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Lokales
Offener Brief von Lila in Köln:
Zur Verhaftung von Roman Polanski
Von Irmgard Kopetzky

Es sollte wohl eine gemütliche Reise von Frankreich über Zürich nach Köln werden, für Roman Polanski, um den Filmpreis der „Cologne Conference“ in Empfang zu nehmen. Doch daraus wurde bekanntlich nichts, denn er sitzt erst einmal bei den Eidgenossen fest, die ihr Auslieferungsabkommen mit den USA ernstnehmen, wo Polanski nach wie vor wegen Vergewaltigung gesucht wird. Lutz Hachmeister, Gründungsdirektor des vom SPIEGEL dominierten TV-Festivals, konnte dem Verhalten der Behörden „nur fassungslos und mit großem Bedauern“ zusehen. Nicht so, „Lila in Köln“ – hier ein Offener Brief an das Festival – die Redaktion.


Sehr geehrte Damen und Herren der Cologne Conference GmbH,

wir sind ein Zusammenschluss von neun autonomen Frauenprojekten (s.u.), die sich in Köln gegen Gewalt an Frauen und Mädchen engagieren. Zu der geplanten Verleihung des Filmpreis Köln an Roman Polanski möchten wir im Folgenden Stellung nehmen.

Unabhängig davon, dass Herr Polanski ein brillanter Filmregisseur ist (seine beruflichen Leistungen erkennen wir voll und ganz an), ist er auch ein geständiger Vergewaltiger eines 13-jährigen Mädchens, der sich seiner Strafe bisher durch Flucht entzogen hat. Dass die Vergewaltigung schon 32 Jahre her ist, das damalige Opfer Herrn Polanski öffentlich verziehen und sich für eine Einstellung des Verfahrens eingesetzt hat, macht sie nicht ungeschehen. Im Verarbeitungs- und Heilungsprozess haben vergewaltigte Frauen in der Regel den Wunsch, die Geschichte für sich abschließen und damit hinter sich lassen zu können. Vergewaltigung ist nicht ohne Grund in allen Rechtsstaaten ein Offizial- und kein Antragsdelikt, d.h. Kläger ist – wie auch bei Mord und Totschlag – der Staat und die Opfer selbst können die Anklage nicht zurückziehen.

Polanski beim Empfang des Fimlpreises „Chrystal Globe“ 2004
Polanski beim Empfang des Filmpreises
„Chrystal Globe“ 2004
Wer sich einem Strafverfahren und der sich daraus ergebenden möglichen Strafe durch Flucht entzieht, wird zu Recht weiterhin strafrechtlich verfolgt. Dabei sollte es egal sein, welche Stellung er in der Gesellschaft einnimmt. Roman Polanski übernimmt seit 32 Jahren keine Verantwortung für seine Tat und wurde dabei bisher durch verschiedene europäische Staaten, in denen er sich über die Jahre aufgehalten hat, gedeckt. Ungeachtet der Tatsache, dass er von den USA nach wie vor mit Haftbefehl gesucht wurde und es internationale Auslieferungsabkommen gibt, bekam Herr Polanski einen Preis nach dem anderen verliehen; sein Verbrechen wurde und wird noch immer weitgehend ignoriert, als Kavaliersdelikt abgetan, verharmlost oder als verjährt betrachtet.


Wir möchten Sie als Organisator/innen der Verleihung des Filmpreis Köln dringend bitten, die geplante Veranstaltung am 3. Oktober mangels Preisträger nicht – wie Ihre Kolleg/innen in der Schweiz – zu einer „Roman-Polanski-Solidaritätsveranstaltung“ umzufunktionieren. Herrn Polanski öffentlich zu einem Märtyrer zu stilisieren und den Täter zum Opfer zu machen wäre unserer Meinung nach nicht nur ein unangemessener Umgang mit der vorliegenden Problematik, sondern vor allem auch ein Schlag ins Gesicht aller von sexueller Gewalt betroffenen Frauen, Mädchen und Jungen.

Mit freundlichen Grüßen,

Irmgard Kopetzky

für Lila in Köln
Bündnis autonomer Frauenprojekte gegen Gewalt an Frauen und Mädchen www.lila-in-koeln.de


Lila in Köln Streifen Quelle: Lila in Köln

Bei Lila In Köln sind vernetzt:
  • agisra e.V. – Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen
  • „Frau Schmitzz“ – WenDo/ Selbstverteidigung für Frauen und Mädchen
  • Frauen gegen Gewalt e.V. – Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen
  • Frauen helfen Frauen e.V. – Autonome Frauenhäuser Köln
  • Frauenberatungsstelle FrauenLeben e.V.
  • Frauenberatungszentrum Köln e.V.
  • Interkulturelle Frauenarbeit MüTZe
  • Iranisch-Deutscher Frauenverein e.V.
  • LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V. – Mädchenberatung und Interkultureller Mädchentreff
(CH)

Online-Flyer Nr. 217  vom 30.09.2009

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