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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Sport
Dritter Spieltag: Frankfurt, Duisburg und Bad Neuenahr in Front
Schweizer Garde entscheidet Topspiel
Bernd J.R. Henke

Als vor 500 Jahren Schweizer Söldner nach Rom gerufen wurden, genossen sie militärisch den Ruf in Europa, tüchtig zu sein. Spätestens seit dem Dritten Spieltag der 1. Frauen Bundesliga ist es kaum noch zu verbergen: „Schweizer Fußballsöldnerinnen“ in Deutschland sind es auch. Sie kämpfen nachhaltiger und erfolgreicher denn je auf Fußballrasen der deutschen Liga. Vereine wie FC Bayern München und SC Freiburg zeigten es am Wochenende.

Vanessa Bürki – Schweizergardistin  in
München
Foto FCB
Es gibt im Schweizer Fußballverband inzwischen fast 18.000 gemeldete Spielerinnen, die Zahl hat sich seit 2004 verdoppelt. „Den Großen ein Bein zu stellen und Tore schießen, das ist unsere Devise auch in der Nationalmannschaft“, meinte die 32-fache Schweizer A-National Spielerin Martina Moser vom SC Freiburg, die mit der Offensiv-Verteidigerin und U19 Kapitänin Danique Stein (2 A Länderspiele) mit brandgefährlichem Konterfußball die Abwehrreihen der deutschen Spitzenmannschaft 1.FFC Frankfurt durcheinander wirbelte. Im heimischen Freiburger Möslestadion sorgte Mittelfeldakteurin Martina Moser zweimal für Gefahr vor dem FFC-Gehäuse. Einmal rettete nur der Außenpfosten, das andere Mal nur noch Weltklasse Torfrau Nadine Angerer.
 
Glanzparaden                                                                                                       

Frankfurt gewann zwar auswärts 0:2 (0:0), aber die Freiburger Fans waren sehr zufrieden mit ihrer Mannschaft und dem sehr attraktiven Spielverlauf. FFC Cheftrainer Günter Wegmann zollte uneingeschränktes Lob: „Freiburg hat toll gekämpft, uns das Leben schwer gemacht. Gegen solche Gegner ist es mit zunehmender Dauer des torlosen Zwischenstandes immer schwieriger. Da wäre ein schnelles Führungstor sehr hilfreich gewesen.“ Dass Frankfurt nicht schnell Tore schoss, lag an einer weiteren Schweizergardistin, der überragenden Freiburger Torfrau Marisa Brunner. Die Schweizer Nationalspielerin stand 90 Minuten lang im Mittelpunkt. So zeigte sie auch noch gegen Ende, als Frankfurts Führung schon perfekt war, bei einem Flachschuss der neuen FFC Torjägerin Laura del Rio Garcia und einer volley genommenen Bogenlampe der Spanierin sowie bei einem sehr guten Schuss von Svenja Huth wahre Glanzparaden. Der 1. FFC Frankfurt gewann, Kerstin Garefrekes (61.) und Laura Del Rio Garcia (69.) trafen für der Hessinnen. Durch den Erfolg verbesserte sich der 1. FFC auf Platz zwei der Tabelle. Der stark verbesserte SC Freiburg erzielte die bisher beste Saisonleistung. Der Verein wartet hingegen weiterhin auf den ersten Treffer und den ersten Punkt der laufenden Saison.


1:0 für Bayern München durch Bianca Rech mit Nummer 33
Foto FCB
 
Es oblag einer weiteren tüchtigen Schweizergardistin den Vogel des Tages abzuschießen Nach der 87. Minute twitterte es und SMSte es aus dem Sportpark Aschheim bei München durch ganz Fußball-Europa. Der Schweizer Nationalspielerin Vanessa Bürki gelang kurz vor Spielende das Tor des Tages und der nicht mehr erwartete Ausgleich im Spitzenspiel des FC Bayern München gegen Turbine Potsdam. Nicole Banecki hatte den Ball zu Vanessa Bürki geschoben, die wiederum eiskalt per platzierten Flachschuss das 3:3 (1:0) erzielte. Nach dieser Schweizer Überraschungsgranate zeigte sich Potsdams Cheftrainer Bernd Schröder wenig begeistert und etwas derangiert. Die hübsche Schweizerin mit 26 A-Länderspielen hatte ihm die Laune verdorben und seiner Meisterelf nach einer 2:3 Führung noch die Butter vom Brot genommen. „Ich verstehe das nicht, wir hatten uns hier klar einen glatten Sieg ausgerechnet“, meinte Schröder vor den versammelten Journalisten und Fotoreportern.
 
Überfordert                                                                                                                   
 
Sichtlich kopfmäßig überfordert startete das Potsdamer Meisterteam bei dem mit zehn Spielerinnen stark ersatzgeschwächten deutschen Vizemeister Bayern München. Turbine begann sehr zaghaft. Die Zweitgarde der Oberbayerinnen begann kämpferischer und schneidiger. Eine gewohnte schnelle Führung der Potsdamerinnen blieb diesmal zum Leidwesen von Cheftrainer Schröder aus. In dem hochklassigen Spiel vor 1020 Zuschauern sahen beide Teams schon wie der sichere Sieger aus, zuerst Bayern, nachdem Bianca Rech (30.) und Julia Simic (63.) einen bis dahin verdienten 2:0 Vorsprung rausgeschossen hatten.
 
Und dann Potsdam. Der genialen Europameisterin Jenny Zietz gelang, nachdem sie mehr in die Offensive zog, innerhalb weniger Augenblicke das Spiel zum 2:2 mit zwei Toren (65. und 75.) zu drehen. Die Norwegerin Leni Larsen Kaurin, brachte dann Turbine in Führung (82.) zum 2:3. Als trotzdem die arg dezimierte Rumpf-Elf des Vizemeisters gegen die mit fünf Europameisterinnen bestückten Deutschen Meisterinnen 1. FFC Turbine Potsdam auf ein    3:3 Remis kam, sah man die Torschützin Vanessa Bürki samt Trainer Günther Wörle sowie FCB Managerin Karin Danner unter einer jubelnden Spielerinnentraube verschwinden. Für alle Frauenfußball-Fans war in diesem Augenblick klar, wer die Spielerin des Tages an diesem dritten Spieltag in der deutschen Frauenbundesliga war: Vanessa Bürki hinterließ strahlende Gesichter im Sportpark Aschheim und wohl erhebliche Glücksgefühle bei den Mitfavoritinnen um die Deutsche Meisterschaft, Frankfurt und Duisburg.
 
Schweizer Qualität                                                                                                     Verlorene Spiele herumreißen und mit brandgefährlichem Konterfußball sind optimale Voraussetzungen für die Zukunft der Schweizer Frauen-Nationalmannschaft. Emanzipierte Schweizerinnen geraten zunehmend in die öffentliche Wahrnehmung im internationalen Fußball, denn in ihrem Heimatland herrscht noch relatives öffentliches Desinteresse am Frauenfußball. Alle Schweizer Spielerinnen sind in ihrer Heimat ausschließlich Amateure und stehen den ganzen Tag im Beruf. Einen Teilzeitberuf kennt man dort weniger, keine optimalen Voraussetzungen für die Gesamtentwicklung der Nationalmannschaft. In Zukunft werden wohl noch mehr Schweizerinnen ins Ausland wechseln, um das Team langfristig durch internationale Erfahrung zu verstärken. Bisher haben dreizehn Spielerinnen diesen Sprung geschafft: Vanessa Bürki (Bayern München), Sandra de Pol (Bayern München), Kathrin Lehmann (Wacker München), Marisa Brunner (SC Freiburg), Martina Moser (SC Freiburg), Danique Stein (SC Freiburg), Gaëlle Thalmann (Hamburger SV), Ana Maria Crnogorcevic (Hamburger SV), Jasmin Schnyder (Floya, Norwegen), Lara Dickenmann (Olympique Lyon), Daniela Schwarz (Toronto Lady Lynx, Kanada), Nadja Pulimeno (LASK Ladies, Österreich) sowie Ramona Bachmann (Umeå IK, Schweden).
 
Aschheimer Krimi                                                                                                             
Zu Anfang in der 9.Minute scheiterte die Potsdamerin Anja Mittag aus aussichtsreicher Position gegen die per Fußabwehr klärende starke Bayern-Torhüterin Ulrike Schmetz, die ihr Team auch wenige Minuten später vor einem Rückstand bewahrte, als sie einen Ball über die Latte lenkte. Danach war Ende mit Potsdams Überlegenheit. Nach der ersten Viertelstunde kamen die Bayern besser ins Spiel: Mandy Islackers Kopfball ging neben das Tor, der Schuss der Schweizerin Ex-Nationalspielerin Sandra de Pols Schuss wurde eine sichere Beute von Schumann im Turbine-Tor. Die Bayern-Spielerinnen ließen den Ball kombinationssicher durch die eigenen Reihen laufen, begünstigt durch das halbherzige Zweikampfverhalten der Potsdamerinnen. Der Krimi begann. Carina Wenninger und Vanessa Bürki tankten sich über rechts durch, die Flanke verlängerte Mandy Islacker. Volley hämmerte Bianca Rech den Ball zum 1:0 ins Netz. Potsdams Sturmspitze Mittag ließ kurz vor der Pause noch eine Chance aus, so dass Bayern mit der 1:0 Führung nach dem Halbzeitpfiff in die Pause ging. Sichtlich unzufrieden war er mit Europameisterin Anja Mittag. „Sie muss in der Anfangsphase einfach die Tore machen, dann fangen die Bayern das Zweifeln an und kassieren fünf Gegentreffer.“

Falsches Wechselspiel?                                                                                                          
Nach dem Wechsel ging das Spiel verteilt hin und her. Erst mit der 63. Minute beschleunigte sich die Partie enorm: Sehr schön spielten Bayern Julia Simic frei, die den Ball zum 2:0 rechts oben ins Potsdamer Netz wuchtete. Potsdams Trainer Schröder reagierte, aber setzte taktisch weiterhin auf die enttäuschenden Fatmire Bajramaj und Anja Mittag. Viola Odebrecht kam ins Spiel. Jenny Zietz spielte nun viel offensiver. So tauchte Zietz nun plötzlich vorne auf, ihr gelang zwei Minuten nach dem 2:0 der Anschlusstreffer am langen Pfosten für Potsdam. Nach 74 Minuten musste Bayerns überragende Bianca Rech verletzt vom Feld. Das gab einen Bruch in der Bayern-Defensive, den Potsdam konsequent nutzte. Eine Minute später war wieder Jenny Zietz erfolgreich, 2:2 (75.). Für Bayern kam es noch schlimmer: Die eingewechselte Turbine-Frau die Norwegerin Leni Larsen Kaurin schien ihr Team auf die Siegerstraße zu bringen (82.) gegen die nun müde wirkenden Bayerinnen, als sie zum 2:3 für Potsdam einschoss.

Stimmen zum Spiel:

Fußballexperte Johann Blaha meinte: „ Wo waren die Europameisterinnen Fatmire Bajramaj und Anja Mittag in der zweiten Halbzeit? Darf man Stars nicht nach 60 Minuten auswechseln und durch hungrige Spielerinnen ersetzen? Ein Spiel dauert 90 Minuten. Das Tor von Vanessa Bürki zum 3:3 Remis war die Quittung. München hat bisher die Belastungen trotz vieler Europacup Spiele besser weggesteckt als die Potsdamerinnen.“ Münchens Trainer Günther Wörle meinte überglücklich: „Das war heute ein Wechselbad der Gefühle in einem meinte überglücklich und rassigen Spiel. Nach dem 2:0 waren wir eigentlich durch. Der schnelle Anschlusstreffer und die Verletzung von Bianca Rech brachte uns in große Probleme. Nach dem 2:3 Rückstand ist das 3:3 für mich wie ein Sieg. Jetzt freuen wir uns auf das Auswärts- Spiel in Frankfurt“

Jena verlässt Hamburg mit 3 Punkten
                                                                             

Über einen Auswärtssieg durfte sich der FF USV Jena beim Hamburger SV freuen. Die Thüringerinnen gewannen am Sonntag 3:1 (1:0). Die Afrikanerin Genoveva Anonma traf doppelt (4./65.), ehe Lisa Seiler auf 3:0 erhöhte (75.). Nicole Zweigler konnte für den HSV nur noch Ergebniskosmetik betreiben (80.) Jena ist die Auswärtsmannschaft der Stunde und deutet damit an, kein Abstiegskandidat zu werden. Bei Hamburger Nieselwetter erwischten die Thüringerinnen einen Start nach Maß. Torjägerin Genoveva Anomna verwandelte schon in der 4. Minute nach einem Querpass von der links durchgestarteten Jenaerin Lisa Seiler. Der HSV nahm nun das Heft in die Hand. Jenas Torhüterin Jana Burmeister wurde mehrmals gefordert. Schiedsrichterin Wozniak (Herne) übersah eine Handelfmeter Situation im HSV Strafraum. Im ausgeglichenen Spiel konnte die heraus eilende Jenaer Torhüterin vor der überragenden Kim Kulig im letzten Moment klären. Auch mit einem Kopfball der Europameisterin kam der HSV nicht zum Ausgleich. Kurz vor dem Halbzeitpfiff widerstand die Hamburger Torhüterin Gaëlle Thalheim einem Schuss der Stürmerin Sylvia Arnold mit einer Superparade.

Wettersturm total                                                                                                                                                       
Inspiriert von stürmischen Regenschauern kehrte das HSV-Team angriffslustig aus der Pause zurück. Kim Kulig zog einen Fernschuss ab. Burmeister parierte. Das Spiel stand auf der Kippe, als Jena den entscheidenden Konter startete. Die überragende Sylvia Arnold setzte sich gegen drei Hamburgerinnen durch, passte zur mitlaufenden Afrikanerin Genoveva Anomna, die wiederum in der 67. Minute zum zweiten Tor einschoss. Der HSV drängte weiter. Die quirlige Sylvia Arnold wurde in der 75. Minute gefoult. Ein fälliger Foulelfmeter gegen den HSV geschossen von der Ex-Frankfurterin Yvonne Hartmann prallte unglücklich von der Latte ab. Es blieb immer noch beim 1:1 trotz dramatischer Spielszenen. Die Konter des FF USV Jena waren zwingender. Der FF USV Jena zeigte sich unbeeindruckt. Nach einer Traumkombination in der 76 Minute über Genoveva Anomna und Sylvia Arnold brauchte Lisa Seiler den Ball nur noch über die Linie drücken. Es spricht für die Mannschaft um Europameisterin Kim Kulig, dass sie nicht aufgab. Ein Fehler Jenas Abwehr ließ den HSV noch zu einem Ehrentreffer kommen. Nach einem Lattenschuss der überragenden Arnold ging das Jenaer Team als verdienter Sieger vom Platz.

Erfolg mit Flair und Spaß                                                                                                                            
Die neuen überregional arbeitenden Sponsoren in Jena können endlich wieder über Siege reden. Mit New Jena ist zu rechnen. Hamburg war sichtlich geschockt. Trainerin Heidi Vater aus der Universitätsstadt Jena frohlockte lächelnd: „Wir haben endlich optisch und spielerisch überzeugt. Die nächste Spiele kann ich meinen Kader durch die Brasilianerin Carol Carioca verstärken.“ Carol Carioca begann ihre Karriere beim Pelé-Club FC Santos, bevor sie 2005 zum Botucatu FC wechselte. Dort wurde sie mit dem Team zweimal Brasilianischer Meister und schoss 14 Tore. Am 2. Februar 2009 verließ sie Rio de Janeiro und wechselte direkt nach Jena.. Sie verlängerte auf Grund guter Betreuung durch die Sponsoren inzwischen ihren Vertrag bei Jena bis 30.Juni 2011. „Die Universitätsstadt Jena zeigt internationales Flair. Mit New Jena ist zu rechnen,“ bemerkte Fußballexperte Johann Blaha.

Auswärtssieg für Wolfsburg                                                                                        
Den ersten Sieg im dritten Saisonspiel feierte der VfL Wolfsburg. Bei Aufsteiger TeBe Berlin gelang dem Team aus Niedersachsen ein 3:0 (3:0). Die Gäste aus Wolfsburg, die mit zwei Niederlagen in die neue Spielzeit gestartet waren, machten bereits vor der Pause alles klar. Annelie Brendel mit einem Doppelschlag (13./15.) und Europameisterin Martina Müller (33.) trafen gegen TeBe, das im Oberhaus weiter auf den ersten Punktgewinn wartet.
 
Duisburg siegt im Revierderby

Tabellenführer der Frauenbundesliga vor dem wieder erstarkten 1.FFC Frankfurt wurde UEFA-Cup-Sieger FCR Duisburg. Der DFB-Pokalsieger besiegte einen Tag zuvor am Samstag im Revierderby die SG Essen-Schönebeck mit 2:0 (2:0) und feierte den dritten Sieg im dritten Spiel. Die Essenerinnen kassierten dagegen die dritte Niederlage und sind noch ohne Punkt. Vor 1358 Zuschauern ebnete Inka Grings mit ihrem Tor zum 1:0 den Weg zum Sieg (20.). Mit bereits sechs Treffern führt die EM-Torschützenkönigin und erfolgreichste Torschützin der vergangenen Bundesliga-Saison das Ranking erneut souverän an. Für den Endstand sorgte die Niederländerin Annemieke Kiesel (26.). (PK)

Online-Flyer Nr. 218  vom 07.10.2009



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