUTHCOM (Mittel- und Südamerika), EUCOM (Europa, Russland), CENTCOM (Naher und Mittlerer Osten einschließlich Afghanistans und der zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken sowie Nordostafrika) und PACOM (Pazifik, einschließlich China).
(20) Zitiert aus Mitsch, Thomas: AFRICOM: Stuttgart wichtigste US-Basis im Wettlauf um Afrikas Öl, in: AUSDRUCK - Das IMI-Magazin (April 2007).
(21) IDF and EUCOM Complete Joint Training Exercise For 20 days the two forces trained their cooperation in various defense exercises throughout Israel, in Jewish News Today vom 11. November 2009 unter http://www.jewishnews2day.com/jnt/cont.asp?code=8858&cat=uplinks
(22) Siehe unter http://rickrozoff.wordpress.com/2009/11/05/israel-forging-nato-missile-shield-rehearsingwar-with-iran/, abgerufen am 19. November 2009
(23) Strutynski, Peter: Das "neue Europa" macht mobil gegen Russland. Polen, Litauen und die Ukraine gründen eine gemeinsame Brigade: NATO-Osterweiterung durch die Hintertür, unter
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Ukraine/pol-lit.html , aufgerufen am 21. November 2009
(24) Schäfer, Paul: Die US-Streitkräfte in Deutschland, in Freitag Nr. 15 vom 11. April 2008
Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, wurde mit 18 Jahren Zeit-soldat, studierte Bauingenieu
rwesen und erhielt als junger Pionieroffizier Einblick in das von den USA vorbereitete
atomare Gefechtsfeldin Eu-ropa. Nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr studierte er in München Politikwissenschaft und Höheres Lehramt. Er ist Au-tor der Bücher “Pax Ameri-cana“ und “Pfeiler der US-Macht“ und lebt als freier Autor in München.
 
Lesen Sie hierzu auch den Offenen Brief von Prof. Haidar Eid an Präsident Obama - “Das größte KZ der Erde“ - in dieser Ausgabe. 

Online-Flyer Nr. 225  vom 25.11.2009

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