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Medien
Buchrezension: „Die Falschmünzer-Republik“
„Von Politblendern und Medienstrichern“
Von Wolf Gauer

Es gibt so manchen Schmöker, den man am liebsten selbst geschrieben hätte, gerade unter denen, die auf keiner Bestsellerliste erscheinen und damit nicht auf dem vordersten Ladentisch oder gleich neben der Kasse...

Anne Will bei einem Talkauftritt im 
November 2008
Quelle: dic.academic.ru/
Womit wir schon beim Thema wären, nämlich bei der Rundum-Manipulation des homo sapiens teutonicus soweit dieser als Wahlvieh, Soldat oder Verbraucher noch von Interesse ist. Der Scheunen-Verlag hat in seiner kleinen, feinen, alternativen Reihe Volker Bräutigams „Die Falschmünzer-Republik - Von Politblendern und Medienstrichern“ unter die Leute gebracht. Ich empfehle es vor allem denen, die sich fragen, warum sie sich mehr und mehr vom Fernsehen, von den Illners, Kerners und Wills abwenden und deshalb wieder zu einem Buch greifen.
 
„Passt auf, Leute!“
 
Man hätte sie gern selbst verfasst, diese Abrechnung, wenn...ja, wenn man den Mumm und vor allem die Erfahrungen hätte, die der alte “Laubenpieper“ da mitbringt, wenn er durch die Latten seines Zaunes späht und sinniert: „Wie stinkt man gegen den überwältigenden Informationsmüll der staatsfrommen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der (käuflichen) Konzernmedien an? Wie rüttelt man die Mitwelt wach: Passt auf, Leute, diese Obamas und Sarkos und Browns und Merkels und Konsorten, ihre israelischen Hiwis sowie der IWF, die WTO, die Weltbank und ganz besonders auch die EU-Notabeln stricken tausendfach die Masche...“, in der wir letztlich alle gefangen sind, von der Wiege bis zum Grabe.
 
Unter der Maske eines pensionierten Schrebergärtners nämlich plaudert da einer aus der Schule. Aus 45 Jahren Medienerfahrung als Macher bei den Druckmedien, bei der Tagesschau oder als Dozent in Ostasien. Er hat erlebt, wie sehr sich China von den Zerrbildern unterscheidet, die uns täglich von Leuten aufgetischt werden, die schon vom krummen Weg Europa nichts verstehen, noch verstehen wollen und uns beispielsweise - Freud freut sich - die Ideale der Französischen Revolution als Egalité, Légalité (sic) und Fraternité verkaufen wollen (Caren Miosga, Tagesthemen).
 

Caren Miosga – Tagesthemen-Moderatorin
Foto: NDR/Marcus Krüger, (S2),
Volker Bräutigam lässt seinen "Laubenpieper" saftiges Deutsch sprechen. Er verzichtet auf verquasten Neusprech und greift am Buffet mit der Hand zu, wo es mit Messer und Gabel zwar vornehmer, aber umständlicher und weniger effektiv wäre: „Hilfe gegen die Vogelgrippe: Erst sommers wieder im Freien vögeln." Drei-undreißig scharf gewürzte Kapitel, darunter „Tierlieb – werde Metzger“, „Fuck the Poor“, „Giftspinnen im Äther“, „Para-diesvögel und Pappnasen“ oder „Bilderle gucken, Bilderle fälschen“.
 
Beugung des Rundfunkrechts
 
Bitterer wird es, wenn der ehemalige Tagesschau-Redakteur und Personalrat des NDR in seinen Erinnerungen kramt. Wenn er schildert, wie sich verantwortungsvolle journalistische Arbeit abwürgen und der Informationsauftrag öffentlich-rechtlicher Medien zur methodischen Deformationsmasche mutieren lassen. Und das Lachen bleibt einem vollends im Hals stecken, wenn er seine Anhörung im Bundestag zum Thema Rundfunkfreiheit nachzeichnet und damit die Beugung des Rundfunkrechts und der verbürgten Unabhängigkeit unserer ehemals fast vorbildlichen öffentlich-rechtlichen Anstalten. Erst recht, wenn er bewusst zurückgehaltene Informationen nachreicht, z.B. wie staatliche Forschungseinrichtungen mit der Rüstungsindustrie bei der Entwicklung grausamster - ich betone den Superlativ - sog. “nicht-tödlicher Waffen“ (Non Lethal Weapons) zusammenarbeiten - Waffen zur „Kontrolle“ der Zivilbevölkerung, an deren Langmut die Regierungsbänkler rechtens zweifeln.
 
In wessen Auftrag und Interesse?
 
Gegenpart des pointiert argumentierenden Kompostspezialisten ist seine Zwillingsschwester Antje (eine Stunde jünger), die pfiffig Contra gibt, ihren hochweisen Dalai Lama verteidigt und erst stoppt, wenn das Brüderle sie sanft sokratisch auf Fragen hinbugsiert, die er dem Leser stellt: Warum kommt der Dalai Lama so häufig nach Deutschland? Was trieb deutsche Autoren zu ihrer demokratiefeindlichen Hetzkampagne gegen die Deutsche Welle? Was suchen deutsche Soldaten in Afghanistan? Warum verfälschen öffentlich-rechtliche Medien Fakten über China? Warum mussten Ex-DDR-Grenzer wegen der "Mauertoten" vor Gericht, BRD-Grenzer wegen dutzender erschossener Kaffeeschmuggler aber nicht? Warum - und in wessen weiterer Begleitung - besuchten US-Präsident Obama und Kanzlerin Merkel das vormalige KZ Buchenwald? Und - nach BSE, SARS, Vogel- und nunmehr Schweinegrippe - welche Sau wird die deutsche Journaille wohl als nächste durchs Dorf jagen? In wessen Auftrag und Interesse?
 
Statt Kleingartengemoser liefert Bräutigam Antworten, fundierte Kritik und den Nachweis, dass die Massenmedien mehrheitlich mittels Falschinformation und aggressiver Intoleranz die bestehenden gesellschaftlicher Missverhältnisse rechtfertigen, fördern und verschärfen und sich dabei auf ihre parlamentarischen Hintermänner verlassen können. Falschmünzer im Interesse jener Eliten, die unbegrenzt Reichtümer aufhäufen und mittlerweile unbeschränkt Macht ausüben. Und dies ohne jede demokratische Legitimation. (PK) 
 
Volker Bräutigam:„Die Falschmünzer-Republik“, Scheunen-Verlag, Kückenshagen 2009, Karikaturen von Klaus Stuttmann, 308 Seiten, 12,0 €, ISBN 978-3-938398-90-6. Bestellungen: 
http://scheunen-verlag.de/shop/shop.html.
 E-Mail info@scheunen-verlag.de
- oder im Buchhandel.

Online-Flyer Nr. 217  vom 30.09.2009



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