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Lokales
Hörbare Fotogalerie: Proteste am größten Bundeswehrstandort Deutschlands
Zapfenstreich für Wahn
Von Bärbel Helweg und Christine Schmidt
Gruppenbild mit Damen: „Die Unsichtbaren“ auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz
Foto: Herbert Sauerwein
Bei einem anschließenden Schweigemarsch rund um den Kölner Dom forderten die Friedensaktivisten aus Köln, Bonn und Düsseldorf „ent-rüstet euch!“, Deutschland „Raus aus Afghanistan“ und konstatierten über die „Verluste von deutscher Seite“, wie es oft im Sprachgebrauch des Verteidigungsministerium heißt: „33 Tote sind 33 zuviel!“ – von den nicht mehr zählbaren zivilen Opfern auch deutscher Militäraktionen wortwörtlich ganz zu schweigen.
Weltweiter (Wahn-Mahn-)Marsch um den
Kölner Dom | Foto: Herbert Sauerwein
„Der Krieg in Afghanistan wird (auch) in Köln entschieden“ hieß es auf einem begleitenden Flugblatt von „Welt ohne Kriege“. Denn Köln ist nicht nur der größte Bundeswehrstandort Deutschlands – eine Tatsache, die in der Hochburg des Frohsinns gern übersehen wird: Der „Fliegerhorst Köln-Wahn“ beherbergt neben 4.500 Soldaten und 1.500 „zivilen Angestellten“ auch das Luftwaffenamt, und untergeordnet das Luftwaffenführungskommando sowie das Streitkräfte-unterstützungskommando[1], die allesamt elementare Entscheidungen im aktuellen Krieg der Bundeswehr fällen.
Als eine seiner letzten Amtshandlungen am 12. Oktober hatte der vormalige Kölner OB Schramma die Zusammenarbeit mit dem Fliegerhorst und ihren Verantwortlichen noch gelobt: „Sie sind ein Teil von uns! Sie sind zu einem fest integrierten Bestandteil unserer Stadt geworden und hier nicht mehr wegzudenken.“ Das dürfte auch auf die „wirtschaftliche Bedeutung“ der Kaserne gemünzt gewesen sein, und muss sicherlich auch im Licht der neuerlichen aggressiven Werbefeldzüge der Bundeswehr in Arbeitsagenturen, Schulen, beim „Girl’s Day“[2] sowie auf Messen für junge Leute gesehen werden – zumal die sogenannte „zivil-militärische“ Zusammenarbeit auch in den letzten Jahren im Regierungsbezirk Köln an Bedeutung gewonnen hat.
Der „zivil-militärischen Zusammenarbeit“ wollten sich auch die Friedensaktivisten an dem Samstagnachmittag besonders widmen, und so fuhren sie nach der medienwirksamen Aktion rund um den Kölner Dom erst einmal zum zivilen Teil des Köln-Bonner Flughafen, wo sie ihren „Marsch auf Wahn“ fortsetzten: und zwar durch alle Terminals des „beliebten Urlaubsflughafens“, der sich seine Nähe zur Luftwaffenkaserne nicht ansehen lässt.
Weltweiter Marsch durch Provinz-Flughafen | Foto: Herbert Sauerwein
Sicherheitshalber hatte man das Haupttor der angrenzenden Kaserne in Porz-Wahnheide gesperrt, wo die Kundgebung der Kriegsgegner stattfinden sollte. Doch die blieb ganz im Geiste der Sache „aktiv und gewaltfrei“. Die bekannte Friedensaktivistin Hanna Jaskolski und ihre Kollegin von der Band Jua bliesen den Kasernierten den Zapfenstreich, die Kölner Singer-Songwriterin Blue Flower penetrierte den „Militärischen Sicherheitsbgereich“ hinter dem Zaun harmonisch mit Friedensliedern und Protestsongs
Blue Flower singt Hannes Wader: „Ja auch dich haben sie schon genauso belogen, so wie sie es mit uns heute immer noch tun...“
Foto: Dietmar Wegewitz (Arbeiterfotografie)
Eine junge Frau berichtete aus eigener Erfahrung: „Mein großer Bruder ist vor einigen Jahren dort gewesen: Auslandseinsatz in Afghanistan für vier Monate. Eine Zeit voller Anspannung, Angst und Sorgen für mich und meine Familie. Mein Bruder war lebenshungrig, freute sich auf ein Abenteuer, konnte eine Menge Geld verdienen und dabei noch ‚etwas Gutes leisten’. Doch auf das, was ihn dort erwartete, war er nur bedingt vorbereitet: Armut, Verwüstung und Angst, inmitten einer Wüste. Er kam zurück. Beim Blick in seine Augen zerriss es mir fast das Herz: Leere, Tod, kein Funke von dem Strahlen und der Lebensfreude, die ich von klein auf an ihm kenne. Zwei Jahre hat er gebraucht, um sie in kleinen Teilen, Stück für Stück, wiederzubekommen. Zwei Jahre, in denen ich hilflos zuschauen musste, ihm nicht helfen durfte. Denn über sein Erlebtes reden darf er nur mit einem Bundeswehrpsychologen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass solche Folgen das Ergebnis eines ‚Stabilisierungseinsatzes’ sein sollen.“
Afghanistanrückkehrer: „Leere, tote Augen...“ | Foto: Herbert Sauerwein (AF)
Hören Sie hier selbst in einen Ausschnitt aus der Kundgebung – produziert von Christine Schmidt für die Sendung „Hörens“
im Freien Lokalrundfunk Köln.
„Dieser Krieg ist nicht unser Krieg. Kein Krieg ist unser Krieg! Es gehört viel mehr Mut dazu, sich der Gewalt gewaltfrei entgegenzustellen, als ihr zu folgen. Doch genau dazu fordern wir euch auf – denn, auch hier in Porz-Wahn werden elementare Entscheidungen in diesem Krieg getroffen – und je mehr ihr euch daran beteiligt, desto mehr seid ihr dafür mitverantwortlich!“ hieß es in einer weiteren megaphonen Ansprache an die Soldaten.
Man hat aus dem Trojanischen Krieg gelernt: Zuerst ist niemand zuständig
für die Annahme von Geschenken... | Foto: Herbert Sauerwein
Nach freundlicher Vermittlung durch die Polizei konnte die Rede in Schriftform doch noch dem Kasernenkommandeur übergeben werden – mit Durchschlag an weitere Entscheidungsträger und samt eines „pazifistisches Pin-Ups“, einem Bild nackter Friedensaktivistinnen, die mit ihren Körpern ebenfalls „NO WAR“ gebildet hatten. Vielleicht findet so die Wahrheit, die ja bekanntlich das erste Kriegsopfer ist, doch noch ihren Weg ins Bewusstsein der Entscheidungsträger. (CH)
Richtig, die Obersten sind verantwortlich: der Kasernenkommandant nimmt „dankend“ an... | Foto: Herbert Sauerwein
Weitere Fotos:
Nicht zu übersehen: „ Unsichtbare“ bilden „No War“ auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz | Foto: Herbert Sauerwein
„Rest for peace“ – in diesem Fall als Buchstabenteile für „NO (WAR)“
Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
Doch dann ziehen sie unermüdlich die Treppen zu dem Gebäude hinauf...
Foto: Herbert Sauerwein
...in dem gerne mal Soldaten und ihre „Einsätze“ (Neuhochdeutsch für Krieg) gesegnet werden | Foto: Herbert Sauerwein
Langer Marsch für Frieden und Gewaltfreiheit durch die Terminals des Köln-Bonner Flughafens | Foto: Herbert Sauerwein
...und dann gehts hier lang: zum industriell-militärischen Komplex...
Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
... entlang einer langen stachelverdrahteten Mauer, die die Soldaten vor den Zivilisten schützt... | Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
...zum Tor des Fliegerhorsts Wahn, wo man ihnen erst einmal den Marsch bläst, den Soldaten... | Foto: Herbert Sauerwein
...aber mal so richtig! | Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
Denn es herrscht Krieg! | Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
und es bleibt zu hoffen, dass auch die Vögel hinter dem Zaun auf sie hören werden... | Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
...wobei notfalls nur noch ein „pazifistisches Pin-Up“ hilft
Foto: Herbert Sauerwein
Weitere Fotos von Dietmar Wegewitz auf seiner Seite
Online-Flyer Nr. 221 vom 24.10.2009
Hörbare Fotogalerie: Proteste am größten Bundeswehrstandort Deutschlands
Zapfenstreich für Wahn
Von Bärbel Helweg und Christine Schmidt
Gruppenbild mit Damen: „Die Unsichtbaren“ auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz
Foto: Herbert Sauerwein
Bei einem anschließenden Schweigemarsch rund um den Kölner Dom forderten die Friedensaktivisten aus Köln, Bonn und Düsseldorf „ent-rüstet euch!“, Deutschland „Raus aus Afghanistan“ und konstatierten über die „Verluste von deutscher Seite“, wie es oft im Sprachgebrauch des Verteidigungsministerium heißt: „33 Tote sind 33 zuviel!“ – von den nicht mehr zählbaren zivilen Opfern auch deutscher Militäraktionen wortwörtlich ganz zu schweigen.
Weltweiter (Wahn-Mahn-)Marsch um den
Kölner Dom | Foto: Herbert Sauerwein
Als eine seiner letzten Amtshandlungen am 12. Oktober hatte der vormalige Kölner OB Schramma die Zusammenarbeit mit dem Fliegerhorst und ihren Verantwortlichen noch gelobt: „Sie sind ein Teil von uns! Sie sind zu einem fest integrierten Bestandteil unserer Stadt geworden und hier nicht mehr wegzudenken.“ Das dürfte auch auf die „wirtschaftliche Bedeutung“ der Kaserne gemünzt gewesen sein, und muss sicherlich auch im Licht der neuerlichen aggressiven Werbefeldzüge der Bundeswehr in Arbeitsagenturen, Schulen, beim „Girl’s Day“[2] sowie auf Messen für junge Leute gesehen werden – zumal die sogenannte „zivil-militärische“ Zusammenarbeit auch in den letzten Jahren im Regierungsbezirk Köln an Bedeutung gewonnen hat.
Der „zivil-militärischen Zusammenarbeit“ wollten sich auch die Friedensaktivisten an dem Samstagnachmittag besonders widmen, und so fuhren sie nach der medienwirksamen Aktion rund um den Kölner Dom erst einmal zum zivilen Teil des Köln-Bonner Flughafen, wo sie ihren „Marsch auf Wahn“ fortsetzten: und zwar durch alle Terminals des „beliebten Urlaubsflughafens“, der sich seine Nähe zur Luftwaffenkaserne nicht ansehen lässt.
Weltweiter Marsch durch Provinz-Flughafen | Foto: Herbert Sauerwein
Sicherheitshalber hatte man das Haupttor der angrenzenden Kaserne in Porz-Wahnheide gesperrt, wo die Kundgebung der Kriegsgegner stattfinden sollte. Doch die blieb ganz im Geiste der Sache „aktiv und gewaltfrei“. Die bekannte Friedensaktivistin Hanna Jaskolski und ihre Kollegin von der Band Jua bliesen den Kasernierten den Zapfenstreich, die Kölner Singer-Songwriterin Blue Flower penetrierte den „Militärischen Sicherheitsbgereich“ hinter dem Zaun harmonisch mit Friedensliedern und Protestsongs
Blue Flower singt Hannes Wader: „Ja auch dich haben sie schon genauso belogen, so wie sie es mit uns heute immer noch tun...“
Foto: Dietmar Wegewitz (Arbeiterfotografie)
Eine junge Frau berichtete aus eigener Erfahrung: „Mein großer Bruder ist vor einigen Jahren dort gewesen: Auslandseinsatz in Afghanistan für vier Monate. Eine Zeit voller Anspannung, Angst und Sorgen für mich und meine Familie. Mein Bruder war lebenshungrig, freute sich auf ein Abenteuer, konnte eine Menge Geld verdienen und dabei noch ‚etwas Gutes leisten’. Doch auf das, was ihn dort erwartete, war er nur bedingt vorbereitet: Armut, Verwüstung und Angst, inmitten einer Wüste. Er kam zurück. Beim Blick in seine Augen zerriss es mir fast das Herz: Leere, Tod, kein Funke von dem Strahlen und der Lebensfreude, die ich von klein auf an ihm kenne. Zwei Jahre hat er gebraucht, um sie in kleinen Teilen, Stück für Stück, wiederzubekommen. Zwei Jahre, in denen ich hilflos zuschauen musste, ihm nicht helfen durfte. Denn über sein Erlebtes reden darf er nur mit einem Bundeswehrpsychologen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass solche Folgen das Ergebnis eines ‚Stabilisierungseinsatzes’ sein sollen.“
Afghanistanrückkehrer: „Leere, tote Augen...“ | Foto: Herbert Sauerwein (AF)
im Freien Lokalrundfunk Köln.
„Dieser Krieg ist nicht unser Krieg. Kein Krieg ist unser Krieg! Es gehört viel mehr Mut dazu, sich der Gewalt gewaltfrei entgegenzustellen, als ihr zu folgen. Doch genau dazu fordern wir euch auf – denn, auch hier in Porz-Wahn werden elementare Entscheidungen in diesem Krieg getroffen – und je mehr ihr euch daran beteiligt, desto mehr seid ihr dafür mitverantwortlich!“ hieß es in einer weiteren megaphonen Ansprache an die Soldaten.
Man hat aus dem Trojanischen Krieg gelernt: Zuerst ist niemand zuständig
für die Annahme von Geschenken... | Foto: Herbert Sauerwein
Nach freundlicher Vermittlung durch die Polizei konnte die Rede in Schriftform doch noch dem Kasernenkommandeur übergeben werden – mit Durchschlag an weitere Entscheidungsträger und samt eines „pazifistisches Pin-Ups“, einem Bild nackter Friedensaktivistinnen, die mit ihren Körpern ebenfalls „NO WAR“ gebildet hatten. Vielleicht findet so die Wahrheit, die ja bekanntlich das erste Kriegsopfer ist, doch noch ihren Weg ins Bewusstsein der Entscheidungsträger. (CH)
Richtig, die Obersten sind verantwortlich: der Kasernenkommandant nimmt „dankend“ an... | Foto: Herbert Sauerwein
Weitere Fotos:
Nicht zu übersehen: „ Unsichtbare“ bilden „No War“ auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz | Foto: Herbert Sauerwein
„Rest for peace“ – in diesem Fall als Buchstabenteile für „NO (WAR)“
Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
Doch dann ziehen sie unermüdlich die Treppen zu dem Gebäude hinauf...
Foto: Herbert Sauerwein
...in dem gerne mal Soldaten und ihre „Einsätze“ (Neuhochdeutsch für Krieg) gesegnet werden | Foto: Herbert Sauerwein
Langer Marsch für Frieden und Gewaltfreiheit durch die Terminals des Köln-Bonner Flughafens | Foto: Herbert Sauerwein
...und dann gehts hier lang: zum industriell-militärischen Komplex...
Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
... entlang einer langen stachelverdrahteten Mauer, die die Soldaten vor den Zivilisten schützt... | Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
...zum Tor des Fliegerhorsts Wahn, wo man ihnen erst einmal den Marsch bläst, den Soldaten... | Foto: Herbert Sauerwein
...aber mal so richtig! | Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
Denn es herrscht Krieg! | Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
und es bleibt zu hoffen, dass auch die Vögel hinter dem Zaun auf sie hören werden... | Foto: Dietmar Wegewitz (AF)
...wobei notfalls nur noch ein „pazifistisches Pin-Up“ hilft
Foto: Herbert Sauerwein
Weitere Fotos von Dietmar Wegewitz auf seiner Seite
Online-Flyer Nr. 221 vom 24.10.2009